Protokoll der Sitzung vom 28.10.2009

(Beifall bei der LINKEN)

Zum Abschluss: Befremdlich ist, dass den Wirtschaftsunternehmen von gesetzlicher Seite noch keine Verpflichtung zur Gleichstellung von Mann und Frau abverlangt wird. Warum eigentlich? Forderungen und Anträge von politischer und gewerkschaftlicher Seite gibt es zuhauf. Dass auch in der Privatwirtschaft Frauenförderpläne und Frauenbeauftragte gesetzlich verankert werden, ist auch der Gleichbehandlung von Frauen geschuldet, unabhängig davon, ob sie im öffentlichen Dienst oder in der Privatwirtschaft arbeiten.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir sehen, es gibt noch viel zu tun, und ich danke für die Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Motschmann.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst eine Vorbemerkung machen: Dies ist aus frauenpolitischer Sicht ein guter Tag, nicht nur, weil die Bundeskanzlerin gewählt worden ist.

(Zuruf von der SPD: Neun Stimmen weniger!)

An die Spitze des zweitgrößten Arbeitgebers in Deutschland ist heute eine Frau gewählt worden, wir gratulieren Margot Käßmann, sie ist Ratsvorsitzende der EKD geworden.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der LINKEN)

Immerhin, man sieht doch, es geht, und das bei einer Organisation wie der Kirche!

Jetzt kommen wir einmal in die Niederungen der bremischen Politik und schauen uns einmal an, wie es bei uns aussieht: Im Oktober 2007, also genau vor zwei Jahren, hat die Bürgerschaft beschlossen, das Landesgleichstellungsgesetz auf die im öffentlichen Mehrheitsbesitz befindlichen Gesellschaften auszuweiten und die hierfür notwendigen Schritte unverzüglich einzuleiten. Prima! Wir haben nicht mitgestimmt. Zehn Monate später, nämlich am 26. Au

gust 2008, hat der Senat die Regelungen des Senats zur Gleichstellung von Frau und Mann in bremischen Mehrheitsgesellschaften beschlossen. Wir halten jetzt erst einmal fest, unverzüglich einleiten heißt für den Senat zehn Monate. Das finde ich relativ unbefriedigend. Wieder ein Jahr später, nämlich am 25. August 2009, unterrichtet der Senat die Bremische Bürgerschaft über erste Schritte der Umsetzung des Beschlusses. Dafür sind wir dankbar.

15 Gesellschaften – das ist nur ein Teil, da stimme ich Frau Troedel zu, wir wissen gar nicht, welche es noch gibt – lassen uns nun wissen, wie weit sie mit ihren Hausaufgaben sind. So weit, so gut! Drei dieser 15 Gesellschaften können Vollzug beziehungsweise Erfolg vermelden, das ist wirklich schön. Zur Brepark heißt es: „Am 9. März wurde die Wahl zur Frauenbeauftragten mit Erfolg durchgeführt.“ Das sollten wir loben! Gesundheit Nord bringt uns ebenfalls gute Nachrichten. Die haben es auch besonders nötig, wenn wir an die überwältigende Mehrheit von Chefärzten und die verschwindend geringe Zahl von Chefärztinnen in diesem Betrieb denken. Da heißt es, ich zitiere: „Frauenbeauftragte wurden gewählt und Frauenförderpläne in den Klinika vereinbart. In der Neufassung der Gesellschaftsverträge wurden zusätzliche Regelungen zur Anwendung des LGG gemäß Mustersatzung aufgenommen.“ Musterschüler, möchte man fast sagen, wenn das Verhältnis von Männern und Frauen in den Spitzenfunktionen der Gesellschaft doch nur ein bisschen besser wäre.

Schließlich gehört die Fischereihafen-Betriebsgesellschaft – das wird die Bremerhavener freuen – zu denen, die den Senatsauftrag ernst genommen haben. Da heißt es, ich zitiere: „Am 7. November 2008 wurde im Vorgriff auf die gesellschaftsvertragliche Regelung eine Frauenbeauftragte gewählt. Diese hat ihre Tätigkeit aufgenommen.“ Man kann nicht kritisieren, dass eine gewählte Frauenbeauftragte auch ihre Arbeit aufgenommen hat, das kann uns wirklich freuen.

