Protokoll der Sitzung vom 01.10.2009

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Aber doch nicht flächendeckend!)

Ja, wir haben aber auch nicht gesagt flächendeckend. Kennen Sie unseren Antragsentwurf, Herr Strohmann? Ich glaube nicht!

(Abg. G ü n t h n e r [SPD]: Die können ihn doch gar nicht kennen, weil er kassiert wor- den ist!)

Wir haben ganz klar gesagt, es ist zu prüfen, wo es geht, an welchen Autobahnabschnitten in der Nähe von Wohnbebauung. Sie tun so, als ob wir das auf der gesamten Bremer Autobahn fordern, und das tun wir nicht. Aber dort, wo Menschen betroffen sind, nämlich in Hemelingen, in Arsten, in Burglesum, finde ich es im Sinn eines Solidaritätsprinzips absolut vertretbar, dass Autofahrer Rücksicht auf die Betroffenen, die dort wohnen, nehmen und auf einer absehbar kurzen Strecke das Tempo drosseln. Das gleiche gilt auch für die Lkws auf diesen Streckenabschnitten, die, und das weiß man erwiesenermaßen, einen Hauptanteil an der Lärmproblematik haben.

Was, wie gesagt, woanders geht, warum soll das nicht in Bremen gehen! Sie aber fordern, und das ist ein Grund, warum wir uns natürlich auch gegen Ihren Antrag aussprechen, die Abschaffung des generellen Tempolimits auf den Bremer Autobahnen, also auch des schon bestehenden von 120 Stundenkilometern. Da frage ich mich in der Tat: Wo bleibt bei Ihnen der Lärmschutz, wo bleibt die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer? Dem Antrag können wir so garantiert nicht zustimmen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Um auf das Thema „Tempo 30 im Stadtgebiet“ zu kommen! 70 Prozent der Innenstadt sind sowieso schon Tempo-30-Zone. Unser Entwurf sieht vor, und das ist genau nachzulesen, dass wir den Senat auffordern wollen, zwar ein generelles Tempo 30 einzurichten, aber zu prüfen, inwieweit das Hauptstraßennetz von der Reduzierung ausgenommen werden muss. Wir wissen natürlich auch, dass aus den Wohngebieten der Verkehr auch wieder abfließen muss.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Ja, dann bringen Sie Ihren Antrag doch einmal ein! Aber den Antrag gibt es doch gar nicht! Es gibt doch nur unseren Antrag!)

Herr Röwekamp, deswegen habe ich doch gesagt, es ist ein Antragsentwurf gewesen!

Wir Grünen werden dem CDU-Antrag nicht zustimmen! Denn der Antrag dient nur dem Zweck – von Herrn Richter habe ich auch keine wirklichen Maßnahmen gehört, die schnell und kostengünstig umzusetzen sind und den Leuten vor Ort helfen –, sich den Anschein zu geben, dass Sie sich auch irgendwie für Lärmschutz einsetzen wollen. Er verfolgt aber nur Maßnahmen, die eigentlich nicht wehtun, die La

rifarimaßnahmen sind, die in der Zukunft irgendwann einmal vielleicht irgendetwas ergeben, aber im Moment nicht helfen.

Für uns Grüne gehört zu einer modernen urbanen Stadt, dass Mobilität und Wohnen nebeneinander existieren. Wir wollen, dass Menschen weiterhin in Bremen leben, das hat Herr Dennhardt auch gesagt, dazu gehört ein effektiver Lärmschutz. Bremen hat kein Geld! Diese Tempolimits sind daher für uns kostengünstig, effektiv und schnell umsetzbar. Das ist Gesundheitsschutz, und das ist eine verbesserte Lebens- und Wohnqualität, und Menschen, egal wo sie wohnen und welchen sozialen Status sie haben, sprich, wo sie es sich leisten können zu wohnen, haben alle ein Anrecht auf Gesundheitsschutz, und das heißt für uns auch auf Lärmschutz. Ihr Antrag ist gelinde gesagt viel Lärm um nichts, und daher lehnen wir ihn ab.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Zu Herrn Dennhardt vielleicht auch noch einmal ei- nen Satz!)

