Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach der Entscheidung des Lilienthaler Gemeinderats, den Ausbau der Linie 4 zu stoppen, wird heute in der „Wümme-Zeitung“ getitelt: „Bremer Nachbarn reagieren empört!“. Ich bin dankbar darüber, dass ich eine Nacht darüber schlafen konnte. Hätte ich gestern hier ans Rednerpult gehen müssen, glaube ich, wären Worte gefallen, die unparlamentarisch sind. Das Wort „empört“ ist dabei heute noch sehr milde: Entsetzen, Fassungslosigkeit über Wortbruch bis hin zur Eiszeit sind da schon etwas deutlicher. ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Unser Entschließungsantrag zeigt noch einmal in einer Kurzfassung auf, wie in Bremen in den letzten Jahren die Beschlussfassungen kontinuierlich bestätigt und konkretisiert wurden. Die gemeinsame Absicht, sowohl die Verlängerung der Straßenbahnlinie 4 durchzuführen, wie auch den Bau der Ortsentlastungsstraße zu vollziehen, mündete in eine Durchführungsvereinbarung zwischen der Gemeinde Lilienthal und der Gemeinde Bremen vom 4. April 2006, ist also fast schon drei Jahre her. Unterzeichnet wurde diese Vereinbarung von Bürgermeister Hollatz aus Lilienthal und dem Bausenator Neumeyer aus Bremen. Was der Lilienthaler Gemeinderat jetzt mit dem Beschluss zum Stopp der Linie 4 anrichtet, ist überhaupt nicht nachvollziehbar, und wie der Rat mit Bürgermeister Hollatz umgeht, ist aus meiner Sicht unverantwortlich.
In der Zukunft wird bei jedem Vertrag oder Auftrag oder jeder Vereinbarung, die Bürgermeister Hollatz unterschreibt, die Frage wohl nicht verwundern, wie lang diese Unterschrift Bestand hat und wann der Gemeinderat sie wieder einkassiert. Für Lilienthal tritt ein politischer Schaden ein, der von den Neinsagern offensichtlich nicht überblickt wird. So geht man nicht mit dem Bürgermeister um! Die Ignoranz des Bürgerwillens, geäußert im Jahre 2006, der mit zwei Drittel Zustimmung bei einer Befragung von 8000 Bürgern ausgedrückt wurde, ist aus unserer Sicht eine schallende Ohrfeige für die Bevölkerung.
Ich möchte jetzt hier kein Drohszenario aufbauen, aber ich möchte sagen: Liebe Lilienthaler und Lilienthalerinnen, folgenlos kann und wird die Entscheidung des Gemeinderats nicht bleiben. Wenn eine Brücke nur einen Meter zu kurz ist, ist das fatal. Wenn bei einer Straße auch ein Meter fehlt, kann ich sagen, ist das zu 100 Prozent eine Verkehrsberuhigung.
Zum Schluss möchte ich mich von den eisernen Schienen noch einmal lösen und in die Luft gehen, nicht wörtlich aber bildlich gesprochen. In der Fliegerei gibt es einen Begriff, der heißt „Point of no Return“, das Ziel ist also näher als der Abflugort oder Ausgangspunkt. Der Lilienthaler Gemeinderat hat gerade diesen Punkt überschritten, leitet aber trotzdem den Rückflug ein. Ich möchte deshalb appellieren: Liebe Lilienthaler, fliegen Sie eine Gegenkurve! Bremen wird Sie auf dem Radarschirm behalten und in Richtung Zielpunkt lotsen, aber landen, liebe Lilienthaler, müssen Sie schon selbst! – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kasper hat gerade dazu aufgefordert, sich politisch korrekt auszudrücken, daran möchte ich mich halten, auch weil die Präsidentin mit der Glocke hinter mir steht. Ich bin enttäuscht, entsetzt und entrüstet und kann auf keinen Fall verstehen, was die CDU und die FDP in Lilienthal dazu bewogen hat, im Gemeinderat gegen die Fortführung der Linie 4 zu stimmen; ich finde es unverantwortlich! Das ist eine Absage der CDU und FDP in Lilienthal an eine umweltfreundliche Mobilität, an die Entlastung der Anwohnerinnen und Anwohner sowie der Pendler in Lilienthal, die zu den Hauptverkehrszeiten jeden Tag stundenlang in den Staus stehen. Es ist auch eine Absage an die getroffenen Vereinbarungen zwischen Bremen und Lilienthal und an ein regional sehr wichtiges Projekt, das ist ein glatter Wortbruch!
