Protokoll der Sitzung vom 18.02.2009

Jugendkriminalität ist ja nur ein Segment.

(Abg. H i n n e r s [CDU]: Aber darüber unterhalten wir uns heute!)

Ja klar, aber wir haben zum Beispiel im Bereich der Eigentumsdelikte eine erfreuliche Entwicklung. Die Zahl der Einbrüche, und das gilt dann auch insbesondere für die Aufbrüche im Kfz-Bereich, ist signifikant nach unten gegangen. Wir haben selbst im Bereich Fahrraddiebstahl einen Rückgang um 1000 Fahrräder, die nicht entwendet wurden, das sind vielleicht kleine Dinge, über die man sich freuen kann.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Was ich natürlich aber nicht verschweigen will, ist in der Tat das Problem Gewalt. Gewalt ist natürlich das eigentliche Kennzeichen für Jugendkriminalität, das muss man ja auch sagen. Genauso wie es bei den Banden andere Dinge sind, so ist es bei der Jugend nun die körperliche Auseinandersetzung. Sie kommt, sie geht, und dann ab 24 Jahren ist die Sache auch meistens wieder erledigt, deswegen darf man das auch nicht überdramatisieren. Aber in der Tat, wir haben hier weiterhin das Problem, dass die Zahlen auf einem sehr hohen Niveau stagnieren, und das zeigt auch, dass wir da dringend mehr machen müssen, als das bisher der Fall ist.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Staatsrat Professor Stauch.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Hinners, Sie haben vorhin einen großen Strauß von Fragen gestellt, und ich möchte den Anlass nutzen, für den Bereich Justiz hier noch kurz einige dieser Fragen konkret zu beantworten.

Sie haben gefragt, in welcher Höhe und für welchen Zweck Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden. Das ergibt sich zum Teil schon aus dem Zwischenbericht, den wir vorgelegt haben, 350 000 Euro Verstärkungsmittel für die Gerichte und für die Staatsanwaltschaft, die jeweils nach der Belastung dieser Einrichtungen mit Jugendstrafverfahren verteilt worden sind. Damit haben wir auch eine wesentliche Verbesserung der Arbeit der Staatsanwaltschaft und der Gerichte erreicht, zugleich auch eine organisatorische Verbesserung der Arbeit, jedenfalls in der Staatsanwaltschaft mit dem Schwerpunkt Intensivtäterdezernate. Das ist auch der Kernpunkt in dem Zwischenbericht, in dem Konzept, den wir vorgelegt haben. Wir richten uns zunächst an die Intensivtäter, die zwei Drittel der Gewalttaten in diesem Bereich begehen. Das Intensivtäterkonzept ist fertig und wird umgesetzt.

Sie haben die Frage nach dem Schwellentäterkonzept gestellt. Das Schwellentäterkonzept ist unmittelbar vor dem Abschluss, denn in diesen Gruppen, die wir ressortübergreifend haben, sitzen die Fachleute aus den Ressorts, und das Schwellentäterkonzept ist, wie gesagt, so gut wie fertig.

Dann haben Sie die Frage gestellt: Können wir denn nicht in Bremen in stärkerem Umfang vereinfachte Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz betreiben? Dazu kann ich Ihnen sagen, in Bremen – ich habe die Zahlen zum Glück dabei gehabt – haben wir vereinfachte Verfahren nach dem JGG in Höhe von 8,7 Prozent aller Verfahren, der Bundesdurchschnitt liegt bei 6,5 Prozent. Also, Bremen hat da deutlich überdurchschnittliche Zahlen, was das vereinfachte Verfahren betrifft.

Zweiter Punkt: Wie sieht es mit weiteren Finanzmitteln aus? Der Senat wird dem Parlament vorschlagen, Schwerpunktmittel in der Größenordnung von einer Million Euro für ganz bestimmte Maßnahmen im Bereich Jugendkriminalität in den vier Ressorts und für Bremerhaven zu verteilen. Zwischen den Ressorts gibt es Gespräche, und es gibt sehr konkrete Maßnahmen, die bereits zwischen den Ressorts verhandelt sind. Die werden wir hier dem Parlament auch vorschlagen, das werden Sie sehen können. Das sind jeweils Maßnahmen, die sich genau auch auf die Ursachen und den Kern von Jugendkriminalität richten.

Für den Bereich Justiz kann ich sagen: Auf der einen Seite Fortsetzung der Verstärkungsmittel, die ich eben angesprochen habe. Auf der anderen Seite zwei Pro

jekte im Bereich des Jugendstrafvollzuges: Nämlich erstens ein Projekt „Step by Step“, dies soll Jugendliche, die Schwierigkeiten haben, einen Schulabschluss zu machen, in einer werkschulähnlichen Einrichtung voranbringen. Das Zweite sind AntigewaltTrainingskurse verstärkt auch im Jugendstrafvollzug. Es wird eine ganze Reihe – ich könnte das hier im Einzelnen aufführen – anderer Maßnahmen geben, die über diese eine Million Euro finanziert werden sollen. Es ist also so, dass wir ganz konkrete Schritte machen, und ich glaube, dass wir auch an der Wurzel des Problems sind.

