Protokoll der Sitzung vom 16.12.2009

Wie Sie ja alle wissen, ist Kurzarbeit im Arbeitsverhältnis, das betone ich hier ausdrücklich, ein Ausnahmezustand mit einer reduzierten Regelarbeitszeit. Die Höchstdauer von Kurzarbeit beträgt derzeit 24 Monate und soll Unternehmen als große Möglichkeit dienen, bei der derzeitigen sehr schwierigen wirtschaftlichen Lage Entlassungen zu vermeiden, aber auch bei einer vorübergehenden schlechten Auftrags

lage die Personalkosten der jeweiligen Unternehmen spürbar zu entlasten. Das sind im Grunde wirksame und effektive arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, die gerade zur jetzigen Zeit sinnvoll und zweckmäßig gewesen sind und vielleicht auch zukünftig sinnvoll sein werden. Wie ich aber vorhin schon erwähnt habe, ist die Kurzarbeit nur ein Ausnahmezustand, die keine Dauerlösung sein darf und die vom Arbeitgeber quasi nicht missbraucht werden darf.

Darüber hinaus stellt sich hier doch die berechtigte Frage, was der Bremer Senat beabsichtigt, um bei einer auslaufenden Kurzarbeit der damit verbundenen ansteigenden Arbeitslosigkeit entgegenwirken zu können. Das heißt, hat er konkrete politisch umsetzbare Maßnahmen, um der drohenden Gefahr einer unweigerlich ansteigenden Arbeitslosigkeit, wie zum Beispiel durch Beendigung der Kurzarbeit, entgegenwirken zu können, und wie sehen seine arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen genau aus? Das wäre interessant.

Für uns alle dürfte überparteilich klar sein, dass Kurzarbeit nur ein Ausnahmezustand sein darf, der sich nicht zu einem Dauerzustand entwickeln darf, der immer nur zulasten und auf Kosten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gehen würde. Dem müssen wir schnellstens entgegenwirken, darum erwarte ich – meine Anträge würden Sie alle einheitlich zum Schaden der Beschäftigten ablehnen – von Ihnen schnellstmöglich dementsprechende Vorschläge und Anträge, gerade von den Linken, die wir hier beschließen und auch effektiv schnellstmöglich überparteilich im Sinne der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer umsetzen können. Hierfür haben Sie meine volle Unterstützung. – Ich danke Ihnen!

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Schön.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Zahlen in der Anfrage belegen eindrucksvoll die Auswirkungen der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise auf den Arbeitsmarkt. Wenn man die Zahlen vom Juni 2008 vergleicht, dann waren in Bremen und Bremerhaven 66 Betriebe in Kurzarbeit, davon waren 463 Beschäftigte betroffen, und ein Jahr später im Juni 2009 waren 714 Betriebe und über 14 000 Beschäftigte betroffen. In diesem Zeitraum hat sich die Anzahl der Betriebe verzehnfacht, und die Anzahl der Beschäftigten hat sich sogar verdreißigfacht. Das zeigt die Dimension des Problems. Das zeigt auch die Dimension, wie sich die Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise auf den Arbeitsmarkt an der Stelle ausgewirkt hat.

Ohne die Ausweitung der Kurzarbeiterregelung auf 24 Monate wäre möglicherweise ein erheblicher Teil dieser Beschäftigten arbeitslos geworden. Die politische Entscheidung im letzten Jahr war richtig, die ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

Kurzarbeiterregelung auszuweiten und zu erleichtern und darüber viele Menschen in Arbeit zu erhalten. Von daher war es auch richtig, diese Regelung, die jetzt am 31. Dezember 2009 ausgelaufen wäre, noch einmal um 18 Monate zu verlängern.

Die Zahlen machen auch deutlich, in welchem Ausmaß der Staat einspringen musste, um Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu schützen, weil Unternehmen sich an den Finanzmärkten verspekuliert und viele Wirtschaftsunternehmen in eine Schieflage gebracht haben. Diese Krise wird mit viel Geld abgefedert. Die Bundesagentur für Arbeit schätzt, dass sie allein in diesem Jahr für Kurzarbeitergeld rund fünf Milliarden Euro aufbringen muss. Das ist Geld der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die das über Beiträge finanziert haben, und das ist auch das Geld der Steuerzahler.

