Protokoll der Sitzung vom 18.02.2009

Das heißt, dass unsere Forderungen auf der Tagesordnung bleiben. Wenn die Verhandlungen um den Länderfinanzausgleich beginnen – das wird ja nicht erst 2019 sein, sondern einige Zeit davor –, werden diese bremischen Forderungen selbstverständlich da einfließen.

Ich habe in der Abschlusssitzung der Kommission erklärt, dass Bremen die Klage beim Bundesverfassungsgericht, die wir erhoben haben, um Sanierungshilfen zu erreichen, zurücknehmen werde, wenn sich erstens die gefundenen Ergebnisse der Föderalismuskommission im Grundgesetz und in Begleitgesetzen wiederfinden, und zwar im Gesetzblatt, das heißt, wenn alles beschlossen ist, und zweitens, wenn der Staatsvertrag, der über die Konsolidierungshilfen zwischen den Ländern, die Hilfe erhalten, und Bund und Ländern geschlossen wird, unterzeichnet ist, wenn gewissermaßen nur noch die Überweisung des Geldes fehlt. Ich habe gesagt, wir würden so lange auf erneute Klage auf Sanierungshilfen verzichten, wie wir Konsolidierungshilfen erhalten.

In diesem Zusammenhang möchte ich noch sagen, dass uns die Klage beim Bundesverfassungsgericht in der Kommissionsarbeit entscheidend geholfen hat, denn klar war, wenn diese Kommission kein Ergebnis erreicht hätte – so haben es Peter Müller im Saarland und ich gemeinsam angekündigt –, würden wir, Bremen und Saarland, im Geleitzug unsere Klagen natürlich mit Nachdruck weiterbetreiben. Meine erste Handlung nach einem Scheitern der Kommission wäre gewesen, die Akten der Kommission zusammenzutragen, sie an das Bundesverfassungsgericht zu schicken und mitzuteilen, dass man zwar in der Politik die Notwendigkeit erkannt habe, finanzschwächeren Ländern zu helfen, dass die Politik aber nicht in der Lage gewesen wäre, diese Notwendigkeit auch in Taten umzusetzen. Ich bin davon überzeugt, dass die Klage damit durchaus aussichtsreicher geworden wäre. Das haben auch andere so sehen müssen. Deswegen hat man unter dem Druck der beiden Klagen von Saarland und Bremen zu einem Ergebnis gefunden.

Wer sagt, man könne die Klage ja dennoch weiterführen, verkennt, dass Bund und Länder nicht bereit gewesen wären, ein solches Ergebnis mit uns abzuschließen, wenn man gleichzeitig geklagt hätte, das ist normal und kennt man auch aus dem wirtschaftlichen und privaten Leben. Solange man sich vor Gericht im Streit befindet, schließt man eigentlich keinen Vergleich.

Beim Bundesverfassungsgericht bekommt man nie einen Scheck, man bekommt kein Bargeld, sondern allenfalls, so wie Bremen es 1992 erfolgreich praktiziert hat, einen Auftrag an die Politik, die Dinge zu regeln, die verfassungsrechtlich nicht in Ordnung sind.

Deshalb hätten wir uns, einen Erfolg unserer Klage unterstellt, in einer solchen Verhandlungssituation wiedergefunden, wie wir sie jetzt erfolgreich zum Abschluss gebracht haben.

Die entscheidende Frage ist, was bedeuten die Ergebnisse der Föderalismuskommission für die bremische Haushaltspolitik der nächsten Jahre? Wir haben das Haushaltsjahr 2008 mit einem Defizit von knapp 450 Millionen Euro abgeschlossen. Im Jahr 2020 soll das strukturelle Defizit bei Null liegen, ich betone immer das strukturelle Defizit, das etwas anderes ist als das rechnerische Defizit. Strukturell heißt auch, unter Berücksichtigung von möglichen weiteren Konjunktureinbrüchen und -dellen. Diese beiden Zahlen, 450 Millionen Euro Defizit im Jahr 2008, strukturelles Defizit bei Null im Jahr 2020, beschreiben das Ziel und die Richtung, in die wir uns schrittweise bewegen müssen. Die Konsolidierungshilfen von 300 Millionen Euro von 2011 bis 2019 helfen uns dabei beachtlich.

