Protokoll der Sitzung vom 27.01.2010

D a z u

Änderungsantrag der Fraktionen der SPD, der CDU, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE und der FDP vom 26. Januar 2010

(Drucksache 17/1141)

Meine Damen und Herren, der Antrag der Fraktion DIE LINKE „Weibliche Form berücksichtigen – Änderung der Geschäftsordnung der Bremischen Bürgerschaft“ vom 11. September 2007, Drucksache 17/44, ist von der Bürgerschaft (Landtag) in ihrer 5. Sitzung am 19. September 2007 an den Verfassungsund Geschäftsordnungsausschuss überwiesen worden. Dieser legt nunmehr mit der Drucksachen-Nummer 17/1131 seinen Bericht und Antrag dazu vor.

Die gemeinsame Beratung ist eröffnet.

Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Mathes.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschuss hat die Geschäftsordnung der Bremischen Bürgerschaft vollständig überarbeitet. Sie liegt Ihnen jetzt in der Form vor, wie sie ab demnächst auch praktiziert werden soll. Bei dieser Überarbeitung haben wir uns im Prinzip von drei Zielen leiten lassen, oder drei Leitlinien liegen dieser Überarbeitung zugrunde. Das erste Ziel ist, die Fehleranfälligkeit zu reduzieren, das zweite, unnötige bürokratische Abläufe zu reduzieren, und das dritte ist, Neuerungen einzuführen, um die demokratische Willensbildung lebendiger zu gestalten. Das sind im Prinzip die drei Leitlinien, unter denen wir gemeinsam die Geschäftsordnung überarbeitet haben. Ich will sie jetzt auch nicht alle im Einzelnen darstellen. Ich glaube, das wäre nicht so richtig amüsant. Ich will diese drei Ziele aber wenigstens exemplarisch verdeutlichen.

Das erste ist, die Fehleranfälligkeit verringern. Wir haben hier die Wahlverfahren, die wir ja immer wieder durchzuführen haben, jetzt eindeutig formuliert, so

dass da in Zukunft keine Verwerfungen mehr auftreten können. Das zweite ist, dass wir realitätsferne Fristen für die Beantwortung von Großen und Kleinen Anfragen durch den Senat, die bisher drei Wochen betragen haben, verlängert haben, demnächst ist der Standard fünf Wochen. Damit sind dann auch bestimmte Prozesse, wie immer wieder Anträge auf Fristverlängerungen, die die Fraktionen und die Verwaltung beschäftigt haben, bereinigt, und gleichzeitig wird aber auch noch die Möglichkeit gewährleistet, ich denke, die Opposition hat das eingebracht, und ich bin dafür auch dankbar, dass man die Möglichkeit hat, auch eine Frist von drei Wochen zu erhalten, wenn das sozusagen der Sache dienlich und aufgrund von Dringlichkeiten erforderlich ist.

Die dritte Leitlinie ist dann die Frage der Neuerungen, um eben die Demokratie lebendiger zu gestalten. Ich will hier auch nur exemplarisch zwei Änderungen benennen. Zum einen ändern wir die Redezeit nach der Standardgeschäftsordnung von bisher dreimal zehn Minuten auf zehn Minuten der erste Beitrag und dann zweimal fünf Minuten. Das wird also demnächst unsere Standardredezeit in der Geschäftsordnung sein. Das andere ist, dass wir das Rederecht für Beiratsprecherinnen und Beiratsprecher in der Stadtbürgerschaft einführen, was, glaube ich, auch die Sitzungen belebt und auch die Transparenz des demokratischen Willensbildungsprozesses verstärkt.

Das war eigentlich schon mein Beitrag. Ich möchte mich abschließend ganz herzlich bei allen Fraktionen bedanken. Ich fand, es war eine sehr konstruktive Zusammenarbeit im Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschuss, und, ich glaube, wir können mit dem Ergebnis alle hoch zufrieden sein. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner erhält das Wort der Abgeordnete Erlanson.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich kann mich in den wesentlichen Punkten meiner Vorrednerin anschließen. Wir sind da der gleichen Meinung. Ob es aber unbedingt notwendig ist, immer Wahlkabinen zu haben, ich finde, darüber könnte man vielleicht noch trefflich streiten. Da das aber einfach auch gewünscht worden ist, finde ich es in Ordnung, wenn man das so anwendet.

