Protokoll der Sitzung vom 19.03.2009

lichen Sozialämter auf der anderen Seite zu nutzen und zusammenzuführen – gut. Sowohl Umfragen als auch die Vermittlungserfolge bescheinigen eigentlich, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter insgesamt unter den schwierigen Bedingungen, unter denen sie arbeiten müssen, in diesen Jobcentern gute Arbeit leisten. Die Arbeit der Beschäftigten und auch die Betreuung der Arbeitslosen dürfen, glaube ich, jetzt nicht in letzter Minute noch aufs Spiel gesetzt werden.

Entgegen manchen Erwartungen haben sich die Länder und die Bundesregierung auf einen Kompromiss und sogar auf eine Grundgesetzänderung geeinigt. Ich gebe selbst zu, dass ich im Mai skeptisch war, ob dies zustande kommen würde, und ich denke auch – das, was Herr Nestler gesagt hat, das war ja ein bisschen witzig an Ihrem Beitrag, man musste ja zum Schluss denken, dass das nicht zustande komme, liege an Frau Senatorin Rosenkötter und nicht an der Bundestagsfraktion der CDU –, dass wir damals skeptisch waren, ob eine solche Lösung der Grundgesetzänderung gegangen wäre. Das lag doch daran, dass wir Zweifel hatten, ob dieses große Vorhaben der Grundgesetzänderung unter den politischen Konstellationen, die wir nun einmal haben, möglich sein wird. Ich will nicht hoffen, dass wir mit unserer Skepsis letzten Endes dann auch recht haben werden. Ich finde, das ist doch genau der Punkt, darum geht es doch im Augenblick, dass diese Grundgesetzänderung doch noch ermöglicht werden soll.

Der Kompromiss, der zustande gekommen ist, trägt nun alle Merkmale eines Kompromisses, und das heißt auch, dass er keine Ideallösung ist. Frau Schön hat schon darauf hingewiesen, es werden diese zentralen Zentren für Arbeitsvermittlung und Grundsicherung gegründet, die eigene öffentlich-rechtliche Anstalten mit einem eigenen Haushalt werden sollen. Das ist zunächst einmal gut für die Jobcenter, weil sie damit Planungssicherheit bekommen und auch über den eigenen Personalkörper verfügen können. Es liegt aber darin auch ein Problem, und ich glaube, dieses Problem müssen wir im Zusammenhang mit diesem Kompromiss in Zukunft im Auge behalten.

Ich sehe nämlich die Gefahr, dass mit diesen zentralen Arbeitsgemeinschaften möglicherweise neben der Agentur für Arbeit eine neue Säule der Arbeitsvermittlung geschaffen wird. Herr Dr. Möllenstädt, im Gegensatz zu Ihnen, halte ich es nicht für wünschenswert, das Problem der Langzeitarbeitslosigkeit zu kommunalisieren. Wir dürfen nicht Arbeitslose erster und zweiter Klasse herstellen, bei denen die Arbeitslosen erster Klasse bei der Agentur sind, die Agentur, die im Augenblick im Übrigen ihre Qualität steigert, ihren Service ausbaut, Ansprechpartner für die Arbeitgeber auf dem ersten Arbeitsmarkt wird, und dann haben wir noch die Langzeitarbeitslosen als Arbeitslose zweiter Klasse bei den Jobzentren oder in Zukunft bei den ZAGs, für die dann nachher die lokalen Arbeitsmärkte oder der zweite Arbeitsmarkt,

die öffentlich geförderte Beschäftigung da sind. Deswegen, meine ich, werden wir – wie auch immer in Zukunft die Arbeitsvermittlung gestaltet wird – sehen müssen, dass wir dies vermeiden, dass wir im Interesse der Arbeitslosen dafür sorgen müssen, dass die Kompetenzen, die die Arbeitsagenturen haben, die alle Möglichkeiten der Arbeitsvermittlung haben, auch für die Langzeitarbeitslosen zur Verfügung stehen.

Nichtsdestoweniger, liebe Kolleginnen und Kollegen, schließen wir uns natürlich auch dem Appell an zu sagen, wir müssen noch einmal alle Anstrengungen machen. Wir hoffen auch, dass die Bemühungen der Ministerpräsidenten noch einmal erfolgreich sein werden, dass wir ein Auseinanderfallen der Jobcenter, die wir bisher haben, mit allen Folgen, die schon genannt worden sind, verhindern, für die Beschäftigten die Unsicherheit, das ist schon genannt worden, aber vor allen Dingen auch für die Arbeitslosen.

Herr Nestler hat sich dafür bedankt, dass hier relativ unpolemisch mit dem Verhalten der CDU-Bundestagsfraktion umgegangen worden ist. Ich glaube, man muss aber trotzdem sagen, dass diese Haltung gegenüber den Arbeitslosen ziemlich verantwortungslos zu bewerten ist und dass wir deswegen nur appellieren und hoffen können, dass es hier noch ein Umdenken gibt. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Nestler.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe mich noch einmal gemeldet, weil ich ganz einfach etwas richtigstellen muss, nicht dass das falsch verstanden worden ist. Ich habe Frau Senatorin Rosenkötter nicht unterstellt, dass sie an der jetzigen Situation schuld ist, ich habe gesagt, dass vor einem Dreivierteljahr in der Deputation die Einführung kooperativer Jobcenter zur Diskussion stand. Dafür war damals Frau Rosenkötter, wenn ich mich richtig an die Diskussion in der Deputation erinnere, und dafür waren auch Sie, Frau Ziegert.

