Protokoll der Sitzung vom 27.05.2009

Bevor ich jetzt dem nächsten Redner das Wort erteile, möchte ich nur noch einmal den Sachverhalt aufklären: Das ist ein neu eingebrachter Änderungsantrag, und es ist vollständig und richtig, dass er jetzt hier so auf der Tagesordnung steht.

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Möhle.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch wenn der Antrag neu eingebracht ist, werden wir ihn an dieser Stelle mit Sicherheit genauso ablehnen wie das letzte Mal auch.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Die Begründung für die Ablehnung möchte ich mir an dieser Stelle ersparen. Ich halte die dritte Lesung und damit ja auch sozusagen endlich den Punkt, an dem die Verfassung tatsächlich geändert wird, eigentlich für eine Art Feierstunde dieses Parlaments.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der LINKEN)

Ich bin felsenfest dieser Überzeugung! Ich kann es auch ganz persönlich sagen: Das sind Augenblicke, wo Politik auch wirklich Spaß macht, weil man real, ganz konkret etwas ändert, nämlich erst einmal die Verfassung.

Der Kollege Tschöpe hat natürlich völlig recht, dass die Lebenswirklichkeit in unserem Bundesland natürlich selbstverständlich noch nicht frei von Homophobie, von Diskriminierung und Unterdrückung ist, aber damit, dass dieses Haus hier mit Zweidrittelmehrheit beschließt, dass sie die Landesverfassung dahingehend ändern wird und somit will, dass eben diese Diskriminierung in unserem Bundesland keinen Platz mehr hat, darauf bin ich stolz. Ich bin begeistert, dass wir das an dieser Stelle tun können.

Ich habe bei der letzten Lesung gesagt, dass ich das für einen Meilenstein halte, das kann ich an dieser Stelle mit ganz viel Zufriedenheit noch einmal wiederholen, und ich freue mich darauf, dass wir gleich eine Zweidrittelmehrheit bekommen, dass wir die Landesverfassung ändern. Ich kann Ihnen versichern, wir werden auch weiterhin daran arbeiten, dass Dis––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

kriminierung jedweder Art in unserem Bundesland keinen Platz findet.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der LINKEN)

Es geht selbstverständlich nicht nur gegen Diskriminierung von homosexuellen Paaren. Es gibt auch andere Diskriminierungstatbestände, die wir mit Sicherheit auch hier versuchen zu bekämpfen. Wir wollen eine tolerante Gesellschaft, die andere Lebensformen akzeptiert, damit umgeht, keine Angst davor hat und Andersartigkeit nicht bekämpft, sondern integriert. In diesem Sinne freue ich mich auf die weitere Arbeit an der Landesverfassung. Es gibt noch ein paar Sachen mehr zu tun, was wir mit Sicherheit auch tun werden.

Lassen Sie mich zuletzt den Dank auch noch einmal an die FDP und an die LINKEN aussprechen, die die Verfassungsänderung mittragen. Allein würde RotGrün das nicht machen können, weil wir über keine Zweidrittelmehrheit verfügen. Wir haben also einen großen Grund zu feiern. Für die CDU kann ich nur sagen, die Richtung ist vorgegeben, folgen Sie uns, dann haben auch Sie viele Gründe, mit uns gemeinsam an diesen Stellen hier zu feiern. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Winther.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die CDUFraktion hatte ja bereits in der letzten Debatte in der Bürgerschaft klargemacht, dass sie eine Gleichstellung von Ehe, Familie und Eingetragenen Lebenspartnerschaften nicht mittragen kann, sie aber gleichwohl einen Schutz alternativer Lebensformen vor Diskriminierung für erforderlich hält. Wir haben den Antrag eingebracht, um unsere Position noch einmal zu bestärken. Wir haben das aber auch getan, weil uns in der letzten Debatte vorgeworfen wurde, dass wir eben gerade nicht Sorge dafür tragen, dass alternative Lebensformen nicht diskriminiert werden. Wir haben diesen Antrag auch eingebracht, um noch einmal deutlich zu machen, dass für uns die Ehe ein nicht ersetzbares besonderes Gut ist, und hierüber wollen wir eine Abstimmung und nicht nur eine Debatte.