Wir sind natürlich für uns auch besonders zufrieden. Ich glaube, es wird auch ein Fortschritt sein, dass die weibliche Form nun tatsächlich angewendet wird. Es war ein Antrag, den wir ganz zu Beginn der Legislaturperiode eingebracht haben. Ich denke, in Wirklichkeit war die Zustimmung zumindest auch bei ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

den Frauen fraktionsübergreifend, davon bin ich eigentlich überzeugt. Dass es jetzt gekommen ist, finde ich eine gute Sache. Daher werden wir diesen Änderungen insgesamt zustimmen. Wir denken, damit ist ein gutes und auch ein moderneres Werk auf den Weg gebracht worden. – Danke!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächste Rednerin erhält das Wort die Abgeordnete Frau Busch.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch ich kann mich dem anschließen, was Frau Dr. Mathes bereits ausgeführt hat. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir eine Geschäftsordnung haben, mit der wir uns alle einverstanden erklären können, die uns auch bei der täglichen Arbeit hilft, mit der wir dann in Einzelfällen, die vielleicht auch ein bisschen mit Emotionen verbunden sind, gerade wenn es um Wahlen geht, eine Sicherheit haben und geklärt haben, wie es ablaufen muss, dass es dann da nicht noch Konflikte gibt.

Noch nicht erwähnt ist der Punkt der Änderung der Redeordnung was die Zitate und das Zitieren hier betrifft. Ich finde es ist gut, wenn sich jeder einmal die neue Geschäftsordnung anschaut, wie sie jetzt aussieht, und wie sie dann aussehen wird, wenn der Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschuss seine Arbeit beendet haben wird. Er hat ja noch einiges vor sich! Denn bis zum Beginn der nächsten Legislaturperiode sollen noch weitere umfangreiche Änderungen und Verbesserungen vorgenommen werden. Wir werden uns das dann anschauen, wenn es fertig ist.

Besonders eingehen möchte ich natürlich auf das, was gestern in der Stadtbürgerschaft beschlossen worden ist, nämlich das neue Gesetz über Beiräte und das damit verbundene Rederecht. Es war nicht ganz so einfach verfassungsmäßig abzusichern, wie dieses Rederecht gesetzgeberisch eingebunden wird. Da mussten wir zunächst den Paragrafen 75 der Geschäftsordnung ändern und die Anwendung der Geschäftsordnung auf die Stadtbürgerschaft klären. Das ist gelungen. Dann ist eben dezidiert aufgeführt, wie das Rederecht hier vollzogen wird. Ich finde richtig, dass man dann dem- oder derjenigen aus dem Beirat, der oder die hier redet, auch eine zehnminütige Rede zugesteht und eben nicht nur dem Beiratssprecher oder der Beiratssprecherin oder eventuell dem oder der Ortsamtsleiterin oder eventuell einer anderen Person. Das haben wir auch im Sinne der Beiräte sehr offen formuliert. Sollte es dann doch noch einmal zu Veränderungen kommen, steht es dem Präsidenten zu, in einer interfraktionellen Verständigung zu klären, wie man von dieser Vorschrift eventuell noch abweichen soll.

Ich habe jetzt so oft gehört, dass sich viele auf die erste Rede von Beiräten hier im Parlament freuen,

das diene der Belebung. Ich weiß gar nicht, ob man sich freuen soll. Denn wenn es dazu kommt, bedeutet dies, dass vorher lang anhaltende Konflikte zwischen Beirat und Verwaltung bestehen, die wir ja eigentlich nicht wollen. Wir wollen eine Stärkung der Rechte der Beiräte, dass sie ernst genommen werden und möglichst mit ihren Rechten auch durchkommen. Insofern hoffe ich, dass wir das alles so regeln, wie wir uns das auch vorstellen.

Zum Antrag der LINKEN kann ich sagen: Eigentlich hätte der jetzt zurückgezogen werden können, weil ja in dem Beschluss steht, dass die Übernahme der weiblichen Form eingearbeitet wird. Insofern ist das erledigt!

(Abg. Frau T r o e d e l [DIE LINKE]: Aufgrund unseres Antrags!)

