Protokoll der Sitzung vom 19.03.2009

(Beifall bei der CDU)

Aber eigentlich wollte ich mit der FDP anfangen. Ich möchte an dieser Stelle ganz ausdrücklich das sehr konstruktive Verhalten des Fraktionsvorsitzendenkollegen und ehemaligen Landesvorsitzenden Uwe Woltemath loben. Ich weiß jetzt nicht, ob Ihnen das nützt oder schadet, aber es ist auf jeden Fall ernst gemeint. Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir ohne Ihren konstruktiven Beitrag während der Verhandlungen, aber auch bei der weiteren Beratung innerhalb der FDP, nicht so weit gekommen wären, wie wir gekommen sind. Ich habe hohen Respekt davor, dass Sie wegen der inneren Zerrissenheit Ihrer eigenen Partei die persönlichen Konsequenzen gezogen haben. Auch das ist nicht selbstverständlich und verdient die Anerkennung und den Respekt der politischen Mitbewerber.

(Beifall bei der CDU)

Ich habe heute den Brief bekommen, den die beiden stellvertretenden Landesvorsitzenden ziemlich eilig nach Ihrem Rücktritt geschrieben haben: Der König ist tot, es lebe der König! Dass ausgerechnet der

jenige den Brief unterschreibt, der die Verhandlungen ganz maßgeblich auch für die FDP-Fraktionen geführt hat, hat mich in besonderer Weise erschüttert. Es belegt aber auch, selbst wenn die FDP letzten Mittwoch unterschrieben hätte, wäre diese Unterschrift nichts wert gewesen. Das will ich an dieser Stelle auch sagen. Man kann sich auf die FDP in unserem Bundesland offensichtlich nicht verlassen.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Das ist der klassische Beweis dafür, wie man politisches Vertrauen, aber auch Glaubwürdigkeit von Politik insgesamt verspielen kann, und ich finde, Sie haben nicht nur damit dem geeinten Kompromiss der Zukunft der Bildung unserer Kinder einen Bärendienst erwiesen, sondern Sie haben uns allen im Ansehen der Bevölkerung dadurch geschadet, dass Sie ein solch kleinkariertes parteiinternes Gezeter angestimmt haben, nachdem wir eine so große Einigung miteinander erzielt hatten.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich habe mich über die Reaktion von Bündnis 90/ Die Grünen gewundert. Ja, ich weiß, und das ist auch deutlich geworden, das, was wir miteinander verabredet haben, hat insbesondere die Vertreterin von Bündnis 90/Die Grünen, Frau Stahmann, der ich von dieser Stelle aus auch im Namen der CDUFraktion die besten Genesungswünsche übermitteln möchte,

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

gequält, weil sie engagiert gekämpft hat für ihre, ich sage einmal, Idealvorstellung von bildungspolitischer Infrastruktur, für den möglichst langen gemeinsamen Unterricht von Klasse 1 bis 10, aber ich habe hohen Respekt davor gehabt, dass sie sich am Ende in der Abwägung – setze ich mich jetzt stärker durch oder schaffen wir es tatsächlich für 10 Jahre, den parteipolitischen Ideologienstreit zu beenden? – dafür entschieden hat zu sagen, ich stelle meine Bedenken zurück und begebe mich in diese Phase der Einigung und Einigkeit. Ich fand das gut, und ich weiß, dass das für Sie innerparteilich, aber auch von der Ausgangslage her vielleicht mit am schwersten gewesen ist, das will ich ausdrücklich sagen. Deswegen habe ich auch hohen Respekt und Anerkennung für das, was Sie im Nachgang zu der Vereinbarung vom 19. Dezember 2008 miteinander diskutiert und als Ergebnis vorgelegt haben.

Ich habe mich aber deswegen gewundert, weil ich glaube, dass Sie sich unter Wert verkaufen, wenn Sie als Argument für Ihre Absage, zwei Stunden, nach

dem die FDP ausgestiegen ist, eine alte CDU-Zeitung nehmen,

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Wo Frau Stahmann als parteiin- terne Verliererin bezeichnet worden ist!)

ja, in der Sie als Verlierer beschrieben worden sind, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass Sie in Ihren parteiinternen Beratungen sicherlich auch transportiert haben, was Sie alles in diesem Bildungskompromiss durchgesetzt haben. Es ist doch völlig klar, für die innerparteiliche Akzeptanz eines Konsenses ist es doch erforderlich, den eigenen Leuten zu sagen, inwieweit man sich als eigene Partei durchgesetzt hat, das ist doch auch unser gemeinsamer Anspruch gewesen, aber wichtig ist doch, dass man das Gemeinsame am Ende nicht aus den Augen verliert.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Das ist das Problem bei Ihnen!)

