Zweitens: Welche Konsequenzen und Handlungsnotwendigkeiten ergeben sich nach Ansicht des Senats daraus für Bremen?
Drittens: Hat das Sozialressort den Katalog über die atypischen Regelleistungen bereits erstellt, und wie ist der Stand?
Zu Frage 1: Der Senat begrüßt, dass das Bundesverfassungsgericht mit dem Urteil klargestellt hat, dass
das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Artikel 1 Absatz 1 Grundgesetz in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Artikel 20 Absatz 1 Grundgesetz jedem Hilfebedürftigen diejenigen materiellen Voraussetzungen zusichert, die für seine physische Existenz und für ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben unerlässlich sind. Er begrüßt ferner, dass das Urteil Klarstellungen und Vorgaben für den Gesetzgeber zur künftigen Bedarfsbemessung enthält.
Zu Frage 2: Konkrete Vorgaben und Handlungsnotwendigkeiten ergeben sich zunächst für den Bundesgesetzgeber. Dieser ist verpflichtet, die Anforderungen aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts in den gesetzlichen Regelungen des SGB II und des SGB XII beziehungsweise in der Regelsatzverordnung umzusetzen. Bremen wird sich dabei im Bundesratsverfahren einbringen, soweit möglich auch bereits im Vorfeld. Bremen wird sich auch weiterhin im Rahmen der Konferenz der Obersten Landessozialbehörden dafür einsetzen, dass die Bundesländer Anforderungen an das methodische Vorgehen bei der Regelsatzbemessung vorlegen, die auch die detaillierten Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts dazu berücksichtigen.
Zu Frage 3: Im Rahmen des SGB II hat das Sozialressort bezogen auf die atypischen Regelungen keine Weisungsbefugnis. Es ist Aufgabe des Bundes, gegebenenfalls einen entsprechenden Katalog zu erstellen. Mit Datum vom 17. Februar 2010 hat die Bundesagentur für Arbeit eine Geschäftsanweisung dazu herausgegeben. – Soweit die Antwort des Senats!
Wird vom Senat in diesem Zusammenhang eine Bundesratsinitiative erwogen, die beispielsweise die Anhebung der Regelsätze, eine bedarfsdeckende Kindergrundsicherung und die Aufnahme von Kinderrechten inklusive der UN-Kinderrechtskonvention in das Grundgesetz zum Ziel hat?
Sehr geehrte Abgeordnete, ich möchte noch einmal in Erinnerung rufen, dass sich gerade Bremen für diese Dinge, die Sie hier benannt haben, wenn Sie über die Kinderrechte sprechen, sehr deutlich im Bundesrat dazu positioniert und auch eigene Anträge eingebracht hat.
Meine Nachfrage bezog sich auf die Bundesratsinitiative. Unabgesprochen, dass Sie sich in der Person oder in der Sache eingesetzt haben, war meine Frage, ob Sie eine Bundesratsinitiative erwägen?
Es hat zu diesen Themen Bundesratsinitiativen gegeben, ich darf das noch einmal in Erinnerung rufen!
Wir haben, gerade was die Regelsätze für Kinder angeht, hier auch im Konzert mit anderen Bundesländern, insbesondere mit Rheinland-Pfalz, mehrfach im Bundesrat – ich habe dazu im Bundesrat selbst gesprochen – Anträge gestellt und auch erreichen können, dass es ein Schulstartpaket gibt. Darüber hinaus – wir werden das an anderer Stelle sicherlich noch debattieren – geht es hier auch darum, wie die zukünftige Bemessung und Grundlage für die Festsetzung von Regelsätzen festgestellt wird. Dazu habe ich ganz konkret auch an die Bundesarbeits- und Sozialministerin geschrieben, um eine Expertenkommission einzurichten, die dann auch die Erfahrungen, die Kenntnisse und das Wissen unter anderem von Sozialpartnern und von Wohlfahrtsverbänden in diese Festsetzung einbezieht. Ich glaube, wir sind hier in Bremen auch sehr rasch in die konstruktive Weiterbearbeitung und Abarbeitung dieses Bundesverfassungsgerichtsurteils gegangen.