Als Abschluss möchte ich noch sagen, wenn Ihnen Lärmschutz und das Wohl der Menschen wert und ernst ist, sollte man auch wirklich einmal den Mut haben, sich für effektive Maßnahmen einzusetzen, auch wenn sie vielleicht für den einen oder anderen erst einmal unpopulär aussehen, aber das, finde ich, sollten uns die Menschen vor Ort wert sein. – Herzlichen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Möhle.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Für mich durchaus eine etwas ungewohnte Rolle: Ich bin jetzt nunmehr Einzelabgeordneter, wie hier im Haus und auch darüber hinaus sicher alle mehr oder weniger mitbekommen haben. Ich habe in den letzten Jahren versucht, eine Wirtschaftspolitik zu machen, die Sozialpolitik, Klimaschutzpolitik und Wirtschaftspolitik gemeinsam denkt, die versucht, mit möglichst wenig Ordnungspolitik auszukommen und auf die Eigeninitiative und die eigenen Kräfte in der Wirtschaft und bei den Menschen setzt. Das ist durch eine Diskussion gefährdet, die hoch ideologisiert daherkommt und sagt, Autohasser ja oder nein. Ich bin weder Autohasser noch Autofreund, für mich ist das Auto, um es einmal ganz banal zu sagen, nichts anderes als schlicht und ergreifend ein Verkehrsmittel. Mein Auto, das können Sie mir auch alle glauben, ist mit Sicherheit auch kein Statussymbol. ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Ich glaube ganz fest daran, dass die Diskussion, so wie sie hier geführt worden ist, in weiten Teilen eine ziemliche Gespensterdiskussion ist. Ich habe in der Diskussion um den Antrag, da war ich noch Fraktionsmitglied, durchaus auch einmal meine Meinung gesagt, da gab es um die Frage Kontroversen. Das zeigt aber nur deutlich, die Frage ist, wie man Lärmschutz macht und nicht ob. Wir haben gerade hier im Haus das Beirätegesetz gestärkt. Ich glaube, dass die Beiräte sehr gut in der Lage sind, vor Ort zu erkennen, an welcher Stelle Lärmschutz durch Tempo 30 sinnvoll, klug und richtig ist.

(Beifall bei der SPD)

Ich würde das ganz ruhigen Gewissens in die Hände der Beiräte geben und würde vollständig darauf verzichten, dass es von oben angeordnet wird, weil dann die Bürgerinnen und Bürger mitnehmbar sind und weil sie sich dann auch genau dafür einsetzen. Eine Diskussion, so wie sie hier jedenfalls läuft, dient der Sache nicht wirklich.

Ein letzter Punkt, der mir auch noch unter den Nägeln brennt: Ich glaube, dass die Industrie durchaus in der Lage ist zu erkennen, dass sie Lkws bauen muss, die erstens weniger Emission verursachen und zweitens leiser sind. Wenn die Industrie das erkennt – im Übrigen gibt es auch Bundesfördermittel für Verbesserungen im Lkw-Bau –, schafft dieses Modell sogar Arbeitsplätze und dient dem Lärmschutz. Wenn das Bundesverkehrsministerium an der Stelle Gröpelingen am Tag 6 747 Lkws zählt, zeigt das ungefähr, wie viele Richtung Bremerhaven fahren und auch wieder zurück.

Ich glaube nicht, dass es sinnvoll ist, sich an der Stelle mit der Industrie und der Wirtschaft in Bremen anzulegen. Ich halte sehr viel von der Entwicklung des Logistikstandortes Bremens. Ich würde dann eher die Diskussion mit den Logistikern darüber suchen, wie man den Lärmschutz verbessern kann. Ich glaube, über die anderen Maßnahmen, die man tun kann, ist hier genug gesagt worden. Ich halte nichts von Tempo 30 flächig in der Stadt, und Tempo 60 für Lkws auf der Autobahn halte ich auch nicht für zweckmäßig. In diesem Sinn werden Sie in nächster Zeit Freude an mir als Einzelabgeordneten haben. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der SPD und bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Strohmann.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das war eine doch mehr oder weniger interessante Debatte, aber mir fehlte etwas, gerade von Ihnen, Frau Dr. Schaefer. Mir

kam das ein bisschen so vor, die SPD war schon immer gegen alles.

(Abg. D r. S i e l i n g [SPD]: Ich dachte, die CDU ist an der Sache interessiert!)

Ja, dazu komme ich ja gleich noch, Herr Dr. Sieling! Die SPD wollte das ja gar nicht, und Sie wollten ja eigentlich kein generelles Tempolimit. Als Umkehrschluss könnte ich sagen, Sie wollen kein Tempolimit, aber eines haben Sie in Ihren Redebeiträgen beide nicht gesagt: Können Sie ausschließen, dass es ein generelles Tempolimit Innenstadt 30 und auf den Autobahnen 80 in Bremen gibt?

(Abg. D e n n h a r d t [SPD]: Das stimmt doch gar nicht! Haben Sie mir nicht zuge- hört?)

Das haben Sie nicht gesagt. Sie reden hier über Lärmschutzwände. Da sind wir uns alle einig.

Das können Sie oder vielleicht der Senator gleich noch sagen. Ich habe das nicht gehört! Das war nämlich auch der Ansatz dieses Antrages, was Sie da wieder ideologisch geprägt machen. Entschuldigen Sie bitte! Sie werfen uns jetzt hier irgendwelche Ideologie oder sonst etwas vor, aber komischerweise kommt dieser Antrag drei Tage vor der Bundestagswahl irgendwie an die Öffentlichkeit. Die SPD distanziert sich dann. Also, was war das denn? Das ging dann alles nicht. Herr Dr. Sieling stellt sich einerseits bei Mercedes hin! Wir sind eine Autostadt, das darf man auch nicht vergessen, hier geht es auch um Arbeitsplätze, hier geht es auch um Zulieferverkehre und dergleichen, wir kämpfen hier um jeden Arbeitsplatz. Dann haben wir darauf reagiert, und dann werfen Sie uns Ideologie vor. Ich möchte eine klare Aussage haben!

