Ich weiß, dass die CDU sich dafür nicht interessiert, weil sie sich ja mit ihren christlichen Wurzeln an dieser Stelle beschäftigen müsste, das wollen Sie offenbar vermeiden.
da spitzt die Evangelische Kirche es zu: „Wer den Schutz des Sonntags nicht achtet, versündigt sich am biblischen Gebot: Du sollst den Feiertag heiligen“.
Das sage ich in Richtung einer Partei, die sich auf ihre christlichen Wurzeln beruft und ihre christlichen Wurzeln an der Stelle entsprechend hochhält. Wir befinden uns im engen Schulterschluss mit den Damen und Herren, die von mir eben zitiert worden sind. Ich will einen weiteren Punkt ansprechen, der aus meiner Sicht wichtig ist.
Die Frage von Öffnungszeiten, das betrifft nicht nur die Frage der Sonntagsöffnung, sondern es betrifft auch und insbesondere die Frage, wie lange unter der Woche geöffnet ist, hat eben nichts mit Kaufkraft zu tun. Es kommt zwar zu Verlagerungen, Umsatzsteigerungen sind aber nicht zu verzeichnen. Das sage ich übrigens nicht nur als Sozialdemokrat, sondern das erkläre Ihnen auch landauf, landab der Einzelhandel, die Wirtschaftsverbände und die Handelskammern, weil das inzwischen auch so weit erhoben ist, dass man es an dieser Stelle so deutlich sagen kann.
Ich will auch sagen, dass diese Debatte nach meiner Auffassung keine Debatte ist, in der es um die Frage Bremen gegen Bremerhaven oder Senat gegen Magistrat in Bremerhaven geht. Die Koalition in Bremerhaven – der Kollege Bödeker hat es vorhin angesprochen – hat auf den Antrag von Albrecht reagierend erst über 40 Sonntage diskutiert. Das wollten Sie ja, das war Ihre Haltung: Wir wollen an 40 Sonntagen öffnen.
(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Was ist denn eigentlich Ihre Haltung? Was haben Sie in Bremerhaven für eine Haltung?)
Es hat anschließend innerhalb der Koalition den Kompromiss über den Magistrat gegeben, zwölf Sonntage in Bremen zu beantragen. Ich habe im Vorfeld und während der Diskussion darauf hingewiesen, dass es rechtlich nicht möglich ist und dass es politisch – das sage ich an dieser Stelle ganz deutlich – ebenfalls hoch umstritten ist und dass allen auch in Bremerhaven klar sein musste, dass die zwölf Sonntagsöffnungen nicht durchkommen können, weil es rechtlich nicht möglich ist – das haben Sie ja eben so locker unter den Tisch fallen lassen, Herr Bödeker – und weil Rot-Grün im letzten Jahr politisch erklärt hat: Mit der weitgehenden Ausweitung der Ladenöffnungszeiten unter der Woche ist für uns politisch der Preis verbunden, dass der Sonntag weitgehend geschützt wird. Das ist weiterhin unsere Auffassung. Zu dieser Auffassung gibt es auch keine Abweichung, und das, was aus Bremerhaven beantragt worden ist, konnte von der Senatorin nur abgelehnt werden.
Sie sind doch Jurist, Herr Röwekamp. Ich weiß ja nicht, wie viel Sie als Jurist verstehen. Ich habe mir von dem Juristen erklären lassen, der in Bremerhaven Oberbürgermeister ist, der auch dafür war, an 40 Sonntagen die Geschäfte zu öffnen, rechtlich sei es aktuell bei dem geltenden Ladenschlussgesetz nicht möglich, die Sonntagsöffnung vorzunehmen.
Dieser Antrag ist von der Mehrheit der Koalition in Bremerhaven so gestellt worden, obwohl alle wussten, dass es rechtlich nicht möglich ist.
Es ist in Koalitionen durchaus so – Herr Röwekamp, das sollten Sie auch wissen –, dass sie hin und wieder Beschlüsse fassen, von denen sie von vornherein wissen, dass sie nicht durchsetzbar sind. Das kommt in Bremerhaven hin und wieder einmal vor, insofern ist es keine neue Erkenntnis.
Lassen Sie mich abschließend sagen, dass nach Auffassung der SPD-Fraktion das hohe Gut des freien Sonntags weiter zu schützen ist, dass sich nach unserer Auffassung die CDU-Fraktion auch in diesem Haus sowohl gegen Kirchen und Familien als auch gegen die Beschäftigten stellt. Mit uns wird die Spirale, die insbesondere im Einzelhandel zu beobachten ist, dass es mit den Löhnen immer weiter heruntergeht, dass die Beschäftigungsverhältnisse immer schwieriger werden, nicht angeheizt. Deswegen sage ich noch einmal deutlich: Mit uns gibt es keine Ausweitung der Sonntagsöffnung und auch keine Änderung des Ladenschlussgesetzes. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Damit kommen Sie morgen in der „Nord- see-Zeitung“ groß heraus!)