Es ist gut, dass viele Unternehmen in Bremen und Bremerhaven verantwortlich gehandelt haben und trotz der schwierigen Situation ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über die Kurzarbeiterregelung im Betrieb behalten haben. Das hilft den Beschäftigten, aber das hilft auch den Unternehmen, die nach der Krise nicht neue Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen suchen und sie dann qualifizieren müssen. Was ein bisschen schade ist, das hat sich gezeigt, ist, dass nur wenige Unternehmen die Chance nutzen, die Qualifizierung in dieser Zeit zu nutzen. Das macht auch die Senatsantwort deutlich, dafür gibt es mehrere Gründe. Ein Grund ist, dass reguläre Arbeitszeiten mit Kurzarbeitszeiten sehr schnell wechseln und dass die Maßnahmen häufig nicht flexibel genug darauf reagieren, dass andere Finanzierungsquellen wie der Bundessozialhilfefonds verwaltungsmäßig zu kompliziert sind und Unternehmen auch Kosten sparen wollen. Es gibt noch ein paar andere Gründe. Bremen hat in diesem Zusammenhang eine Landesinitiative „Qualifizieren statt Entlassen – Weiterbildungsberatung für Klein- und Mittelbetriebe“ gestartet, die genau in diesen Bereichen gezielt fördern sollen, und ich denke, das ist eine gute Maßnahme.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

In Bremen und Bremerhaven sind insbesondere, wir wissen das, die Branchen Automobile, Stahl, Häfen und Logistik, Transport, Maschinenbau und Bau betroffen. Was ich in Bremen und Bremerhaven auch gut fand ist, dass sich die Akteure solidarisch zusammengesetzt haben. Das waren die Arbeitsagenturen, die Handelskammern, die Handwerkskammer, die Gewerkschaften und der Senat. Sie haben alle gut zusammengearbeitet, um möglichst viel Schaden auch von Bremen abzuhalten. Ich glaube, es gibt ja auch einige Unternehmen, Arcelor gehört auch dazu, die mittlerweile aus der Kurzarbeit wieder heraus sind. Andere Unternehmen haben gegenwärtig da noch größere Probleme. Ich denke, das ist ja auch gemeinsame Haltung des Hauses, dass der Senat alles dafür

tun möge, dass die Konsolidierungsmaßnahmen möglichst wenig zulasten von Bremen und Bremerhaven und der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gehen. Diese Koalition wird auch alles dafür tun.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Abschließend möchte ich aber auch sagen, das habe ich vorhin erwähnt, die Bundesanstalt für Arbeit gibt da fünf Milliarden Euro bundesweit hinein. Das ist das Geld der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, und das ist Steuergeld. Wir erwarten dann aber auch, wenn dann die Unternehmen aus der Kurzarbeit heraus sind, wenn die 24 Monate herum sind, dass sie dann die Beschäftigten weiterbeschäftigen, dass sie sie dann nicht entlassen und dass sie sich daran erinnern, dass ihnen vorher mit sehr vielen Steuergeldern und dem Geld der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geholfen worden ist. – Herzlichen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Möllenstädt.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, man kann das Thema kurz halten. In der Tat haben wir darüber auch schon einmal sehr ausführlich in der Deputation gesprochen. Ich glaube auch, dass das – es ist auch eingeräumt worden –, was in der Anfrage dargelegt ist, ein Teil dessen ist, was wir in der Deputation an Datenbasis hatten. Ich glaube, es ist sinnvoll, dass man dieses Thema hier auf die Agenda setzt, auch ins Gespräch darüber kommt, dass wir uns auch regelmäßig mit der Bundesagentur für Arbeit unterhalten. Wir alle tun das, das unterstelle ich ja auch, mit Wirtschaftsunternehmen und mit Betriebsräten, um zu schauen, dass diese Möglichkeiten auch genutzt werden können, die Kurzarbeit eben auch eröffnet. Ich habe aber das Gefühl, das wurde ja auch in dem Gespräch, das wir in der Deputation geführt haben, klar, dass dieses Instrument mittlerweile sehr gut angenommen wird, auch seine Vor- und Nachteile und auch die Möglichkeiten gesehen werden und dass man auch diesen Zeitraum für Qualifizierung nutzen kann. Da gibt es sicherlich noch das eine oder andere Potenzial, das zu heben ist. Auch das war ein Ergebnis unserer Diskussion in der Deputation, dass vielleicht diese Verbindung mit einer sehr unwägbaren Krise, wo man nicht genau weiß, wie lange sie noch dauern wird, das eine oder andere Unternehmen auch davon abhält, jetzt sehr langfristige Qualifizierungsmaßnahme in diesem Zeitraum vorzunehmen. Das kann man nachvollziehen.

