Protokoll der Sitzung vom 22.01.2009

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte nur eine kleine Sache noch einmal richtigstellen, die gar keine kleine Sache ist, weil viele auch draußen nicht so in dem Thema stecken. Herr Tittmann hat so getan, als ob rechtsextreme Fußballfans hier in Bremen Opfer von anderen Fußballfans seien. Es gibt einen einzigen gravierenden Vorfall in der letzten Zeit. Das war im Jahre 2007. Damals haben rechtsextreme Fußballfans eine friedliche Party im Bremer Weserstadion gestürmt, haben mehrere Menschen schwer verletzt, andere leicht verletzt, großen Schaden angerichtet. Die Polizei ermittelt immer noch! Aber es ist ganz klar, auch wenn der individuelle Tatbeitrag noch nicht geklärt ist, dass es sich um rechtsextreme Fans gehandelt hat. Dass Sie jetzt hier das Gegenteil von dem, was da wirklich passiert ist – es gibt eine Reihe von Schwerverletzten, und die Polizei ist da sehr intensiv am ermitteln –, behaupten, und das haben Sie hier getan, dass die rechtsextremen Hooligans Opfer gewesen wären von Gewalttaten, das ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

muss man, glaube ich, an dieser Stelle doch noch einmal richtigstellen, weil aus diesem Haus eine solche falsche Botschaft nicht hinausgehen soll. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Damit ist die Aussprache geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 17/667 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE, FDP und Abg. T i m k e [BIW])

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

(Abg. T i t t m a n n [parteilos])

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag zu.

Im Übrigen nimmt die Bürgerschaft (Landtag) von der Antwort des Senats auf die Große Anfrage der Fraktion der CDU Kenntnis.

Ökonomische Bildung an Schulen im Lande Bremen

Große Anfrage der Fraktion der CDU vom 11. November 2008 (Drucksache 17/606)

D a z u

Mitteilung des Senats vom 2. Dezember 2008

(Drucksache 17/640)

Dazu als Vertreter des Senats Frau Senatorin Jürgens-Pieper.

Gemäß Paragraf 29 unserer Geschäftsordnung hat der Senat die Möglichkeit, die Antwort auf die Große Anfrage in der Bürgerschaft mündlich zu wiederholen.

Sehr geehrte Frau Senatorin, ich gehe hier wieder davon aus, dass Sie darauf verzichten wollen, sodass wir gleich in die Aussprache eintreten können.

Die Aussprache ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rohmeyer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nach turbulenten Zeiten der Schulstruktur nun eine Debatte um ein inhaltliches Thema! Seit vielen Jahren wird diskutiert, wie ökonomische Bildung am besten an Schulen vermittelt werden kann. Es gibt Bundesländer, die dafür ein eigenes Fach eingerichtet haben, es gibt Bundesländer, die dies im Curriculum mehrerer Fächer verankert haben.

(Vizepräsident R a v e n s übernimmt den Vorsitz.)

Unbestritten und wichtig ist, dass ökonomische Bildung vermittelt werden muss. Ökonomische Bildung ist ein Beitrag zur Akzeptanz der sozialen Wirtschaft, sie ist ein Beitrag zur Schaffung von Eigenverantwortung und Verantwortung für die Gesellschaft, und sie ist auch ein wesentlicher Beitrag, das Wertesystem zu verstehen, das unserer demokratischen Gemeinordnung zugrunde liegt. Die soziale Marktwirtschaft ist etwas, das auch verstanden werden muss, und darum ist es wichtig, dass ökonomische Bildung an Schulen im Lande Bremen stattfindet.

Wir haben den Senat in zehn Fragen um Stellungnahme gebeten. Der Senat antwortet zu Frage 1, er hat eigentlich keine Erkenntnisse, geht aber davon aus, dass alles gut ist. Meine Damen und Herren, das ist natürlich erst einmal eine Annahme, die ich als Senat auch machen würde. Ich glaube nur, dass es hier in Bremen nicht anders ist als in vielen anderen Bundesländern, und dort sagen Studien, dass vielen Jugendlichen ein grundlegendes Marktverständnis, eine grundlegende ökonomische Bildung fehlt. Darum ist es wichtig, dass wir hier heute darüber debattieren und dass dann auch in Zukunft an den Schulen noch etwas geändert wird.

Wir müssen Schülerinnen und Schüler in die Lage versetzen, dass sie wirtschaftliche Prozesse auf der Grundlage des eigenen Wissens und der eigenen Kompetenzen verstehen und kritisch beurteilen können. Ich glaube, gerade im Moment haben wir ein gutes Beispiel, wo nicht nur Schülerinnen und Schüler, sondern auch viele, die seit vielen Jahren im Berufsleben stehen, sich die Weltwirtschaft anschauen und es nicht mehr verstehen, und darum ist es wichtig, dass wir die Grundlagen schon früh legen.

