Protokoll der Sitzung vom 21.01.2009

Ich halte es aber nicht für richtig – und so muss ich den Antrag der LINKEN verstehen –, öffentlich geförderte Beschäftigung unter dem Aspekt, dass wir auch Arbeitsmöglichkeiten für Menschen schaffen, die eben auf dem ersten Arbeitsmarkt keine Chance haben, und denen wir zusätzliche Chancen geben wollen, so zu erhöhen, dass sie dann in eine bessere Situation kommen als diejenigen, die zu normalen tariflichen Löhnen arbeiten und dies letztlich finanzieren müssen. Deswegen lehnen wir diesen Antrag ab. Allerdings, denke ich, ist es sinnvoll, diesen Tarifvertrag einmal mit dem VBB zu überprüfen, dass eine Angleichung an inzwischen erfolgte Preiserhöhungen vorgenommen werden kann. Ich könnte mich auch damit anfreunden zu sagen, dass Leistungsprämien in bestimmten Fällen, bei denen auch besonders gute Arbeit in den Stadtteilen geleistet wird und damit Motivation gestärkt und Arbeit anerkannt wird, zur Verfügung gestellt werden.

Wir werden uns sicher in der Deputation damit beschäftigen und haben dann auch dazu die Gelegenheit, Frau Nitz. Ich denke aber, dass wir doch sehr gut so verfahren können und dass es damit auch für den Arbeitslosen nicht negativ ist. Ich will zum Schluss sagen, ich finde es immer noch besser, jetzt hier mit sozialversicherter Beschäftigung wenigstens einen großen Teil des eigenen Lebensunterhalts bestreiten zu können, echte Arbeit zu haben, als gänzlich im Hilfebezug zu verbleiben.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Schön.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Ziegert hat schon darauf hingewiesen: Ich finde, ehrlich gesagt, dass wir uns alle hier gemeinsam erst einmal über dieses Programm „Bremen produktiv und integrativ“ freuen können. Das ist ein richtig großer Schritt nach vorn, wir haben damit richtig gut den Einstieg in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse geschafft und Ein-Euro-Jobs zurückgefahren. Ich finde, das ist ein großer Erfolg!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Wir Grüne waren immer der Auffassung, dass EinEuro-Jobs nur dann eingesetzt werden sollen, wenn es um soziale Integration geht, wenn dies im Vordergrund steht, aber dass sie eigentlich nicht eingesetzt werden sollen, weil Menschen arbeitslos sind, weil die Arbeitsmarktsituation so ist, wie sie ist. Sie sollen dann auch bei Beschäftigungsträgern für ihre Arbeit bezahlt werden und nicht in Ein-Euro-Jobs kommen. Das haben wir auch in dem rot-grünen Koalitionsvertrag festgeschrieben, und ich bin froh, dass dieses Programm so auf den Weg gebracht worden ist. Im Übrigen – das gehört auch zu der Wahrheit dazu – war das nicht so ganz einfach, das hat bei den Beschäftigungsträgern durchaus zu Friktionen geführt, weil es auch keine Kleinigkeit ist, wenn man die EinEuro-Jobs von 4500 auf 2900 zurückfährt, dann schafft das schon das eine oder andere Problem.

Jetzt zu der Forderung der LINKEN! Sie sagen, Sie wollen das Programm aufstocken. Dazu muss man erst einmal Folgendes wissen: Das Programm wird vollständig aus ESF-Mitteln bezahlt, und wir haben für die neue Förderperiode ein Drittel weniger Geld zur Verfügung. Wir haben für die Förderperiode 2008 bis 2013 89 Millionen Euro zur Verfügung, und wir haben in einer ersten Tranche bis 2011 für das Programm „Bremen produktiv und integrativ“ 15,5 Mil––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