(Vizepräsidentin D r. M a t h e s über- nimmt den Vorsitz.) ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft. (A) (C)

Insofern muss man sehen, was machbar ist, und nichts Unmögliches fordern. Ich finde es jedenfalls sehr begrüßenswert, dass auch die neue Bundesregierung dieses Thema sehr schnell beantwortet hat und auch gesagt hat: Wir wollen das auch weiterhin ermöglichen! Ich glaube, da tut man einen guten Dienst zur Überwindung der Krise.

(Beifall bei der FDP)

Im Übrigen macht das auch deutlich, dass auch die jetzige Bundesregierung an der Seite der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer steht. Ich freue mich, dass wir hier noch einmal Zahlenmaterial auch schriftlich zur Verfügung gestellt bekommen haben. Ich denke, wir sollten dieses Thema einfach bei Gelegenheit noch einmal in der Deputation weiter erörtern, wenn sich weitere Erkenntnisse insbesondere zu dem Punkt Qualifizierung ergeben haben. – Herzlichen Dank! (Beifall bei der FDP)

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Ziegert.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Kurzarbeit ist ein gutes Mittel zur Überbrückung der Krise. Die Bundesregierung hat es seinerzeit – und das war noch das große Verdienst von Bundesarbeitsminister Olaf Scholz – durch die Verlängerung und die Verbilligung der Kurzarbeit erst möglich gemacht, dass das von der Krise ganz besonders betroffene verarbeitende Gewerbe in Deutschland überhaupt in der Krise seine Fachkräfte halten konnte und damit gut gerüstet in die Zeit des Aufschwungs hineingeht. Das ist ein Aspekt, der mir noch ein bisschen zu kurz kommt. Die Betriebe haben ja etwas davon. Es geht nicht nur darum, Arbeitskräfte vor Arbeitslosigkeit zu bewahren, das ist ja keine soziale Maßnahme, sondern es geht auch darum, dass offensichtlich die Betriebe aus dem Fachkräftemangel der vorangegangenen Zeit gelernt haben, dass sie ihr Personal halten müssen und dass es eben nicht mehr so mit „Heuern und Feuern“ geht, wobei die Fachkräfte auf die Straße gesetzt werden. Wir haben durch die Einführung, durch die Verlängerung des Kurzarbeitergeldes in Deutschland den niedrigsten Anstieg der Arbeitslosenrate in Europa, obwohl die Wirtschaftskrise hier mit am stärksten durchgeschlagen hat. Das ist inzwischen auch ein Erfolgsmodell für die übrigen europäischen Staaten geworden. Frau Nitz, Sie haben zwar recht, es ist immer schwierig, wenn man jeden Monat die Mitteilungen der Bundesagentur für Arbeit über die Kurzarbeit bekommt, aber insgesamt kann man natürlich die Zahlen schon nachverfolgen. Man kann sagen, auf dem Höhepunkt der Krise hätten wir in Bremen etwa 12 000 Arbeitslose mehr gehabt als ohne Kurzarbeit, und ich denke, das ist schon eine ganze Menge.

Nun noch einmal zu der Befürchtung, dass das Auslaufen der Kurzarbeit automatisch zur Arbeitslosigkeit führt! Bisher ist das nicht so gewesen, sondern zur Reduzierung der Kurzarbeit, die wir im Augenblick zu verzeichnen haben, vom Höhepunkt etwas über 20 000 auf jetzt circa 12 000, kann man wohl sagen, dass diese 8 000 in der Zwischenzeit netto wieder produktiv tätig sind. Es gibt sehr viele Betriebe, die aus der Kurzarbeit wieder in die Produktion zurückgehen. Es gibt natürlich auch große Betriebe, die gerade die Kurzarbeit verlängern. Ich glaube, wir können wohl sagen, dass im Jahre 2010 die Betriebe noch nicht zur vollen Produktivität zurückkehren werden, und ich meine, da müssen wir dann sehen, was geht.

