Protokoll der Sitzung vom 17.03.2010

Ganz bewusst will ich an dieser Stelle auch sagen: Wenn ich über Personalausgaben gesprochen habe, meine ich natürlich nicht, dass das die einzige Ausgabenposition ist, über die wir reden. Natürlich müssen wir auch über Investitionsausgaben reden, und der Senat hat sie ja noch einmal gegenüber den schon sparsamen Ausgaben um zehn Millionen Euro für 2011 und die Folgejahre gesenkt. Der Senat schreibt aber in seinem Papier eben auch, dass wir dringenden Bedarf für notwendige Investitionen haben, um die Wirtschafts- und Arbeitsmarktintensität unserer beiden Städte aufrechtzuerhalten. Ja, wir brauchen endlich eine Finanzierungsentscheidung für die Cherbourger Straße! Ja, wir brauchen endlich Planungsmittel für die Offshorekaje in Bremerhaven! Ja, wir brauchen endlich eine Finanzierung für den Schluss des Autobahnrings A 281.

Aber der Senat sagt eben nicht, wie er das finanzieren will. Es bleiben viele Fragen offen, die den Nerv unserer beiden Städte treffen und die Struktur unserer beiden Städte entscheiden. Deswegen sage ich: Diese Vorlage ist eben nicht nur, was die Frage der

Ausgabensenkung betrifft, zurückhaltend und mutlos, sie ist auch mutlos, was die Frage betrifft, was wir eigentlich in Zukunft brauchen. Sie haben nicht einen einzigen Euro für die Finanzierung dieser wichtigen infrastrukturellen Maßnahmen in Ihren Haushalt eingestellt, die wir dringend brauchen, um die Arbeitsplätze zu erhalten. Auch das ist mut- und kraftlos bei dieser Regierung!

(Beifall bei der CDU)

Ich will auch, Herr Dr. Kuhn, weil ich wusste, was kommt, ganz bewusst sagen, ich habe als CDU-Fraktionsvorsitzender gesagt – was ungewöhnlich ist für jemanden, der in der Opposition ist –, wenn man zusätzliche Investitionsanstrengungen will, dann muss man auch darüber nachdenken, sich zusätzliche Finanzierungsquellen zu erschließen. Natürlich kann man, wenn man sagt, wir müssen ein Mindestmaß an wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit haben, auch aus Sicht der CDU-Bürgerschaftsfraktion darüber nachdenken, die Gewerbesteuer und die Grundsteuer anzugehen, aber nicht um sie irgendwo im Haushalt versickern zu lassen, sondern um die dringend notwendigen Investitionen in unserem Bundesland und für die Arbeitsplätze in den beiden Städten un-seres Landes auch zu finanzieren! Was sagt denn der Senat eigentlich dazu? Der Senat sagt auch dazu nichts, meine Damen und Herren, und nichts zu sagen ist eben die Mut- und Tatenlosigkeit dieses rotgrünen Senats. Ich bleibe dabei!

(Beifall bei der CDU)

Es gibt, meine sehr verehrten Damen und Herren, aus der Debatte noch zwei weitere Punkte, zu denen ich etwas sagen will. Das Stichwort Kliniken ist hier auch noch einmal angesprochen worden. Ich möchte nur daran erinnern, Herr Dr. Kuhn, dass wir in der Dezember-Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses 2008 noch einmal eben 80 Millionen Euro an den kommunalen Klinikverbund überwiesen haben. Das waren nicht nur Altlasten, Frau Linnert, das waren teilweise auch Folgekosten aus Ihrem Abbruch des PPP-Verfahrens. Sagen Sie hier im Parlament nicht die Unwahrheit! Deswegen sage ich, wer glaubt, dass wir mit den Kliniken bei einer Investitionsentscheidung von über 300 Millionen Euro kein Risiko eingehen, meine Damen und Herren, der sagt eben nicht die ganze Wahrheit.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Wer hat das denn behauptet?)

Es ist vielleicht formal nur eine Bürgschaft, aber der Kreditnehmer ist ein öffentliches Unternehmen. Wer 300 Millionen Euro Bürgschaft des Senats im Nacken hat, das ist doch völlig klar, wenn dem zwei, drei, vier oder meinetwegen auch zehn Millionen Euro

im Jahresabschluss fehlen, was machen Sie denn eigentlich dann als Senat? Sie werden gegenüber einem Unternehmen, bei dem Sie sich in Höhe von zehn Prozent Ihres Gesamthaushaltes verbürgt haben, ein Risiko eingehen, Herr Dr. Kuhn, was Sie in Zukunft nicht mehr beherrschen können. Das ist die Auffassung der CDU-Fraktion, und deswegen sagen wir: So geht es nicht!

