Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, möchte ich Ihnen mitteilen, dass nachträglich interfraktionell vereinbart wurde, den Tagesordnungspunkt 13, Schule ohne Grenzen, für diese Sitzung auszusetzen.
Antrag (Entschließung) der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 2. September 2008 (Drucksache 17/528)
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Ankündigung der Deutschen Telekom kam überraschend. Im Bereich Callcenter plant die Deutsche Telekom in 39 Städten, darunter auch Bremen, die Schließung ihrer Standorte. Betroffen sind 8000 Arbeitsplätze, 170 davon in Bremen. Begründet wird dieser Schritt mit betriebswirtschaftlicher Notwendigkeit. Dies mag glauben wer will, ich nicht!
Callcenter boomen derzeit wieder. So gibt es auch in Bremen mehrere Callcenter unterschiedlicher Größe, die betriebswirtschaftlich sehr erfolgreich sind. Allein das Gesamtpaket der betroffenen Standorte ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
lässt eine andere Vermutung zu. Die Deutsche Telekom versucht über diesen Weg, bisher tarifbeschäftigte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zur Aufgabe ihres Arbeitsplatzes zu bewegen. Callcenter Arbeitsplätze sind häufig Teilzeitarbeitsplätze. Es ist leicht nachvollziehbar, dass das Einkommen aus einer Teilzeitbeschäftigung nicht durch Fahrtkosten für den Weg zur Arbeit aufgefressen werden darf, und gerade für Teilzeitarbeit darf der Weg zur Arbeit nicht zu lang sein. Würden Sie für eine vierstündige Tätigkeit einen Weg von Bremen nach Oldenburg fahren, öffentliche Verkehrsmittel nehmen?
Es ist also richtig, dass sich Bürgermeister Böhrnsen für die Beschäftigten am Standort Bremen einsetzt und darüber hinaus die Bürgermeister der anderen betroffenen Kommunen zu einem gemeinsamen Handeln gegen die Pläne der Telekom aufgefordert hat. Von Süd nach Nord, von Ost nach West kam die einhellige Antwort: Sie können auf uns zählen. Ich finde, das kann man auch ruhig einmal würdigen!
Bürgermeister Böhrnsen hat recht, wenn er auf die Struktur- und Beschäftigungsverantwortung der Telekom in der Region verweist und das Unternehmen daran erinnert, dass der eigene Vertrieb daran interessiert ist, kommunale Instanzen als Kunden zu gewinnen und zu erhalten.
Besonders enttäuschend finde ich, dass es seitens der Deutschen Telekom keine Vorgespräche außer der Tatsachenankündigung gegeben hat. Wir verweisen in unserem Antrag auf den Kooperationsrahmenvertrag mit der Deutschen Telekom, der noch unter ganz großem Bohei damals von Ron Sommer, Bürgermeister Scherf, Senator Hattig und Hans Jesse unterzeichnet wurde.
Ja! Vor fast genau acht Jahren stand die Telekom zu solchen Aussagen wie, ich zitiere mit Genehmigung der Präsidentin: „Die Deutsche Telekom hat bedeutende Unternehmensteile in Bremen und Bremerhaven eingerichtet. Die Deutsche Telekom wünscht, diese Präsenz in Bremen zu erhalten und wenn möglich auszubauen.“ Kooperationsziel war auch, die Entwicklung des nordwestdeutschen Wirtschaftsraumes von Bremen aus zu einem profilierten Standort der IT-Technologie zu machen, um vorhandene Arbeitsplätze zu sichern und neue Arbeitsplätze zu schaffen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei allem Verständnis dafür, dass sich die Ziele und Inhalte in den letzten Jahren natürlich verändert haben, gerade in acht Jahren – wir haben das heute Morgen ja auch schon gehört –, hätte doch das Vertrauen, das aus der Zusammenarbeit in den einzelnen Bereichen entstanden ist, dazu führen müssen, vor der Entscheidung in einen Dialog einzutreten. Ich finde, die rot-grüne Koalition unterstützt mit diesem Antrag zu Recht Bürgermeister Böhrnsen, gemeinsam mit den anderen Städten weiter zu verhandeln, und ich würde mich freuen, wenn sich die anderen Fraktionen diesem Antrag anschließen. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Telekom will sich künftig auf 24 Callcenter-Standorte konzentrieren, sie will 39 bundesweit schließen. Bremen wird mit knapp 200 Arbeitsplätzen dabei sein, davon circa 140 Frauen und 60 Männer, davon viele in Teilzeit. Die Telekom begründet den Schritt damit, dass ihr jetziges Standortkonzept nicht mehr wettbewerbsfähig ist und dass sie es deswegen zu größeren Standorten zusammenlegen muss. Die Telekom sagt weiter, dass sie keinen Arbeitsplatz abbauen will, alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen einen Arbeitsplatz in Oldenburg finden sollen und dass sie angeblich Hilfestellungen bei den Fahrtkosten, doppelter Haushaltsführung oder dem Umzug geben will. Das klingt zunächst, wenn man sich die Zeitungsmeldungen anschaut, erst einmal ganz positiv, aber ich glaube nicht, dass es überhaupt eine Lösung für die allermeisten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen dort sein wird, und ich glaube im Übrigen auch nicht, dass die Telekom uns an der Stelle die ganze Wahrheit sagt.