Es werden in der Begründung für die Ablehnung die gestiegenen Kosten für die Straßenbahnverlängerung genannt. Ich erinnere daran, dass wir uns selbst in der Deputation im Oktober letzten Jahres mit den gestiegenen Kosten auf unserer Seite befassen mussten, aber, anders als in Lilienthal, haben wir hier über alle Parteien hinweg konstruktiv versucht, Lösungsvorschläge zu finden, haben uns über alle Parteien hinweg für den Weiterbau der Straßenbahnverlängerung ausgesprochen. Man kann, wie in Lilienthal, den Kopf in den Sand stecken, aber ich plädiere dafür, gemeinsam Lösungen zu finden. Die CDU und die Liberalen in Lilienthal haben das nicht gemacht, ich vermute, es steckt auch ein wenig Kalkül dahinter. Bremen hat in den sauren Apfel gebissen, hat zähneknirschend dem Bau dieser Umgehungsstraße zugestimmt – ja, inmitten eines Naturschutzgebietes –, das ist uns schwergefallen. Die schöne Wümmebrücke wurde abgebaut, es wurden viele Bäume gefällt, und nun handelt Lilienthal plötzlich ganz nach dem Motto: Jetzt ist die Umgehungsstraße fast fertig, da können die Lilienthaler Pendler schön mit ihren Autos nach Bremen fahren, können dort die Straßen verstopfen, die Luft verpesten und fahren dann abends wieder zurück und zahlen in Lilienthal die Steuern. Das muss man einmal sehen, in Bremen die Infrastruktur nutzen, aber in Lilienthal die Steuern zahlen und das auf unsere Kosten!
zu erteilen, solange die Lilienthaler in dem Gemeinderat mehrheitlich an dem Veto für die Linie 4 festhalten. Ich hege allerdings die Hoffnung – das möchte ich ganz deutlich sagen –, dass vielleicht doch noch Vernunft in Lilienthal einkehrt, denn es ist von allergrößtem Bremer Interesse, das Ganze nicht endgültig sterben zu lassen. Wir haben ein großes Interesse daran, dass die Linie 4 doch noch ausgebaut wird. Deswegen möchte ich dafür plädieren und die Kollegen von der CDU und FDP hier im Parlament bitten – ich weiß, es fanden im Vorfeld schon viele Gespräche statt –, doch noch einmal mit Ihren Parteifreunden in Lilienthal zu reden und sie zu einem Umdenken zu bewegen. Den Lilienthalern selbst muss doch eigentlich auch klar sein – einmal abgesehen von den ökologischen und klimafreundlichen Aspekten –, dass sie zum Beispiel den Kaufleuten vor Ort keinen Gefallen tun. Jeder, der in diesen Stoßzeiten einmal mit dem Auto durch Lilienthal gefahren ist, weiß, dass es eine furchtbare Quälerei ist. Niemand parkt sein Auto – wenn er überhaupt einen Parkplatz findet – am Rand, stellt es ab, geht einmal eben in ein Geschäft und fädelt sich dann in diesen quälerischen Stau wieder ein. Bei einer Straßenbahn ist es anders: Man springt heraus und kann jederzeit an der nächsten Haltestelle wieder hineinspringen. Das Nächste: Zwei Drittel der Lilienthaler wollen diese Linienverlängerung, sie sehen die Vorteile, auch den, dass 90 Prozent Fördergelder kommen und damit die Sanierung der Straße in Lilienthal und eine Aufwertung des Stadtteils einhergehen. Darauf kann man doch nicht verzichten!
Ich fasse zusammen: Wir in Bremen wollen an den gemeinsam getroffenen Vereinbarungen zur Verlängerung der Linie 4 festhalten, wir wollen die Tür nicht einfach zuwerfen, und wir hoffen, dass sich die Lilienthaler auch an ihr Wort halten und sich nicht endgültig von der Straßenbahnverlängerung verabschieden. Aber obwohl wir diese Hoffnung haben, wollen wir, dass geprüft wird, ob man Regressansprüche von unserer Seite geltend machen kann, und wir wollen, dass solange keine weiteren Bremer Gelder für die Umgehungsstraße ausgegeben werden. Die Verlängerung der Linie 4 bis zum Falkenberger Kreuz ist eine Win-win-Situation für den Klimaschutz, für die geplagten Anwohnerinnen und Anwohner in Lilienthal, aber auch für die gestressten Pendler und die Kaufleute. Es ist ein wichtiges Projekt für die Region Bremen und Niedersachsen. Dieses gemeinsame Projekt ist zu wichtig, als es mit parteipolitischen Ränkespielchen – ob es innerparteiliche oder Oppositions-Ränkespielchen sind – zu gefährden. Meine Damen und Herren aller Bremer Parteien, lassen Sie uns gemeinsam dafür weiter streiten, dass
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hätte nicht gedacht, dass ich mich hier in der Bürgerschaft im Jahre 2009 noch einmal mit der Linie 4 beschäftigen müsste,
(Abg. D r. S i e l i n g [SPD]: Und dann so positiv! – Abg. P o h l m a n n [SPD]: Man kann ja auch dazulernen!)
weil ich, insbesondere zu Beginn der Neunzigerjahre, eine ganze Menge Debatten gegen die Linie 4 gehalten habe. Aber wie Sie ja alle wissen, hat es seit 1995 einen guten Prozess gegeben, bei dem wir uns alle auf die Linie 4 und eine bestimmte Linienführung durch Bremen geeinigt haben, gleichzeitig aber auch gesagt haben – und das war ja auch ein entscheidender Punkt –: Wenn, dann soll sie auch bis Falkenberg führen, weil die Lilienthaler mit ihrer Umgehungsstraße schon seit über 28 Jahren laut klagen und in den letzten Jahren mehr oder weniger zurechtgekommen sind. In diesem Zuge hat es eine Verabredung über die Anbindung dieser Entlastungsstraße an das bremische Straßennetz im Gleichklang mit dem Ausbau des ÖPNV, nämlich der Straßenbahnlinie 4 nach Falkenberg, gegeben. Das ist eine vertragliche Regelung, und ich muss darauf bestehen, dass diese vertragliche Regelung auch eingehalten wird!