(Beifall bei der CDU)

Suchen Sie sich einen Partner für die Finanzierung, aber finanzieren Sie es nicht nur zulasten der öffentlichen Haushalte!

Lassen Sie mich auch ein weiteres Stichwort aus der Debatte noch sagen: Die CDU-Bürgerschaftsfraktion, Frau Kummer, hat nie verlangt, dass wir im Zuge der Sparmaßnahmen uns von Exzellenzstudiengängen an der Universität oder den Hochschulen verabschieden. Das ist nicht die Wahrheit. Ich habe aber gesagt, und dazu stehe ich auch: Wenn wir uns diesem enormen Spardruck unterziehen und die gewaltige Aufgabe annehmen wollen, 900 Millionen Euro in zehn Jahren in unserem Haushalt einzusparen, dann bedeutet das natürlich auch, dass wir in einem Bereich, in den ein dreistelliger Millionenbetrag Jahr für Jahr fließt, darüber nachdenken müssen, ob wir uns da noch alles leisten können. Deswegen, sage ich, müssen wir als CDU-Bürgerschaftsfraktion auch in die Debatte einbringen können, darüber nachzudenken, ob wir wirklich alle Studiengänge, die wir an der Universität und den Hochschulen haben, auch in Zukunft brauchen werden.

Ich sage ganz bewusst auch, ich weiß, dass wir uns auch als Bremen im Hochschulpakt zur Schaffung zusätzlicher Studienplätze verabredet haben. Aber ich sage eben auch, ein Land, das sich in einer solchen existenziellen Notlage befindet und das seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im öffentlichen Dienst sagen muss, wir können uns in Zukunft nicht mehr alles leisten, wir erwarten von euch einen Beitrag, das muss dann auch an die bundespolitische Solidarität appellieren können und sagen: Dann können wir leider unsere Verpflichtungen auch aus dem Hochschulpakt eben nicht in vollem Umfang erfüllen, weil wir das Land sanieren wollen und weil wir als Bundesland dauerhaft überleben wollen. Das ist auch die Wahrheit. Die CDU-Fraktion hat die Wahrheit ausgesprochen.

Sie haben heute in der Debatte nicht einen einzigen konkreten Sparvorschlag gesagt. Sie haben immer nur gesagt, was nicht geht. Im öffentlichen Dienst geht es nicht so, wie die CDU es vorschlägt. Bei den Universitäten geht es nicht so, wie die CDU es vorschlägt.

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Gut, dass die CDU nicht regiert, das ist gut!)

Bei den Kliniken geht es nicht so, wie die CDU es vorschlägt. Es geht eigentlich nichts so, wie es die CDU vorschlägt. Meinetwegen! Lassen Sie uns um den besseren Weg streiten, aber machen Sie doch einmal einen einzigen Vorschlag, Frau Kummer, wie es gehen soll.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

In Ihrer Vorlage gibt es nur eine Antwort, und die Antwort heißt: Wir hoffen auf künftige Einnahmesteigerungen. Ich habe nichts dagegen, dass wir die gängigen Steuerschätzungen und die Wirtschaftswachstumsraten auch für die Folgejahre in unseren Haushalt einstellen und abbilden. Ich habe überhaupt nichts dagegen, aber ich habe etwas dagegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass wir uns in unseren Konsolidierungsbemühungen allein auf gesteigerte Einnahmen verlassen. Das haben wir zweimal getan, und deswegen ist die Sanierung unseres Bundeslandes gescheitert, weil wir uns auf den Kanzlerbrief verlassen haben, übrigens mit der SPD-Fraktion, weil wir uns bei dem Konsolidierungspfad auf die zu erwartenden Steuereinnahmen gestützt haben, die nicht eingetreten sind. Meine Damen und Herren, wir sind zweimal mit übersteigerter Erwartungshaltung in der Haushaltskonsolidierung gescheitert. Ich kann nur davor warnen, das noch einmal zu machen. Wer den Haushalt sanieren will, muss an die Ausgaben heran und nicht die Einnahmen heraufschrauben.