In Bremen arbeiten im Callcenter etwa zwei Drittel Frauen, davon viele in Teilzeit, viele mit Kindern, Frau Busch hat schon darauf hingewiesen. Ein täglicher Arbeitsweg nach Oldenburg oder ein Umzug ist für sie ohne Weiteres überhaupt gar nicht möglich, nein, sie sind darauf angewiesen, dass sie einen Arbeitsplatz hier vor Ort in Bremen haben, und das weiß auch die Telekom. Wenn Sie – vielleicht haben das einige von Ihnen in dem Zusammenhang einmal gemacht – auf die Homepage der Telekom schauen: Dort steht sehr viel zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, dort stehen auch viele gute Sachen darin. Aber wenn der Telekom die Vereinbarkeit von Familie und Beruf so ein Anliegen ist, dann finde ich auch, dass sie sich darum kümmern soll, dass die Menschen dort ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
ihre Arbeitsplätze haben, wo sie wohnen und wo sie Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch leben können.
Ich finde auch, dass sich die Telekom an diesen Ansprüchen messen lassen muss, damit sie glaubwürdig ist. Vereinbarkeit von Familie und Beruf darf kein Schön-Wetter-Thema sein, sondern Vereinbarkeit von Familie und Beruf muss auch dann gelten, wenn die Situation etwas schwieriger ist.
Zu dem Telekomvertrag hat Frau Busch eben schon einiges gesagt. Ich möchte das jetzt nicht noch einmal wiederholen, aber auch da stand im Zentrum die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen, und da bleiben auch bei der Telekom jetzt einige Fragen offen. Ich finde, dass sie an der Stelle zu dem Vertrag überhaupt nicht mehr steht, und das ist schlecht.
Ich bin aber auch sicher, und ich hatte es eingangs gesagt, dass die Telekom an der Stelle nicht alle Karten auf den Tisch legt. Wenn Gewerkschaften sagen, die Telekom macht das deswegen, um ihre Callcenter marktfähig zu machen, marktfähig heißt, um sie auszugliedern, um sie zu verlagern und um letztendlich die Löhne zu drücken. Dem ist bisher von der Telekom nicht widersprochen worden. Das ist in verschiedenen Berichten zu lesen gewesen, die Gewerkschaften sagen das, und wenn das angeblich nicht stimmt, dann soll die Telekom es dementieren, das hat sie bisher nicht getan. Wir erwarten da von der Telekom eine Klarstellung, was sie dort vorhat, das ist sie ihren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen schuldig. Man kann sie nicht nach Oldenburg locken, um dann hinterher ein Jahr später oder ein halbes Jahr später ganz andere Arbeitsvoraussetzungen zu haben, als ihnen jetzt angeboten wird. Das geht nicht!
