Protokoll der Sitzung vom 29.10.2009

(Beifall bei der CDU und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich denke, das ist die wichtigste Aufgabe, und deswegen ist es auch nicht in Ordnung, wenn bei den einzelnen Vorlagen, Herr Willmann, und das Sicherheitstrainingscenter war eine solche Vorlage, von der wir eben nicht überzeugt waren, dass sie richtig ist – –.

Es ist doch unsere Aufgabe als Politiker, wenn wir nicht überzeugt sind, dass eine Aufgabe richtig ist, dass wir dann zunächst einmal ablehnen, infrage stellen und darüber diskutieren wollen. Das ist kein Fehler, das ist verantwortungsvolles Handeln. Ich stehe da voll bei Herrn Kastendiek, weil ich das genauso mitgetragen habe, weil es richtig ist und man wirklich nicht alles – ich will jetzt nicht Blödsinn sagen – immer nur durchwinken kann, sondern weil man auch hinterfragen muss, ob das etwas ist, von dem ich glaube, dass es nicht unbedingt dazu taugt, hier Vorwürfe zu formulieren.

Ich glaube, dass wir in Bremerhaven unsere Hausaufgaben gemacht haben. Wir sind ausgesprochen

dankbar, weil wir wissen, dass wir es allein nie hätten leisten können. Dementsprechend glaube ich, dass der Weg, wie er durch die Große Koalition eingeleitet worden ist, nämlich Infrastrukturmaßnahmen und Investitionsanstrengungen in Bremerhaven zu verstärken, richtig war, denn die Sanierung des Bundeslandes wird nur dann gelingen, wenn die Sanierung der Stadtgemeinde Bremerhaven gelingt.

Eines kann ich Ihnen auch versichern, es gibt ja so das eine oder andere Projekt, von dem die Bremer sagen, ob das so sein muss: Da muss man auch die Historie wieder ansehen, und dann kann man auch erkennen, dass es dann doch wohl so sein muss, aber wir werden das, was heute morgen hier ja auch diskutiert worden ist in Bremerhaven, bei den Haushaltsberatungen in aller Deutlichkeit auch durchführen. Wir werden die Frage des Strukturwandels und die Frage der Aufgabenkritik deutlich stellen, und wir werden natürlich auch die Vorgaben, die aus Bremen kommen, was Haushaltsvolumen angeht, natürlich einhalten müssen, und das werden wir auch tun. Wir werden in aller Härte auch in Bremerhaven in der Großen Koalition darüber verhandeln, dass wir auch in Bremen einen vernünftigen tragfähigen Haushalt dabei durchführen und beschließen werden.

Als Letztes können Sie versichert sein, dass wir es uns nicht so leicht machen und sagen, Bremen kann ja bezahlen, wir werden schon irgendwie klarkommen, sondern ich glaube, wir in Bremerhaven haben Verantwortung. Dafür sollten alle Bremerhavener Abgeordnete gemeinschaftlich mit der Großen Koalition in Bremerhaven auch arbeiten. Insofern glaube ich, dass eine Ernsthaftigkeit der Haushaltsaufstellung in Bremerhaven wohl gegeben ist. – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Ella.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der vorliegende Bericht über den Anteil Bremerhavens an den Gesamtinvestitionen des Landes Bremen bestätigt leider die von uns schon früh in dieser Legislaturperiode geäußerten Befürchtungen. Es zeigt sich, dass der von FDP und CDU gemeinsam vor jetzt etwas mehr als zwei Jahren eingebrachte Antrag, einen 25-prozentigen Anteil der Investitionen für Bremerhaven weiterhin sicherzustellen, richtig war.

(Beifall bei der FDP)

Über den gesamten Zeitraum 2008 bis 2011 betrachtet bekommt Bremerhaven zwar im Schnitt insgesamt 27 Prozent der Investitionen. Betrachtet man allerdings die kommenden Jahre, sieht das Bild doch schon eher etwas düsterer aus: 21,3 Prozent im Jahr 2010 und 24,6 Prozent im Jahr 2011, Herr Willmann, sind unterhalb der aus gutem Grund gewählten 25-Prozent

Mindestgrenze. Auch für das Jahr 2009 sähen die Zahlen um einiges schlechter aus, Herr Dr. Güldner, würde Bremerhaven nicht aus den Mitteln des Konjunkturpakets II mit etwa 30 Prozent deutlich überproportional profitieren.