Zweitens: Ist in diesen beteiligten Ressorts bekannt, dass es in Bremen Beratungsstellen für Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution gibt?
Drittens: Wie ist sichergestellt worden, dass die betroffenen Frauen über die Beratungs- und Hilfsmöglichkeiten durch diese Beratungsstellen informiert worden sind?
Senaor Mäurer: Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:
Zu Frage 1: An den unmittelbaren polizeilichen Maßnahmen waren in Bremen die Polizei Bremen und Bremerhaven, die Ausländerbehörde sowie die Finanzkontrolle für Schwarzarbeit beteiligt. Beamte des BKA begleiteten die Kontrollen. Im Zuge der erlangten Ermittlungserkenntnisse wurde das Jugendamt hinzugezogen. Soweit Anhaltspunkte für Straftaten vorlagen, leitete die Staatsanwaltschaft Ermittlungsverfahren ein.
Zu Frage 2: Den beteiligten Ressorts ist bekannt, dass es in Bremen Beratungsstellen für Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution gibt. In Bremen gibt es bereits seit 2002 unter der Leitung des Vereins für Innere Mission in Bremen in Kooperation mit der Bremischen Evangelischen Kirche einen runden Tisch „Menschenhandel“. In ihm sind neben den betroffenen Ressorts und Behörden auch die Beratungsstellen Bremer Beratungsstelle für Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution, Gisbu Bremerhaven sowie Nitribit vertreten.
Zu 3: Die Bremer Beratungsstelle für Betroffene von Menschenhandel und Zwangsprostitution ist durch die Polizei über die polizeilichen Maßnahmen vor Beginn der Kontrollen in Kenntnis gesetzt worden. Sie hat nach Abschluss der polizeilichen Maßnahmen unmittelbar Kontakt zu den Betroffenen aufgenommen. – Soweit die Antwort des Senats!
(Abg. Frau T r o e d e l [DIE LINKE]: Von den inhaftierten Frauen! Ich glaube nicht, dass ich das in diesem Zusammenhang noch detaillierter vortragen muss! Entschuldi- gung!)
Vielleicht einmal zu den Ergebnissen dieser Maßnahme: Es sind 25 Frauen kontrolliert worden. Dabei hat sich herausgestellt, dass sich 14 Frauen illegal in Bremen aufgehalten haben. Zwei dieser Frauen haben angegeben, dass sie unter 15 Jahre alt sind. Deswegen wurde das Jugendamt eingeschaltet, und diese beiden Frauen sind dann der Inneren Mission übergeben worden. Sie sind inzwischen untergetaucht. Es verbleiben dann noch zwölf Frauen. Von diesen zwölf Frauen haben drei die Bundesrepublik freiwillig verlassen, vier Frauen wurden abgeschoben, drei nach Italien und eine nach Spanien. Zurzeit sind noch vier Frauen in Abschiebehaft. Das hängt damit zusammen, dass die gerichtlichen Entscheidungen über die Abschiebung noch ausstehen. Wenn diese Entscheidungen ergangen sind, wird dieses Verfahren abgeschlossen.
Hätten die betroffenen Frauen in geschützten Unterkünften statt in Untersuchungshaft untergebracht werden können?
Ja, das hat man natürlich auch mit den Beratungsstellen und allen, die dabei gewesen sind, versucht. Diese Regelung setzt aber voraus, dass man kooperiert, dass man zu erkennen gibt, dass man möglicherweise Opfer des Menschenhandels ist. Wenn jemand aber sagt, ich bin hier nur zum Vergnügen, ich bin hier freiwillig eingereist, ich gehe meiner Beschäftigungen nach, was ja nicht strafbar ist, haben wir auch keine Möglichkeiten, von diesen Regelungen Gebrauch zu machen. Wir haben dies versucht, aber leider ohne Erfolg.
Damit ist auch die letzte Anfrage in der Fragestunde abgearbeitet und der Tagesordnungspunkt beendet.
Meine Damen und Herren, bevor ich gleich die Landtagssitzung unterbreche, möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass interfraktionell vereinbart wurde, den Punkt außerhalb der Tagesordnung, „Änderung des Gesetzes über Sonn- und Feiertage“ für diese Sitzung auszusetzen.