Protokoll der Sitzung vom 19.09.2007

Das Land Niedersachsen hat schon damit angefangen, seine Deiche um 50 Zentimeter zu erhöhen. Niedersachsen hat schon gehandelt, und Sie zerreden, wie gewöhnlich, mit langen, unendlichen Diskussionen ein solch wichtiges Thema! Niedersachsen hat schon gehandelt, also Taten statt Worte, meine Damen und Herren!

Es ist unverantwortlich, dass Sie damit wichtige Zeit verlieren, denn laut Aussage von Herrn Wilhelm Koldehofe, Referatsleiter des Umweltsenators, müssen circa 80 Prozent unserer Deiche dringend erhöht werden, und einige Deiche müssen dringend zwischen einem halben und einem Meter aufgeschüttet werden. An der Wilhelm-Kaisen-Brücke, an der Stephanibrücke sowie am Weserstadion müssten die Ufer schon lange nachgebessert werden. Das alles ist Ihnen schon bekannt.

Wie Sie sehen können, ist das Bremer und Bremerhavener Umland schon lange nicht mehr ausreichend küstengeschützt. Wenn Sie davon ausgehen, dass circa 95 Prozent der Bremer und Bremerhavener Bevölkerung auf einen effektiven und wirksameren Küstenschutz angewiesen sind, sage ich Ihnen als parteiloser Abgeordneter im Namen der Bremerhavener Wählervereinigung Protest der Bürger,

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Im Namen von wem war das?)

es ist unverantwortlich und ein Skandal sondergleichen, dass Sie mit einer verfehlten und rücksichtslosen Politik gerade im sehr wichtigen Bereich des Küstenschutzes unsere Bremer und Bremerhavener Bevölkerung unnötig gefährden. Ich fordere Sie hiermit auf, schnellstens, aber allerschnellstens endlich wirksame und effektive Anträge zum Thema Küstenschutz hier einzubringen, die wir dann einstimmig im Interesse und zum Schutz unserer Bevölkerung beschließen können! Hierzu werden Sie meine volle Unterstützung immer und jederzeit erhalten. – Ich danke Ihnen!

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rupp.

Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren! Erlauben Sie mir, dass ich ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

noch eine kurze Zwischenbemerkung von Ihnen, ich glaube, Herr Tittmann, aufgreife! Wenn bestimmte Leute meinen, es reiche aus, offensichtliche Missstände einfach nur laut genug in die Welt zu schreien und die würden sich dadurch beheben lassen, sind Sie im Irrtum. Man muss schon genau darüber nachdenken, was man im Einzelfall macht. Ich glaube, bei allen politischen Differenzen eint uns eines: Wir wissen aus praktischer Erfahrung, dass Menschen aus bestimmten Parteien nicht in der Lage sind, für offensichtliche Missstände praktische Lösungen zu finden, sondern in aller Regel dazu beitragen, dass sich die Probleme verschärfen. Soweit zu meinem Vorredner!

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Wir wissen ja gar nicht mehr, wel- che Partei das ist!)

Ich will nur vergleichsweise kurz zu der Frage Küstenschutz Stellung nehmen. Erstens, wir bewerten selbstverständlich kritisch, dass bei der Frage, wie hoch denn wohl der Meeresspiegel in den nächsten hundert Jahren steigen wird, zunächst eine offensichtlich optimistische Entscheidung im Sinne von möglichst wenig Deich getroffen worden ist, und es freut mich zu hören, dass man da eine höhere Sensibilität entwickelt. Ich halte das für notwendig. Meiner Meinung nach darf man Küstenschutz eben nicht nach dem Prinzip Hoffnung, nämlich wir hoffen, dass es nicht so schlimm wird, machen.

Zweitens, ich möchte noch einmal dafür werben, dass wir die Frage der Weservertiefung und ihrer Auswirkung auf gegebenenfalls eintretende Sturmfluten und Hochwasser noch einmal bewerten und unter Umständen da auch noch einmal genauer hinschauen, ob wir nicht möglicherweise etwas zu voreilig sind, wenn wir finden, die Weser muss vertieft werden.