(Beifall bei der FDP)

Eines ist klar: Die Meldungen aus Bremerhaven sind in den letzten Jahren besser geworden, Herr Bödeker sprach es bereits an. Die Arbeitslosigkeit ist deutlich gesunken, die Windenergiebranche hat neuen Schwung in die Stadt gebracht, und der Tourismus blüht auf. Bremerhaven hat den Tiefpunkt hinter sich gelassen, aber dennoch ist die Lage bei positiven Meldungen immer noch prekär, sehr hohe Arbeitslosigkeit, je nach Schätzung 30 bis 40 Prozent Kinderarmut, strukturelle Probleme, deren Lösung noch nicht in Sicht ist, und Verödung der Stadtteile, dies sind nur einige der Schwierigkeiten, mit denen wir zu kämpfen haben.

Denken Sie bitte an Artikel 65 der Landesverfassung: „Die Freie Hansestadt Bremen bekennt sich zum Zusammenhalt der Gemeinden des Landes und wirkt auf gleichwertige Lebensverhältnisse hin.“ Wir brauchen deshalb auch weiterhin einen überproportional hohen Anteil der Investitionen in Bremerhaven. Es kann ja niemand ernsthaft denken, dass die Probleme, mit denen unsere Stadt zu kämpfen hat, schon überwunden sind.

(Beifall bei der FDP)

Es kann auch nicht oft genug gesagt werden, dass unser Land mit den beiden Städten Bremen und Bremerhaven nur dann überleben kann, wenn beide Städte gesund sind. Auch ein reiches Bremen kann auf Dauer ein armes Bremerhaven nicht verkraften, daher kämpft die FDP weiterhin für einen mindestens 25-prozentigen Anteil der Investitionen des Landes für Bremerhaven.

(Beifall bei der FDP)

Welche Folgen die zurückhaltende Investitionsbereitschaft haben kann, können wir derzeit auf fatale Weise erleben. Die dringend benötigten und stark nachgefragten Gewerbeflächen auf der Luneplate warten auf ihre Erschließung, wir haben das gestern diskutiert. Senat und Wirtschaftsförderung wollen oder können noch nicht investieren und versuchen, die Erschließungskosten von der Stadt Bremerhaven zahlen zu lassen. Bremerhaven hat dieses Geld natürlich nicht. Die Unternehmer zur Kasse zu bitten, wie es gestern verkündet wurde, ist bei dem Wettbewerb mit den Nachbarn, ich sage nur Cuxhaven und Hamburg, absolut utopisch.

(Beifall bei der FDP)

Wir brauchen aber jetzt die Erschließung der Luneplate. Wenn das Land hier investiert, ist der Ertrag überproportional hoch. Wo sonst können wir mit einem vergleichbaren Wachstum rechnen, wo sonst in unserem Land ist das Potenzial so groß? Hier liegt die Basis dafür, die guten Ansätze in Bremerhaven zu verfestigen.

(Beifall bei der FDP)

Eines muss ich als Bremerhavener natürlich zugeben: Der Magistrat der Stadt tut sehr viel, um Bremerhaven derzeit reichlich schlecht aussehen zu lassen. Dass die Große Koalition sich mit Steuergeldern ein neues Eisstadion leistet, wird uns sicher noch öfter genüsslich unter die Nase gerieben werden, und auch das fehlende Controlling, wie etwa bei den Havenwelten, müssen wir uns ankreiden lassen. Im Geldausgeben ist die Stadt Bremen allerdings mindestens genauso gut. Das alles kann aber kein Anlass sein, die wichtigen und richtigen Investitionen im strukturell noch immer benachteiligten Bremerhaven auf die lange Bank zu schieben. Ansonsten kommen wir hier zu kleinlichem Aufrechnen, welche Stadt jetzt wo mehr verschwendet hat, erfolgreich wären wir damit nicht. – In diesem Sinne herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der FDP)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Günthner.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich versuche ja auch immer, in Redebeiträgen und in Haltungen, die von Fraktionen in diesem Haus vermittelt werden, so etwas wie Stringenz wiederzufinden. Ich fand, das kann man ja auch ganz ehrlich sagen, dass die Rede des Kollegen Bödeker in die stringente Haltung der CDU hineinpasst, das bewegte sich durchaus in dem Korridor ihrer Haltung. Die Rede des Kollegen Ella eben passte eigentlich in gar nichts mehr hinein. Herr Ella, Sie müssen sich das einmal überlegen, heute morgen hat Ihr Fraktionsvorsitzender eine flammende Rede gehalten, lasst uns eine Enquetekommission machen, lasst uns einmal kritisch an alles herangehen, lasst uns sparen, und alle Mann zusammen! Dass Sie vorher schon das Gegenteil davon erklärt haben via Bremerhaven und die Sparvorschläge der CDU als Unfug abgetan haben, das fällt dann einmal locker – –. Ich kann Ihnen das vorlesen, ich habe das auf meinem Gerät. Das ist ganz einfach, Sparen würde nicht funktionieren und schon gar nicht zulasten Bremerhavens. Ich finde, Sie müssen sich auch einmal irgendwann überlegen, wofür die FDP hier in diesem Haus eigentlich steht.