Ich erkläre für die CDU-Fraktion, wir verlieren das Gemeinsame dieses Konsenses nicht aus den Augen.

(Beifall bei der CDU)

Ich finde es auch ein bisschen beschämend, und ich glaube, das nährt auch den Eindruck, dass das, was Sie sagen, vorgeschoben ist und dass Sie die FDP als Grund dafür nehmen, dass Sie selbst aussteigen wollen. Dass diese nicht nur zahlenmäßig, sondern auch in der politischen Debatte so überzeugende Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen, die immerhin an der Regierung beteiligt ist, sich in dieser Frage hinter solch einer Trümmertruppe wie der FDP verstecken muss, finde ich, wird ihren eigenen Leistungen nicht gerecht. Entweder Sie sagen, wir wollen das nicht mehr, oder aber Sie sagen, wir stehen zu dem, was wir verabredet haben, aber versuchen Sie nicht, Gründe zu finden für Ihren eigenen Ausstieg, und versuchen Sie nicht, in eine Schulddebatte für das Scheitern eines Konsenses einzusteigen, der aus meiner Sicht und aus Sicht der CDU-Bürgerschaftsfraktion noch nicht gescheitert sein muss! Ich bin bereit, dafür zu kämpfen, dass wir das am Ende unterschreiben, was wir miteinander verabredet haben.

(Beifall bei der CDU)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Den Dringlichkeitsantrag haben wir heute eingebracht, weil die Bildungsdeputation im April die erste Runde über den Entwurf des Bremer Schulgesetzes drehen will und weil für die Beratung in der Deputation, zumindest aus Sicht der CDU-Bürgerschaftsfraktion, ganz maßgeblich ist, ob es den über

parteilichen Konsens gibt oder nicht. Ich sage an dieser Stelle, es wird Nachverhandlungen mit der CDU-Bürgerschaftsfraktion nicht geben, und ich sage für die CDU-Fraktion und für die Partei an dieser Stelle auch ganz offen, für uns hängt ganz entscheidend davon ab, ob wir am Ende der Schulgesetznovelle der Senatorin zustimmen oder nicht, dass der überparteiliche Konsens vom 19. Dezember 2008 auch definitiv vereinbart und unterschrieben wird. Gibt es diesen Konsens nicht, gibt es keine gemeinsame Schulgesetznovelle! Frau Senatorin, deswegen habe ich die herzliche Bitte, dass Sie sich auch persönlich in den nächsten Tagen und Wochen dafür einsetzen, mit den gleichen guten Argumenten und der gleichen Vehemenz, wie Sie das in den Verhandlungen getan haben, dass auch die beiden Sie tragenden Fraktionen aus SPD und Bündnis 90/Die Grünen ihre Unterschriften unter dieses Papier setzen und damit zum Wohl und im Interesse der Kinder in unserem Land dafür sorgen, dass wir einen Meilenstein bei der Entwicklung von Bildungsinfrastruktur schaffen!

Ich erkläre für die CDU, dass wir den Bremer Konsens zur Schulentwicklung unterschreiben. Ich habe das von Ihnen zur Unterschrift vorbereitete Exemplar dabei, ich werde es jetzt hier unterschreiben und Ihnen, sehr geehrte Frau Senatorin, mit der dringenden Bitte aushändigen, die beiden noch fehlenden Unterschriften von Bündnis 90/Die Grünen und SPD nachzuholen. Ich glaube, die Unterschrift der FDP ist nichts mehr wert. – Vielen Dank!

