Protokoll der Sitzung vom 22.01.2009

Denn auch auf unsere Initiative hin ist es gelungen, innerhalb der Regelsätze von Hartz IV ein Schulpaket einzuführen, sodass entsprechende Kosten von Schulmaterial für Kinder bezahlt werden.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wir haben es geschafft – wenn auch jetzt im Zusammenhang mit dem Konjunkturprogramm, das ist ja auch nicht schädlich –, dass wir einen dritten Kindereckregelsatz eingeführt haben, nämlich den für Kinder zwischen sechs und dreizehn Jahren, weil wir gesagt haben und diese Auffassung vertreten, dazu stehen wir auch, dass in der Tat die Kinderregelsätze zu niedrig sind, dort müssen wir erhöhen.

(Beifall bei der SPD)

Wir verfallen jedoch nicht der Illusion, dass wir das allein machen können. Dahinter steckt dann nämlich die zweite Sache: Was ist eigentlich die sozialpolitische Aufgabe einer Kommune? Wo muss sie tätig werden und auch dann die finanziellen Schwerpunkte setzen, insbesondere wenn man so finanzschwach ist wie wir? Das ist es, die sozialpolitischen Dienstleistungen oder die sozialen Dienstleistungen und die soziale Infrastruktur entsprechend auf einen Stand zu bekommen, sodass alle, die aufgrund ihres Primäreinkommens oder Arbeitslosigkeit oder welchen Gründen auch immer, möglichst gleichberechtigte Lebenschancen in dieser Stadt haben.

Das realisieren wir beispielsweise im Bereich der Kitas, das realisieren wir beispielsweise bei den Schulen, dass wir sagen, wir wollen dort eine besondere Förderung und einen besonderen Ausbau, wo soziale Benachteiligung an der Tagesordnung ist. Das kostet aber auch sehr viel Geld, und dieses Geld steht dann natürlich nicht für andere Sachen zur Verfügung. In dem Zusammenhang ist auch eine ganz wesentliche Sache, denn dabei sind wir auch bundesweit gar nicht so einmalig, wie wir die Regelsätze für Kosten der Unterkunft geregelt haben, weil wir natürlich versucht haben, jetzt eine Stadtteildifferenzierung hinzubekommen, damit wir darüber erreichen, dass die Menschen dort wohnen bleiben können, wo sie wohnen, und nicht, dass wir einen Umzugsmarathon in bestimmte Stadtteile haben.

(Beifall bei der SPD)

Diese ganzen Sachen kosten aber auch sehr viel Geld, und der Senat hat sich entschieden, in diese Bereiche zu investieren. Das ist uns wichtiger, als den hoffnungslosen Versuch zu unternehmen, die Regelsätze autonom als Kommune aufstocken zu können. Das ist ja eine Sachleistung, es ist genauso ökonomisch gesehen eine Aufstockung der Regelsätze, wie das anderweitig der Fall ist. Deswegen die Sache! Aber in Bezug auf das Sozialticket gleichzeitig zu sagen, wir müssen auch die Möglichkeiten, die für viele andere Bürger zur Verfügung stehen, natürlich auch für Transferempfänger hinbekommen, und es ist nicht einsehbar, weswegen ein Transferempfänger per se nicht wie Beschäftigte in die Lage kommen soll, dass er entsprechend ein verbilligtes Jobticket bekommt – man muss es dann natürlich anders nennen – zu ähnlichen Bedingungen, weil dieses kostenneutral realisierbar ist, das ist der Grundgedanke, der dahinter steht.

Ansonsten, Frau Nitz, wir müssen nicht erst in die Gänge kommen, wir sind im Gang! Denn wir sind in der ernsthaften Prüfung, und zwar nicht nur in der Prüfung, sondern auch schon in der Vorbereitung, dass man es einführen kann. Die entscheidende Frage ist als Erstes: Wie kann man eine Kostenneutralität gewährleisten? In allen Beispielen, die wir von vergleichbaren Großstädten kennen, liegen die Zuschüsse zwischen 5 und 8 Millionen Euro. 5 bis 8 Millionen Euro ist eine Menge Geld, die wir nicht einfach so zur Verfügung haben. Wir haben gerade die Haushaltsberatungen, und da soll sich keiner die Illusion machen, dass wir so beliebig Geld haben und einfach in die Verschuldung gehen, wie Sie das als Fraktion DIE LINKE fordern beziehungsweise diese Auffassung teilen, nämlich dass das ein gangbarer Weg wäre.