(Beifall bei der CDU)

Ich nehme zur Kenntnis, dass auch die heutige Regierungserklärung und auch die Beschlusslage des Senats uns in den Anstrengungen zu strukturellem Sparen nicht weitergeholfen haben. Wir haben in den bisherigen Debatten immer gehört, die Zeit ist noch nicht reif. Heute haben wir gehört, wir haben für 2011 eine Lösung, und wir lösen das Gesamtproblem durch Überrollen von Ausgabeansätzen. Ich kann nicht erkennen, dass das die existenzielle Notlage unseres Bundeslandes auf Dauer lösen wird. Deswegen ist mein dringender Appell für die CDU-Bürgerschaftsfraktion noch: Nehmen Sie die Herausforderungen aus der Föderalismusreformkommission ernsthaft an!

Wir wissen aus den von Ihnen lächerlich gemachten Beteiligungen, die Sie übrigens ja selbst überhaupt nicht durchführen, von Bürgerinnen und Bürgern, dass es die Bereitschaft gibt, ja, dass es sogar die Erkenntnis gibt zu sagen: Wir werden in Zukunft den Gürtel enger schnallen müssen. Wir wissen das von den Rentnerinnen und Rentnern, die auf Rentenerhöhungen verzichten müssen. Wir wissen das von den Menschen, die froh sind, dass sie in diesen schwierigen Zeiten noch Arbeitsplätze haben und die Familieneinkommen sichern können. Wir wissen es von vielen einzelnen Vorschlägen aus über 700 Antworten auf unsere

Briefe, die wir bekommen haben mit teilweise sehr detaillierten, aber sicherlich richtigen Vorschlägen.

Mein Appell ist nur an die Regierungskoalition: Nehmen Sie diese Bereitschaft der Menschen in den beiden Städten unseres Landes ernst, und setzen Sie sich nicht darüber hinweg! Ich bin der festen Überzeugung, dass in Zukunft nicht mehr derjenige bei Wahlen als strahlender Sieger hervorgehen wird, der jedem immer alles verspricht, sondern es werden diejenigen gewählt werden, die den Menschen die Wahrheit sagen, auch wenn sie Zumutungen beinhalten. Die CDU-Bürgerschaftsfraktion ist dazu bereit, und deswegen werden wir der Arbeit in diesem Ausschuss, für den jetzt ja strukturelle Sparmaßnahmen angekündigt worden sind, mit sehr viel Spannung entgegen sehen. Unsere Vorschläge, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind diskutabel und liegen auf dem Tisch. Auf Ihre Vorschläge sind wir gespannt. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Kummer.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Woltemath, zur FDP: Das mit dem Geschäftsführer ist lustig! Ich kenne ja Ihr Bundestagswahlprogramm, wo Sie groß ankündigen, dass, ich weiß nicht wie viel, Stellen im öffentlichen Dienst im Bund eingespart werden sollen. Jetzt sind es, glaube ich, 1 000 Stellen mehr. Man kann sich das dann auch genau im Entwicklungshilfeministerium anschauen, das jetzt so eine Art zwölfte Kompanie oder so etwas Ähnliches wird, keine Ahnung!

(Abg. D r. M ö l l e n s t ä d t [FDP]: Was hat das mit Bremen zu tun?)

Dann das hier Bremen zu sagen, finde ich schon ein bisschen komisch. Nein, das hat etwas mit Glaubwürdigkeit zu tun, Herr Woltemath.

(Beifall bei der SPD)

Dann zum Geschäftsführer sparen: Vielleicht haben Sie es auch nicht mitbekommen, einer der Vorschläge – jetzt auch Richtung CDU, es gab Vorschläge, vielleicht haben Sie nicht richtig zugehört –, die der Senat gemacht hat, ist, BEB und Stadtgrün zusammenzulegen, ergo wird dann ein Geschäftsführer eingespart.

Das wird so sein. Sie fragen immer nach konkreten Vorschlägen. Es gab da eine ganz lange Liste von Vorschlägen. Ich sagte es eben, Finanzämter zusammenlegen.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Das bringt doch nichts! – Abg. Frau B u s c h [SPD]: Eine dusselige Bemerkung von Ihnen! – Abg. R ö w e k a m p [CDU]: „Dusselig“ ist un- parlamentarisch! Wenn Sie etwas Schlau- es zu sagen haben, melden Sie sich! – Abg. Frau B u s c h [SPD]: Sie können sich nicht benehmen!)