(Anhaltender Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Fecker.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Dass die grüne Partei zum Dialog und auch zum Konsens bereit ist, wissen spätestens nach den konstruktiven und zielführenden Verhandlungen zum Bremer Bildungskonsens alle Beteiligten. Wir Grüne haben uns in vielen Fragen auf Kompromisse eingelassen, sind den anderen Parteien entgegengekommen und haben trotzdem unseres Erachtens nach ein vernünftiges Ergebnis erzielt. In der Abwägung eigener bildungspolitischer Zielsetzungen gegen die Chance für Eltern, Lehrer und Schüler ein verlässliches, auch über den Wahltag hinaus beständiges Schulsystem zu gewährleisten, haben wir unsere eigenen Ansichten ein Stück nach hinten gestellt, ohne sie dabei jedoch zu vergessen, und wenn Sie sich anschauen, was im Schulentwicklungsplan steht, finden Sie darin auch ganz viele Bestandteile grüner Programmatik: Sprachförderung, gerade auch für Migrantinnen und Migranten, die Zusammenarbeit zwischen Kindergarten und Grundschule und die Stär––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

kung der Grundschule insgesamt, all das sind starke Merkmale einer guten rot-grünen Zusammenarbeit.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD – Vizepräsident R a v e n s übernimmt den Vorsitz.)

Dieser Konsens ist durchaus etwas Einmaliges, denn wann sind Regierungsparteien schon einmal bereit, auf die Opposition zuzugehen und ihr eine entsprechende Mitsprache einzuräumen, obwohl dies von den klaren Mehrheitsverhältnissen hier im Haus nicht notwendig gewesen wäre? SPD und Grüne haben allein schon mit dem Angebot, aber auch den anschließenden Verhandlungen und dem Ergebnis klargemacht, dass sie bereit sind, im Sinne einer besseren Bildung für Schülerinnen und Schüler zu wirken.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Umso enttäuschender ist es, wenn sich auf unserer Seite das Gefühl einschleicht, dass es nicht alle unterzeichnenden Parteien mit dem gefundenen Kompromiss ernst meinen, und denke ich in diesen Tagen an die FDP, überlege ich mir schon, ob sich da überhaupt noch eine Auseinandersetzung lohnt oder ob ich nicht lieber gleich eine Kerze des Bedauerns anzünden sollte.

Meine Herren von der FDP, Sie können sich parteiintern zerlegen, sich gegenseitig alles Schlechte an den Hals wünschen und vielleicht auch eine eigene Daily Soap à la „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ produzieren, aber kommen Sie bitte in den nächsten Tagen nicht so schnell wieder als verlässlicher Partner um die Ecke!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Wenige Tage nach der Aushandlung des Konsenses kursierten bereits erste Angriffe aus den eigenen liberalen Reihen, die zuständige Parteiarbeitsgruppe Bildung fühlte sich übergangen und teilte das dann auch gleich der ganzen Stadt mit, und danach mischte sich auch der Bildungsexperte, Herr Ella, ins Geschehen ein und forderte aus Bremerhaven ein Ende des Konsenses. Was man für eine Schlagzeile nicht alles tut!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der CDU)

Lassen Sie mich auch ganz kurz auf den verteilten offenen Brief eingehen! Meine Herren von der FDP, da ist Ihnen erst einmal die Zeitschiene ein bisschen durcheinandergeraten. Es ist nicht so, dass wir, also Sie und wir, entschieden hätten, jetzt diesen Konsens nicht zu unterschreiben, sondern Sie haben uns

und der SPD mitgeteilt, dass Sie diesen Konsens nicht unterschreiben, und daraufhin – entschuldigen Sie bitte! – haben bei uns die Beratungen darüber angefangen, wie wir mit diesem Ergebnis umgehen. Bei Ihnen steht jetzt irgendwie „zugleich“, ich glaube, das ist der total falsche Terminus, aber wenn man Briefe hektisch schreibt, kann das durchaus einmal passieren.

Lassen Sie mich auch mit einem anderen Vorurteil aufräumen, das hier anklingt! Es gab bei den Grünen keinen Volksaufstand. Jetzt zu sagen, die grüne Basis hätte die Parteiführung oder die Fraktion genötigt, das auszusetzen – –. Wir haben am Montag in unserer Landesarbeitsgemeinschaft Bildung eine sehr intensive inhaltlich geprägte Debatte zu dem Thema geführt. Ich hätte Sie eigentlich gern dabei gehabt, weil Sie hier dann so etwas nicht verbreitet hätten.

