Ich sage ganz deutlich: Ich bin froh, dass wir auch auf Initiative der Opposition und insbesondere auch der FDP diesen nichtständigen Ausschuss eingerichtet haben, in dem wir über Strukturen debattieren wollen,
und ich hoffe auch, dass wir dazu kommen, dort über Strukturen zu debattieren. Was ich heute vermisst habe: Wir haben in diesem Land schon viel von starker und ruhiger Hand gehört, heute habe ich so etwas wie eine zarte Hand erlebt. Was ich hier wirklich vermisse, ist, dass der Senat vorangeht und sagt, was
Das sind doch Selbstverständlichkeiten und Bekenntnisse dazu, dass der Senat sich jetzt vielleicht einmal auf den Weg machen will, und zwar alle zusammen! Da sage ich: Nein, das ist nicht das Entscheidende! Wir brauchen – und das hat die FDP gefordert, und diese Forderung wiederhole ich hier noch einmal – zügig eine Verwaltungs- und eine Strukturreform, die sich von oben nach unten bewegt. Ich will einmal mit der Mär aufräumen, dass wir hier bei den kleinen Leuten sparen wollen und bei den großen Leuten etwas oben daraufpacken wollen. Das wollen wir hier im öffentlichen Dienst nicht, wir wollen es von oben nach unten, wir wollen die Dienstleistung dahin bringen, wo der Bürger sie braucht.
Ich sage es noch einmal, Sie können sich den Beteiligungsbericht doch anschauen: Wir haben zum Beispiel eine Wirtschaftsförderungsgesellschaft mit fünf Geschäftsführern, die alle über 100 000 Euro verdienen. Wir kommen dort auch mit zwei Geschäftsführern aus. Wir haben eine Bremer Straßenbahn AG, die drei Vorstandsmitglieder hat. Dafür, dass ich schauen kann, dass deren Fahrplan nicht funktioniert, brauche ich allerhöchstens zwei Vorstandmitglieder.
Ich fahre jeden Tag Straßenbahn. Sie können mit mir mitkommen, Sie können sich das anschauen, wenn Sie hier mit frustrierten Fahrgästen an der Straßenbahnhaltestelle stehen, nicht eine schöne Präsentationsfahrt, bei der man vorher ankündigt, dass man die Vorzüge der Bremer Straßenbahn AG zeigen will, sondern wenn die ganz normalen Leute im Regen neben dem Wartehäuschen stehen und hinterherschauen.
Da können Sie auch für die Bürgerhäuser sparen! Warum weigern Sie sich denn, bei den bremischen Gesellschaften endlich einmal Tabula rasa zu machen und zu sagen, was brauchen wir und was brauchen wir nicht?
Ich habe – weil dieses Missverständnis auch entstanden ist – nie gefordert, dass wir Staatsräte schlicht in den Ruhestand schicken sollen, weil wir Staats
räte abbauen wollen. Ich sage, wir brauchen hier eine Senatskommission für Strukturfragen, für eine Verwaltungsreform, egal wie wir sie nennen wollen. Da haben wir zwei hochqualifizierte Staatsräte im Finanzressort, die man dafür beschäftigen kann, und wir können auch eine Staatsrätin aus dem Kulturressort dafür beschäftigen, die das, was wir brauchen, durcharbeiten. Da brauchen wir nicht viel Geld für Unternehmensberatungen in die Hand zu nehmen, sondern da haben wir den Sachverstand selbst, und diese Strukturkommission muss ganz einfach kommen, weil wir sonst über diese zersplitterten Senatsressorts, diese Fürstentümer und über diese aufgeblähten Hierarchien nicht hinwegkommen.
Wenn wir diese Kommission haben, dann können wir unseren nichtständigen Ausschuss auch quasi als politisches Begleitungsinstrument benutzen, und dann kommen wir endlich einmal dorthin, die Strukturen in diesem Land und vor allen Dingen in dieser Stadt zu ändern.
Ich will eine Debatte über Bremerhaven und Bremerhavener Strukturen erst beginnen, wenn wir die Strukturen hier in Bremen verändert haben, weil wir erst einmal schauen müssen, was wir hier abbauen können. Wir brauchen auch keine BREPARK, wir brauchen auch viele Dinge wie die HVG nicht – oder wie sie jetzt heißt, bei der WFB. Das sind Fahrkartenverkäufer, das sind Eintrittskartenverkäufer.