Die übrigen zwölf Gesellschaften haben den Senatsauftrag nicht so ernst genommen, und es ist interessant, was da so steht, ich halte mich streng an den Text: „Die Geschäftsführung unterstützt die Wahl einer Frauenbeauftragten und hat die Vorbereitungen dazu initiiert“, bremen online. Oder bei den Bremer Bädern: „Nach Auskunft der Geschäftsführung vom Juni 2009 sollte beim nächsten Monatsgespräch zwischen Geschäftsführung und Betriebsrat verabredet werden, wie die Regelungen des Senats zur Gleichstellung von Frau und Mann in bremischen Mehrheitsbeteiligungen in der Gesellschaft umgesetzt werden sollen. Als erster Schritt würde es um die Wahl der Frauenbeauftragten gehen.“ Noch schöner die Wirtschaftsförderung GmbH, Zitat: „Eine schnelle Umsetzung, Regelungen des Senats zur Gleichstellung von Frau und Mann in bremischen Mehrheitsbeteiligungen, Wahl einer Frauenbeauftragten und Aufstellen von Frauenförderplänen, ist an

gekündigt.“ Die Flughafen GmbH, Zitat: „Die Wahl einer Frauenbeauftragten sowie Frauenförderpläne sind im Zusammenhang mit der anstehenden Neustrukturierung der Gesellschaft derzeit in Vorbereitung.“

Mein Fazit, tut mir leid: Jede Menge Ankündigungen, leider keine Umsetzung. Den Senat mag das zufriedenstellen, weil er ohnehin nur kleine Brötchen backt. Mich stellt das nicht zufrieden. In Wahrheit ist das Ergebnis nach mehr als zwei Jahren dürftig und blamabel.

Wie sieht es bei den Aktiengesellschaften aus? Auch da will ich zitieren: „Aufgrund der aktienrechtlich fehlenden Weisungsbefugnis von Aufsichtsrat und Hauptversammlung hat der Senat auf eine unmittelbare Implementierung der Regelungen des Senats zur Gleichstellung von Frau und Mann in bremischen Mehrheitsbeteiligungen per Satzung verzichtet.“ Die erste Frage ist: Kann man eigentlich auf etwas verzichten, das rechtlich nicht möglich ist? Dann heißt es: „Gleichwohl soll in die Satzung der Bremer Straßenbahn AG durch die Hauptversammlung am 28. August die Regelung aufgenommen werden, dass der Vorstand in der Gesellschaft die Gleichstellung von Mann und Frau fördern muss.“ Na toll! Das ist eine großartige Regelung, dass nämlich der Vorstand der Straßenbahn AG die Gleichstellung von Frau und Mann fördern muss.

Das wäre ein gefundenes Fressen für Harald Schmidt, tut mir leid! Wir reden über eine Selbstverständlichkeit, wir reden darüber, dass Frauen selbstverständlich in allen Bereichen der Gesellschaften jedes Amt übernehmen können. Da sind solche vorsichtigen, leisen, ersten Schritte zwei Jahren nach dem Beschluss möglich geworden? Die EKD, eine konservative Organisation, wählt an die Spitze eine Frau, und hier sind wir im Kleinen nicht in der Lage, ein normales Geschäft, nämlich Frauen in die Verantwortung und in die Arbeit zu nehmen, hinzubekommen.

(Glocke)

Ich komme zum Schluss: Mich wundert im Hinblick auf die Ungleichstellung von Mann und Frau in unserer Gesellschaft im Allgemeinen und in Bremen im Besonderen gar nichts mehr. Ich kann es nur, Frau Troedel, noch einmal aufnehmen: Was Herr Aden gesagt hat, war als Scherz gemeint.

(Abg. Frau T r o e d e l [DIE LINKE]: Es gibt Momente, da kann ich darüber gar nicht lachen!)

Ich sage Ihnen nach langer politischer Arbeit ganz ehrlich, dass ich diese Chauvi-Sprüche leid bin.

(Beifall bei der CDU)

Entschuldigung, Herr Präsident, lassen Sie mich noch eines zum Schluss sagen: Wenn für die Wirtschaft gilt, dass das Klima entscheidend ist, sage ich, dass es für uns Frauen auch entscheidend ist, in welchem politischen und geistigen Klima wir unsere Arbeit tun. Solche Äußerungen tragen zu einer Klimaverschlechterung bei, und deshalb müssen wir uns auch dagegen wehren! Deshalb ist das auch kein Kleinkram, wenn Herr Aden so etwas macht, sondern das ist einfach in unserer Zeit eigentlich nicht mehr tragbar. – Vielen Dank, meine Damen und Herren!