Ein Wort will ich auch noch zur Qualifizierung in der Kurzarbeit sagen. Das war, fand ich, eine sehr gute Idee. Ich habe auch am Anfang gesagt, das müssen jetzt doch die Betriebe nutzen, die sonst immer sagen, sie haben keine Zeit zu qualifizieren, die könnten das jetzt machen. Übrigens nebenbei bemerkt, es ist bemerkenswert, dass in dieser Krise zum ersten Mal auch kleine und mittlere Betriebe und Handwerksbetriebe das Mittel der Kurzarbeit genutzt haben. Es ist schon darauf hingewiesen worden, dass das Ergebnis von Qualifizierung in Kurzarbeit insgesamt enttäuschend ist, und ich will daraus auch einen Anknüpfungspunkt für unsere Arbeitsmarktpolitik der Zukunft ziehen, dass wir in Zukunft gerade in kleinen und mittleren Betrieben auch stärker auf die innerbetriebliche Qualifizierung sehen müssen. Wir haben mit dieser Möglichkeit der Beratung für die Personalplanung einen ersten Schritt gemacht. Ich denke, diese Richtung müssen wir in Zukunft weiterverfolgen.

Zusammengefasst – ich weiß jetzt nicht, welche Forderungen noch drohen, die Sie, Frau Nitz, stellen wollen – bin ich ganz klar der Meinung, dass Kurzarbeit und Arbeitsmarktpolitik gute Mittel zur Krisenüberbrückung sind. Es sind aber natürlich keine Patentmittel, um Krisen zu beheben, sondern die Überwindung der Krise wird nur dann funktionieren, wenn hier ein wirtschaftlicher Aufschwung stattfindet und wenn wir auch die Betriebe dabei unterstützen, so weit wie möglich mit einem gebündelten Maß an Angeboten, wie zum Beispiel auch den Zugang zu Krediten und Ähnlichem, hier ihre Produktion wieder in Schwung zu bringen. Trotzdem will ich noch einmal daran festhalten, dass sich gerade in der Kurzarbeit gezeigt hat, welche gute Wirkung Arbeitsmarktpolitik haben kann, nämlich Überwindung und Überbrückung von solchen wirtschaftlichen Krisenzeiten. Ich glaube, das ist schon eine ganze Menge. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Nitz.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Schön, Sie sprachen davon, die Zahlen belegten eindrucksvoll die Auswirkungen der Krise. Ich würde stattdessen sagen alarmierend, denke aber auch, dass Sie das mit Ihrem Redebeitrag ausdrücken wollten. Frau Ziegert, ich glaube nicht, dass sich die Bundesregierung den Erfolg auf die Fahnen schreiben darf, denn wir müssen bedenken: Immerhin zahlen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dafür, dass sie jetzt auch aus einem Topf der Bundesagentur Gelder zurückerhalten. Solange wir Gewinne nicht ordentlich besteuern, wird sich an diesem System auch nichts ändern. Wie gesagt, wir müssen den Bürgerinnen und Bürgern, den Beschäftigten, eher dankbar sein als der Bundesregierung, die es eigentlich nur umgesetzt hat. interjection: (Beifall bei der LINKEN)