Über den Rest können wir gemeinsam streiten, was sinnvoll ist, was wir machen müssen, wo wir es machen müssen, ob Antriebstechnik, Lärmschutzwände! Da sind wir auch gern bereit, uns in den Möglichkeiten, die wir dann auch in der neuen Bundesregierung in Berlin haben, einzubringen, dass dann auch Geld nach Bremen fließt, obwohl das eigentlich die Aufgabe des Verkehrssenators wäre, aber wir helfen da gern. Das ist gar kein Problem, das machen wir. Ich möchte aber wissen: Hört Ihre ideologische Politik jetzt endlich auf? – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Schaefer.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Röwekamp, vielleicht hören Sie jetzt einfach zu! Herr Strohmann! Wissen Sie, wenn ich

keine Ideale hätte, würde ich auch keine Politik machen, so einfach ist das!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Dann könnte ich auch einfach irgendetwas anderes machen. Wenn man nicht für das eintritt, was man richtig findet, und das sind auch Ideale, und das sind auch Prinzipien, dann ist man, glaube ich, hier oben falsch am Platz!

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Es geht aber doch nicht um Sie persönlich! Es geht hier um das generelle Tempolimit!)

Herr Röwekamp, halten Sie doch einfach einmal die Luft an!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. G ü n t h n e r [SPD]: Das fällt ihm schwer, das fällt ihm sehr schwer!)

Das ist ja mit Ihren Aufgeregtheiten kaum zu ertragen!

Wenn Sie sagen, das wäre alles ideologisch, dann sage ich: Nein, das ist keine Ideologie! Aber was man Ihnen vorwerfen kann, ist Unkenntnis, Unkenntnis darüber, das sagen Sie ja selbst, Sie wissen gar nicht, was wir fordern, Sie haben unseren Antragsentwurf auch nicht gelesen. Sie wissen offensichtlich auch nicht, wie teuer diese Lärmschutzwände sind. Sie fordern einfach einmal etwas!

(Zuruf des Abg. S t r o h m a n n [CDU])

Ja, es geht um das generelle Tempolimit, Herr Strohmann, deswegen wollte ich Ihnen einfach einmal aus diesem Antragsentwurf zitieren, damit Sie auch wissen, was wir denn genau gefordert haben.

(Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Ich möchte Ihre Meinung dazu hören, ganz einfach! Ja, nein?)

Ich sage Ihnen, Herr Strohmann, meine Meinung ist das, was wir in diesem Antrag geschrieben haben, und darin steht: Wir fordern eine Temporeduzierung in der unmittelbaren Nähe zur Wohnbebauung auf den Autobahnen nachts von 100 beziehungsweise von 80 und für Lkws von 60 Stundenkilometern, und wir fordern, und das habe ich vorhin schon zitiert, ein generelles Tempolimit von 30 Stundenkilometern in der Innenstadt, wobei zu prüfen ist, welche Straßen des Hauptstraßennetzes von dieser Reduzierung ausgenommen werden sollten, um einen Abfluss von Verkehr aus den Wohnbereichen zu gewährleisten.

Es gibt im Leben eben nicht immer nur schwarz und weiß, manchmal muss man differenziert an Sa

chen herangehen. Das ist nämlich der Unterschied: Sie werfen uns vor, das wäre ein Schnellschuss. Nein, das war es nicht, denn es ist differenziert in diesem Antragsentwurf genau aufgelistet, der besagt, man kann ein generelles Tempolimit in der Innenstadt machen, muss aber schauen, dass der Verkehr trotzdem an den Hauptstraßen fließt. An Autobahnabschnitten, wo eine Wohnbebauung und kein lückenloser Lärmschutz vorhanden sind, kann man das vertreten wie in anderen Städten. Fahren Sie einmal in Richtung Elbtunnel durch Hamburg! Da können Sie streckenweise nur 100 Stundenkilometer fahren, im Ruhrgebiet, in München, woanders gibt es das auch. Es ist nichts Neues, dass man streckenweise auf Autobahnabschnitten auch einmal eine Temporeduzierung aus Gründen des Lärmschutzes macht. Das, Herr Strohmann, ist die Meinung der Grünen!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich glaube, wir sind noch nicht einmal soweit auseinander, weil Sie ja vorhin in Ihrem ersten Redebeitrag sogar gesagt haben, Sie sind dafür, wenn man in den Wohnstraßen Tempo 30 macht, solange die Hauptstraßen ausgenommen sind. Genauso ähnlich steht es in diesem Antrag, und deswegen gibt es nicht schwarz oder weiß. – Vielen Dank!