Bevor ich der nächsten Rednerin das Wort erteile, möchte ich auf der Besuchertribüne recht herzlich eine Klasse Auszubildende für zahnmedizinische Fachangestellte begrüßen. Herzlich Willkommen in der Bremischen Bürgerschaft!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kol––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
legen! Lieber Herr Bödeker, Ihren Beitrag habe ich jetzt irgendwie so verstanden, als wenn Sie ein umfassendes Plädoyer für Ladenöffnung am Sonntag gehalten hätten. Das finde ich ganz erstaunlich vor dem Hintergrund Ihrer christlichen Wurzeln.
Ich will das jetzt auch gar nicht noch länger erörtern. Herr Günthner hat dazu eigentlich alles abschließend gesagt, ich finde das an der Stelle sehr erstaunlich. Ich möchte noch einmal auf diese Überschrift eingehen, die Sie gewählt haben: „Bremerhavener Strukturwandel sonntags geschlossen“. Dass der Erfolg des Strukturwandels in Bremerhaven von den Sonntagsöffnungszeiten abhängt, ich glaube, das glaubt hier im Parlament niemand. Das glaubt auch draußen keiner, und ich glaube auch nicht, Herr Bödeker, dass Sie das glauben. Ich finde, dass damit der Strukturwandel in Bremerhaven unter Wert verkauft wird.
Wir haben in Bremerhaven mittlerweile ein Drittel wissensbasierte Arbeitsplätze. Da ist die Hochschule Bremerhaven zu nennen, das Alfred-Wegener-Institut, das ttz und viele andere. Das Alfred-WegenerInstitut ist mittlerweile der größte Einzelarbeitgeber in Bremerhaven. Man muss auch nicht besonders erwähnen, dass Bremerhaven ein wesentlicher Hafenund Logistikstandort ist. Der Containerbereich zählt zu den Top Ten in Europa. Der dortige Autoumschlag ist der größte in Europa. Bremerhaven entwickelt sich gerade zum größten Standort für Offshore-Windenergie, und natürlich hat Bremerhaven sich auf den Weg gemacht, sich als Tourismusstandort zu entwickeln. Dazu gehört das Auswandererhaus, dazu wird das Klimahaus gehören und vieles andere mehr. Aber ein Tourismuskonzept und der Erfolg von Tourismus hängen doch an den Attraktionen, das hängt doch nicht daran, ob am sonntags geöffnet ist, sondern an den Attraktionen vor Ort und an nichts anderem. Wenn das Tourismuskonzept so wäre, dass es an den Sonntagsöffnungen hängen würde, hätte man im Konzept etwas falsch gemacht, aber ich glaube, das ist auch nicht der Fall. Insofern überziehen Sie hier erheblich, Herr Bödeker!
Kommen wir zu den Sonntagsöffnungszeiten im Speziellen. Sie haben das erwähnt, der Magistrat hat nach Paragraf 9 des Bremischen Ladenschlussgesetzes den Erlass einer Rechtsverordnung beantragt, der es
ihm an zwölf Sonntagen im Bereich Alter Hafen, Neuer Hafen, Columbus-Center und der Fußgängerzone ermöglicht, Geschäfte zu öffnen. Nun ist aber klar, dass der Paragraf 9 nur für Ausflugsorte gilt, also für touristisch relevante Gebiete mit einem eingeschränkten Warenangebot, das muss man dazu sagen. Es gilt für Lebensmittel zum sofortigen Verzehr, Tabakwaren, Zeitungen, Schnittblumen und Waren, die für diesen Bereich typisch sind. Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass weder das Columbus-Center noch das Mediterraneo diese Kriterien überhaupt aufweist.
Wer ins Mediterraneo geht, sieht darin ganz normale Ladenketten, die man überall in Deutschland findet. Dieser Bereich kann unmöglich unter diesen Paragrafen 9 fallen, der dort beantragt wird. Es geht, wenn überhaupt, nur über den Paragrafen 10 im Ladenschlussgesetz, der vier Sonntagsöffnungen im Zusammenhang mit Messen und Märkten ermöglicht. Das kann die Stadt Bremen genauso wie Bremerhaven, so ist es auch auf Bremerhaven übertragen worden, und im Übrigen ist das ein Gesetz, das hier am 28. März 2007 in der Bremischen Bürgerschaft beschlossen worden ist, also auch mit Ihnen, Herr Bödeker. Da gab es nämlich noch die Große Koalition. Wenn Sie es in der Sache wirklich ernst meinen würden, dann hätten Sie hier einen Antrag vorgelegt. Das haben Sie nicht getan, und ich nehme einmal an, dass Sie sich das auch nicht trauen, weil Sie sich dann mit den Kirchen, mit einem Teil der Einzelhändler und mit den Beschäftigen anlegen müssten. Das wollten Sie nicht, deswegen haben Sie eine Aktuelle Stunde beantragt, wo man einmal ordentlich breit erzählt, aber auch kaschieren kann, dass man überhaupt gar nicht handeln will. Im Übrigen – dazu müssen Sie sich auch stellen –, wenn Sie hier keinen Antrag vorlegen, können Sie nicht gleichzeitig sagen, dass der Senat geltendes Recht nicht beachten soll, das Sie, Herr Bödeker, hier im Parlament mit beschlossen haben.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Günthner, ein ganz kurzes Wort noch zu Ihnen: Ich denke, dass die CDU eben nicht die von Ihnen zitierten christlichen Werte hochhält, andernfalls hätten wir hier im Haus eine völlig andere Debatte. Hinzu kommt, dass das Agieren der Großen Koalition in Bremerhaven doch ein wenig irritiert. Ich denke, da muss man noch einmal kritisch hinterfragen, warum bewusst Beschlüsse gefasst werden, die rechtlich nicht haltbar sind.