Dafür brauchen Sie keine hoch bezahlten Leute, die da sitzen. Die tragen doch überhaupt kein Risiko. Das Risiko, das hier besteht, trägt Bremen, und deshalb sage ich, da können wir massiv Geld sparen. Ich habe es einmal überschlagen – es kommt darauf an, welche Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder man noch mit einbezieht –, da kann man locker zwischen 2,5 und 3,5 Millionen Euro sparen. Da gibt es sogar Vorstandsmitglieder mit über einer Million Euro Gehalt. Man kann sich doch überlegen, ob man die wirklich in einem Haushaltsnotlageland braucht. Bevor ich ein Bürgerhaus oder ein Schwimmbad schließe und darüber diskutiere, ob ich am Theater etwas schließe, schaue ich mir doch erst einmal an, wo ich in diesen Strukturen sparen kann.
(Abg. Frau G a r l i n g [SPD]: Wer hat das denn gesagt, dass Schwimmbäder geschlos- sen werden sollen?)
Ich habe gesagt, bevor wir das machen! Wenn wir hier nicht wirklich ernsthaft sparen und mit diesen kleinen Trippelschritten weiter machen, kommen wir alle nicht weit. Wir von der FDP brauchen keinen Mentalitätswechsel! Die Rede des Bürgermeisters hätte ja aus einer Rede von uns stammen können!
(Abg. P o h l m a n n [SPD]: Und die Steu- erpolitik der Bundesregierung spielt hier überhaupt keine Rolle!)
Die Politik der Bundesregierung spielt doch hier überhaupt gar keine Rolle! Das ist Fakt, wir debattieren doch über Bremen. Ich bin davon überzeugt: Wenn wir so mit Bremen weitermachen und nicht aus den Schwierigkeiten herauskommen, wird sich die nachhaltige Frage der Selbstständigkeit Bremens stellten. Gleichwohl wird es noch eine Bundesregierung in Berlin geben, egal welcher Couleur sie ist. Darüber wird gar keiner debattieren. Ich will aber hier über Bremen debattieren und seine Selbstständigkeit dauerhaft erhalten!
Wenn wir hier alle Wege gegangen sind – ich habe das mehrfach gesagt, der Altschuldentilgungsfonds ist ja heute schon angesprochen –, kann man vielleicht einmal im Zusammenhang mit Griechenland weiter debattieren. Übrigens weise ich einen Vergleich zwischen Bremen und Griechenland massiv zurück!
Herr Dr. Kuhn Sie haben Griechenland angesprochen, deshalb will ich noch einmal darauf eingehen! In Griechenland sind ganz andere Dinge passiert, wir haben ja unsere Auflagen eingehalten. Dagegen ist in Griechenland massiv in anderen Bereichen getrickst worden, und ich will das Wort Korruption und was da alles zusammenkommt, nicht in den Mund nehmen. (Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/ Die Grünen]: Ist jetzt gerade passiert!)
Bremen haben wir bestimmte Dinge gemacht und falsche Weichenstellungen vorgenommen, aber jetzt im Nachhinein zu sagen, daran ist allein die Bundesregierung schuld, und wenn die das alles richtig machen, dann strengen wir uns auch an, nein, das ist der falsche Weg!
Wir müssen uns erst einmal anstrengen. Es geht um unsere Selbstständigkeit und unser Bundesland, und alles andere ist nur der Aufbau von Popanz, ob da nun Herr Westerwelle, Frau Merkel oder wer auch immer sitzt. Vorher waren es Herr Steinmeier und Frau Merkel, davor waren es Herr Schröder und Herr Fischer, das ist doch völlig egal! Wir müssen unsere Hausaufgaben hier machen!
Ich sage noch einmal nachhaltig: Der Senat ist aufgefordert, endlich Strukturreformen vorzunehmen, für flache Hierarchien, für kurze Wege zu sorgen und vor allen Dingen für Wege, die auch funktionieren. Das ist unsere Forderung, und deswegen werden wir das mitmachen. Wir werden auch eine Neugestaltung des Länderfinanzausgleichs mitmachen, das ist überhaupt keine Frage. Die Altschuldenregelung habe ich angesprochen. Wir wollen das, wir müssen das, das habe ich hier wiederholt erklärt.