Wir sind nicht die Partei, die Ihren Dissens – den es natürlich auch in einigen Fragen gibt, das ist doch klar, da gibt es auch Mitglieder, die sich vielleicht nicht so richtig hinter diesen Konsens stellen können, aber, ich glaube, die gibt es in allen Parteien, die diesen Konsens unterzeichnet haben – in Diskussionen öffentlich ausführt, und ich würde es begrüßen, wenn wir das auch zukünftig nicht machen. Gerade die grüne Basis ist, glaube ich, bisher sehr verantwortungsvoll mit dieser Regierungsverantwortung, die wir tragen, umgegangen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Herr Röwekamp, das kann ich Ihnen jetzt nicht ersparen! Auch bei der CDU hatten wir zwischendurch – jetzt kommt der Moment, in dem es in Ihre Richtung geht, Herr Rohmeyer! – den Eindruck, als würde man den Erhalt der Gymnasien feiern, aber an einem anderen Bestandteil des Bildungskonsenses eher nicht so interessiert sein. Die Parteien haben eine enge Verzahnung zwischen Grundschulen und Oberschulen als wünschenswert bezeichnet, in der Fachterminologie sind das Kooperation und Verbund, und eine Fusion zweier Schulen, also aus zwei Schulen eine Schule von Klasse 1 bis Klasse 10 zu machen, bedarf laut Konsens der Zustimmung aller Unterzeichner.

Wir Grüne sind große Freunde eines möglichst langen gemeinsamen Lernens. Diese Schulform bietet auch die Möglichkeit, andere pädagogische Konzepte anzuwenden, so etwa ein jahrgangsübergreifendes Lernen, ein System, in dem schneller lernende Schüler nicht blockiert und langsamer lernende Schüler nicht vergessen werden. Wir haben diesen Passus des Konsenses immer so verstanden, dass die Schule aus einem Guss nicht die Regel ist und auch nicht flächendeckend eingeführt werden soll, aber sich alle Parteien zu einer gewissenhaften Prüfung solcher Anliegen verpflichten und den Einzelfall genau betrachten. Bei uns Grünen besteht schon etwas länger der

Eindruck, bestärkt durch Äußerungen in der Bildungsdeputation, dass es hier keine ergebnisoffene Prüfung seitens der CDU gäbe – mir ist durchaus bewusst, dass die Schule von den Klassen 1 bis 10 in Ihren Reihen sicherlich keine einfache Geschichte ist –, aber wir erwarten trotzdem keine pauschale Ablehnung, sondern eine wirkliche Auseinandersetzung mit der Thematik.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Ein Konsens lebt von dem Aufeinanderzugehen aller Beteiligten. Wenn wir als Grüne bereit sind, uns zu bewegen, dann erwarten wir dies auch von allen anderen Partnern, insbesondere Gesprächsbereitschaft.

Herr Röwekamp, ich wollte eigentlich nicht auf Ihre Zeitung eingehen, weil ich Ihre Einschätzung teile, dass sie viel mehr Aufmerksamkeit bekommt als ihr eigentlich auch wegen des journalistischen Inhalts zusteht. Ich glaube, was in der Tat nicht fair ist, ist, sich jetzt hier hinzustellen und ein großes Lob an die Kollegin Frau Stahmann zu richten – die in der Tat viel Überzeugungsarbeit auch in den eigenen Reihen leisten musste, damit dieser Konsens zustande gekommen ist, die in der Tat auch viele Nächte durchgearbeitet hat, um zu schauen und jede Formulierung noch einmal abzuwägen, und die gemeinsam mit unserer Parteivorsitzenden, Susan Mittrenga, an dem Projekt gearbeitet hat –, während sie in Ihrer Zeitung den Stempel „Verliererin“ bekommt. Ich glaube, das ist kein guter Stil. Ich würde es begrüßen, wenn wir den auch weiterhin nicht pflegen würden!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Mithin, Sie erwarten heute klare Ansagen. Wir stehen zu den erzielten Ergebnissen, aber wir verlangen von allen Parteien, dass Sie sich an die Absprachen halten. Wir haben eine für Bremen historische Chance, einen Flickenteppich, zu dem alle bisher in der Regierung verantwortlichen Parteien ihr Scherflein beigetragen haben, zu einer soliden und verlässlichen Grundlage für die Schülerinnen und Schüler sowie Eltern und Lehrkräfte werden zu lassen. Ich hoffe, dass uns dieses Ziel auch weiterhin eint.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

In einem Punkt sind wir aber in einem offenen Dissens zur CDU: Wir werden als grüne Bürgerschaftsfraktion unserer Partei nicht vorschreiben, was sie zu tun oder zu lassen hat, dafür sind die gewählten Parteigremien verantwortlich, und dieser bei den Grünen schon traditionellen Machtteilung zwischen Par