Schon in der Grundschule wird damit begonnen, dass Schülerinnen und Schüler zum Beispiel Geld als Gegenwert von Ware begreifen, dass sie mit Währung umgehen können, dass man auch zwischen – wie es in der Antwort des Senats steht – Wünschen und Bedürfnissen unterscheidet. Es gibt ja auch Gründe, warum Sendungen wie „Schuldnerberater“ auf irgendwelchen Privatsendern einen solchen Erfolg haben. Viele Menschen können eben nicht mit Wirtschaft umgehen, und darum müssen wir uns die Ant––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

wort des Senats noch einmal sehr genau anschauen. Ich glaube, auch hier in der Antwort des Senats sind viele Wünsche formuliert, ist auch Wunschdenken formuliert, das ist sehr positiv formuliert, das ist ja auch in Ordnung, ich glaube nur, man hätte etwas kritischer auch tatsächlich mit dem umgehen müssen, was an den Schulen tatsächlich passiert. Wir haben viele Schülerinnen und Schüler, die den hochgesteckten Anforderungen unserer Bildungspläne eben doch nicht so entsprechen. Wir haben ja auch hochgesteckte Bildungspläne im Bereich Deutsch, Mathematik und Naturwissenschaften, und wir wissen aus aktuellen Studien, dass diese hochgesteckten Ziele auch nicht von allen Schülerinnen und Schülern erreicht werden. Darum, Frau Senatorin, betrachten Sie das jetzt nicht als bloße einfache Kritik von der Opposition, sondern wir müssen hier gemeinsam herangehen und schauen, wie wir dieses Problem besser lösen können. Wichtig ist zum Beispiel ganz konkret, dass die Theorie, die in der Schule vermittelt wird, auch in der Praxis ankommt, denn trotz aller Theorie ist es überall dort, wo es wenig außerschulische Partner gibt, auch in der Regel so, dass es dann Probleme in der praktischen Umsetzung gibt, und darum brauchen wir außerschulische Partner. Wir müssen uns über den Bereich der Berufspraktika unterhalten. Wir hatten uns zuletzt in der alten Schulform Sekundarschule ja auch noch über die Praxiszeiten dort unterhalten, wir werden uns in Zukunft über die neue Oberschule unterhalten, und ich glaube, dass es richtig und wichtig ist, dass wir in der Grundschule, im Gymnasium und in der Oberschule in Zukunft über verstärkte Praxisphasen reden müssen, damit dort auch Wirtschaft tatsächlich erlebt werden kann, und zwar nicht nur von den Schülerinnen und Schülern, sondern auch von den Lehrerinnen und Lehrern. Es ist ausführlich dargestellt, welche theoretischen Angebote es zur Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften gibt. Ich habe auch weniger Zweifel, dass junge Lehrerinnen und Lehrer mit einer doch stärkeren Kompetenz an ökonomischer Bildung in die Schulen kommen. Ich glaube aber, dass es gerade bei den Lehrkräften, die schon lange im Schuldienst sind, doch so ist, dass dort bisher eher weniger ökonomische Bildung vermittelt wurde

(Zuruf der Abg. Frau B ö s c h e n [SPD])

und dass diese Lehrerinnen und Lehrer auch weniger Fort- und Weiterbildungen besuchen. Dies Ergebnis ist ein Ergebnis von verschiedensten Gesprächen, Frau Böschen, die wir in Schulen geführt haben. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit in der ersten Runde. Wir haben dieses Thema ja geteilt, damit es hoffentlich eine etwas lebendigere Debatte wird. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Schmidtke.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer derzeit die Zeitungen aufschlägt oder Nachrichten hört, erlebt, dass das Thema Ökonomie nicht etwa nur ein Thema für besonders Auserwählte oder die da oben oder die Millionäre ist, sondern dass jeder Bürger, unabhängig von Alter und Status, hautnah von den Auswirkungen einer gut oder schlecht funktionierenden Ökonomie betroffen ist.

Der Begriff der Weltwirtschaftskrise macht aktuell erschreckend deutlich, wie eng die Zusammenhänge zwischen Ökonomie und Alltag eines jeden sind. Ökonomie beeinflusst das Leben eines jeden. Kinder und Jugendliche, das belegen entsprechende Studien, sind in ihrem Konsumverhalten ein wichtiger Faktor für die Wirtschaft. Werbung spricht gezielt diese Kundengruppe an und umwirbt unsere Kinder und Jugendlichen, die ihr Taschengeld in beeindruckendem Umfang investieren.

Das zeigt uns zweierlei: Erstens, kein Mensch scheint zu jung für Ökonomie zu sein, zweitens, auch Schule muss sich der Aufgabe stellen und den Schülerinnen und Schülern wirtschaftliches Sachwissen an die Hand geben, Kenntnisse und Einsichten vermitteln, die wirtschaftliches Denken und Handeln in Lebenssituationen als Verbraucher und Verbraucherinnen, Arbeitnehmer, Selbstständige, Staatsbürger und -bürgerinnen ermöglichen.