(Zuruf der Abg. Frau N i t z [DIE LINKE])

Auch das führt letztendlich in die Verschuldung. Schauen Sie sich die Zahlen genau an, dann wird man ökonomisch sehen, dass wir keineswegs eigenständig lebensfähig sind, sondern auf Transfers von anderen Städten, Gemeinden, Ländern und dem Bund angewiesen sein werden! Deswegen müssen wir es sehr genau prüfen, was Kostenneutralität ist, und dürfen dabei auch keine Risiken eingehen,

(Abg. Frau N i t z [DIE LINKE]: Schauen Sie sich die Sozialhilfeempfänger an!)

sodass wir feststellen, wir haben uns eben verrechnet und dann irgendwann kostet es 5 Millionen Euro.

Die zweite Sache, die wir vorbereiten, ist: Wie kann man das eigentlich praktisch umsetzen. Wer ist anspruchsberechtigt? Wie stellen wir Anspruchsberechtigung fest? Wer gibt die Sozialtickets aus? Die schwierigste Frage, die dabei ebenfalls auftaucht, ist: Was passiert und wie schnell, oder welchen Mechanismus wählen wir, wenn jemand nicht mehr anspruchsberechtigt ist? Wir wissen ja auch, dass es bei den ALGII-Empfängern eine erhebliche Fluktuation gibt. 30 Prozent derjenigen, die ALG II beziehen, kommen jedes Jahr heraus. Leider füllt sich die Gruppe wieder auf, sodass die entsprechende Anzahl wieder neu in ALG II hineinfällt. Aber wie geht man damit um? Das sind Fragen, die jetzt konkret geklärt werden. Dementsprechend wird das Sozialticket kommen, der Senat hat es gesagt, und diese Prüfungen und diese Vorbereitungen müssen abgewartet werden. Wir gehen davon aus, dass es in diesem Jahr noch eingeführt wird. – Ich danke Ihnen!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag der Fraktion DIE LINKE mit der Drucksachen-Nummer 17/625 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür DIE LINKE)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grü- nen, FDP und Abg. T i m k e [BIW])

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag ab.

Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, möchte ich Ihnen noch Folgendes mitteilen. Liebe Kolleginnen, ich möchte Sie bitten, sich heute gegen 13.15 Uhr in der Eingangshalle im Foyer der Bürgerschaft zusammenzufinden, es wird ein Gruppenfoto von Ihnen gemacht, das Bestandteil unserer Ausstellung „90 Jahre Frauenwahlrecht“ sein soll. Die Aufnahme wird von Jochen Stoss gemacht, nur damit Sie in Kenntnis gesetzt sind.

Verbraucherfreundliche Lebensmittelkennzeichnung einführen

Mitteilung des Senats vom 25. November 2008 (Drucksache 17/632)

Wir verbinden hiermit:

Verbraucherfreundliche Lebensmittelkennzeichnung

Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD vom 21. Januar 2009 (Drucksache 17/673)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Staatsrat Dr. Schuster.

Die gemeinsame Beratung ist eröffnet.

Das Wort erhält Frau Kollegin Dr. Mathes.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir Grüne wollen, wie der Titel ja sagt, dass eine verbraucherfreundliche Lebensmittelkennzeichnung eingeführt wird. Deswegen sollen neben einer verpflichtenden Nährwertdeklaration zusätzlich die Lebensmittel mit roten, gelben und grünen Punkten für die jeweiligen Anteile an Zucker, Fett, gesättigten Fettsäuren und Salz gekennzeichnet werden. Hintergrund ist, dass damit auch ermöglicht wird, dass bildungsferne Schichten, aber auch der eilige Verbraucher schnell zum richtigen Produkt im Supermarkt greifen können. Einen entsprechenden Antrag hatten wir bereits in der Juni-Bürgerschaftssitzung 2008 im Parlament verabschiedet mit der Konditionierung, dass eine Berichterstattung im Parlament bis zum 1. Dezember 2008 erfolgen sollte.

Mit der jetzt zur Debatte stehenden Mitteilung kommt der Senat dieser Aufforderung des Parlaments nach, nur leider ist es diesmal zu früh. Es ist damit lediglich ein Zwischenbericht, der uns jetzt vorliegt, und hier ist auch festzuhalten und deutlich zu machen, dass der Grund für diese Verzögerung, dass wir das Thema jetzt nicht abschließend hier im Parlament beraten können, aufseiten der Entwicklung in der EUEbene und damit in den Rahmenbedingungen liegt. Die EU-Lebensmittelkennzeichnungsverordnung ist nämlich leider bis heute immer noch nicht verabschie

det, und man muss auch nach meinen jetzigen aktuellen Recherchen feststellen, dass von Fachleuten gesagt wird, dass das auch nicht vor Herbst dieses Jahres zu erwarten ist und die Europa-Wahlen auch nicht zur Verfahrensbeschleunigung beitragen werden.