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Hat sie auch ge- sagt!)

Das ist genau das Gleiche, was jetzt in Berlin passiert, nur, Sie drehen das einfach um, darum habe ich mich auch bedankt, dass hier nicht polemisch diskutiert wurde.

(Beifall bei der CDU)

Hätten Sie nicht einen Koalitionspartner gehabt, hätten wir heute schon das, was man in Berlin an

denkt. Das ist die Wahrheit und nichts anderes. Wir hätten keine gemeinsamen Jobcenter und ARGEn, sondern ein ausschließlich durch die Agentur für Arbeit betriebenes kooperatives Jobcenter, das wäre es gewesen. Das habe ich gesagt, und nicht mehr und nicht weniger. Ich bin dankbar dafür, dass Frau Rosenkötter heute eine andere Meinung hat. Das, was ich weiter gesagt habe, ist, dass das so schnell und in einem halben Jahr passiert ist, das verwundert mich, nicht vorhin, sondern jetzt auch.

(Beifall bei der CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Ziegert.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr gehrten Damen und Herren! Ehrlich gesagt finde ich eigentlich so ein Hickhack ein bisschen blöd, aber wenn das nun so schräg herüberkommt, wie Sie das jetzt dargestellt haben, Herr Nestler, muss ich doch noch etwas dazu sagen. Das kooperative Jobcenter, wie der Name schon sagt, bedeutet eine Kooperationsbeziehung zwischen kommunaler Arbeitsmarktpolitik und der Arbeitsmarktpolitik durch die Agenturen. Es wäre weitestgehend nach dem Modell vertraglich auch sichergestellt worden, dass die Zusammenarbeit so hätte weiter laufen können, wie sie bisher gelaufen ist, und wir hätten uns dieses Jahr Verunsicherung und mühselige Kompromisssuche mit ungewissem Ausgang sparen können.

Ich sage Ihnen, Herr Nestler, wenn das gut ausgeht und die Grundgesetzänderung durchgeht und wir am Ende sind, dann sind wir alle glücklich und zufrieden. Tun Sie das Ihrige, damit es so ausgeht, aber sagen Sie jetzt nicht, wenn es jetzt nicht so ausgeht, dann sind irgendwelche anderen daran schuld, die von Anfang an skeptisch gewesen waren, ob nicht die Situation am Ende eintreten wird, die wir nämlich im Augenblick haben: Das ist die Situation, dass die Grundgesetzänderung im Augenblick droht zu scheitern. Deswegen steht das auf der Kippe. Insofern, glaube ich, dass Sie da in einer ganz schlechten Position sind, hier noch zu versuchen, mit Steinen zu werfen.

(Beifall bei der SPD)

Als nächste Rednerin hat das Wort Frau Senatorin Rosenkötter.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! „Das ist eine katastrophale Entscheidung“, so die Kommentierung eines Arbeits- und Sozialminis––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

ters aus Nordrhein-Westfalen, bekanntlich Mitglied der CDU-Fraktion.

(Abg. D r. S i e l i n g [SPD]: CDU, nicht Fraktion!)

Der CDU! Genau vor diesem Thema stehen wir heute, nachdem wir 2007 das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Kenntnis haben nehmen müssen und auch als einen Aufschlag, hier Veränderungen herbeizuführen, um nämlich am Ende des Tages etwas für die Menschen, für die Arbeitslosen in unserer Stadt und in unserem Land möglichst aus einer Hand leisten zu können. Das bleibt und ist unser Ziel, und ich freue mich, dass wir uns hier auch alle, und das will ich auch noch einmal ganz besonders betonen und begrüßen, alle einig sind in dem Ziel, dies gemeinsam zu erreichen. Aber ich will auch sagen, seit Dezember 2007 sind wir gemeinsam unterwegs, dies zu erreichen. Das waren keine einfachen Sitzungen, die auf ganz unterschiedlichen Ebenen stattgefunden haben. Ich finde es unverantwortlich, verantwortungslos jetzt sozusagen auf der Zielgeraden eine Vollbremsung vorzunehmen und das alles infrage zu stellen. Das geht meines Erachtens nicht, und deswegen ist es notwendig, dass wir hier sehr energisch auch von Bremen aus auf der Bundesebene versuchen, dies zu verändern.

(Beifall bei der SPD)

Ich will das Zitat von Herrn Kauder, das abgedruckt worden ist, nicht noch einmal wiederholen. Frau Schön hat es vorgelesen, aber es scheint vielen offensichtlich nicht ganz klar zu sein, welche Konsequenz dieses Handeln auch zur Folge hat. Das ist doch genau das, was hier droht, die Handlungsunfähigkeit bis weit nach der Bundestagswahl im Bereich dieses ZAG-Reformpaketes.