Ich darf noch einmal die zwei Kernsätze unseres Antrags wiederholen: „Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung.“ Absatz 2: „Eingetragene Lebenspartnerschaften haben Anspruch auf Schutz vor Diskriminierung.“ Dieser besondere Schutz der Ehe und Familie ist im Artikel 6 des Grundgesetzes verankert. An dieser Priori––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

tät halten wir fest, denn Familien mit Kindern sind für uns der wichtigste Baustein der Gesellschaft.

(Beifall bei der CDU)

Die Mehrheit dieses Hauses, das haben wir ja eben gerade auch gehört, will nun aber für die Bremische Landesverfassung diesen besonderen Schutz von Ehe und Familie nicht. Ich finde schon, dass es noch einmal eine Auseinandersetzung wert ist, warum Bremen vom Grundgesetz abweichen will, und selbst Frau Zypries hat zu diesem Thema kürzlich eine Ergänzung des Grundgesetzes erwähnt und nicht eine Än-derung des Grundgesetzes. Insofern erwarte ich schon, dass die SPD hier einmal erklärt, wieso sie von der Bundespartei in diesem Punkt denn wohl abweicht. Es hat auch keine materiell-rechtlichen Folgen, wenn man einerseits Eingetragene Lebenspartnerschaften auch verfassungsrechtlich anerkennt und sich andererseits zu dem besonderen Gut Ehe und Familie bekennt, denn die Absicherung Eingetragener Lebenspartnerschaften ist durch viele Gesetze bereits geregelt. Es ist allein die Frage des politischen Willens, des gesellschaftlichen Willens und insbesondere für uns auch der christlichen Überzeugung, welchen Weg man in dieser Frage geht. Die Frage Gleichstellung oder Gleichbehandlung zu diskutieren und die Ehe unter einen besonderen Schutz zu stellen, heißt aber nicht, dass andere Formen des partnerschaftlichen Zusammenlebens für uns nicht wichtig sind. Ich sage ausdrücklich, dass auch in alternativen Lebensformen Werte gelebt werden, die wichtig für die Gesellschaft sind, und für uns ist es anzuerkennen, wenn gleichgeschlechtliche Partner auch vor dem Gesetz Verantwortung füreinander übernehmen. Diese Lebensformen werden mit unserem Gesetzesvorschlag vor Diskriminierung geschützt, ohne das Institut der Ehe herabzusetzen. Diesen Weg ist zum Beispiel, wie ich Ihnen in der letzten Debatte bereits gesagt habe, das Land Berlin gegangen. Daher noch einmal, wir können eine Gleichstellung von Ehe und Familie mit Eingetragenen Lebenspartnerschaften nicht mittragen und lehnen daher die Verfassungsänderung ab, ohne aber in Abrede zu stellen, dass Eingetragene Lebenspartnerschaften eine auch durch die Bremer Landesverfassung schützenswerte Lebensform ist. Ich bitte Sie daher, wenn auch mit mäßigen Erfolg, unserem Antrag zuzustimmen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Möllenstädt.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich kann es heute kurz machen. Wir haben über dieses Thema mehrfach hier im Haus debattiert, auch über die Vorschläge,

die die CDU-Fraktion hier eingebracht hat. Die FDP wird heute dem Antrag zustimmen. Wir haben das in den Beratungen begleitet. Auch wir sind der Auffassung, dass die Eingetragene Lebenspartnerschaft auch eine schützenswerte Form neben der Ehe ist, in der Menschen zusammenleben und füreinander Verantwortung übernehmen.