Klar ist aber, wir müssen unsere Konsolidierungsanstrengungen kontinuierlich und konsequent bis 2020 fortsetzen, und wir müssen sie auch verstärken. Heute dazu konkrete Zahlen zu nennen, ist schwierig bis unmöglich, schwierig zum einen wegen der nicht absehbaren Wirtschaftsentwicklung, Finanzentwicklung, der Entwicklung unserer Steuereinnahmen, zum anderen wegen des Staatsvertrags, den wir über die Gewährung der Hilfen mit Bund und Ländern abschließen werden.

Dies werden keine einfachen Verhandlungen sein. In diesen Verhandlungen um den Staatsvertrag, der ja auch die Bürgerschaft beschäftigen wird, wollen wir uns für ein atmendes System einsetzen, bei dem wir natürlich alle zumutbaren Eigenanstrengungen erbringen, bei dem wir aber flexibel genug sind, um auf Veränderungen beim Wirtschaftswachstum, bei der Steuerentwicklung und – ein gerade aktuelles Thema – auch bei Tarifverhandlungen reagieren zu können.

Wenn man es trotz dieser Schwierigkeiten, konkrete Zahlen zu nennen, einmal versucht, Herr Röwekamp, so halte ich es nicht für falsch, wenn man so wie Sie zunächst von einem Konsolidierungsbedarf von rund 30 Millionen Euro jährlich ausgeht. Das bedeutet, dass wir natürlich ernsthaft prüfen müssen – und dazu sind wir alle aufgerufen, der Senat und die Bürgerschaft als Haushaltsgesetzgeber –, wo wir einsparen können. Diese Aufgabe müssen wir annehmen, vor dieser Aufgabe darf man nicht kapitulieren!

Etwas, das Mut macht, hat mir die Finanzsenatorin gestern zugerufen. Sie hat gesagt: Sehen Sie einmal, was wir im Jahr 1998 ausgegeben haben, was wir für einen Haushalt hatten, und sehen Sie einmal, was wir im Jahr 2008 für einen Haushalt hatten! Wenn man diese beiden Haushalte vergleicht, so haben wir im Jahr 2008 nicht mehr ausgegeben als im Jahr 1998. Ich möchte jetzt nicht von der Zeit dazwischen reden, da war es etwas anders, aber 1998 und 2008 sind

die beiden Eckpunkte, die zeigen, dass man Haushaltspolitik unter diesen Umständen nicht nur als eine Politik der Daumenschrauben, sondern dass man Politik auch in dieser Zeit als Gestaltung und mit politischen Schwerpunkten betreiben kann, was mir besonders wichtig ist, und das werden wir auch nie aufgeben!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ganz wichtig ist, wir dürfen Konsolidierungsbedarf nicht mit Einsparbedarf in dieser Größenordnung verwechseln, sondern Konsolidierungsbedarf heißt auch, auf die Einnahmenseite zu schauen und nicht nur auf die Ausgabenseite zu schauen. Das heißt zunächst, da komme ich wieder auf den Begriff der Steuersenkungsbremse zurück, wir müssen uns von Bremen aus dagegen wehren, wenn nicht gegenfinanzierte Steuersenkungen in Milliardenhöhe gefordert werden. Das können wir von Bremen aus nicht verkraften. Steuerausfälle in solchen Größenordnungen, wie in der Vergangenheit erlebt, können wir nicht verkraften.

Lieber Herr Perschau, ich erinnere doch noch einmal daran, warum das Sanierungskonzept 1994 und 2004 am Ende nicht erfolgreich war! Das lag ja in erster Linie daran, dass die Einnahmenseite sich nicht so entwickelt hat, wie wir es beim Beginn der Sanierungszeit angenommen haben. Die Einnahmenseite hat sich deswegen nicht so entwickelt, weil wir zum einem Konjunktureinbrüche hatten, und zwar sehr langfristiger Natur, aber zum anderen, weil wir mit Steuerreformen zu tun gehabt haben, die für uns Einbrüche in großen Beträgen bedeutet haben.

Meine Damen und Herren, wir müssen uns, Stichwort Einnahmenseite, auch anschauen, wie es mit den selbst beeinflussten Einnahmen aussieht. Ich will da nur ein Stichwort geben: Es ist in der Kommission durchaus kritisch diskutiert und infrage gestellt worden, weshalb Bremen, zum Beispiel anders als Hamburg und Berlin, nicht von den neuen Möglichkeiten bei der Grunderwerbssteuer Gebrauch gemacht habe. Ich sage es hier, weil man sich damit auseinandersetzen muss. Da gibt es seit der Föderalismusreform I eine neue Kompetenz der Länder. Das hat sowohl das rot-rote Berlin als auch das schwarz-grüne Hamburg angewandt, und wir sind gefragt worden, warum wir das nicht getan haben. Damit muss man sich auseinandersetzen.