(Glocke)

Herr Staatsrat Professor Stauch, gestatten Sie eine Frage des Abgeordneten Hinners?

Ja, gern!

Bitte, Herr Hinners!

Herr Staatsrat, könnten Sie sich auch ein Konzept vorstellen, was in Hamburg praktiziert wird, nämlich dass Strafgefangene, die resozialisiert worden sind, also sich von den Straftaten losgelöst haben, mit jungen Straftätern zusammenkommen und ihren eigenen Werdegang, ihren eigenen Lebenslauf darstellen, wie es in der Drogenprävention auch ähnliche Konzepte gibt. Könnten Sie sich ein solches Konzept auch für Ihren Bereich vorstellen?

Das könnten wir uns durchaus vorstellen. Es hat auch solche Besuche bereits gegeben. Man muss natürlich sehr bestimmte Strafgefangene auswählen, die auch in der Lage sind aufzuzeigen, was das für ein negativer Weg ist. Dieses ganze Konzept zielt darauf, Jugendliche von einem falschen Weg abzubringen, nämlich wegzuführen aus dem Bereich der Straftaten und hin zu einem geordneten und vernünftigen Leben. Da muss deutlich werden, dass das ein unproduktiver Weg ist, den diese Jugendlichen gehen, und dass der im Grunde zu sehr negativen Folgen führt und in eine Sackgasse, die sich verfestigt. Wir haben bereits solche Gespräche gehabt, aber das kann man auch noch weiter ausbauen. Ich möchte vielleicht noch einen Punkt ergänzen, und zwar zu der Frage Familienbiografien.

Herr Hinners, Sie haben gesagt, wir sollten Familienbiografien anlegen. Das ist natürlich etwas problematisch, wenn man sich nicht auf Einzelpersonen bezieht. Teil unseres Konzeptes ist, dass wir personenorientierte Berichte zu der Gruppe der Intensivtäter verfassen. 170 personenorientierte Berichte haben wir bereits, und ich kann Ihnen versichern, ich habe einige davon gelesen. Diese personenorientierten Berichte beschreiben ganz genau das familiäre Umfeld, sie beschreiben auch sehr genau die sozialen Voraussetzungen und sind Ansatz dafür, künfti

ge Straftaten zu vermeiden. In der Strafhaft ist es praktisch so, dass mit Antritt der Strafhaft sofort geschaut wird, welche sozialen Voraussetzungen die Gefangenen haben, um die Situation zu verbessern. Das betrifft die Bildung und die übrigen sozialen Umstände, daran wird konkret gearbeitet. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. – Die Beratung ist geschlossen.

Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Mitteilung des Senats, Drucksache 17/552, Kenntnis.

Meine Damen und Herren, wir haben jetzt noch 13 Minuten. Es ist interfraktionell vereinbart worden, dass wir einen Tagesordnungspunkt aufrufen mit Redezeit von bis zu 5 Minuten.

Erster Erfahrungsbericht der Zentralen Antikorruptionsstelle, ZAKS

Mitteilung des Senats vom 6. Januar 2009 (Drucksache 17/622)

Man kann die Reden vielleicht auch zu Protokoll geben.

(Heiterkeit – Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Wenn man eine hat!)

Aber ich bitte jetzt um Wortmeldungen, sodass wir noch zügig vorankommen können. Frau Kollegin Neumeyer, bitte!

Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wir machen das jetzt ganz flott! Im Oktober 2006 wurde beschlossen, die Aufgaben der Korruptionsbekämpfung dem Innenressort zu übergeben. Der damalige Senator Röwekamp organisierte die personellen und rechtlichen Voraussetzungen, so konnte die Zentrale Antikorruptionsstelle bereits am 1. Juni 2007 ihre Arbeit kurz nach seiner Amtszeit aufnehmen.

Wie wichtig die Arbeit der ZAKS ist, kann man in dem Bericht, zum Beispiel an der steigenden Zahl der Prüfsachverhalte, sehen. Aber nicht nur Repression, sondern auch Prävention ist eine wichtige Aufgabe der ZAKS. So finden Beratung, Schulung und Vernetzung statt. Die ZAKS steht der öffentlichen Verwaltung, Unternehmen und Bürgern als kompetenter Partner zur Seite. Wenn man die Internetseite der ZAKS aufruft, kann man viele Informationen und Materialien zum Thema Antikorruption finden. Die Seite ist auch für jedermann so aufgebaut, dass sie ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

sehr verständlich ist und man wirklich das findet, was man sucht.

(Abg. Frau B ö s c h e n [SPD]: Barriere- frei!)