lionen Euro zur Verfügung gestellt, das sind 20 Prozent des Gesamtetats. Das ist der Bereich, der nicht gekürzt worden ist, wir haben ihn so erhalten zulasten anderer Programme. Das gehört zu der Wahrheit an der Stelle auch dazu. Ich finde, dass das erst einmal ein gutes Ergebnis ist.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Wir haben uns auch – das geht aus der Deputationsvorlage hervor, auf die sich auch Frau Nitz bezieht – die Umwandlung der Ein-Euro-Jobs zu sozialversicherungspflichtigen Jobs viel Geld kosten lassen. Das hat uns zusätzlich 1,8 Millionen Euro gekostet. Das haben wir gemacht, obwohl wir Haushaltsnotlageland sind. Wir haben das gemacht, weil wir einen Systemwechsel wollten, und wir wollten aus Arbeitslosen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer machen. Das war uns ganz wichtig, weil es für die Menschen einen Unterschied macht, ob sie für ihre Arbeit Gehalt bekommen oder durch einen Ein-EuroJob alimentiert werden. Das gehört auch zur Wahrheit dazu.

Nun zu den Problemen, die wir haben! Es ist richtig, dass die sozialversicherungspflichtigen Jobs nicht armutsfest sind. Frau Ziegert hat dazu eine Menge Ausführungen gemacht. Ich möchte das jetzt nicht alles wiederholen, dass es auch Probleme in dem Tarifvertrag mit VaDiB gibt, aber dazu gehört auch, dass wir nicht völlig frei sind an der Stelle in der Gestaltung, weil die BEZ-Maßnahmen – so heißen sie im Fachjargon – an mehreren Vermittlungshemmnissen ansetzen und ein Bundesgesetz im Hintergrund steht, woran wir im Moment auch nicht so ohne Weiteres vorbeikommen. Wir haben das in der Deputation erläutert, und vor dem Hintergrund, dass die Arbeitsmarktprogramme auf Bundesebene gegenwärtig auch neu gestaltet werden und 2009 auch größere Freiheiten bestehen, größere Flexibilität und auch eine größere Flexibilität in der Bezahlung, werden wir das in diesem Jahr sowieso wieder neu auf die Agenda setzen. Vor dem Hintergrund fanden wir es auch nicht angemessen, im November darauf zu reagieren. Von daher ist das, was Sie mit Ihrem Antrag hier jetzt machen, im Grunde auch erst einmal eine populistische Aktion, weil die Koalition es an der Stelle auch nicht weggedrückt hat, sondern es ist einfach auch sinnvoll, erst einmal zu schauen, wie sich das Gesetz in Berlin ändert.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ihren Antrag lehnen wir ab, weil wir erstens an der Problematik arbeiten, zweitens habe ich ausgeführt, dass wir das Programm „Bremen produktiv und integrativ“ nicht weiter ausführen, weil das klar zulasten anderer Projekte gehen würde. Dann sagen Sie auch, welche Sie nicht mehr fördern wollen, ob das Quali

fizierung, Ausbildung oder anderes ist, das müssen Sie sagen, wo Sie die Einsparung machen wollen. Was in dem Fall nicht geht, ist: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass! Das wollen wir nicht. – Herzlichen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Nitz.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich will noch einmal auf ein paar Einwände eingehen.

Herr Nestler, Sie sagen, das, was wir hier fordern, würde mehr Verwaltungsaufwand bedeuten. Das sehen wir anders. Derzeit ist es so, dass die Menschen, die in Beschäftigungsprogrammen arbeiten, auf der einen Seite ihr Arbeitsentgelt bekommen, auf der anderen Seite aber immer noch in die BAgIS oder in die ARGE Bremerhaven gehen, um dort ihre aufstockenden Leistungen zu beantragen und zu bekommen. Das sind also schon einmal zwei Stellen, woher sie Geld beziehen. Wenn sie zukünftig nur noch Geld von einer Stelle erhalten, frage ich Sie: Wo besteht hier der höhere Verwaltungsaufwand?