Auch in anderen Bereichen werden wir fragen müssen, ob wir unsere Ausgaben hinreichend durch Gebühren und Kostenbeiträge decken. Ich schaue einmal auf die rechte Seite und spreche die von interessierter Seite immer wieder geforderten Privatisierungen und Vermögensveräußerungen an.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Ganz recht!)

Das hat zu Recht in der Föderalismuskommission überhaupt keine Rolle gespielt mit einer Ausnahme: In der letzten Sitzung meinte der FDP-Kollege, mein CoVizevorsitzender Burgbacher, ansprechen zu müssen, dass Bremen ja möglicherweise interessiert sei an swbAnteilen. Ich habe darauf entsprechend geantwortet. Privatisierungen und Vermögensveräußerungen sind deswegen in der Kommission nicht angesprochen worden, weil einmalige Vermögensveräußerungen bei strukturellen Defiziten nur sehr begrenzt helfen, das ist das erste Argument. Zweitens, man muss auch immer schauen, was es im Saldo bedeutet, und da haben wir noch unter der Großen Koalition dem Bundesverfassungsgericht zum Beispiel dargelegt, dass Gewoba und BLG für Bremen vorteilhafte Beteiligungen sind, weil sie eben nicht nur in Veräußerungserlösen zu betrachten sind.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich bitte sehr darum, jetzt nicht eine ideologiebehaftete Debatte zu führen.

(Zuruf von der FDP)

Ich bin da nicht ideologisch, wenn Sie das meinen, überhaupt nicht!

(Zurufe von der FDP: Nein!)

Ich bin da überhaupt nicht ideologisch! Ich frage, was Bremen nützt und was den Bürgerinnen und Bürgern dieser Stadt nützt! Danach entscheiden wir, und da sage ich Ihnen, BLG und Gewoba sind vorteilhafte Beteiligungen für den Haushalt und für die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Meine Damen und Herren, wir müssen überhaupt in diesem Feld, wie in anderen Feldern auch, auf die nachhaltigen Wirkungen unserer Politik schauen. Nachhaltige Wirkung, das heißt zum Beispiel, dass wir uns daran machen müssen, langfristig, eben nachhaltig, zum Beispiel über energetische Sanierung von öffentlichen Gebäuden Einsparmöglichkeiten zu suchen. Das ist eine kreative Einsparpolitik, die nicht auf Kosten der Bürgerinnen und Bürger geht.

Ich will in diesem Zusammenhang ein Wort zum Doppelhaushalt 2010/2011 sagen. Wir haben uns da ja einen Fahrplan vorgenommen, der im Dezember mit der Beschlussfassung über den Haushalt in der Bremischen Bürgerschaft enden würde. Wir setzen mit dem Haushalt 2010/2011 in diesen beiden Jahren die Linie fort, die wir dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt haben. Gleichzeitig wissen wir, dass 2011 das erste Jahr der Gewährung der Konsolidierungshilfen sein wird und dass dort im abzuschlie

ßenden Staatsvertrag zu vereinbarende Bedingungen gelten werden. Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang sich daraus Veränderungen bei der Haushaltsaufstellung ergeben, das kann heute noch niemand abschätzen. Deshalb sind wir nach meiner Auffassung gut beraten, die Aufstellung des Haushalts nicht nur für 2010, sondern auch für 2011 in der vorgegebenen Weise fortzusetzen und nach Abschluss des Staatsvertrags zu prüfen, welcher Veränderungsbedarf sich ergibt. Meine Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend und zusammenfassend sagen, wir haben keinen leichten Weg vor uns, aber mit dem Ergebnis der Föderalismuskommission ist uns eine große Chance eröffnet worden! Bund und Länder zeigen Solidarität mit Bremen, und ich denke, die Gegenleistung für diese Solidarität von Bund und Ländern ist, dass wir die Herausforderung, die ohne Zweifel damit verbunden ist, auch annehmen werden. Ich will das tun und möchte Sie ganz herzlich bitten, dass wir das gemeinsam tun. – Vielen Dank!

