Ein weiteres Argument, das für unseren Vorschlag spricht, heißt Subsidiarität. Darüber ist in den letzten Monaten im Vorfeld der Europawahl viel gesprochen worden, und ich glaube, hier ist der richtige Punkt, Subsidiarität auch wirklich zu leben, Entscheidungen nahe am Bürger zu treffen. Die Stadtgemeinden können dies besser, als man es in einem Landesgesetz regeln kann. Im Übrigen wäre solch eine Regelung auch weitaus flexibler. Sie könnte wesentlich besser auf die Bedürfnisse vor Ort zugeschnitten sein.
Im Übrigen trägt unser Vorschlag den Anforderungen eines lebendigen Einzelhandels in allen Stadtteilen Bremerhavens und Bremens Rechnung. Wir glauben, dass wir so auch entsprechend besser dem Wettbewerb gegenüber dem Umland Rechnung tragen können, deshalb ist unser Vorschlag ein guter Vorschlag, und wir bitten hier im Haus um Zustimmung dafür.
Ich will mich aber natürlich auch mit dem Antrag zur Änderung des Ladenschlussgesetzes des Senats und mit dem Antrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen zum Thema Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei Sonntagsarbeit besonders auseinandersetzen. Der Senatsentwurf, meine Damen und Herren, ist eine reine Lex Mediterraneo. Wir sind der Meinung, dass die Regelung solcher Einzelfälle nicht in ein Landesgesetz gehört. Hier geht es darum, wirklich auch Rechtsgleichheit für alle, die davon betroffen sind, zu schaffen, und solche Ausnahmeregelungen halten wir nicht für geeignet, sie in ein Landesgesetz hineinzuschreiben.
Eines ist sehr deutlich geworden. Der Senat und die rot-grüne Koalition haben nicht die Kraft, in der Krise ein wirklich deutliches Signal für den Handel im ganzen Land zu setzen. Das wäre notwendig und erforderlich gewesen. Sie haben nicht die Kraft gehabt, dort wirklich eine vernünftige Regelung, die für alle gleichermaßen gilt, zu schaffen. Dieses ergänzen wir mit unserem Antrag.
Auch der hastig nachgeschobene Antrag, der uns suggerieren soll, es ginge Ihnen um Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerrechte, was bedeuten würde, dass man alle Arbeitnehmer damit meint, kann nicht davor hinwegtäuschen, dass es sich doch nur um einen ziemlich erbärmlichen Kniefall vor einer Einzelgewerkschaft handelt. Der SPD laufen die Wählerinnen und Wähler davon, und deshalb ist die Koalition in dieser Frage erpressbar geworden. Dies ist auch noch einmal in einem offenen Brief deutlich geworden, der den Fraktionen zur Verfügung steht, der gestern Vormittag verteilt worden ist, den ein Vorsitzender dieser Einzelgewerkschaft in der Fachgruppe Handel an den Bürgermeister geschrieben hat. Da gibt es, ich darf mit Erlaubnis des Präsidiums zitieren, einen sehr einleuchtenden Satz, der die These der Erpressbarkeit dann doch unterstreicht: „Ich bitte Sie,“ – gemeint ist Herr Böhrnsen – „die vertrauensvolle Zusammenarbeit der SPD im Land Bremen und der Gewerkschaft ver.di nicht zu gefährden, indem öffentlich andere Vorgehensweisen betrieben werden, die dann nicht intern eingehalten werden.“ Dies
ist ein Beleg dafür, wie diese Koalition und der Senat arbeiten. Sie betreiben nicht das, was Sie für richtig halten, sondern das, was Sie für opportun im Wahlkampf halten, und nichts anderes ist auch dieser Vorschlag, den Sie hier gemacht haben.
Es ist schon wirklich ziemlich unglaublich, was Sie hier beantragen. Die Stadtgemeinde Bremerhaven soll sich dafür einsetzen, dass Tarifverträge eingehalten werden. Welche Rolle spielt denn die Stadtgemeinde Bremerhaven? Sie ist nicht einmal Vermieter dort! Das müssen Sie hier schon noch einmal erläutern, wie das im Einzelnen funktionieren soll.