Beim Durchforsten der Lehrpläne für unsere Schulen, bezogen auf die unterschiedlichen Schulstufen, kam ich zu folgender Erkenntnis: Bereits im Primarbereich werden den Kindern im Sachkundeunterricht folgende Kompetenzen vermittelt:

(Abg. R o h m e y e r [CDU]: Das steht in der Antwort des Senats!)

Schön, dass Sie auch lesen können, Klasse! Sie können ausgewählte Arbeitsplätze benennen und beschreiben, indem sie auch vor Ort befindliche Betriebe besuchen. Ein Besuch in der Backstube des Bäckers in der Nachbarschaft hat sich sogar zu einem Renner bei den Kindern entwickelt. Die Grundschüler können die Arbeit anderer Menschen beschreiben und erhalten so erste Einblicke in die Unterschiedlichkeit von Berufen. Gern werden zu diesem Projekt Eltern der Schülerinnen und Schüler einbezogen, die ihren Beruf vorstellen und die Fragen der Kinder beantworten.

Die Kinder lernen Geld als Tauschmittel für Ware begreifen, sie lernen unsere Münzen und deren Wert kennen und einordnen. Die Kinder lernen, zwischen Wünschen und Bedürfnissen zu unterscheiden. Schon im Primarbereich wird deutlich, dass ökonomische Zusammenhänge fächerübergreifend vermittelt wer

den müssen und nicht ausschließlich auf das Fach Sachkunde begrenzt sein können.

(Abg. R o h m e y e r [CDU]: Das steht hier wirklich darin!)

Ich fand das so wichtig, dass ich das hier aufgenommen habe, ist doch klar, Herr Rohmeyer! In dieser Lebensphase der Kinder – und das steht nicht mehr darin – ist es hilfreich, wenn Eltern regelmäßig Taschengeld zur Verfügung stellen können, deren Höhe für die Kinder planbar festgelegt ist. Taschengeld, das Sparen notwendig macht, um sich größere Wünsche erfüllen zu können, das nicht unendlich ist, sondern das bei Fehlplanungen die Konsequenz der geldlosen Zeit anbrechen lässt, unterstützt die Erziehung zu verantwortlichem ökonomischem Handeln.

(Beifall bei der SPD)

Im Bereich der Sek-I-Schulen, also der Fünft- bis Zehntklässler, wurde das Fach Arbeitslehre nicht per Türschild ausgetauscht, sondern wurde vor allem inhaltlich den gravierenden Veränderungen der Ökonomie angepasst. Aus diesen Überlegungen heraus entstand das heutige Fach Wirtschaft, Arbeit, Technik, kurz WAT. Ziel dieses Faches in der Sek I ist es, die Schülerinnen und Schüler in die Lage zu versetzen, haushaltsbezogene, technische und sozioökonomische Systemzusammenhänge zu verstehen, sie zu beurteilen und mitzugestalten. Die Schülerinnen und Schüler werden herangeführt an Themen wie Umgang mit Geld, Preise, Kredit, Verbraucherschutz, Preisbildung, Marktmechanismen, Aufbau und Funktion von Unternehmen. An vielen Schulen sind Schülerfirmen entstanden, die Schülerinnen und Schüler sehr praxis- und realitätsnah in die Welt der Ökonomie hineinschnuppern lassen. Hier wird den Jugendlichen deutlich, welche Auswirkungen eigenes Planen und Handeln auf Erfolg beziehungsweise Misserfolg ihres Unternehmens haben.

Ich weiß von etlichen Schülerinnen und Schülern, die, motiviert und gestärkt durch ihre hierdurch gewonnenen Erfahrungen, ihre eigene Berufswahl entsprechend trafen. Besonders durch die Erfahrungen mit den Schülerfirmen wird hervorgehoben, dass mit der theoretischen Vermittlung von Wissen über Ökonomie möglichst immer die Erfahrung durch eigenes Handeln einhergehen sollte.

Immer mehr Schulen im Sek-I-Bereich bedienen sich der beratenden Institutionen vor Ort. Sie lassen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Schuldnerberatungsstellen aus ihrer Arbeit berichten, gestalten gemeinsame Projekte. Auch die Zusammenarbeit mit anderen Beratungsstellen hat in vielen Schulen schon gute Tradition. Das Themenverzeichnis des Lernfelds Wirtschaft im berufsfeldübergreifenden Fach Politik im Bereich der berufsbildenden Schulen belegt auch hier ein sehr umfangreiches und anspruchsvolles An

gebot: Wirtschaftsordnungen, Konjunktur und Krisen, Gewinner und Verlierer in der Risikogesellschaft, Wege zu einer ökologischen Ökonomie, Kriterien der Gesundheit, Sozial-, Regions- und Umweltverträglichkeit und viele wichtige Themen mehr.

(Glocke)

Ja, gut, danke! Ich komme noch einmal zum zweiten Teil meiner Rede! – Vielen Dank!