Übrigens, und das will ich auch gern anschließen, auch wenn es jetzt eine Verlängerung dieser Optionen gegeben hat, ist das wahrscheinlich ein Aus für die Optionskommunen, auch das muss man noch einmal deutlich sagen, und das alles in einer Phase, in der wir im Bereich von Wirtschaft, im Bereich von Arbeitsmarktpolitik weiß Gott genügend zu tun haben, um die Menschen in Arbeit zu behalten, um die Unternehmen und die kleineren Betriebe zu stabilisieren und um letztendlich auch das Gesellschaftsgefüge am Laufen halten zu können. Es gibt durch diese Entscheidung eine weitere Verunsicherung, und es gibt ganz sicherlich auch einen Vertrauensverlust in die Politik, dass jetzt unmittelbar vor Erreichen dieses Zieles gestoppt wird, das ist eine Politik gegen die Arbeitslosen, und das können wir so nicht akzeptieren.

(Beifall bei der SPD)

Wenn wir wissen, dass am 2. März 2009 der Bundesarbeitsminister zusammen mit den Ministerprä

sidenten Rüttgers und Beck und den zuständigen Fachministern aus Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen diesen Kompromiss ausgehandelt und vorgelegt hat – Frau Ziegert hat das formuliert –, ganz sicherlich ist nicht alles, so wie es am Ende dasteht, für jeden und für jede zufriedenstellend, aber es ist ein Kompromiss gefunden worden, der es möglich macht, unsere Ziele weitestgehend zu erreichen, nämlich Hilfen möglichst aus einer Hand anbieten zu können, einen gemeinsamen Personalkörper zu haben und Grundsicherungspolitik, und das ist etwas Wichtiges, und das will ich noch einmal betonen, auch vor Ort gestalten zu können.

Erlauben Sie mir, Herr Nestler, Sie noch einmal aus dem Sommer letzten Jahres zu repetieren, das ist vielleicht durchaus nachvollziehbar, aber ich glaube, Sie haben das nicht vollständig getan. Es war mehr als verantwortlich, hier darüber nachzudenken: Was ist, wenn es nicht gelingt, eine Verfassungsänderung zu machen? Heute sage ich, die Unberechenbarkeit der Bundes-CDU an dieser Stelle hat uns, glaube ich, sehr deutlich gezeigt, dass es vielleicht gar nicht so verkehrt war, auch darüber nachzudenken, ob wir andere Möglichkeiten dazu haben. Immer haben wir gesagt, natürlich, eine Verfassungsänderung würde dies am allerbesten lösen, aber wir wissen auch um die Schwierigkeit, und der Verlauf dieser langen Debatte hat es gezeigt, wie schwierig es gewesen ist, hier zu einer Lösung zu kommen.

Meine Damen und Herren, liebe Abgeordnete von der FDP, eine vollständige Kommunalisierung halte ich für nicht nur außerordentlich schwierig, sondern ich hoffe, Sie haben sich auch Gedanken darüber gemacht, dass nicht nur die Aufgabe und die Kompetenz auf die Länder und auf die Kommunen verlagert wird, sondern es an dieser Stelle ganz sicherlich auch finanzielle Auswirkungen hat, die nicht ganz unbeträchtlich sind, und insofern muss man, glaube ich, sehr deutlich darüber nachdenken.

Alles in allem freue ich mich darüber, und ich freue mich auch, dass wir hier heute in dieser Debatte, glaube ich, noch einmal klargemacht haben, dass wir uns von Bremen aus sehr nachdrücklich dafür einsetzen. Insofern ist dieser Dringlichkeitsantrag der Regierungsfraktionen, unterstützt von der CDU, der richtige Weg, hier auch zu einem Ziel zu kommen, ich hoffe, sehr schnell zu einem Ziel zu kommen.

Ansonsten wäre es sicherlich Aufgabe meines Ressorts, unmittelbar nach Ostern mit den Arbeiten zu beginnen, dass wir am Ende des Tages, nämlich nach dem 31. Dezember 2010, so aufgestellt sind, dass wir weiterhin den Menschen, die unsere Beratung und Unterstützung brauchen, diese auch gewähren können und zudem auch eine Perspektive, auch das will ich deutlich sagen, für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Jobcentern geben können. Sie machen ihre Arbeit unter sehr schwierigen Bedingungen gut, sie haben in den letzten Monaten hier deutlich an Qualität gewonnen. Insofern wäre es das richti

ge und notwendige Signal, sich von Bremen aus auf der Bundesebene dafür einzusetzen. – Dafür ganz herzlichen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, der SPD und der CDU mit der DrucksachenNummer 17/737 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen und DIE LINKE)

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

(FDP)

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag zu.

Verkehrsinfrastruktur in der Region sichern – Gemeinderat Lilienthal muss Blockade gegen die Linie 4 aufgeben

Antrag (Entschließung) der Fraktionen der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der CDU vom 18. März 2009 (Drucksache 17/738)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Senator Dr. Loske.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Kasper.