Zu der Frage der regionalen Allgemeinverbindlichkeitserklärung! Sie haben ganz neue Wortschöpfungen kreiert und es zum Glück hier noch einmal klargestellt, was Sie damit überhaupt meinen. Sie wollen eine Ausnahmegenehmigung vom BMAS dafür haben, dass ein hier geltender Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt wird. Erstens würde es der bisherigen Praxis des BMAS fundamental widersprechen, wenn für solch einen kleinen Bereich eine Ausnahmegenehmigung erteilt würde,
und selbst wenn Sie diese bekämen, würde weiterhin die hohe Hürde von 50 Prozent Tarifbindung gelten, damit überhaupt darüber nachgedacht werden könnte, dieses für allgemeinverbindlich zu erklären. Sie wissen so gut wie wir, dass die Tarifbindung in diesem Bereich maximal 20 Prozent beträgt,
also weit unterhalb der Hürde, die hier gilt. Im Übrigen ist auch dringend davon abzuraten, weil eine der Tarifvertragsparteien, der Einzelhandelsverband, schon ganz klar gesagt hat, dass er kein Interesse daran hat, dass dies allgemeinverbindlich wird. Meine Damen und Herren, wir als Liberale meinen, der Staat soll sich dort heraushalten, wo Tarifvertragsparteien Verantwortung tragen. Wir sind auch nicht der Meinung, dass der Staat einseitig Partei ergreifen darf. Dies schädigt die soziale Marktwirtschaft, und das ist hier auch noch einmal sehr deutlich geworden,
dass Sie das offensichtlich nicht als Wert schätzen, sondern hier wieder einmal hineinregieren und Ihre Politik der staatlich festgesetzten Löhne weiter verfolgen wollen.
Meine Damen und Herren, stimmen Sie dem Antrag der FDP zu, dies ist der richtige Weg. Wir werden Ihren Antrag und den Antrag des Senats im Übrigen ablehnen. – Herzlichen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, werte Kolleginnen und Kollegen! Der Senat hat uns heute den Gesetzentwurf zum neuen Bremischen Ladenschlussgesetz – –. interjection: (Unruhe)
Meine Damen und Herren, ich bitte um Aufmerksamkeit! Aufgrund der geänderten Bedürfnisse von Touristen sollen nun die Bereiche von touristischer Bedeutung in bestimmten Gebieten unseres Landes angepasst werden. Laut Paragraf 9 des Gesetzentwurfes soll es möglich werden, an den jeweils festgelegten Tourismusbrennpunkten jährlich an 40 Sonntagen für jeweils bis zu acht Stunden Lebensmittel für den sofortigen Verzehr, Tabakwaren, Schnittblumen, Zeitungen sowie Waren, die für diese Orte kennzeichnend sind, zu verkaufen.
Frau Präsidentin, ich bitte darum, dass Sie hier etwas für Ruhe sorgen, denn ich habe das Gefühl, meine Kolleginnen und Kollegen sind hier eigentlich nicht dabei, diese Vorlage zu diskutieren, sondern haben irgendetwas anderes vor!
(Abg. G ü n t h n e r [SPD]: Herr Müller, bei Ihnen ist ja kaum jemand von Ihrer eigenen Fraktion da!)
Ich möchte darauf hinweisen, dass generell nach der Geschäftsordnung nicht kommentiert wird, was die Präsidentin hier oben macht, ob sie nun eingreift oder nicht, und ich bitte alle darum, sich an diese Regel zu halten!
Meine Damen und Herren, ich hoffe, Sie sind nun bei mir! Zum einen kann man schon einmal geteilter Meinung sein, ob es in der heutigen politischen Sichtweise überhaupt noch zeitgemäß ist, dass Tabakwaren zu den genannten Warengruppen gehören müssen.
Dieses ist einer politischen Diskussion würdig, aber nicht unbedingt der Knackpunkt dieses Gesetzes. Zum anderen ist es der LINKEN unerklärlich, dass ein Gesetz die Sonntagsruhe im Einzelhandel weiterhin einschränkt, ohne dass die Beteiligten zu Wort kommen und ihre eventuellen Gegenargumente einbringen können. Um ein Gesetz positiv reformieren zu können, sollte es schon möglich sein, die Argumente aller Seiten einzubeziehen. Es sollte zum Beispiel geklärt werden, ob die bisherigen gesetzlichen Regelungen des Bremischen Ladenschlussgesetzes positiv für unsere Region waren oder ob es zu ungewollten Störungen gekommen ist, und wenn ja, zu welchen.
Diese Möglichkeit ist aber nicht betrachtet worden, zumindest ist sie in den Erläuterungen nicht aufgeführt worden.
Im Gesetzentwurf werden die touristischen Gebiete für die Stadtgemeinde Bremen, also das Schnoorviertel, die Böttcherstraße sowie das Gebiet Fischereihafen I, genannt; für die touristischen Gebiete Bremerhavens werden der Museumshafen und die Weser genannt. Hier ist das bereits im Jahre 1906 eröffnete Historische Museum Bremerhaven, das sogenannte Morgenstern-Museum, nicht aufgeführt. Das Museum liegt an der Geeste und somit außerhalb des vorgesehenen touristischen Gebietes Bremerhavens. Warum wurde das Morgenstern-Museum nicht in das Tourismusgebiet eingegliedert?