Darüber hinaus haben Sie gesagt, Gelder seien nicht vorhanden. Frau Schön hat es übrigens auch eben wiederholt. Sie haben aber auch gleich die Begründung mitgeliefert: Dieses beschäftigungspolitische Aktionsprogramm wird fast ausschließlich aus ESFMitteln finanziert. Selbstverständlich muss man hier noch einmal darüber nachdenken, ob man nicht die Landesmittel aufstockt, um Armutsfestigkeit in den Beschäftigungsprogrammen herzustellen.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Dr. Möllenstädt, dass Sie eine andere Auffassung von Armut haben, haben Sie hier noch einmal deutlich gemacht. Es gibt aber auch die Definition der relativen Armutsgrenze. Arm ist derjenige, der weniger als 60 Prozent des Medians des Nettoäquivalenzeinkommens zur Verfügung hat. Das dürfte Ihnen aber auch bekannt sein. Da erzähle ich Ihnen nichts Neues. Ihre Forderung des Lohnabstandsgebotes, das hier eingehalten werden soll, ist im Übrigen nur dann sinnvoll, wenn wir flächendeckend einen gesetzlichen Mindestlohn haben. Andernfalls ist nämlich die Grenze nach unten nicht gesetzt, sie ist offen, wir reden dann also auch über Stundenlöhne von einem Euro, zwei Euro oder drei Euro.

(Beifall bei der LINKEN)

Frau Ziegert, Sie haben gesagt, die Höhe des Geldes reicht nicht aus, um überhaupt aus dem Hilfebezug

zu kommen, selbst wenn wir hier die Programme insofern aufstocken würden, dass die Menschen vielleicht 1200 Euro bekommen. Warum sagen Sie dann den Quartiersmanagern, oder warum sagt auch der SPD-Staatsrat den Quartiersmanagern, dass Sie sich für eine Anhebung einsetzen werden? Hier wird offensichtlich gegenüber den Quartiersmanagern gelogen. Im Bezug auf alleinstehende Hilfeempfänger war es nämlich auch die von der SPD vorgetragene Begründung, weshalb eine Anhebung der Entlohnung überlegt werden soll. Im Übrigen frage ich Sie dann auch, warum es in Berlin möglich ist, eine Festlegung von 1300 Euro zu treffen?

Ich will nur noch einmal darauf hinweisen: Der Senat und die rot-grüne Koalition hatten wirklich eine Menge Zeit, dieses Problem zu lösen. Wir haben auch schon sehr lange darauf hingewiesen, und nicht nur in der Deputation. Wir hatten das Problem mündlich angesprochen, Berichtsbitten eingereicht, wir hatten auch gehofft, dass es in der Vorlage zur NovemberDeputation die Andeutung einer Lösung gibt. Wir haben es wirklich sehr niedrig schwellig mit Ihnen versucht, aber es hat nicht geholfen. Da in diesem so unheimlich steuerungsfähigen Ressort offenbar noch nicht einmal vereinheitlicht ist, ob hier ein Problem besteht und ob der Senat zuständig ist, möchten wir wenigstens diese Frage jetzt mit diesem Antrag per Bürgerschaftsbeschluss klären, damit das Parlament die politische Richtung vorgibt, die dann bitte schön vom Ressort auch umzusetzen ist, und das ist nach immerhin neun Monaten nicht zu viel verlangt. – Vielen Dank!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächste Rednerin hat das Wort Frau Senatorin Rosenkötter.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst einmal, das ist eine Thematik, mit der wir uns in der Tat, Frau Abgeordnete Nitz, beschäftigen, aber das ist eine Thematik, die auch nicht mit einem Federstrich zu lösen ist. Insofern ist es wichtig, dass hier eine Reihe von beteiligten Partnern gemeinsam eine Lösung findet, aber ich will noch einmal vielleicht ein wenig davor ansetzen: Dass wir nämlich dieses Programm auf den Weg gebracht haben, ist eine ganz entscheidende und wichtige Zielsetzung, Menschen, die langzeitarbeitslos sind, wieder eine Perspektive zu eröffnen.