Ja, das ist ja schön! Den muss man jetzt ablehnen, weil man sagt, mit dem anderen Antrag ist das dann erledigt, und natürlich werden wir dem Rederecht zustimmen. Ich hoffe, das werden auch alle anderen Fraktionen tun. – Schönen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als Nächster erhält das Wort der Abgeordnete Röwekamp.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe den Vorstand der Bremischen Bürgerschaft eben verwirrt, indem ich mich so gemeldet habe, wie es unsere Geschäftsordnung zurzeit vorsieht. Die Wortmeldung der Abgeordneten erfolgt nämlich nach der derzeit geltenden Fassung durch Erheben vom Sitzplatz.

(Heiterkeit bei der SPD)

An diesem Beispiel können Sie sehen, dass es vielleicht doch den einen oder anderen Änderungsbedarf gibt. Der Präsident hat erkannt, dass mein Aufstehen tatsächlich eine Wortmeldung war. Oder umgekehrt gesagt, wenn jeder, der in der Vergangenheit das Wort nehmen wollte, hätte aufstehen müssen, wäre das noch möglich gewesen. Wenn jeder, der aufgestanden ist, hätte das Wort ergreifen müssen, hätten wir eine Vielzahl weiterer Wortmeldungen in unserem Parlament gehabt.

Zurück zum Ernst der Lage! Wir passen die Geschäftsordnung in zahlreichen Punkten wie diesem, aber auch in anderen der Realität an. Ich finde das richtig und vernünftig, das betrifft klarstellende Regelungen. Wir haben uns gerade in den letzten Monaten hin und wieder Unsicherheiten in Wahl- und Zählverfahren hier im Parlament hingegeben, das muss nicht sein. Wann wählen wir eigentlich wie, zum

Beispiel in Wahlkabinen? Wie zählen wir eigentlich aus? Wie muss ein Stimmzettel aussehen? Passen wir das, was wir in der Vergangenheit praktiziert haben, der Realität an!

Wussten Sie zum Beispiel, dass im Prinzip an jedem Bürgerschaftstag eine Fragestunde und eine Aktuelle Stunde auf die Tagesordnung zu setzen sind? Das betrifft zum Beispiel auch die Sondersitzungen der Bremischen Bürgerschaft. Selbst wenn wir uns aus bestimmten Anlässen zum Gedenken an bestimmte Jahrestage versammeln, hätten wir, bevor wir dem Präsidenten des Staatsgerichtshofs das Wort geben, eigentlich vorher eine Fragestunde machen müssen. Dass das keinen Sinn macht, erkennt man auf Anhieb. Deswegen also der erste Punkt: Anpassung an die Realität.

Der zweite große wesentliche Fortschritt aus meiner Sicht ist tatsächlich der, dass wir die weibliche Form in Zukunft auch in unserer Geschäftsordnung berücksichtigen. Deswegen gehe ich einmal davon aus, dass mit dem Beschluss über den Bericht und Antrag des Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschusses Erledigung des Antrags der Fraktion DIE LINKE eintritt und wir den nicht noch einmal gesondert verabschieden müssen.

Der dritte Punkt betrifft tatsächlich die Lebhaftigkeit des Parlaments. Ich finde, hier haben sich in den letzten Wochen und Monaten gute Fortschritte getan. Ich will nur daran erinnern, dass wir es nach Experimenten auch tatsächlich in die Geschäftsordnung geschrieben haben, dass es Regierungserklärungen gibt und geben kann und dass sie beantragt werden können. Die Neigung der Regierung, solche Erklärungen abzugeben, hat zwar, seitdem dies in der Geschäftsordnung steht, ein bisschen nachgelassen, aber deswegen sollten wir es trotzdem darin stehen lassen.

Aber auch andere Dinge wie die Überarbeitung der Redezeiten finde ich richtig. Ich glaube, wir haben alle gemeinsam die Erfahrung gemacht, dass die bisherigen Redezeiten nicht gerade praktikabel waren. Das betrifft zum Beispiel die Aktuelle Stunde. Wir haben es ja heute wieder erlebt, wie unterschiedlich Fraktionen dann bei mehreren Themen die Redebeiträge gewichten. Ich finde, an sich hat jedes Thema, das in der Aktuellen Stunde – und zwar gleich von wem – beantragt wird, natürlich ein Recht, auch vernünftig in der Debatte bestritten zu werden, ohne dass man bei drei Themen dann eine Stoppuhr mit nach vorn nehmen muss, um zu sehen, wie viel Redezeit der einzelne Redner oder die einzelne Rednerin noch hat.