Ich bin nicht wie Sie der Auffassung, dass das Auslaufen der Kurzarbeit nicht zur Arbeitslosigkeit führt. Ich weiß, dass auf meine Anfrage in der Deputation noch keine konkreten Zahlen vorgelegt werden konnten, weiß aber auch, dass das reale Leben und die Statistiken meist sehr weit auseinanderliegen. Die Praxis spricht doch eine andere Sprache. Viele Betriebe nutzen die Kurzarbeit einfach als Testphase, um zu sehen, ob sie mit einer verminderten Beschäftigtenanzahl die gleichen Gewinne erwirtschaften können, wie zuvor mit mehr Beschäftigten. Hier müssen wir, denke ich, auch noch einmal Maßnahmen ergreifen, um gezielt gegenzusteuern.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Nestler, Sie sprechen davon, dass Sie auf die Erholung des Arbeitsmarktes hoffen, dass es dann wieder möglicherweise neue Arbeitsplätze gibt. Ich halte es für sehr erstrebenswert, diesem Wunsch auch nachzukommen, ich weiß aber, dass die letzten 10 bis 15 Jahre hier auch eine andere Sprache gesprochen haben; nämlich immer, wenn wir wieder von Steuererleichterung für Unternehmen und Betriebe gesprochen haben, hat es nicht zu einer vermehrten und einer erhöhten Einstellung von Arbeitsnehmerinnen und Arbeitnehmern in die Betriebe geführt. Auch vor dem Hintergrund, dass im nächsten Jahr mit einem weiteren Anstieg der Arbeitslosigkeit in Folge der Krise zu rechnen ist, handelt es sich hierbei insofern meines Erachtens nur um einen frommen Wunsch, den Sie geäußert haben. Welche Handlungsschritte hat denn nun der Senat unternommen, oder welche Handlungsschritte werden von ihm geplant? Hier stellt sich im Wesentlichen die Frage nach der Förderung von Qualifizierung. Da muss man ganz klar sagen, hier hat der Senat den Einstieg verschlafen.

(Beifall bei der LINKEN) ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft. Das Landesprogramm „Qualifizieren statt Entlassen“ ist sage und schreibe am 14. September dieses Jahres in Gang gebracht worden. Was wird hier gefördert? Gefördert wird die Weiterbildungsberatung von kleinen und mittleren Unternehmen. Fakt ist, dass die Betriebe auch Weiterbildungsangebote brauchen, die passgenau auf sie zugeschnitten sind, die nach Möglichkeit im Betrieb stattfinden und hoch flexibel sind. Nicht dass wir uns falsch verstehen: Auch die Beratung ist wichtig, aber konkrete Angebote sind meines Erachtens noch hilfreicher als nur das bloße Reden. (Beifall bei der LINKEN)

Die bisherigen Zahlen zur Qualifizierung sind extrem dürftig. Ganze 802 Beschäftigte sind im Land Bremen seit Januar 2009 qualifiziert worden.

(Abg. R u p p [DIE LINKE]: Zwei sind von mir!)

Das eigentliche landespolitische Handlungsfeld ist aber, die Krise zu nutzen, um die Qualifikation der Beschäftigten zu erhöhen. Das trägt sowohl zur Beschäftigungssicherung der Arbeitsnehmerinnen und Arbeitnehmer als auch zur Zukunftsfähigkeit der lokalen Produktion bei. Ich kann nicht verstehen, warum hier nicht schon früher Aktivitäten entfaltet wurden, warum der Senat sich auf das dürftige Handlungsfeld der Weiterbildungsberatung beschränkt, und warum hier nicht schon vor neun Monaten quasi eine Task Force gebildet wurde, die entsprechende Bedarfe ermittelt und entsprechende Angebote aufgebaut hat. Das Gleiche gilt für die Aktivitäten des Senats in Richtung Bundesebene. Wir sind nicht der Auffassung, dass die aktuellen Regelungen ausreichend sind. Erstens brauchen wir eine Verlängerung der bestehenden Erleichterungen auch über das nächste Jahr hinaus. Zweitens brauchen wir Regelungen, die das Recht von kurzarbeitenden Beschäftigten auf Qualifizierung festschreiben. Drittens brauchen wir Regelungen, die ausschließen, dass bei gleichzeitiger Inanspruchnahme von Kurzarbeit bestehende Tarifund Lohnvereinbarungen nach unten abgesenkt werden. (Beifall bei der LINKEN)

Ab einer bestimmten Dauer von Kurzarbeit muss auch die Entlassung innerhalb einer bestimmten Zeit nach der Kurzarbeit ausgeschlossen werden.

(Beifall bei der LINKEN – Glocke)

Ich sehe hier noch viele Möglichkeiten, wofür sich der Senat längst hätte einsetzen können, und worauf wir, die Fraktion DIE LINKE, demnächst mit einem Antrag zurückkommen werden. – Vielen Dank!

