Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Sieling, das kann ich hier nicht einfach so im Raum stehen lassen, dass wir Arbeitsplätze gefährden!
Das ist eine totale Totschlagfloskel! Ich behaupte hier – und das kann ich Ihnen belegen! –, dass die Gefährdung von Arbeitsplätzen in den Häfen überhaupt nicht sichtbar ist und dass diese Behauptung unsinnig ist. Zum GVZ kommen wir später noch, warten Sie es ab!
Wir gefährden eher über diese Weservertiefung Menschen, die Sie nicht im Auge haben, und zwar in der Fischerei, weil unsere Weserfischerei nämlich Gefahr läuft, dass sie ihre Häfen verliert. Wo denken Sie da dann an Arbeitsplätze, meine Damen und Herren? Oder die Landwirtschaft, haben Sie auch an diese Arbeitsplätze gedacht? Ausgleichsmaßnahmen wollen Sie haben! Wir sprechen hier über die Gefährdung der Menschen. Wir sprechen hier über die Gefahren der Weservertiefung. Wir, DIE LINKE, betrachten das gesamte Umfeld eines Themas und nehmen nicht einfach ein Tortenstück heraus, weil das besonders gut schmeckt. Wir versuchen, die beste Lösung des Problems herauszuarbeiten, und darum stellen wir uns hier hin und debattieren mit Ihnen. Wenn Sie das nicht begriffen haben, dann tut es mir leid. – Vielen Dank!
len Stunde hat sich gerechtfertigt. Die Koalition hat – wie ich finde, in eindeutiger Weise – hier in der Aktuellen Stunde ein Scheinbekenntnis zur Außenweservertiefung abgegeben,
denn, ich will einmal sagen, Herr Dr. Güldner, der Diskussionsverlauf ist doch völlig eindeutig: Die niedersächsischen Grünen sind gegen die Weservertiefung, die Bremer Grünen waren die ganze letzte Legislaturperiode gegen die Weservertiefung, der Umweltsenator schreibt ein Positionspapier an alle seine Mitarbeiter, wo er die Bedenken gegen die Weservertiefung noch einmal in einem Papier zusammenfasst und die Drohung erhebt, die notwendige Mitwirkung seitens seiner Behörde nicht sicherzustellen.
Und Sie wollen uns glauben machen, dass die Grünen uneingeschränkt zur Weservertiefung in Bremen stehen, Herr Dr. Güldner? Das ist doch scheinheilig!
Deswegen sage ich, Herr Bürgermeister Böhrnsen: Es ist völlig richtig, wenn im Hamburger Koalitionsvertrag steht, dass die beiden Regierungsfraktionen sich uneinig sind. Das beruht darauf, dass die CDUFraktion und die CDU-Partei in Hamburg hundertprozentig für die Elbvertiefung sind und dass die Grünen hundertprozentig dagegen sind. Das ist wenigstens ehrlich! Die Situation in Bremen ist nicht anders. Hier ist die CDU hundertprozentig dafür, einige in der Sozialdemokratischen Partei, wie die Hafen- und Wirtschaftspolitiker auch, und die Grünen sind strikt dagegen, und bei Herrn Sieling weiß man nicht, wo er steht. Meine Damen und Herren, der Konflikt ist doch der gleiche! In Hamburg ist er sichtbar, und hier wird er verschleiert. Das ist die Situation, die wir in Bremen haben.
Ich finde es ja gut und habe mich so richtig gefreut, dass der Bürgermeister in der vergangenen Woche endlich einmal, das erste Mal in seiner dreijährigen Amtszeit, ein Machtwort gesprochen hat, aber was ist dieses Machtwort für die Weservertiefung eigentlich noch wert nach seinem Debattenbeitrag von eben? Nichts mehr! Ich erwarte ein klares Bekenntnis dieses Senats, dass er wie die CDU-Fraktion und FDPFraktion erklärt: Wir wollen uneingeschränkt die Weservertiefung für boomende Häfen und Arbeitsplätze in Bremen und Bremerhaven, und wir wollen es
ökologisch verträglich machen, aber Vorfahrt für Arbeitsplätze, meine Damen und Herren! Das ist die Position, die ich von diesem Senat in dieser Situation unseres Landes verlangt hätte.