(Beifall)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Schön.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zunächst eine Vorbemerkung machen: Frau Motschmann, wenn ich mir Ihre Ausführungen anhöre, bin ich doch leicht irritiert. Ich erinnere mich daran, Sie haben vor zwei Jahren gegen unseren Antrag gestimmt, weil Sie es nicht für notwendig hielten, das Landesgleichstellungsgesetz auf die im öffentlichen Besitz befindlichen Gesellschaften zu übertragen, und jetzt geht Ihnen alles nicht schnell genug. Was stimmt denn nun an dieser Stelle?

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ihre Ausführungen und auch das, was in dem Senatsbericht steht, zeigen doch gerade, dass dieser Antrag vor zwei Jahren mehr als notwendig war. Das ist doch das Ergebnis der Geschichte.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wir haben diesen Antrag damals genau deswegen auf den Weg gebracht, weil wir wollten, dass das Landesgleichstellungsgesetz nicht nur in der öffentlichen Kernverwaltung gilt, sondern auch in den Gesellschaften, und da hat sich dann auch herausgestellt, dass es bei den Aktiengesellschaften ein bisschen schwieriger ist als bei den GmbH, dazu komme ich gleich noch. Im Wesentlichen ging es darum, Frauenförderpläne verbindlich in den Gesellschaften aufzustellen, die Beschäftigten bei der Wahl von Frauenbeauftragten zu unterstützen, die Frauenbeauftragten dabei zu unterstützen, wenn es mit den Geschäftsleitungen Schwierigkeiten gibt, Frauen bei gleicher Eignung bevorzugt einzustellen, und auch die Ausbildungsquote, die entsprechende Geschlechterquotierung des öffentlichen Dienstes, auf die Gesellschaften zu übertragen. Das waren alles ganz richtige und wichtige Dinge damals, wie sich jetzt ja auch herausstellt. Der Senat hat das dann auch so beschlossen, und jetzt haben wir hier nach zwei Jahren einen Be

) Von der Rednerin nicht überprüft.

richt, der durchaus zeigt, dass dieser Antrag damals sehr notwendig war und auch erste Erfolge sichtbar sind.

Einige Gesellschaften haben sich vorher schon auf den Weg gemacht, viele auch erst danach. Ich möchte die Beispiele, die hier alle schon genannt worden sind, nicht wiederholen, aber sie zeigen ganz deutlich, dass die Gesellschaften da auch einen sehr unterschiedlichen Umsetzungsstand haben und es diverse Gesellschaften gibt, die noch ganz am Anfang stehen. Es ist dort noch ein ganz erheblicher Teil der Wegstrecke zurückzulegen, und wir wollen das an dieser Stelle auch begleiten und wollen auch, dass das in den Gesellschaften Realität wird. Es ist aber auch klar – das möchte ich an dieser Stelle auch sagen –, dass ein Landesgleichstellungsgesetz in den Gesellschaften immer nur ein Teil von Gleichstellung in Betrieben sein kann und auch andere Schritte dazugehören.

Zu den Aktiengesellschaften vielleicht ganz kurz: Da gibt es rechtliche Schwierigkeiten für eine Einszu-eins-Umsetzung, aber auch dort hat sich ein bisschen getan. Am fortschrittlichsten ist die BSAG, die eine Betriebsvereinbarung zur Frauenförderung und auch einen Beschluss auf der Hauptversammlung herbeigeführt hat. Bei der Gewoba – Frau Arnold-Cramer hat es schon gesagt – gibt es eine Frauenbeauftragte bei den Betriebsräten. Das kann auch aus unserer Sicht nur ein erster Schritt sein, weil völlig klar ist, eine Frauenbeauftragte muss unabhängig arbeiten können, und so ist sie ja in das Kollektivorgan des Betriebsrats eingebunden und damit nicht unabhängig.

Was positiv zu bemerken ist, die Frauenquote bei Führungskräften der Gewoba hat von 10 auf 30 Prozent zugenommen. Ich finde, das ist ein erheblicher Schritt. Zur BLG ist schon einiges gesagt worden, ich möchte das nicht wiederholen. Ich glaube aber trotzdem, dass der Senat seine Einflussmöglichkeiten – wenn es über das Aktienrecht nicht so ohne Weiteres möglich ist – über Kontraktvereinbarungen oder über entsprechende Beschlüsse auf den Jahreshauptversammlungen, wo ja durchaus Möglichkeiten bestehen, nutzen sollte.