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Ziegert.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Gut, Frau Nitz, ich habe vorhin natürlich vergessen zu erwähnen – weil ich das so selbstverständlich fand –, es gibt bei jedem Instrument Missbrauchsmöglichkeiten, und solche Dinge, dass jetzt im Dezember Kurzarbeit angemeldet wird und für Januar schon Überstunden mit dem Betriebsrat verhandelt werden, gibt es natürlich. Ich kann Ihnen da aber auch versichern, dass die Agentur für Arbeit an sich ziemlich strikt prüft, und wenn dann trotzdem angesichts der Vielzahl der Fälle das eine oder andere durchläuft – auch mir sind solche Fälle von massiven Betrugsversuchen zu Ohren gekommen –, muss man natürlich dagegen etwas unternehmen. Aber Sie werden nicht bestreiten können, dass bei all diesen Dingen so etwas vorkommen kann. Ich glaube, dafür braucht man keine neue Gesetzesinitiative.

Ich möchte aber noch etwas zur Qualifizierung sagen! Es ist erstens nicht so, dass dort, wo dieses Programm zur Qualifizierung in Kurzarbeit nicht wahrgenommen wird, nicht in Betrieben qualifiziert wird. Im Gegenteil, gerade größere Betriebe mit einer gut entwickelten Personalplanung nutzen die Zeit der Kurzarbeit jetzt selbstverständlich für innerbetriebliche Qualifizierungsmaßnahmen. Sie bezahlen diese nur selbst, weil das ganze Antragsverfahren ihnen viel zu aufwendig ist, und sie sagen, für das, was wir da bekommen, wollen wir diesen Aufwand nicht betreiben. Ein Beispiel dafür ist ein nicht unbedeutendes Stahlwerk in Bremen.

Deswegen glaube ich nach wie vor, es geht eher darum, in den Betrieben erst einmal die Unternehmenskultur von Qualifizierung einzuführen, und ich sagte ausdrücklich, es wird dort nicht nur darum gehen, dass die Unternehmer dafür sensibler werden, sondern auch die Betriebsräte sind heranzuziehen. Deswegen sage auch ich, die Programme werden nicht vom grünen Tisch oder Weiterbildungsträgern oder von irgendwelchen Angeboten von außen entwickelt, sondern sie müssen letzten Endes dann eben auch aus den Betrieben selbst entstehen und möglichst unter Einbeziehung der Belegschaften entwickelt und durchgeführt werden.

Im Übrigen ist es auch so, dass zum Beispiel das Programm WeGebAU, das sich an Arbeitslose, von Langzeitarbeitslosigkeit Bedrohte beziehungsweise unqualifizierte oder ältere Arbeitsnehmerinnen und Arbeitnehmer wendet, doch sehr zugenommen hat, und dass wir aktuell allein in Bremen fast 400 von diesen Fällen von Qualifizierung im WeGebAU in den Betrieben haben. Es ist nicht unmittelbar das Programm Qualifizierung in Kurzarbeit, aber es ist natürlich ein innerbetriebliches Programm in kleinen und mittleren Unternehmen.

Ich stimme Ihnen allerdings in dem Punkt zu, dass die Frage der Qualifizierungsberatung für die Betriebe

daran halte ich noch einmal fest – und die Entwicklung von sehr flexiblen und maßgeschneiderten Angeboten daraus – –. Ich glaube, dass sich auch die Weiterbildungsträger ein bisschen umstellen werden müssen für die innerbetriebliche Qualifizierung, dass wir daran weiterarbeiten müssen, um den Fachkräftebedarf der kommenden Jahre zu bewältigen und die Betriebe auch dabei zu unterstützen, sich am Markt zu behaupten. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Das Wort hat Frau Senatorin Rosenkötter.

Frau Präsidentin, liebe Abgeordnete! Auf dem Arbeitsmarkt zeigen sich die Erfolge des vom damaligen SPD-Bundesarbeitsministers Olaf Scholz geleisteten Krisenmanagements. Im internationalen Vergleich – wir haben das schon gehört – bewältigt Deutschland die Folgen der Wirtschaftskrise besser als andere Länder. Die Arbeitslosenquote bundesweit bleibt dabei stabil bei 7,6 Prozent. Das ist vor allem der Kurzarbeit zu verdanken, die aktuell mehr als eine Million Menschen vor Arbeitslosigkeit bewahrt.