Deshalb sage ich, diese Debatte heute war in weiten Zügen ein Beruhigen der Regierungskoalition nach außen und ein Treten auf der Stelle, weil wir die Debatte schon geführt haben. Ich finde, es ist jetzt Zeit anzupacken, die zarte Hand zu vergessen und Gas zu geben, und es ist Zeit zu handeln, das wiederhole ich noch einmal. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zum Verlauf der Debatte nur noch einige wenige Anmerkungen machen! Ich habe mich ganz bewusst in meinem Debattenbeitrag auf den unbestreitbar größten Posten auf der Ausgabenseite beschränkt. Die Vorlage aus der Senatsklausur, der Beschluss des Senats, der uns hier als Mitteilung in der Bremischen Bürgerschaft erreicht hat, sagt ja zu Recht auch, dass die wesentliche Anstrengung in der Konsolidierung unserer öffentlichen Haushalte auf der Ausgabenseite zu suchen ist. Insofern herrscht, glaube ich, eine breite Übereinstimmung, und wir streiten jetzt über den Weg.
Ich sage eben, so wie der Senat und die rot-grüne Mehrheit es machen, nämlich auf der einen Seite zu sagen, wir müssen den Haushalt auf der Ausgaben
seite konsolidieren, und dann in der gleichen Vorlage die Primärausgaben von 2009 bis 2014 um einen dreistelligen Millionenbetrag zu erhöhen, das ist doch widersprüchlich! Wenn man sparen will, muss man weniger ausgeben und nicht mehr Geld ausgeben. (Beifall bei der CDU – Abg. Frau M ö - b i u s [SPD]: Leider eine späte Erkennt- nis! Sie als Regierungsverantwortlicher!)
Herr Dr. Kuhn, Sie haben es ja mit Ihrer Tochter erklärt. Ich will einmal das, was der Senat macht, versuchen auf eine Diskussion mit meinen Kindern zu übertragen: Wenn meine Kinder sagen, wir hätten gern dieses Spiel, das können wir uns aber nicht leisten, weil unser Taschengeld dafür nicht reicht, dann wäre die Antwort von Bürgermeister Böhrnsen und seiner Regierung: Dann gebt das Taschengeld, das ihr bekommt, einmal bitte fortlaufend aus, und aus der Taschengelderhöhung könntet ihr dann das Spiel kaufen. Mit Erwartung auf künftige Einnahmen lassen sich ausgabenlastige Haushalte eben nicht sanieren, wer sparen will, muss weniger ausgeben und darf nicht mehr Geld ausgeben.
(Beifall bei der CDU – Abg. Frau B u s c h [SPD]: Wenn Sie den bemischen Haushalt mit Taschengeld vergleichen!)
Frau Busch, wenn Sie Ahnung davon haben, dann melden Sie sich, sonst würde ich sagen, ziehen Sie sich zurück und behalten Ihre Anmerkungen für sich!
(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Ansonsten mä- ßigen Sie sich mit Ihren Äußerungen! Mir reicht es langsam!)
Ganz bewusst will ich an dieser Stelle auch sagen: Wenn ich über Personalausgaben gesprochen habe, meine ich natürlich nicht, dass das die einzige Ausgabenposition ist, über die wir reden. Natürlich müssen wir auch über Investitionsausgaben reden, und der Senat hat sie ja noch einmal gegenüber den schon sparsamen Ausgaben um zehn Millionen Euro für 2011 und die Folgejahre gesenkt. Der Senat schreibt aber in seinem Papier eben auch, dass wir dringenden Bedarf für notwendige Investitionen haben, um die Wirtschafts- und Arbeitsmarktintensität unserer beiden Städte aufrechtzuerhalten. Ja, wir brauchen endlich eine Finanzierungsentscheidung für die Cherbourger Straße! Ja, wir brauchen endlich Planungsmittel für die Offshorekaje in Bremerhaven! Ja, wir brauchen endlich eine Finanzierung für den Schluss des Autobahnrings A 281.