(Starker Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Meine Damen und Herren, als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Röwekamp.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte mich für die CDU-Fraktion zunächst ganz herzlich bei Ihnen, sehr geehrter Herr Bürgermeister Böhrnsen, bedanken, dass Sie das Parlament heute so zügig und vollständig über die Ergebnisse der Föderalismus-II-Reformkommission aufgeklärt haben. Ich möchte mich auch ganz herzlich bei Ihnen dafür bedanken, dass Sie in der Zeit der Arbeit dieser Kommission nachhaltig für die Bremer Interessen gekämpft haben. Ganz herzlichen Dank für Ihr Engagement auch seitens der CDU-Bürgerschaftsfraktion!

(Beifall bei der CDU, bei der SPD, beim Bünd- nis 90/Die Grünen und bei der LINKEN)

Ich sage es auch deswegen, weil wir selbst als CDUFraktion wissen, wie schwer die Verhandlungen in der Kommission gewesen sind. Den ersten Anfang durften wir noch mit begleiten, aber auch in der Folgezeit haben wir selbstverständlich auf über die uns zur Verfügung stehenden Wege und Möglichkeiten Unterstützung gesucht, bei dem Ministerpräsidenten Baden-Württembergs beispielsweise mit Erfolg. Bei dem einen oder anderen Gespräch, dass wir auch gemeinsam geführt haben, konnten wir, glaube ich, Überzeugungsarbeit für Bremen leisten.

Ich will aber vorweg sagen, dass das Ergebnis der Föderalismus-II-Reformkommission natürlich zunächst einmal an dem Auftrag der Kommission zu messen ist, und das war keine Kommission, die die Situation

der bremischen Haushalte lösen sollte. Der Auftrag an die Kommission war die Modernisierung der BundLänder-Finanzbeziehungen, und da spielte Bremen eine Rolle, aber es war sozusagen keine Kommission zur Rettung der Bremer Staatsfinanzen. Gemessen an diesem Auftrag, glaube ich, können wir, alle Bürgerschaftsfraktionen und alle Parteien, froh und zufrieden sein, dass es endlich gelungen ist, wenn auch erst in einem Zeitraum, der ab 2020 greift, dass wir uns gesamtstaatlich darauf verständigt haben, in der Regel keine neuen Schulden zu machen. Meine Damen und Herren, 1,5 Billionen Euro gesamtstaatliche Verschuldung sind eine Erblast, die sämtliche auch in diesem Parlament vertretenen Fraktionen gemeinsam verursacht und deswegen auch gemeinsam zu lösen haben. Keine der hier vertretenen Fraktionen kann sich damit herausreden, an der gesamtstaatlichen Verschuldung nicht beteiligt gewesen zu sein. Wir alle haben in den Ländern mitregiert. Wir alle haben in der Regel, bis auf die Linkspartei, auch im Bund mitregiert, und in all diesen Jahren sind die Zinsen gesamtstaatlich gewachsen. Bei der Linkspartei haben wir allerdings noch eine ganz besondere Verantwortung, das lassen Sie mich an dieser Stelle sagen, weil wir für die Folgen der Misswirtschaft natürlich über viele Jahre noch viele Generationen werden belasten müssen, für die Folgen der Misswirtschaft, die Sie als Nachfolgepartei der ehemaligen Alleinpartei SED zu verantworten haben! An dieser Last zahlen wir noch heute ab!

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei der FDP)

Deswegen bin ich froh und zufrieden, dass es gelungen ist, auch im Sinne der Generationengerechtigkeit eine Bremse einzuziehen und bis auf wenige Ausnahmesituationen dafür zu sorgen, dass es ab 2020, verständigt zwischen allen politischen Strömungen in diesem Land, nicht so weiter im Schuldenkurs gehen kann, wie es bisher der Fall gewesen ist. Ein bisschen nachdenklich, aber dazu können Sie ja vielleicht gleich etwas sagen, Herr Dr. Sieling, hat mich allerdings die Stellungnahme des Vertreters der SPD-Fraktion aller Landtage in der Kommission gemacht, des Kollegen Stegner, der, wenn ich richtig informiert bin, in der Kommission – das Protokoll liegt ja noch nicht vor – gesagt haben soll, er lehnt ein solches Neuverschuldungsverbot aus Sicht und als Sprecher aller SPD-Landtagsfraktionen ab. Insofern würde mich einmal interessieren, Herr Dr. Sieling, wie die Position der SPD-Bürgerschaftsfraktion ist. Ich hoffe, sie ist nicht nur patriotisch, was die Annahme der 300 Millionen Euro betrifft, sondern ich hoffe, sie ist genauso gesamtstaatlich verantwortlich, dass auch Sie sagen, wir wollen ein generelles Neuverschuldungsverbot in Deutschland. Das ist meine Erwartungshaltung an Ihre Fraktion, Herr Dr. Sieling!