Ich möchte aber auch klar sagen: Wir wollen, dass die Arbeitsplätze der Telekom hier in Bremen erhalten bleiben. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen brauchen hier die Arbeitsplätze, Bremen braucht hier die Arbeitsplätze, und wir sind froh darüber, dass sich Bürgermeister Böhrnsen so schnell in den Prozess eingeschaltet hat, sehr schnell sehr klar gesagt hat, was die Bremer Position an der Stelle ist, und in dem Bemühen wollen wir ihn hier auch weiter unterstützen. Ich denke, das sollen wir hier auch im gesamten Parlament tun. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sollen wissen, dass sie uns an ihrer Seite ha
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die CDU-Bürgerschaftsfraktion unterstützt den Senat bei seinen Bemühungen, um die Telekomarbeitsplätze in Bremen zu kämpfen. Deswegen werden wir den eingebrachten Antrag auch unterstützen. Gleichwohl gibt es in der Debatte unterschiedliche Nuancen der Begründung, glaube ich. Ich sage, der Bürgermeister und der Senat nehmen an dieser Stelle ihre Verantwortung für die Menschen in Bremen und auch in Bremerhaven wahr. Sie nehmen die Interessen des Standortes wahr, und darin unterstützt die CDU-Fraktion den Senat nachdrücklich.
Wie generell das Thema auch in anderen Orten ja kein parteipolitisches Thema ist, der Präsident des Senats, Bürgermeister Böhrnsen, reiht sich ein in die Reihe derjenigen Kommunen, die um den Erhalt ihrer Arbeitsplätze kämpfen. Von Meschede bis Gerau, von Koblenz bis Würzburg, von SPD bis CDU gehen die jeweiligen Landräte und Bürgermeister gegen diese Entscheidung der Telekom, was ihren Standort betrifft, auf die Barrikaden.
Lassen Sie mich an dieser Stelle für die CDU-Bürgerschaftsfraktion jedoch auch sagen, dass wir die Entscheidung der Telekom als unternehmerische Entscheidung betrachten. Alle politischen Parteien haben in ihrer Entscheidungsverantwortung in Berlin den Weg der Telekom von der ehemaligen Bundespost zu einem Telekommunikationsunternehmen der privaten Wirtschaft unterstützt und begrüßt. Ich glaube auch, dass der Weg im Ergebnis richtig gewesen ist. Die Verbraucherinnen und Verbraucher profitieren von der Privatisierung der Telekom, zum Beispiel durch seit vielen Jahren gleichbleibende bis sinkende Kosten der Telekommunikation bei gleichzeitiger interessanter Angebotserweiterung. Also: Die Privatisierung der Telekom hat nicht an sich dazu geführt, dass die Leistungen für die Menschen schlechter geworden sind, und deswegen kann ich eine besondere Verantwortung der Telekom, wie in dem Antrag formuliert, als ehemals öffentlich-rechtliches Unternehmen auch nicht erkennen.
Die Telekom muss sich im Markt behaupten gegen andere Wettbewerber. Sie hat im Bereich der Callcenter nachgewiesenermaßen überproportional hohe Ausgaben, und deswegen ist der Weg und die
Überlegung zu sagen, wir wollen uns konzentrieren und müssen, um Arbeitsplätze zu erhalten, im Wettbewerb standhalten können, aus Sicht der CDU-Fraktion richtig und vernünftig.
Trotzdem hätten wir uns natürlich gewünscht, dass der Standort Bremen nicht betroffen ist, weil wir glauben, dass vieles für diesen Standort spricht und weil wir in Bremen in besonderer Weise auf jeden Arbeitsplatz angewiesen sind. Aber ich will noch einmal ausdrücklich sagen: Einen Weg zurück zu einer Bundespost oder zu einer Verstaatlichung der Telekommunikation, wie es vielleicht an der einen oder anderen Stelle in dem Antrag und auch in der Begründung jetzt durchscheinen mag, den wird es mit der CDUBürgerschaftsfraktion nicht geben. Wir glauben, dass die Telekom ein leistungs- und wettbewerbsfähiges Telekommunikationsunternehmen ist und haben Verständnis dafür, dass sie sich im Markt behaupten und bewegen muss.
Das Droh- und Druckpotenzial aus Bremen ist überschaubar. Wettbewerb bedeutet natürlich auch, dass wir als Land Bremen uns in der Vergangenheit auch im Wettbewerb bedient haben. Die Telekommunikation ist bei uns nicht exklusiv an die Telekom vergeben. Wir haben uns für einen anderen Telefonanbieter entschieden, haben mit dem einen langfristigen Generalvertrag geschlossen, auch da haben wir aus unserer Sicht eine Entscheidung gegen die Telekom getroffen. Ich hoffe, dass das bei der Standortentscheidung jetzt keine Rolle gespielt hat, sondern dass es tatsächlich unternehmerische Gründe gewesen sind, die für den Standort Oldenburg entscheidend waren.