Als Fazit möchte ich sagen, dass es genau der richtige Schritt war, das Landesgleichstellungsgesetz auf die öffentlichen Gesellschaften auszuweiten. Für RotGrün ist Gleichstellungspolitik ein ganz wichtiger Punkt des Handelns. Ich möchte an der Stelle noch einmal darauf hinweisen, gerade Rot-Grün hat dafür gesorgt, dass wir wieder mehr Frauen in Führungspositionen haben. Die Präsidentin des Landesrechnungshofs sitzt dort, das ist ein Beispiel, als Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit haben wir auch eine Frau gewählt, und die BreparkGeschäftsführung hat auch eine Frau inne.

Wir werden diesen Weg konsequent weitergehen, weil für uns Gleichstellungspolitik auch Nachhaltig

keitspolitik ist. Wir werden uns regelmäßig berichten lassen, gerade weil wir noch eine große Wegstrecke zu gehen haben. – Herzlichen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Möllenstädt.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Rot-Grün ist eine bescheidene Koalition, das wird auch an dem Bericht, der uns hier zuteil geworden ist, einmal mehr deutlich; bescheiden, was die Ergebnisse Ihres politischen Handelns angeht, aber nicht bescheiden, was den Formalismus und Bürokratismus angeht, den Sie auslösen, um das wenige, was Sie nachher erreichen, zu erreichen. Deshalb haben wir als liberale Fraktion damals auch gesagt, uns erscheint das zu formalistisch, allen Gesellschaften vorzuschreiben, dass sie eine Frauenbeauftragte und Förderpläne brauchen, dass wir uns das dann regelmäßig anschauen. Das hat aus unserer Sicht schon im öffentlichen Dienst nicht wirklich gut funktioniert, und deshalb spricht eigentlich nichts dafür, dass das in Gesellschaften, die der öffentlichen Hand gehören, mehrheitlich besser funktionieren soll.

(Beifall bei der FDP)

Ich möchte Ihnen nur einmal einige Auszüge aus dem Bericht, den wir bekommen haben, vorlesen, weil ich davon ausgehe, dass sich vielleicht nicht jeder, der es gelesen hat, daran erinnern kann. Zur Ausbildungsgesellschaft Bremen GmbH, Bremer Verkehrsgesellschaft mbH, Performa Nord und so weiter ist ausgeführt: „Mangels Beschäftigten ergibt sich kein Anwendungsbereich für die Regelungen des Senats zur Gleichstellung von Frau und Mann in bremischen Mehrheitsbeteiligungen.“ Für die Hanseatische Naturentwicklung GmbH wurde zurückgemeldet: „Die Notwendigkeit zur Wahl einer Frauenbeauftragten und zum Aufstellen von Frauenförderplänen wird nicht gesehen, der Anteil der Frauen zu Männern beträgt sieben zu zwei.“ Da könnte man sich vielleicht eher fragen, ob es in solchen Gesellschaften nicht angeraten sein könnte, eher einen Männerbeauftragten einzusetzen und Männerförderpläne aufzustellen!

(Beifall bei der FDP)

Bei der Bremer Arbeit GmbH sind 82 Prozent der Beschäftigten Frauen, dafür dürfte das Gleiche gelten wie bei der eben genannten Gesellschaft.

(Beifall bei der FDP) ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft. Ich fand die Einlassung der Rednerin der Koalition an einigen Stellen schon wert zu hinterfragen. Frau Arnold-Cramer hat gesagt, ein Sich-Kümmern ersetzt keinen Frauenförderplan. Da sind wir ganz entschieden anderer Meinung. Es muss darum gehen, ein gutes Betriebsklima zu haben, in dem es keine Rolle spielt, ob jemand männlichen oder weiblichen Geschlechts ist, und da hilft auch kein Frauenförderplan, Frau Kollegin, ein gutes Unternehmensklima und eine gute Unternehmensführung zu erreichen. Darum müssen wir uns bemühen und nicht um Formalismus und Bürokratismus, Frau Kollegin. (Abg. Frau B u s c h [SPD]: Darauf fallen wir nicht mehr herein! – Abg. Frau T r o - e d e l [DIE LINKE]: Herr Aden lässt grü- ßen!)

Ich komme noch zu Ihnen! Sie misstrauen ja jedem auf Ihrem Weg.

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Nein, Ihnen be- sonders!)