(Beifall bei der CDU)

Wenn wir auf die Bremer Ergebnisse oder die Auswirkungen auf Bremen zurückschauen, dann, denke ich, ist das Stichwort „gemischte Gefühle“ richtig. Wir sind, wie auch der Bürgermeister, mit hohen Erwartungen in die Arbeit dieser Kommission gegangen, und ich will ausdrücklich noch einmal sagen, dass unsere Zielsetzung in der Kommission im Wesentlichen darin bestand, zunächst einmal darüber zu verhandeln, dass es endlich zwischen dem Bund und den Ländern eine gerechtere Verteilung der staatlichen Steuern gibt. Wir sind ein wirtschaftlich und arbeitsplatzmäßig starkes Land, und wir geben sehr viel ab von den hier erwirtschafteten Ergebnissen in den Föderalismus, und deswegen wollten wir gerecht behandelt werden, auch bei der Verteilung der staatlichen Finanzen. Dieses Ergebnis, muss man sagen, ist nicht erreicht worden. Es ist nicht einmal in der Kommission diskutiert worden. Es bleibt also dabei, dass die gesamtstaatliche Verteilung der Einnahmen für Bremen ungerecht bleibt. Die Steuereinnahmen müssen sich in Zukunft an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Bundesländer orientieren und nicht an ihrer Bedürftigkeit, damit Bremen auch in Zukunft eine Chance hat, wieder auf eigene Füße zu kommen, das ist die Auffassung der CDU-Bürgerschaftsfraktion!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die zweite Erwartungshaltung an die Kommissionsarbeit, die ja auch über lange Zeit noch genährt wurde und der insbesondere auch der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger immer aufgeschlossen gegenüberstand, war die Frage: Gibt es nicht eine Lösung für die Altschuldenproblematik? Das wäre für Bremen sozusagen das zweitwichtigste Verhandlungsziel gewesen, dass wir von der erdrückenden Last der 15 Milliarden Euro Gesamtverschuldung unseres Bundeslandes befreit oder teilbefreit werden, um selbst wieder die Gelegenheit zu bekommen, die Gestaltungsmöglichkeiten wählen zu können. Leider ist auch das in der Kommission nicht gelungen, und deswegen sage ich, das Ergebnis der Kommissionsarbeit in diesen beiden Punkten ist für die CDU-Bürgerschaftsfraktion enttäuschend. Wir hätten uns gewünscht, dass es eine gerechtere Finanzverteilung gibt, und wir hätten uns gewünscht, dass es gelungen wäre, eine Lösung für die hohe Verschuldung unseres Bundeslandes zu finden, die uns in die Lage versetzt, auch in Zukunft wieder vollständig politisch handlungsfähig zu werden. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn ich jetzt sage, dass ich das Ergebnis der Kommission, dass wir Konsolidierungshilfen in den nächsten Jahren bekommen, mit gemischten Gefühlen aufnehme, dann sage ich das nicht, weil ich mich nicht über 300 Millionen Euro jährlich freue. Natürlich freue ich mich über 300 Millionen Euro. Ich hätte mich auch über 200 Millionen Euro gefreut, und ich hätte mich wie der Bürgermeister über 450 Millionen Euro ge