(Beifall bei der FDP)

Wir sind der Auffassung, dass niemand aufgrund der Wahl seiner Partnerin, seines Partners diskriminiert werden sollte, und das wollen wir auch in der Bremischen Landesverfassung so verankert sehen. Liebe Frau Winther, die Debatte, in der Sie eben noch einmal versucht haben zu betonen, dass für Sie wichtig ist, dass in den Familien, in denen eine Ehe vorhanden ist, auch Kinder leben, haben wir an anderer Stelle geführt. Ich persönlich bin sehr dafür, dass man auch den Menschen, die in Eingetragener Lebenspartnerschaft leben, es stärker als bisher ermöglicht, zum Beispiel vom Adoptionsrecht Gebrauch zu machen.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD, beim Bünd- nis 90/Die Grünen und bei der LINKEN)

Wir glauben, dass auch Eingetragene Lebenspartnerschaften ein guter Ort sind, um Kinder zu haben, und für uns ist Familie dort, wo Kinder sind. Das ist ein wichtiger Punkt! Ich glaube, Sie tun gut daran, sich auch im Interesse der Kinder zu überlegen, dass dort, wo tatsächlich auch in Eingetragenen Lebenspartnerschaften Kinder gut erzogen werden, das auch unter Schutz gestellt wird. Das ist genau das, was wir hier vorhaben. Deshalb wird die FDP auch diesem Antrag hier zustimmen.

Ich darf auch von meiner Seite den Dank an die Fraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und DIE LINKE für die konstruktive Beratung dieser Verfassungsänderung zurückgeben. – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der FDP, bei der SPD, beim Bünd- nis 90/Die Grünen und bei der LINKEN)

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Troedel.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir lehnen den Änderungsantrag der CDU ab. Die Begründung sind die vielen vorangegangenen Diskussionen, die wir geführt haben, die Redebeitrage und das Selbstverständnis, wenn wir den Artikel 1 des Grundgesetzes ernst nehmen, wahrnehmen und umsetzen. Die Würde des Menschen ist unantastbar. In welcher Form er lebt, in welcher Art er lebt, soll selbstbestimmt sein.

Der zweite Punkt, den wir auch ausgiebig diskutiert haben, für uns sind die unterschiedlichen Lebensformen mit ihrer unterschiedlichen Biografie kein Widerspruch, das verstehe ich unter Toleranz!

(Beifall bei der LINKEN)

Dass der Weg für diese Form der Lebensgemeinschaft, die die Menschen selbstbestimmt sich ausgesucht haben, noch nicht zu Ende ist, das wissen wir alle, und ich denke, die Unterstützung war Ihnen gewiss, sodass jedes Wort mehr ein Eingehen auf den Änderungsantrag der CDU bedeuten würde.

Ich danke allen, jedem Mitglied, die in den Fraktionen dazu beigetragen haben, die notwendige Änderung in die Landesverfassung einzuarbeiten. Auch die Diskussion, die außerhalb des Hauses gelaufen ist, hat dem Rechnung getragen. Ich danke allen, und wir stimmen dieser Änderung der Landesverfassung selbstverständlich zu. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort hat der Abgeordnete Tschöpe.

Frau Präsidentin! Frau Winther, ich mache es schnell. Warum wollen wir den besonderen Schutz von Ehe und Familie in der Bremer Landesverfassung nicht? Weil wir wollen, dass die nichteheliche Lebensgemeinschaft die gleichen Rechte wie die Ehe in der Bremer Landesverfassung hat. Sie haben den systematischen Trick versucht, sie haben gesagt: Jawohl, die Schutzbedürftigkeit von Lebenspartnerschaften wird anerkannt, aber einen besonderen Schutz soll es für Ehe und Familie geben. Unsere politische und juristische Botschaft ist klar, die Ehe und die Eingetragene Lebenspartnerschaft sollen gleich sein. – Ich danke Ihnen!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Damit ist die Beratung geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.*)

Gemäß Paragraf 51 Absatz 7 unserer Geschäftsordnung lasse ich zuerst über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU, Drucksache 17/793, abstimmen.

Bevor wir zur Abstimmung kommen, möchte ich noch auf Folgendes hinweisen:

Gemäß Artikel 125 Absatz 3 der Landesverfassung kommt ein Beschluss auf Änderung der Verfassung außer durch Volksentscheid nur zustande, wenn die Bürgerschaft mit der Mehrheit von zwei Dritteln ihrer Mitglieder zustimmt.

Wer dem Änderungsantrag der Fraktion der CDU mit der Drucksachen-Nummer 17/793 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür CDU und Abg. T i m k e [BIW])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE und FDP)

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Änderungsantrag ab.