Also, die Finanzämter zusammenlegen, was für ein mühsames Geschäft! Ich weiß nicht, ob Sie damals, Herr Röwekamp, die Vorlage gelesen haben, wo es um Finanzamt 2010 ging, Landeshauptkasse, da habe ich gedacht, Herrgott, was für ein mühsames Geschäft, wie anstrengend! Was für ein löbliches Vorhaben, dass man es vielleicht schafft, da eine Struktur voranzubringen.

Noch ein weiterer Vorschlag: Bürgermeister Böhrnsen hat das Musikfest angesprochen. Auch dort müssen wir schauen, ob wir zu Einsparungen kommen. Sie haben offensichtlich nicht zugehört. Herr Röwekamp, noch einmal: Sie werfen uns vor, wir sparen nicht. Wenn Sie sich die Vorlage anschauen, steht am Ende minus 96 Millionen Euro.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Durch Einnahmesteigerung!)

Nein, Einnahmen und Ausgaben gehören doch zusammen. Herrgott, darüber müssen wir doch jetzt hier nicht streiten.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Irgendwie gehört alles zusammen!)

Am Ende steht minus 96 Millionen Euro. Das, finde ich, ist eine große Summe. Wenn Sie das jetzt hier kleinreden wollen, dann verstehe ich nicht, was Sie dann da noch stehen haben wollen, als wenn wir 96 Millionen Euro einsparen. Bei den sonstigen konsumtiven Ausgaben steht minus elf Millionen Euro, bei den Investitionsausgaben minus zehn Millionen Euro. So könnte man das weiter fortführen. Sie haben offensichtlich die Vorlage nicht richtig gelesen. Sie haben nicht richtig zugehört.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich sage hier noch einmal für die SPD-Bürgerschaftsfraktion: Ja, wir nehmen die Herausforderung an. Wir denken, dass wir das schaffen werden, und

wir tun hiermit den ersten Schritt bis 2020. – Danke schön!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rupp.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn der Sohn des Kollegen Röwekamp, sagen wir einmal, aus unerfindlichen Gründen zehn Jahre lang gleich alt bleibt, und er ist zehn Jahre lang auf Taschengeld angewiesen,

(Abg. I m h o f f [CDU]: Dann ist das die „Blechtrommel“!)

und er bekommt, ich sage einmal – Herr Röwekamp ist ja großzügig und bekommt demnächst als Fraktionsvorsitzender ja auch noch mehr Geld –, 20 Euro die Woche. In zehn Jahren wird er feststellen, dass er sich für diese 20 Euro nicht mehr so viel kaufen kann wie heute.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/ Die Grünen]: Ach nein!)

Das, Herr Röwekamp, ist eine reale Kürzung. Ich will das nur noch einmal vorrechnen, weil Herr Röwekamp behauptet, in dem Konzept der Landesregierung gibt es keine Kürzung. Das ist Quatsch. Es ist im Detail aufgeführt, wo gekürzt werden soll. Es ist aufgeführt, wie viele Menschen ihren Arbeitsplatz verlieren sollen beziehungsweise wie viele Stellen gestrichen werden sollen, und es ist im Detail aufgeführt, und ich habe es nachgerechnet, bis 2020 sind es im konsumtiven Teil ungefähr 250 Millionen Euro, die dann nicht mehr zur Verfügung stehen. Es ist also einfach nicht richtig, dass dieses Konzept keine Kürzungen vorlegt. Nicht dass ich das richtig finde, aber es ist so, dass Sie ganz deutlich kürzen, dass Sie von Sozialabbau sprechen, dass Sie von Arbeitsplatzvernichtung reden und von anderen Dingen mehr.

Das Zweite ist, es geht nicht um ein Spiel, was man sich kaufen kann oder nicht. Es geht um Grundversorgung und um das Essen, und deswegen wird es auch nicht vom Taschengeld bezahlt, und deswegen ist es die Frage der Ausgaben, keine des Taschengelds.

Jetzt haben Sie gerade eben solch eine wunderbare Rechnung aufgemacht, dass er sich das Spiel kaufen kann, wenn er viel Geld ausgibt. Ich erinnere an einen Trick, den wir heute noch immer spüren. Es hat Zeiten gegeben, da haben Sie hier mit regiert ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.