(Beifall bei der Linken)

Ich habe eine Geschichte, die jetzt in dieser ganzen Anfrage auch noch nicht thematisiert worden ist, festgestellt, als ich zu dieser Frage recherchiert habe: Es gibt offensichtlich mittlerweile sehr ausgefeilte Systeme, wie man computergestützte Untersuchungen zu Risiken dieser ganzen Umwelterwärmung, Meereserwärmung und Meeresspiegelerhöhung macht, und man kann sowohl mikroökologische als auch mikrometeorologische Erkenntnisse einfließen lassen. Das heißt, man kann Schadensanalysen für ganz bestimmte Gebiete machen, man kann sagen, wie teuer es eigentlich wird, wenn das Wasser da einmal hinkommt. Das ist im Kern schon einmal gut, weil man nämlich auch deutlich sagen kann, wie viele Schäden eigentlich in der Perspektive entstehen, wenn wir heute nicht bestimmte Investitionen vornehmen. Das ist für mich ein wichtiges Kriterium, es weist darauf hin, dass bestimmte Notwendigkeiten bestehen.

Ein bisschen schwierig an diesen Analysen ist, dass ihre Grundlage ist, es gibt offensichtlich wirtschaftlich schützenswerten Raum, der mit höheren Deichen bestückt werden muss, und anderen Raum oder möglicherweise ländlichen Raum, wo es vielleicht noch nicht so wichtig ist. Das heißt, man zieht zunächst in die Frage des – –.

(Zuruf des Abg. I m h o f f [CDU])

Lesen Sie es nach, ich kann Ihnen die Seiten, das Gutachten und die entsprechenden Sachen geben, das ist überhaupt kein Quatsch!

(Abg. I m h o f f [CDU]: Wir machen das aber doch nicht!)

(Abg. I m h o f f [CDU]: Wir machen das aber doch nicht!)

Ich habe ja nicht gesagt, dass Sie das machen! Ich habe nur gesagt – –.

(Abg. I m h o f f [CDU]: Dann beziehen Sie den ganzen Kram doch nicht hier auf Bremen!)

Entschuldigung, ich habe gesagt, dass diese Form von Kriterien mittlerweile bei der Bewertung und bei der Entwicklung von Küstenschutz Einzug findet, und ich habe gesagt, das finde ich problematisch, und das sollten wir nicht tun. Es sind nicht nur ökologische oder ökonomische Kriterien dabei wichtig, sondern natürlich auch Naturschutz und im Wesentlichen auch soziale Kriterien.

Die Finanzierung des Küstenschutzes ist schon angesprochen worden. Ich bin sehr damit einverstanden, dass wir den Bund deutlicher in die Pflicht nehmen, aber ich bin auch sehr damit einverstanden, dass wir die Nutznießerinnen und Nutznießer von solchen Küstenschutzmaßnahmen – es nützt ihnen nämlich, da keine Schäden entstehen – miteinbeziehen. Man muss deutlich die Unternehmen möglicherweise über eine entsprechende Besteuerung, aber möglicherweise auch Versicherungsgesellschaften, deren wirtschaftlicher Schaden ungeheuer groß wäre, mit ins Boot holen, um zu überlegen, wie man diese Sachen finanziert. Ich fände es nicht besonders witzig, wenn man jetzt ausschließlich nur Häuslebauer heranzieht, um einen privaten Anteil dieser Finanzierung zu erreichen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der Linken)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Garling.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Am 25. April dieses Jahres haben wir in diesem Hause eine ausführliche Landtagsdebatte über den Generalplan Küstenschutz geführt. Herr Tittmann, offenbar haben Sie an der Stelle geschlafen,

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. T i t t m a n n [partei- los]: Ich schlafe nie!)

sonst wären Sie etwas besser informiert über die Sachlage!

(Abg. T i t t m a n n [parteilos]: Ich schlafe nie, nur wenn Sie reden!)

Zur Debatte möchte ich einfach noch einmal sagen, dass wir über alle Fraktionen hinweg mit dem Ergebnis des Generalplans nicht zufrieden waren, und zwar genau deswegen nicht, weil der klimabedingte Zuschlag von 25 Zentimetern in diesem gemeinsam erarbeiteten Plan zwischen Bremen und Niedersachsen nämlich nicht berücksichtigt worden ist, sondern nur der säkular gemessene Meeresspiegelanstieg der letzten hundert Jahre. Wir haben darüber hinaus den damaligen Umweltsenator dazu aufgefordert, in den weiteren Verhandlungen mit Niedersachsen darauf hinzuwirken, dass genau dieser klimabedingte Zuschlag von 25 Zentimetern mit ins Verfahren eingearbeitet wird.