(Zuruf des Abg. W o l t e m a t h [FDP]) ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft. (A) (C)

Steht sie für die Linie des Kollegen Ella, der sagt, gebt mehr Geld nach Bremerhaven, wir werden von den Bremern permanent benachteiligt, oder steht sie für die Haltung des Kollegen Woltemath, der sagt, eigentlich müssen wir insgesamt schauen, wie wir das überhaupt finanziell in diesem Land noch bewegt bekommen? Da müssen Sie sich als FDP in der Frage einmal entscheiden!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich bin dem Kollegen Woltemath an der Stelle auch dankbar, dass er zum Teil sagt, liebe Leute, lasst uns nicht immer darüber reden, was Bremen und Bremerhaven auseinandertreibt, sondern lasst uns lieber darüber reden, wie man Bremen und Bremerhaven enger zusammengebunden bekommt und wie man es schafft, dass beide Städte sagen, es gibt hier Probleme, wir arbeiten aber daran, diese Probleme zu lösen. Dafür bin ich Ihnen dankbar, weil ich nämlich genau finde, dass es nicht darum geht, nicht darüber zu reden, wer für welche Schlaglöcher verantwortlich ist, und immer zu sagen, die Bremerhavener sind für die Schlaglöcher in der Stadt Bremen verantwortlich.

Das kann man übrigens an den Prozentzahlen wunderbar ablesen. 2008 waren sie ein bisschen tiefer, die Schlaglöcher, da hatten wir 29,5 Prozent der Gesamtinvestitionen, und 2009 waren sie sogar noch tiefer, da hatten wir 30,4 Prozent. Nun flachen sich die Schlaglöcher in der Stadt Bremen ein bisschen ab, das ist ja die Peper-Argumentation der Handelskammer, um es einmal so zu sagen. Auch da bin ich dem Kollegen Bödeker dankbar, dass er hier ein paar deutliche Worte dazu gesagt hat. Sie haben aber wieder gerade das Spiel gespielt, wir schauen einmal, ob wir den Graben zwischen Bremen und Bremerhaven nicht noch ein bisschen tiefer bekommen, indem sie hier erneut mit der Forderung um die Ecke kommen, nun macht einmal wieder 25 Prozent.

Wir haben gesagt, als wir als rot-grüne Koalition angetreten sind, gute Projekte werden sich ihr Geld suchen, und gute Projekte haben in den vergangenen zweieinhalb Jahren ihr Geld auch gefunden. Das ist, finde ich, auch ein Erfolg rot-grüner Wirtschaftsund Hafenpolitik, den man deutlich hervorheben muss.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Natürlich sind Bremerhaven-Debatten nicht losgelöst zu führen von den finanzpolitischen Debatten, die in diesem Land stattzufinden haben. Ich habe den Eindruck, dass das auch bei den meisten in diesem Haus inzwischen angekommen ist, dass man sich auch als Bremerhavener hier eher lächerlich macht, wenn man hier sagt, heute morgen habt ihr Bremer fleißig über die Finanzlage des Landes diskutiert, herzlichen

Glückwunsch dazu, das fanden wir ganz amüsant, und jetzt tragen wir euch einmal vor, wie viele Millionen wir gern abholen würden, und das bitte schnell, und sagt möglichst nichts Kritisches in Richtung Bremerhaven. So kann es natürlich nicht laufen, Herr Kollege Ella!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Man kann doch nicht in der Haushaltssituation morgens erklären, wir müssen über brutalstmögliches Sparen reden, und wir müssen an die Strukturen heran und alles auf den Prüfstand stellen, und nachmittags kommt dann ein Fraktionsmitglied dieses Parlaments, das morgens dazu erklärt hat, ganz hart heran, und sagt, jetzt investiert einmal wieder 25 Prozent, und zwar unabhängig von den Projekten, es muss viel mehr in Bremerhaven getan werden, und was der Senat hier macht und gemacht hat, ist eigentlich viel zu wenig. Das ist, finde ich, eine schizophrene Politikhaltung, Herr Ella, und ich finde, Sie tun auch nicht gut daran!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wenn Sie dieses Papier lesen, stellen Sie fest, dass man das natürlich auch wieder in der Gesamtbetrachtung sehen muss. Ich habe eine meiner ersten größeren Reden als hafenpolitischer Sprecher in diesem Haus gehalten, als es um den Vorschlag ging – wieder einmal um die Debatte der Hafenhoheit –, über die Hoheit zu reden, wem am besten die Häfen in Bremerhaven gehören und wer sich gut dabei fühlt.