Natürlich wird man bei dieser Debatte auch ein bisschen nachdenklich. Was wäre eigentlich gewesen, wie hätte der Bürgermeister sich eigentlich verhalten, wenn die Telekom für den gemeinsamen Standort der Region nicht Oldenburg, sondern Bremen ausgewählt hätte? Hätten wir uns nicht gefreut, dass in Bremen viele neue Arbeitsplätze entstanden wären, oder hätten wir bedauert, dass die Oldenburger in Zukunft in Bremen arbeiten müssen? Ich will nur daran erinnern, dass der gleiche Bürgermeister, der um diese Arbeitsplätze zu Recht kämpft, sich am 1. August gefreut hat, dass die notwendige Entscheidung der Verlagerung von Hamburg an das AlfredWegener-Institut in Bremerhaven endlich erfolgt. Auch davon, das will ich an dieser Stelle sagen, sind Menschen betroffen. Auch davon sind Teilzeitbeschäftigte betroffen, die jetzt statt in Hamburg in Bremen arbeiten müssen. Deswegen sage ich: Wir springen nicht auf den Zug von ver.di auf und verteufeln die Telekom für ihre Entscheidung, sondern wir begrei
fen diese Debatte als eine standortbezogene Debatte, die an dieser Stelle den Senat in seinem Bemühen um diese Arbeitsplätze am Standort Bremen unterstützen soll.
Eine letzte Bemerkung noch, meine Damen und Herren, die das ein wenig relativiert: Personalabbau ist für Bremen ja nichts Unbekanntes. Wir haben gemeinsam in der Großen Koalition über viele Jahre Personalabbau aus monetären Gründen und aus Gründen der Wettbewerbsgleichheit und -fähigkeit unseres Bundeslandes herstellen müssen, auch im öffentlichen Dienst betreiben müssen. Der gleiche Senat, der um diese 170 Arbeitsplätze zu Recht kämpft, hat vor wenigen Wochen entschieden, in dem eigenverantwortlichen Bereich der städtischen Kliniken 1000 Arbeitsplätze abzubauen. Ich will nur sagen, die CDU-Fraktion geißelt an dieser Stelle nicht, im Gegensatz vielleicht auch zu der einen oder anderen Nuance in der öffentlichen Wahrnehmung, dass die Telekom, um am Markt zu bleiben, um Arbeitsplätze zu erhalten, wettbewerbsfähig bleiben will und muss und dazu auch ihre personellen Strukturen überdenken muss. Das ist etwas, was wir selbst über viele Jahre in Bremen auch gemacht haben, aber Sie haben uns an Ihrer Seite, wenn es darum geht, für den Standort Bremen zu kämpfen. – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit längerer Zeit verbreitet die Deutsche Telekom ihre Absicht in der Öffentlichkeit, Callcenter-Standorte zu vereinigen, was, wie wir jetzt auch wissen, nichts anderes bedeutet, als Standorte zu schließen. Erst im letzten Jahr gab es um die Gründung der drei T-Com Gesellschaften massive, und ich meine, vollständig berechtigte Auseinandersetzungen. Die T-Com wurde zerschlagen und bundesweit wurden etwa 55 000 Beschäftigte in eigenständige Gesellschaften ausgegliedert. Die Steuerbarkeit sollte verbessert werden. Die damit verbundene Verschlechterung der Arbeitsbedingungen sei wirtschaftlich unabweisbar, um überhaupt mit der Konkurrenz mithalten zu können. Herr Röwekamp, wenn Sie mir zuhören würden, will ich Ihnen auch sagen, was es bedeutet, wenn die Telekom sich im Wettbewerb behaupten muss:
Erstens: Die tariflich Beschäftigten bei der DTKS, Deutsche Telekom Kundenservice, erhalten seit ihrer Ausgliederung acht Prozent weniger Lohn bei gleichzeitiger Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit um vier Stunden.