Insofern haben wir einen Antrag gestellt, der formal erforderlich ist, aber im Wesentlichen besagt, dass wir als Parlament beantragen, dass der Senat nach Abschluss des Verfahrens auf EU-Ebene diesen Bericht im Parlament erstattet und sich natürlich auch in allen Schritten des künftigen Verfahrens – das ist nicht Bestandteil des heutigen Antrags –, weiter für das, was das Parlament verabschiedet hat, nämlich eine zusätzliche Ampelkennzeichnung, einsetzen wird. – Danke schön!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Oppermann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich kann dem gänzlich beipflichten, was die Kollegin Dr. Mathes soeben gesagt hat, deshalb will ich nur insofern noch einmal dazu Stellung nehmen, warum wir eigentlich das Ganze machen. Warum setzen wir uns eigentlich dafür ein? Wir setzen uns nicht dafür ein, damit es in den Regalen der Einzelhandelsläden bunter und schöner wird, sondern wir setzen uns dafür ein, dass auf den Verpackungen deutlich zu erkennen ist, was teilweise für schädliche Stoffe in den Produkten enthalten sind.

Ich will das einmal an einem Beispiel deutlich machen: Viele von uns lieben diese schönen Gummibärchen, die wir gern kauen und zu uns nehmen. Haben Sie gewusst, dass in solch einem Paket Gummibärchen circa 65 Würfel Zucker enthalten sind? Um sich die Menge zu verdeutlichen, das sind zwei gefüllte Zuckertöpfe, die wir draußen in der Lobby haben. Das ist die Menge an Zucker in einer 250-GrammTüte Gummibären. Ich meine, dies muss doch deutlich kenntlich gemacht werden, damit auch der Verbraucher und die Verbraucherin wissen, was sie da kaufen. Ich bekenne mich als Fan dieser Gummibärchen, muss aber ganz ehrlich sagen, dass ich auch selbst erschrocken war, als ich das gelesen habe. Insofern sage ich, ist es dringend notwendig, dass wir für die Käuferinnen und den Käufer auch alles deutlich machen auf den Verpackungen. Das gilt nicht nur für die Gummibärchen, sondern auch für alle anderen Lebensmittel, die im Handel sind.

Insofern stimme ich dem zu, was die Kollegin Dr. Mathes hier gesagt hat, auch mit der Aufforderung an den Senat, zur gegebenen Zeit wieder zu berichten. Es wird dringend Zeit, dass wir eine verpflichtende Verordnung bekommen, damit die Lebensmit––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

telverpackungen entsprechend gekennzeichnet werden. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Winther.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Nicht nur die Grünen sind für eine sinnvolle Lebensmittelkennzeichnung, sondern natürlich ist es die CDU auch, und wir haben ja damals auch den Antrag gemeinsam beschlossen. Inzwischen gibt es einen breiten Konsens, eine Ampelkennzeichnung anzustreben. Mehr kann man im Moment wohl nicht sagen. Wir sind uns sicher auch einig, dass es angesichts der globalen Märkte nur Sinn macht, dass es eine EUweit verpflichtende Kennzeichnung gibt, und dabei tut sich die EU, Sie sagten es bereits, leider schwer, obwohl auch zumindest alle deutschen Bundesländer dafür gestimmt haben, dass es in Brüssel nun endlich einmal weitergehen sollte. Ich bedauere es, dass wir hier nicht schneller sind, dass wir nicht deutlicher handeln können, also bleibt uns nichts anderes übrig, als abzuwarten. Insofern stimmen wir Ihrem Antrag zu! Das Einzige, das ich bei dieser Gelegenheit noch sagen kann, ist, dass die Bundesverbraucherministerin das Thema Lebensmittelkennzeichnung und auch Lebensmittelsicherheit sehr ernst nimmt. Sie hat gerade anlässlich der Grünen Woche in Berlin eine ganz neue Broschüre vorgestellt, die sich intensiv mit diesem Thema beschäftigt und sehr ausführlich darstellt, welche Sicherheitsmaßnahmen die Bundesregierung übernimmt, um den Verbraucher zu schützen, um die Lebensmittel sicherer zu machen. Sicherheit ist gut, aber wir brauchen eben auch die Kennzeichnung dazu, und ich hoffe, dass wir an dieser Stelle in absehbarer Zeit weiterkommen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Möllenstädt.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch die FDP ist selbstverständlich für eine sinnvolle Kennzeichnung von Lebensmitteln.

(Beifall bei der FDP)

Allerdings haben wir mit der hier vorgeschlagenen Ampelkennzeichnung unsere Probleme. Wir sind der Auffassung, dass dieses Instrument der Ampelkennzeichnung gänzlich ungeeignet ist, um wirklich zur ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.