ten“ debattiert und haben hier im Parlament mehrheitlich Ihrer Auffassung, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, einer weiteren Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten sowie ausgedehnten Sonntagsöffnungen in Bremen widersprochen. Jetzt führen wir die gleiche Debatte zu Bremerhaven, das ist wirklich sehr originell, Herr Bödeker. Die rechtlichen Grundlagen haben sich in der Zwischenzeit doch nicht geändert. Es muss nach wie vor eine Zeit geben, in der sich Menschen erholen und ihre Kräfte regenerieren können, und nach wie vor hält DIE LINKE am verfassungsrechtlichen Schutz des Sonntags fest. Diese Regelung aufzuweichen, erachtet DIE LINKE als verantwortungslos.
Die Ladenöffnung an den übrigen Wochentagen ist doch bereits nahezu vollständig freigegeben, und leidtragend, wir haben es jetzt schon zweimal gehört, sind im Wesentlichen die Beschäftigten des Einzelhandels, deren Arbeitszeit in die Abendstunden und ins Wochenende verlagert werden, und hier sind es insbesondere wieder Frauen.
Entgegen einiger schöngerechneten Statistiken steigen Umsatz und Beschäftigtenzahl selten, prekäre Beschäftigung aber umso mehr. Wie sieht jetzt die Realität, insbesondere im Mediterraneo, aus? Das haben wir uns nicht ausgedacht, sondern ist einigen Pressemitteilungen aus Bremerhaven zu entnehmen. Die Ladenpassage hat noch einige Lücken, weil noch nicht alle Verkaufsflächen vermietet wurden. Die Besucherzahlen bleiben wegen des sinkenden Interesses gleich, wenn sie nicht sogar schon wieder zurückgehen, und trotzdem haben Besucher nach wie vor die Möglichkeit, insbesondere die gastronomischen Einrichtungen am Wochenende und am Sonntag zu nutzen. Ihnen fällt jetzt nichts anderes als Wundermittel ein, als ausgedehnte Sonntagsöffnungszeiten zu fordern, um möglichst vielen Touristen das Shoppen zu ermöglichen. Natürlich könnten wir beachten, dass Touristen gern ein Souvenir aus Bremen oder Bremerhaven mitnehmen, aber muss es sich dabei beispielsweise um ein neues Telefon inklusive Vertrag handeln, oder handelt es sich bei einem Souvenir um eine Brille, die sie kaufen können, oder sind es doch eher die spezifischen Waren, die man nur vor Ort in Bremerhaven kaufen kann, wie Spielzeug und Gemüse? Merken Sie eigentlich etwas? Ihre hier vorgetragenen Verbindungen haben doch einen dicken Pferdefuß.
Am liebsten würden Sie doch jedes Shopping-Center als Tourismusattraktion verkaufen, nur um die Sonntagsöffnungszeiten ausdehnen zu können. Ich bin, ehrlich gesagt, gespannt auf zukünftige „Ver
kaufsgespräche“, wenn wir ähnliche Touristenattraktionen wie die Markthalle in Bremen-Vegesack auf dem Sedanplatz einweihen.
Zum Stichwort Arbeitsplätze: Genaue Angaben fehlen über die entstehenden Arbeitsplätze. Der Magistrat ist davon ausgegangen, dass 260 neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Davon sollen aber mindestens 170 in Teilzeit aufgelegt sein. Wir kennen den Trend, Vollzeitbeschäftigung in Teilzeitbeschäftigung oder Minijobs zu splitten, insbesondere aus dem Einzelhandel. Die zunehmende Flexibilisierung der Arbeitszeit und die geforderte Mobilität der Arbeitnehmer sind familienfeindlich und greifen die Arbeits- und Lebensbedingungen der Beschäftigten an.
Auch weiteren Diskussionen oder Anträgen in der Arbeitsdeputation oder in der Bremischen Bürgerschaft werden wir nicht zustimmen! Diese Politik ist mit der LINKEN nicht zu machen!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die regelmäßige Diskussion um die Ladenöffnungszeiten und um Recht und Unrecht Bremerhavener Beschlüsse zeigt, dass es mit dem Ladenschlussgesetz nicht mehr weit her ist.
In der Stadtbürgerschaft wurde das Thema Sonntagsöffnung schon vor einigen Monaten behandelt. Die rot-grüne Koalition hat sich in keinster Weise des Problems angenommen, sondern stattdessen ausschweifende Grundsatzdiskussionen geführt und eine Ideologie daraus gemacht.