(Beifall bei der SPD)

Das schaffen wir mit diesem Programm „Bremen produktiv und integrativ“, eine Perspektive zu eröffnen, und, das will ich überhaupt gar nicht verhehlen, Wertschätzung von Arbeit macht sich zu einem guten Teil natürlich auch über die Bezahlung deutlich, das steht außer Frage, aber Wertschätzung von Arbeit bedeutet auch Qualifizierung, Teil eines Pro

jektes, Teil eines Programms zu sein, anerkannt zu sein. Auch das ist ein ganz wichtiger Fakt, und der wird und ist gerade für Menschen, die sich in einer Langzeitarbeitslosigkeit befinden, von ganz wesentlicher Bedeutung. Natürlich ist es am Ende das Ziel, dass die Löhne, die für öffentliche Beschäftigungsangebote gezahlt werden, möglichst armutsfest sind, was nichts anderes heißt, als dass sie eben mit diesen Einkommen auskommen und keine weiteren Sozialleistungen bezogen werden müssen. Aber wir müssen sehen, dass wir es über dieses Programm geschafft haben, Menschen sozialversicherungspflichtig zu machen. Auch das ist etwas, was hier deutlich mit in den Vordergrund zu stellen ist!

(Beifall bei der SPD)

Dieses Ziel zu erreichen ist, glaube ich, nicht so schlank, wie Sie es hier vorstellen wollen. Am regulären Arbeitsmarkt, das ist hier von einigen Rednern angesprochen worden, haben sich, das wissen wir, in etlichen Bereichen leider Löhne durchgesetzt, die von Armutsfestigkeit ein gutes Stück entfernt sind. Eine Friseurin im ersten Gesellenjahr verdient 770 Euro netto bei voller Arbeitszeit. Im Reinigungsgewerbe werden für eine Vollzeitstelle 960 Euro netto bezahlt. Das heißt also, dass wir, wenn wir hier etwas auf den Weg bringen für Menschen, die über eine lange Dauer in Arbeitslosigkeit sind, und wir kennen die Vorschriften, die eine Reihe von weiteren Vermittlungshemmnissen haben, hier im Auge behalte können und müssen, dass wir die Bezahlung auch so gestalten, dass sie angemessen ist zu den Menschen, die sich auf dem ersten Arbeitsmarkt in einer Beschäftigung befinden. Wir sprechen eben mit diesem Programm Menschen an, die ganz wesentlich in ihren Stadtteilen, in ihren Quartieren etwas Sichtbares gemeinsam machen und sich daraus auch eine Perspektive entwickeln kann. Das heißt also, das Ziel von „Bremen produktiv und integrativ“ ist es, individuelle arbeitsmarktorientierte Förderung mit strukturpolitischen Zielen der Regionen und Stadtteile zu verbinden. Mein Ziel ist es, mit den Beschäftigungsträgern zu einem tragfähigen Kompromiss zu kommen, und dazu zählt sicherlich ein ganzes Bündel von einzelnen Dingen, die dabei eine Rolle spielen könnten oder können. Ich will nur Beispiele nennen: Leistungspauschalen oder Anhebung oder Veränderung des Tarifvertrages, der bisher besteht. Aber das ist nicht etwas, was wir allein entscheiden, sondern das ist in der Zusammenarbeit mit den Beschäftigungsträgern zu gestalten. Ich hoffe, dass wir hier zu einer Kompromisslösung kommen. Alles in allem bewerte ich dieses Programm als ein gelungenes Programm, und die wachsenden Zahlen zeigen, dass wir damit den richtigen Weg gegangen sind. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag der Fraktion DIE LINKE mit der Drucksachen-Nummer 17/601 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür DIE LINKE)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grü- nen, FDP, Abg. T i m k e [BIW] und Abg. T i t t m a n n [parteilos])

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag ab.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich rufe jetzt zum Abschluss des heutigen Tages alle diejenigen Tagesordnungspunkte ohne Debatte auf.

Wahl eines stellvertretenden Mitglieds des Staatsgerichtshofs

Der Wahlvorschlag liegt Ihnen schriftlich vor.

Die Beratung ist eröffnet. – Wortmeldungen liegen nicht vor. – Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Wahl.

Wer entsprechend dem Wahlvorschlag wählen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!