Daher bin ich natürlich enttäuscht, dass gerade unsere Kollegen im Lilienthaler Gemeinderat diese Einigung gestern infrage gestellt haben. Ich kann nur von dieser Stelle aus appellieren, den Vertrag, die Anlagen, die Gutachten und die Wirtschaftlichkeitsberechnungen sehr genau durchzulesen. Noch nie wurde ein Vorhaben so gut gefördert, nämlich mit einer neunzigprozentigen Förderung, das heißt, das Land Niedersachsen, Bremen und der Bund, alle haben sich zusammengenommen, sich daran beteiligt, in jahrelangen Anstrengungen dafür gesorgt, dass es jetzt eine wirklich großartige Planung gibt, die auch durch Gutachten belegt und sehr zur Umsetzung empfohlen worden ist. Deswegen muss ich noch einmal den Appell erheben, sich nicht auf irgendwelche Zahlen aus 2002 zu beziehen, sondern darauf, dass wir eine neunzigprozentige Förderung bekommen, das bedeutet, Lilienthal bekommt seine Sanierung des Ortskerns
Wenn man das nun ausblendet, sich nur um die Kosten des ÖPNV kümmert und die anderen Dinge alle nebenbei betrachtet, kann man natürlich sagen, das ist viel Geld, aber ohne den ÖPNV ist in Lilienthal nichts los. Irgendwann werden auch die Buslinien der Linie 30 nicht mehr fahren, weil es für die BSAG überhaupt nicht wirtschaftlich ist, die Busse von Falkenberg nach Borgfeld fahren zu lassen, dann müssen die Leute irgendwann zu Fuß gehen. Irgendwo muss Wirtschaftlichkeit dargestellt werden, und wir verlangen von unseren Verkehrsunternehmen, dass sie wirtschaftlich arbeiten und wirtschaftlich denken. Wenn es nur so umgesetzt werden kann, müssen wir es auch akzeptieren,
und dann ist eben eine im Speckgürtel liegende Stadt nicht mehr richtig an den Kern angebunden, und das ist ein Problem.
Herr Kollege, halten Sie es für günstig, wenn der zuständige Fachsenator durch Gespräche gar nicht an der Debatte teilnimmt?
(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Ich bekenne mich schuldig! – Se- nator D r. L o s k e: Ich habe Ihnen die ganze Zeit zugehört! – Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Der arme Herr Dr. Güldner, so geht er mit ihm um!)
Ich möchte die ganzen Maßnahmen, die hier schon gesagt worden sind, nicht wiederholen. Ich habe den Appell von hier aus an unsere Kollegen gerichtet, es
sich doch noch einmal zu überlegen. Ich befürworte sehr, dass es in den nächsten Tagen weitere Gespräche gibt, um das zu klären. Ich finde – was ich eben schon angedeutet habe –, man muss vielleicht auch dem Gemeinderat in Lilienthal klarmachen, dass, wenn man das gesamte Projekt einschließlich der Sanierung betrachtet, er doch viel günstiger dabei handelt, wenn er dieses wirtschaftlich gerechnete Projekt mit unterstützt und jetzt auch zur Durchführung bringt.
Wir – und da spreche ich jetzt als Borgfelder, weil ich auch noch Borgfelder Abgeordneter bin – können es uns nicht vorstellen, dass wir eine Entlastungsstraße bekommen, mit der sich die Lilienthaler mit 30 000 oder 40 000 Pkw jeden Morgen entlasten, direkt an unsere Straße anbinden, um dann zu sagen: Das andere war nicht so gut, aber wir sind unseren Verkehr los und sie haben ihn. So geht das wirklich nicht!
Dann müssen wir auf die Durchführung dieser Verträge pochen, und wenn das nicht möglich sein sollte, müssen Schadenersatzansprüche geltend gemacht werden, und wir müssen – wie Herr Kasper sagt – überlegen, ob wir wirklich die letzten zehn Prozent noch vergeben müssen, damit die Straße endgültig fertig wird. Man kann sie ja auch noch in zwei oder drei Jahren befahren, wenn endlich Vernunft eingekehrt ist. – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Mobilität muss gewährleistet werden, Mobilität muss auch durch ein vernünftiges belastbares Straßen- und Fahrradwegenetz und ein gutes ÖPNV-Angebot funktionieren!
Sowohl auf der Schiene als auch auf der Straße, alles muss miteinander verzahnt sein, alles muss aufeinander abgestimmt sein, dann funktioniert es auch mit dem Verkehr.