Ich habe, Herr Dr. Güldner, gelernt, dass Sie mit dem „Weser-Kurier“ nicht einverstanden sind, aber jetzt so zu tun, als habe es überhaupt keinen Konflikt gegeben! Der „Weser-Kurier“ zitiert in seiner Ausgabe vom 29. August 2008 den Wirtschaftssenator anlässlich einer Klausurtagung der SPD-Bürgerschaftsfraktion, und ich würde das mit Genehmigung des Präsidenten gern einmal zitieren. Da heißt es in wörtlicher Rede, Herr Senator Nagel, der Wirtschaftsund Hafensenator: „Was soll es, wenn der Umweltsenator einen sommerlichen Gute-Laune-Brief an alle Mitarbeiter schreibt und dabei einmal eben den Eindruck erweckt, als würde die Außenweservertiefung noch einmal infrage gestellt?“ Nagel bezeichnete dies als Rufschädigung für eine verlässliche Wirtschaftspolitik, meine Damen und Herren, aber es ist alles Friede, Freude, Eierkuchen in dieser Koalition. Wo leben Sie denn eigentlich?
Da kann man doch den „Weser-Kurier“ nicht dafür kritisieren, dass ein Senator etwas sagt, was dann der „Weser-Kurier“ auch schreibt, Herr Dr. Güldner! Das ist eben gesagt worden, und das ist auch der Konflikt in dieser Großen Koalition.
Wir haben diese Aktuelle Stunde beantragt, um ein klares Bekenntnis des grünen Koalitionspartners zur Weservertiefung zu bekommen. Ich fand es gut, als ich heute Morgen gesehen habe, dass sowohl der Umwelt- als auch der Wirtschaftssenator entgegen ihrer ursprünglichen Planung ihre auswärtigen Termine abgesagt haben und heute im Parlament gewesen sind, weil ich mich darauf gefreut habe, dass beide in trauter Einigkeit, wie die Umarmung eben auf der Regierungsbank, hier nach vorn kommen und sagen: Jawohl, wir stehen uneingeschränkt zur Außenweservertiefung!
(Beifall bei der CDU – Abg. D r. G ü l d - n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Ihre Pro- bleme müsste man haben!)
Wir machen uns Sorgen darüber, dass die wirtschaftliche Entwicklung – insbesondere für die Menschen, die im und um den Hafen tagtäglich ihre Arbeit haben – nicht die Priorität in dieser Regierung hat, die sie eigentlich verdient. Deswegen sage ich noch einmal, Herr Bürgermeister Böhrnsen: Mit Lippen- und Scheinbekenntnissen zur Weservertiefung ist es nicht getan! Sorgen Sie dafür, dass Ihre Koalition und Ihre Regierung sich geschlossen und uneingeschränkt hinter diese unverzichtbare Weservertiefung für die Zukunft unseres Landes stellen und stellen Sie diese Scheingefechte und Scheindebatten ab! Das ist der Anspruch, den die Menschen in Bremen und Bremerhaven an diese Regierung haben. – Vielen Dank!
Das sind läppische Probleme angesichts der tatsächlichen, die Bremen und Bremerhaven im wirtschaftlichen Bereich und in anderen Bereichen haben. Sie beschäftigen sich mit irgendwelchen – –.
Mit der Weservertiefung beschäftigen Sie sich gar nicht, darum geht es Ihnen gar nicht! Worüber haben Sie denn hier gerade geredet? Sehr verehrter Herr Röwekamp, Sie haben über irgendwelche Dinge im Senat, die Sie gar nicht kennen, geredet. Sie haben überhaupt nicht über die Weser, über die Häfen, über die Wirtschaft, über die Arbeit, über die Ökologie geredet, Sie haben über nichts von alldem geredet, weil Sie das auch gar nicht interessiert, das ist Ihr Problem! Läppisch kann ich das nur nennen, ausgesprochen läppisch!