Insgesamt bewegen wir uns mit dem Vorschlag des Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschusses, den wir einstimmig verabschiedet haben, glaube ich, auf der Höhe der Zeit. Mit der Geschäftsordnung selbst ist noch kein neuer parlamentarischer Alltag verbunden. Aber wenn wir uns alle an die Möglichkeiten,

die die Geschäftsordnung jetzt tatsächlich vorsieht, erinnern, bin ich mir sicher, wird das Parlament für weitere Debatten noch spannender als bisher. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächster erhält das Wort der Abgeordnete Richter.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Röwekamp, aufstehen heißt dann aber auch stehen bleiben und nicht hinausrennen. Ein bisschen Gymnastik tut ja sonst auch ganz gut, ansonsten bekommt man leicht einen Hexenschuss auf diesen Stühlen.

(Abg. G ü n t h n e r [SPD]: Die sind aber denkmalgeschützt!)

Die sind denkmalgeschützt, ich weiß, leider, sonst hätten wir vielleicht auch schon etwas mehr Bequemlichkeit für unsere Rücken.

Ich denke aber, insgesamt sind wir da auf einem guten Weg mit der Geschäftsordnung der Bremischen Bürgerschaft. Sie ist ja nun mit 75 Paragrafen reichlich dick. Ich denke aber, parlamentarische Arbeit lässt sich vielleicht in einer Geschäftsordnung auch nicht kürzer fassen. Wir müssen damit leben! Es ist aber gelungen, dass sie schon etwas systematischer aufgebaut ist. Bezüglich einiger Neuformulierungen, so meine ich, bleibt zumindest der Eindruck, dass die Bestimmungen noch nicht so ganz die Realität erreicht haben.

Es ist ja ganz erfreulich, dass der Präsident oder die Präsidentin in Zukunft nicht mehr jedes Zitat genehmigen muss. Wenn es dann aber heißt, dass derjenige, der hier vorn steht, dann hinterher dem Protokolldienst gleich das Original oder eine Abschrift zur Verfügung stellen muss, ist das – zumindest seitdem ich dabei bin – realitätsfremd und noch nie geschehen. Dennoch sehen die Protokolle doch einigermaßen vernünftig aus! Das wäre einmal etwas, bei dem man in einer großen grundlegenden Reform vielleicht auch noch einmal etwas mehr hineinschauen muss, um auch diese Kleinigkeiten noch zu beheben.

Frau Busch ist darauf eingegangen, dass wir uns gestern intensiv mit dem Beirätegesetz beschäftigt haben. Das vorgesehene Rederecht in Bezug auf Paragraf 11 dieses Ortsgesetzes, Herstellung von Einvernehmen, ist in der Geschäftsordnung der Bremischen Bürgerschaft zu regeln. Die FDP-Fraktion, das wissen Sie, hat sich zunächst mit der Verankerung des Rederechts für die 22 Beiräte unserer Stadt schwer getan. Ein entsprechendes Rederecht müsste es dann ja konsequenterweise auch für die Bürgerschaftsabgeordneten in den Beiräten geben. Da ist man zurzeit,

zumindest nach meinen Erfahrungen, noch immer auf das Wohlwollen der Beiräte angewiesen, wenn es um entsprechende Themen geht, einmal klappt es, dann wieder nicht. Das kommt auf die Professionalität der Beiräte an, das ist meine Wahrnehmung.

(Beifall bei der FDP)

Meine Fraktion hat die Bedenken aber zunächst zurückgestellt und den dann notwendigen Änderungen des Paragrafen 75 der Geschäftsordnung der Bremischen Bürgerschaft zugestimmt. Betonen möchten wir allerdings noch einmal: Unsere Bauchschmerzen bei der Frage sind geblieben, ob das Rederecht in der Tat so weit ausgedehnt werden sollte, dass auch Ortsamtleiter und -leiterinnen zu Wort kommen dürfen. Wir sind gewählt, die Beiratsmitglieder sind gewählt, die Ortsamtsleiter sind nicht von den Bürgerinnen und Bürgern gewählt. Da sind wir schon der Meinung, dass man möglicherweise in ein oder zwei Jahren dieses Rederecht doch noch einmal auf den Prüfstand stellen sollte, spätestens dann, wenn es zu der großen Reform der Geschäftsordnung kommt. – Vielen Dank!

(Beifall bei der FDP)