freut, aber die Wahrheit ist, das einzige, das wir damit gewonnen haben, ist Zeit, und was wir damit bekommen haben, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist eine Verpflichtung. Wir haben Zeit gewonnen bis zum Jahr 2020, dem Bund und den anderen Ländern zu beweisen, dass wir es mit Hilfe von jährlich 300 Millionen Euro, in der Gesamtsumme 2,7 Milliarden Euro, schaffen, unseren Haushalt ausgeglichen darzustellen. Diese Zeit haben wir gewonnen, und wir haben die Hilfe des Bundes und der anderen Länder auch dafür bekommen, aber diese Zeit und das dafür zur Verfügung gestellte Geld ist kein Geschenk, sondern es ist ein Anspruch. Das Geld wird nicht einfach überwiesen, sondern es wird dem Bund und den anderen Ländern in einem Konsolidierungspfad bis 2020 nachzuweisen und jährlich zu überprüfen sein, dass Bremen bis 2020 mit Hilfe dieser Mittel in der Lage sein wird, einen Haushalt ohne neue Schulden aufzustellen. Das ist eine gewaltige Herausforderung, und das erfordert von uns die Bereitschaft, über Sparmaßnahmen nachzudenken, die für alle Fraktionen der hier in der Bremischen Bürgerschaft vertretenen Parteien bisher ungewöhnlich war. Sowohl die Summe als auch die einzelnen Maßnahmen zur Erreichung eines solchen Sparziels haben ein Ausmaß, das Bremen bisher nicht gekannt hat. Ich hätte mir gewünscht, sehr geehrter Herr Bürgermeister Böhrnsen, dass Sie dies heute auch in dieser Offenheit und Klarheit den Menschen gesagt hätten. Die Zeit, die vor uns liegt, wird anstrengender als all das, was hinter uns liegt. Das ist die Wahrheit des Ergebnisses dieser Föderalismusreformkommission.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Deswegen möchte ich auch anders als Sie nicht sagen, das sei alles noch ungewiss und Rechenspielerei. Ich glaube, wir werden bei der Notwendigkeit dieser Sparanstrengungen allein und ausschließlich auf die Ausgabenseite zu blicken haben. Wir haben, wie Sie selbst gesagt haben, unsere Erfahrung damit gemacht, was unsere Einnahmenerwartungen betroffen hat. Wir haben bei den bisherigen Sanierungsprogrammen immer mit höheren staatlichen Einnahmen in Bremen gerechnet, und, wie Sie sagen, die Sanierung ist immer daran gescheitert, dass wir diese Einnahmenerwartungen am Ende nicht erfüllt erhalten haben. Für die CDU-Bürgerschaftsfraktion steht fest: Wir wollen keine virtuellen und fiktiven Einnahmenerwartungen für die Zukunft; wir wollen ein konsequentes und nachhaltiges Sparen auf der Ausgabenseite, um unsere Haushaltsprobleme selbst in den Griff zu bekommen. Das ist die Aufgabe, die uns die Kommission gegeben hat.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Deswegen, sage ich, macht es keinen Sinn, auf Excel-Tabellen zu starren und Steuerschätzungen ab

zuwarten. Sie haben gesagt, wir brauchen ein atmendes System, sehr geehrter Herr Bürgermeister. Atmen kann man nur dann, wenn man Luft hat, und die Luft in unserem Haushalt ist uns schon seit Jahren ausgegangen. Ich habe nichts dagegen, dass wir über politische Gestaltungsspielräume reden, wenn wir auf der Einnahmenseite Erwartungen und Nachweise haben, dass Geld fließt und wir mit dem Geld auch etwas anfangen können, aber ich habe die Erwartungshaltung, dass wir als Erstes an das Sparen gehen, und wir müssen bis zum Jahr 2020 300 Millionen Euro aus diesem Haushalt herausschneiden, und das wird nur in einer gemeinsamen, gewaltigen Kraftanstrengung gelingen. Das sage ich als Vertreter der CDU-Bürgerschaftsfraktion.

(Beifall bei der CDU)

Deswegen halte ich das Schielen auf Einnahmenseiten und Steuerschätzungen auch für Ausflüchte. Ich habe die Erwartung, dass Sie als Senat ein Konsolidierungsprogramm bis 2020 vorlegen, das dem Parlament gegenüber Einsparungen in beiden Städten unseres Landes von 300 Millionen Euro nachweist, und ich biete Ihnen an, dass wir vielleicht auch anders als in der Vergangenheit eine solche gesamte Kraftanstrengung nicht im politischen Klein-Klein des Alltags wieder zerreden. Sehr geehrter Herr Bürgermeister, ich biete Ihnen ausdrücklich für die CDU-Fraktion und damit für die Opposition, die größte Oppositionspartei hier im Parlament, an, dass wir ein solches Konsolidierungspaket für Bremen, ein Pakt für Bremen, gemeinsam verabreden können, wenn es am Ende dazu führt, dass wir gesamtstaatlich in Bremen 300 Millionen Euro auf der Ausgabenseite sparen, dann haben Sie uns als CDU-Fraktion auf jeden Fall dabei.

(Beifall bei der CDU)