Barrierefrei, ja! Diese Dienstleistung zu nutzen, wird dem Bürger durch viele Möglichkeiten der Kontaktaufnahme nähergebracht. Dass ein Hinweisgeber anonym bleiben kann, ist dabei ein sehr wichtiger Punkt. Jetzt kommt der Satz, auf den mein Kollege Ehmke schon die ganze Zeit wartet, weil er sagt, das sagt die Opposition immer: Wir als CDU-Fraktion werden auch in Zukunft darauf achten, dass die ZAKS materiell und personell so gut ausgestattet ist, dass sie ihre hervorragende Arbeit weitermachen kann. – Schönen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als Nächster erhält das Wort der Abgeordnete Tschöpe.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Missbrauch anvertrauter Entscheidungsmacht bei Staat und Kommunen zum privaten Vorteil von Entscheidungsträgern führt im Bereich der öffentlichen Verwaltung, der Politik und der Wirtschaft zu großen materiellen Schäden und zu einem Vertrauensverlust der Bürgerinnen und Bürger in den demokratischen Staat.

Das entscheidende Problem ist: Korruption setzt den Wettbewerb auf der Grundlage von Preis und Leistung außer Kraft, sie schädigt durch die dadurch auftretenden Wettbewerbsverzerrungen die integeren Wettbewerber, verringert deren Markterfolg und führt zu Arbeitsplatzverlusten. Das ist erst einmal ein klarer Befund. Man kann das auch relativ einfach dadurch herausfinden, dass man sich die einschlägigen Indizes anschaut und sieht, wie die unterschiedlichen Staaten abschneiden. Wer da hinschaut, wird feststellen, dass vor allem von Korruption betroffene Staaten ein Demokratiedefizit haben, und er wird sehen, dass diese Staaten auch ein unterproportional großes Bruttoinlandsprodukt haben. Das lässt nur einen Schluss zu: Korruption ist von derartiger demokratiefeindlicher und sozialschädlicher Wirkung, dass sie auf breiter Front bekämpft werden muss.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Hierzu leistet die ZAKS in Bremen einen ausgesprochen guten Beitrag. Über die Einzelheiten hat die Kollegin Neumeyer schon informiert. Beim Blick in die internationalen Indizes fällt aber noch eine andere Sache auf, und, ich finde, die ist bedenklich: Deutschland belegt dort keineswegs bei Korruptionsbekämpfung oder bei Korruption saubere Spitzenplätze, oh nein! Selbst im westeuropäischen Vergleich

wir vergleichen uns da nicht mit Osteuropa oder Ländern Zentralasiens – belegen wir nur Mittelplätze. Deshalb ist noch viel zu tun in Deutschland. Wer in Deutschland öffentliche Aufträge durch Korruption ergattert hat, dem gehört meiner Meinung nach kein weiterer öffentlicher Auftrag erteilt. Ich bin sehr dafür, dass wir schwarze Listen für schwarze Schafe einrichten.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Rote Listen für rote Schafe!)

Leider sperrt sich das Union-geführte Bundeswirtschaftsministerium seit Jahren dagegen, ein Bundeskorruptionsregistergesetz einzuführen. Rot-Grün strebt an, in eine der nächsten Sitzungen ein entsprechendes Korruptionsregistergesetz einzubringen. Wir wünschen den Mitarbeitern der ZAKS bei ihrer wichtigen Arbeit weiterhin so viel Erfolg und sind als rotgrüne Koalition jederzeit für Anregungen zur Korruptionsprävention offen. – Ich danke Ihnen!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner erhält das Wort der Abgeordnete Fecker.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Seit 2007 gibt es die Zentrale Antikorruptionsstelle, deren Aufgabe es ist, innerhalb der Verwaltung entsprechende Regularien zu überwachen, aber auch zu erstellen, um sie gegen Korruption dingfest zu machen. Diese Einrichtung ist von allen drei in der Bremischen Bürgerschaft damals vertretenen Fraktionen einvernehmlich begrüßt worden.

Ich glaube, der erste Zwischenbericht macht deutlich, es war damals eine richtige Entscheidung der Großen Koalition. Korruption schadet allen, dem Staat, aber auch – Herr Kollege Tschöpe hat vorhin schon darauf hingewiesen – den Betrieben, die sich ehrlich an die Absprachen halten, die ehrlichen Mindestlohn zahlen und die wir, denke ich, alle gemeinsam unterstützen sollten.

Für ein endgültiges Fazit ist es noch deutlich zu früh, aber die Feststellung, die man schon treffen darf, ist, dass es innerhalb der Verwaltung eine erhebliche Sensibilisierung für dieses Thema gegeben hat. Ich glaube, da hat die ZAKS in ihrer unnachahmlichen Art auch ganz klare Pflöcke eingeschlagen. Wir haben in den einzelnen Ressorts jetzt sogenannte AKBs – es gibt nichts Schöneres als Abkürzungen –, Antikorruptionsbeauftragte, die innerhalb der Ressorts die Arbeit der Zentralen Antikorruptionsstelle unterstützen.