(Bürgermeisterin L i n n e r t : Mir!)

Genau, der Finanzsenatorin! Mir ist das ehrlich gesagt auch völlig egal, wem die Häfen gehören, das habe ich immer vertreten, für mich ist entscheidend, dass in die Häfen in Bremerhaven investiert wird, dass dort Arbeit entstehen kann und Beschäftigung weiter ausgebaut wird. Es ist es mir völlig egal, ob die Häfen – und das sage ich hier als Bremerhavener – in die Hoheit der Stadt Bremen gehören oder dem Land Bremen oder dem Kaiser von China. Das ist, finde ich, unerheblich, wenn in diesen Häfen entsprechend etwas passiert, das, finde ich, gilt für ganz viele Teile.

(Präsident W e b e r übernimmt wieder den Vorsitz.)

Wir müssen doch gemeinsam als Bremen und Bremerhaven schauen, wie wir es organisiert bekommen, die Strukturprobleme, hat der Kollege Bödeker ja eindrucksvoll beschrieben: vor zehn Jahren die hohe Arbeitslosigkeit, Werften und Fischerei am Boden, der

Abzug der Amerikaner und Gewerbeflächen frei ohne Ende! Das war ja ein Kalauer. Man musste in der Bremischen Bürgerschaft nur sagen, lasst uns einmal über Erfolgsprojekte in Bremerhaven reden, dann warf irgendjemand ein: Carl-Schurz-Kasernen-Gelände. Das haben die Bremerhavener gekauft, es lag jahrelang brach und war sozusagen geflügeltes Wort für Investitionen in Bremerhaven, die nicht funktioniert haben. Inzwischen läuft es, und das ist, finde ich, ein Verdienst, dafür kann sich nicht nur die SPD auf die Schulter klopfen, dafür kann sich nicht nur die CDU auf die Schulter klopfen, auch nicht nur die Grünen, sondern das haben viele, die in den vergangenen Jahren Politik gemacht haben, gemeinsam erreicht.

Insofern glaube ich, dass es ein guter Bericht ist, den der Senat vorgelegt hat, in dem natürlich Punkte enthalten sind, bei denen man sagen muss, da könnte man sich mehr vorstellen. Zur Entwicklung der Stadt Bremerhaven gehört aber auch eine finanzpolitisch seriöse Grundhaltung, und sie kann nicht so aussehen, dass man immer nur schreit, wir wollen mehr, und dabei völlig vergisst, wie die Lage des Landes insgesamt ist. Bremerhaven ist also auf einem guten Weg, und ich bin dankbar für diesen deutlichen Bericht, den der Senat an dieser Stelle vorgelegt hat. – Vielen Dank dafür!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Müller.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Völlig zu Recht hat der Senat im Juli 2007 festgestellt, dass es überproportionaler Anstrengungen und Investitionen bedarf, um am Standort Bremerhaven insbesondere auf einen Ausgleich der bestehenden Arbeitplatzdefizite hinzuwirken. In der offiziellen Arbeitslosenstatistik nimmt die Stadt seit vielen Jahren einen traurigen Spitzenplatz unter vergleichbaren Kommunen ein. Die soziale Spaltung der Stadt vertieft sich immer weiter, ebenso die Kluft zwischen Arm und Reich. Die Auswirkungen von Hartz IV feiern in Bremerhaven traurige Triumphe.

Gleichzeitig zeigt der Bericht jedoch auch auf, wo mit den besonderen Investitionsanstrengungen tatsächlich angesetzt werden müsste. Es ist schon richtig, dass sich Bremerhaven inmitten eines tiefgreifenden und bedeutenden Strukturwandels befindet. Die bereits deutlich sichtbaren baulichen Veränderungen, wie zum Beispiel die Erweiterung der Hafenumschlagsanlagen und die wachsende Windenergiebranche mit ihren Produktionsbetrieben, belegen, dass sich hier etwas getan hat.

Leider ist das aber nur die eine Seite Bremerhavens. Auf der anderen Seite sind die Veränderungen zum Teil eher negativ zu bewerten. Trotz der vermeint