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD) ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft. Jetzt kommen wir zu etwas noch Ernsterem, als dass Sie läppisch sind! Sie haben hier eine einfache Unwahrheit in den Raum gestellt, und das muss man natürlich richtigstellen. Sie haben gesagt – ich hoffe, ich habe es richtig mitgeschrieben! –, dass Senator Loske in einem Schreiben die Mitwirkung seiner Behörde infrage gestellt habe. Das kann man nur dadurch richtigstellen, dass man das Schreiben zitiert. Das werde ich jetzt hiermit tun! In diesem Schreiben heißt es: „Die geplante Weservertiefung ist, wie mittlerweile auch die Bundeswasserstraßenverwaltung festgestellt hat, in jedem Fall ein erheblicher Eingriff im Sinne des europäischen Naturschutzrechts.“ Fakt! „Sollte die Wasser- und Schifffahrtsdirektion im Rahmen des derzeit laufenden Planfeststellungsverfahrens“ – noch einmal zur Nachhilfe auch für die, die da noch etwas anderes dachten – „eine weitere Weservertiefung für vertretbar halten und genehmigen, so sind in jedem Fall umfassende Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen im Bereich der Weser und ihrer Aue erforderlich.“ Angeblich etwas, was Ihnen auch am Herzen liegt, Herr Röwekamp! Weiter heißt es dort: „Als für Natur- und Hochwasserschutz des Landes Bremen zuständige Behörde werden wir genau darauf achten, dass diese Belange“ – da ging es um die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, ich hoffe Sie hören zu! – „uneingeschränkt berücksichtigt werden.“ – Ende des Zitats! Wenn Sie hier jetzt etwas völlig anderes behaupten, dass etwas völlig anderes gesagt worden ist, dann ist nur Ihr notorisches Problem mit der Wahrheit, was Sie schon seit Langem haben, heute in diesem Haus erneut aufgebrochen, meine Damen und Herren! (Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)
Dass man aus diesem Zitat nicht all das, was Sie hier lostreten wollen, schließen kann, ist selbstverständlich und selbstredend, man muss es einfach nur lesen und sich noch einmal anschauen. Alles das, was Sie darauf aufgebaut haben, Ihr ganzes Gedankengebäude, können Sie getrost vergessen.
Es gibt allerdings – und das möchte ich jetzt in diesem zweiten Beitrag doch noch einmal erwähnen – etwas, was einen sehr nachdenklich stimmen kann, einen Vorgang aus der Umweltbehörde, der in der Tat noch einmal Erwähnung verdient. Die fachliche Einschätzung, dass es hier um einen FFH-erheblichen Eingriff geht, hatte die Umweltbehörde auch schon zu Zeiten des Umweltsenators Ronald-Mike Neumeyer, sie hatte sie ausgesprochen, und sie ist auch dem Senator Neumeyer per Aktenvermerk ausdrücklich bekannt gewesen. Dennoch hat die Bremer Umweltbehörde unter Leitung von Herrn Neumeyer damals gemeldet, dass es kein FFH-erheblicher Eingriff sei.
Das finde ich keinen kleinen Verstoß dagegen, dass wir fachlich und sachlich dieses Verfahren, genau wie
es auch der Bürgermeister und der Kollege Dr. Sieling gesagt haben, ordentlich nach allen Regeln abarbeiten müssen. Mit so kleinen Tricks, wie sie Herr Neumeyer gemacht hat, wird man in diesem Verfahren überhaupt nicht weiterkommen, weil man da spätestens in der nächsten Instanz dann voll vor die Wand fahren wird. Wie Sie sich dann angesichts dieser Geschichte hier sozusagen als Retter der Weservertiefung hinstellen können, das ist mir unbegreiflich!
Es kommt noch ein weiterer Fakt hinzu: Durch das, was Herr Neumeyer dort gegen jeden fachlichen Rat gemacht hat, ist das Verfahren enorm in die Länge gezogen worden. Wenn Sie also von diesem Senat jetzt Verkürzung der Verfahren einfordern, dann fragen Sie einmal Ihren ehemaligen Umweltsenator, wie er dazu kam, die fachliche Auffassung in seiner Behörde so ins Gegenteil zu verdrehen und damit für eine Verlängerung des gesamten Genehmigungsverfahrens zu sorgen. Wenn Ihnen diese Tatsache bekannt gewesen wäre oder wenn sie Ihnen bekannt ist, dann, finde ich, können Sie Ihren Redebeitrag, den Sie hier gehalten haben, komplett streichen und sich mit dieser Frage beschäftigen.
Diese Regierung hat eine weitere Beschäftigung auf diesem Niveau bei den tiefgreifenden und ernsthaften Problemen dieses Landes überhaupt nicht nötig, und wir werden das an dieser Stelle immer wieder sagen, dass Sie mit Ihren läppischen Debatten Bremen kein Stück weiter voranbringen. – Vielen Dank!
Große Anfrage der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 14. April 2008 (Drucksache 17/356)