Sehr geehrter Herr Dr. Buhlert, ich empfehle Ihnen sehr, in der Vorbereitung auf solche Themen die Protokolle der Debatten einmal anzuschauen und durchzulesen, dann wären Sie an der Stelle auch wirklich besser informiert gewesen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Glocke)

Frau Kollegin Garling, sind Sie bereit, eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Buhlert anzunehmen?

Selbstverständlich!

Bitte sehr, Herr Dr. Buhlert!

Sehr geehrte Frau Kollegin, haben Sie zur Kenntnis genommen, dass ich in meinen Ausführungen nicht kritisiert habe, dass nicht das Ziel 50 Zentimeter verfolgt wird, sondern dass der Senat in seiner Antwort an dieser Stelle noch unpräzise ist und sich nicht eindeutig zu den 50 Zentimetern bekennt, was ich bedauert habe, was aber im Sinne des damaligen Beschlusses ist? ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

Gut, dazu kann ich Ihnen sagen, es ist ja offenbar so, dass Herr Sander vor einiger Zeit, ohne sich mit Bremen abzustimmen, verkündet hat, dass er jetzt beabsichtige, diese 25 Zentimeter zusätzlich zu berücksichtigen, was wir sachlich ja richtig finden, aber wir erwarten gleichermaßen, dass er, bevor er solche Sachen öffentlich verkündet, sich mit dem Land Bremen abstimmt. Das kann man doch wohl erwarten. Dass der Senat hier noch nicht entsprechend antworten konnte, liegt sicherlich daran, dass diese Abstimmung jetzt erst noch erfolgen muss.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. D r. B u h l e r t [FDP])

Herr Dr. Buhlert, hören Sie mir einfach noch einmal ein bisschen zu!

Darüber hinaus war ich auch etwas überrascht über die Art und Weise, wie Sie hier Ihre Anfrage geschrieben haben. Sie haben geschrieben: „Wird der Senat sich jetzt an dem Verfahren von Niedersachsen orientieren?“ Bremen sei angewiesen auf den Gleichklang mit Niedersachsen. Das gilt im Übrigen auch umgekehrt, das möchte ich Ihnen an dieser Stelle einmal mitteilen!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ob der Senat sich an dem Verfahren orientiert! Wir müssen uns nicht an dem Verfahren von Niedersachsen orientieren, sondern wir erwarten ein abgestimmtes Verfahren mit Niedersachsen! An der Stelle würde ich Ihnen wirklich einmal empfehlen, Ihr Selbstvertrauen für die Hansestadt Bremen und das gesamte Land Bremen zu entwickeln.

(Abg. D r. B u h l e r t [FDP]: Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass ich im Gegensatz zu Ihnen Tagenbarer bin!)

Letztendlich geht es hier um 570 000 Menschen, nämlich 85 Prozent der Gesamtbevölkerung dieses Landes, die auf einen ausreichenden Küstenschutz angewiesen sind. Hier ist es besonders wichtig, dass die Abstimmung zwischen Bremen und Bremerhaven wirklich stimmig ist und man das Verfahren gemeinsam nach vorn bringt.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Herzlichen Dank!

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Imhoff.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Küstenschutz, eine wichtige Aufgabe, dürfte hier eigentlich gar kein Streitthema sein, weil wir uns hier alle dafür einsetzen, dass unser Land Bremen sicher ist, und das vor allem gegen Hochwasser von der Meeresseite aus. Der Klimawandel trägt seinen Teil dazu bei, dass wir uns verstärkt um dieses Thema kümmern müssen, was wir auch schon getan und mit dem Generalplan Küstenschutz einstimmig hier auf den Weg gebracht haben.

Frau Mathes hat das noch einmal auf den Punkt gebracht, es gibt wirklich in dieser großen Generaldebatte, die wir hier darüber führen, noch zwei kritische Punkte: Das ist einmal die Deichhöhe, die wir noch diskutieren, die wir damals in der Umweltdeputation diskutiert haben, die wir momentan auf Verwaltungsebene diskutieren und bei der wir sehen müssen, dass wir auf einen gemeinsamen Nenner mit Niedersachsen kommen, denn dann macht es Sinn. Ich hoffe, dass es zu einer entsprechenden Erhöhung kommt, die dann auch für alle zutrifft.

Es gibt natürlich viele Studien, Herr Buhlert, die verschiedenste Aussagen treffen, und da muss man auch das Realistische für die beiden Bundesländer oder für unser Bundesland heraussuchen. Ich denke, wir sind dabei eigentlich auf einem guten Weg, und hier gibt es keine Kritikpunkte anzusetzen.