War dies vom Senat nicht gewollt, oder war es schlicht vergessen worden? In Paragraf 9 a Absatz 1 sieht der Gesetzentwurf die Möglichkeit vor, dass in Bremerhaven im Gebiet zwischen Alter Hafen, Museumshafen und Weser das Warenangebot an 20 der 40 nach Paragraf 9 Absatz 3 bestimmten Sonn- und Feiertagen zusätzlich Waren, die für den touristischen Nutzen von Bedeutung sind, verkauft werden dürfen. Hier sprechen wir vom Mediterraneo, wie wir schon festgestellt haben, und die bedeutsamen Waren können dann nur Handys, Schuhe, Bekleidung, Brillen und Ähnliches sein! Meine Damen und Herren, genau hier liegt ein Knackpunkt des Gesetzentwurfes, gegen den DIE LINKE Widerspruch erhebt.
Seit Langem sind in Bremerhaven der Einzelhandel und die mit ihm verbundenen politischen Entscheidungen in öffentlicher Diskussion. Es wird immer eindringlicher auf das in Bremerhaven fehlende Einzelhandelsgutachten und -konzept hingewiesen. Die Industrie- und Handelskammer Bremerhaven und der Unternehmerverband Nordwest sehen mit Sorge, dass sich in Bremerhaven immer mehr Discounter ansiedeln, und erklärten, dass die Stadt dringend ein Kon
zept für die Entwicklung des Einzelhandels vorlegen müsse. Sie fordern, dass unabhängige Experten prüfen müssen, wo welche Ansiedlung überhaupt noch sinnvoll ist. Die bisherige politische Ausrichtung Bremerhavens hat dazu geführt, dass immer mehr Jobs im Niedriglohnbereich und immer mehr Leerstände über die fehlende Ansiedlungspolitik entstanden. Unternehmen, die bereits in Bremerhaven angesiedelt waren, schlossen ihre alten Niederlassungen und zogen in neue Immobilien. Beide genannten Probleme gelten auch für das Bremerhavener Mediterraneo!
Meine Damen und Herren, abschließend komme ich zu meiner Schlussfolgerung: Ich bin der Meinung, dass das, was Sie hier beschließen wollen, für Bremerhaven absolut negative Konsequenzen haben wird. Der Bremerhavener Einzelhandel wird über diese vorgesehene sektorale Zuordnung der Sonntagsöffnungszeiten zusätzlich geschwächt. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst einmal muss man sich von dem Redebeitrag von Herrn Müller ein wenig erholen, weil hier ziemlich viel durcheinandergeraten ist.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir ein Einzelhandelsgutachten in Bremerhaven erstellen, ehe wir das Mediterraneo schließen werden, das glaube ich nicht. Gewundert habe ich mich allerdings, dass bei der SPD Herr Liess und nicht Herr Günthner gesprochen hat. Ich habe das Protokoll der Aktuellen Stunde sofort wieder beiseite gelegt, weil ich gern daraus den einen oder anderen Satz zitiert hätte, aber ich denke, wir haben hier eine Diskussion, die wir in großer Sachlichkeit führen, und das ist auch gut so.
Bremerhaven und wir als Koalition haben den Wunsch gehabt, das Mediterraneo an zwölf Sonntagen zusätzlich zu den vier Sonntagen zu öffnen. Das haben wir hier vorgetragen, und ich finde, das, was jetzt als Gesetzentwurf vorgestellt wird, ist etwas Vernünftiges. Warum machen wir einen Gesetzentwurf mit 40 möglichen – wobei 20 im Sortiment befreit werden, das ist ja ganz wesentlich und wichtig – Sonn
tagsöffnungen? Weil wir auf Tourismus in Bremerhaven setzen! Wir haben aber nicht die Chance, Langzeittouristen zu binden, sondern Kurzeittouristen, das heißt Touristen, die ein oder zwei Tage da sind, und wenn Sie einen Tag da sind, ist das eben sehr oft auch der Sonntag, und deswegen ist der Wunsch gewesen, dass wir dann auch am Sonntag an wichtigen Tagen in den Ferien das Mediterraneo öffnen. Das wird jetzt hier vorgeschlagen, und dafür sind wir ausgesprochen dankbar.
Die Frage einer zeitlichen Begrenzung ist, glaube ich, kein großes Problem, weil ich überzeugt davon bin, dass jetzt mit der Ferienzeit auch diese Sonntagsöffnung gut angenommen wird, und ich bin davon überzeugt, dass wir im nächsten Jahr beschließen werden, aus dieser Einjahresregelung eine langfristige Regelung zu machen. Der Vorwurf von Herrn Müller, dass es mit den Betroffenen nicht besprochen worden ist, ist falsch. Wir als CDU-Fraktion sind auch bei den Betroffenen im Mediterraneo gewesen, und genau von dort kommt gerade der Wunsch der Sonntagsöffnungen.