Diese Praxis ist nicht nur schädlich für die Demokratie, sondern sie läuft auch der Funktion des Rechnungshofs als unabhängige Instanz der Finanzkontrolle zuwider, die allein dem Gesetz unterworfen sein darf. Deshalb werde ich, wie bereits angekündigt, Herrn Meyer-Stender wählen.
Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Als die Debatte mit den Kollegen Röwekamp und Woltemath angefangen hat, habe ich gedacht, das ist eine Ebene, auf der man sich hier in der Tat austauschen kann. Nach den beiden darauffolgenden Redebeiträgen kann ich nur mein Befremden darüber zum Ausdruck bringen, dass Sie zum einen nicht lesen können, zum anderen sich in ungehöriger Art und Weise über meine ehemalige Kollegin Wiedemeyer geäußert haben und dass ich ganz ehrlich nicht möchte, dass Sie öffentlich über Menschen so urteilen, wie Sie das eben getan haben!
Die Kollegen Röwekamp und Woltemath haben das Verfahren beschrieben, das uns zum heutigen Tag gebracht hat: Der Bürgerschaftsvorstand schlägt Ihnen zwei Kandidaten vor, Herrn Meyer-Stender sowie Frau Wiedemeyer. Nach den Feststellungen des bisherigen Verfahrens – und deshalb wäre es gut gewesen, dass Sie die übersandten Unterlagen gelesen hätten – verfügen beide Kandidaten zweifelsfrei über die nach der Ausschreibung erforderlichen Qualifikationen. Nunmehr müssen die Abgeordneten dieses Hauses entscheiden, wen sie in das Kollegium des Rechnungshofs wählen wollen. Ich habe in meinem Brief an Sie deutlich zum Ausdruck gebracht, dass ich Frau Wiedemeyer für die am besten geeignete Bewerberin für dieses Amt halte. Sowohl ihre akademische Qualifikation als Wirtschafts- und Finanzwissenschaftlerin als auch ihre persönliche Eignung sind für mich über jeden Zweifel erhaben.
Viele von Ihnen kennen Frau Wiedemeyer noch aus ihrer aktiven Zeit als Parlamentarierin und können diese Überzeugung allen parteipolitischen Erwägungen zum Trotz sicherlich teilen. Dass andere in diesem Haus zu einer anderen Auffassung gelangt sind, kann ich verstehen, ich teile es nicht. Es mag einem anderen Verständnis von der Funktion des Rechnungshofs geschuldet sein, das mag aber vielleicht auch der partiellen Wertung von Qualifikationsprofilen geschuldet sein, da kann man in einem Abwägungsprozess mit Sicherheit unterschiedlicher Meinung sein.
Ich habe deutlich gemacht, welchen Abwägungsprozess ich durchlaufen habe und warum ich gleich zu meiner Wahlentscheidung kommen werde. Ich will aber an dieser Stelle nicht verhehlen, dass ich, anders als eben in den Redebeiträgen angeklungen ist, glaube, dass die bisherige öffentliche Berichterstattung im Zusammenhang mit dem Besetzungsverfahren nicht nur dem Amt des Vizepräsidenten gegenüber völlig unangemessen war, sondern dass es auch mit dem Blick auf die Bewerberin und die Position des Rechnungshofs unwürdig gewesen ist.
Ich bin mir darüber hinaus sicher, dass diese veröffentlichte Meinung Wirkung bei der bisherigen Meinungsbildung in den einzelnen Fraktionen gehabt hat. Insbesondere die zum Vorwurf gewendete Tatsache, dass Frau Wiedemeyer bis 2007 Mitglied dieses Hauses gewesen ist, ist natürlich in den Diskussionen ein entscheidendes Kriterium gewesen. In anderen Bundesländern oder auch auf Bundesebene – das noch einmal zu unserem braunen dynamischen Duo dort hinten! – ist es eine Selbstverständlichkeit, dass ehemalige Abgeordnete ihr bei der parlamentarischen Budgetkontrolle erworbenes besonderes Wissen und Können an herausgehobener Position auch in die jeweiligen Rechnungshöfe einbringen.
Prominentestes Beispiel ist der amtierende Vizepräsident des Bundesrechnungshofs, Herr Hauser. Der ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete wurde aus seinem Mandat heraus berufen. Aber auch in Sachsen, Thüringen und in anderen Bundesländern arbeiten ehemalige Parlamentarierinnen und Parlamentarier an den Spitzen der Rechnungshöfe, so beispielsweise Herr Prof. Binus, CDU, seit März 2010 Präsident des sächsischen Landesrechnungshofs. Er war von 1990 bis 1994 CDU-Landtagsabgeordneter, schied dann aus, um seine Tätigkeit als Rechnungshofdirektor anzutreten. Aus dieser Funktion heraus wurde er Vizepräsident des Rechnungshofs im Land Sachsen. Oder Herr Gerstenberger, Fraktion DIE LINKE, seit Januar 2010 stellvertretender Rechnungshofpräsident in Thüringen. Von 1990 bis 2009 gehörte er dem Thüringer Landtag an. Das ist aber ja alles wahrscheinlich bekannt, zumindest der Mehrheit des Parlaments.
Wir alle wissen, ein Parlamentssitz ist und soll immer ein Mitwirken auf Zeit sein. Für uns alle gibt es deshalb eine Zeit nach dem Mandat. Ein Wiedereinzug in die Bürgerschaft ist von vielen Fährnissen abhängig. Manche von uns werden das Parlament aufgrund eigener freier Entscheidung, andere infolge von Mehrheitsentscheidungen ihrer Parteien oder Wahlergeb
nissen gezwungenermaßen verlassen. Ich bin – und ich hoffe, dass Herr Röwekamp das eben ehrlich gemeint hat – fest davon überzeugt, wenn jemand alle fachlichen Voraussetzungen erfüllt, dann darf eine aktuelle oder ehemalige Abgeordnetentätigkeit kein Bewerbungsnachteil sein.
Die SPD-Fraktion hat ihre Fraktionsbindung ausdrücklich aufgehoben und die anderen Fraktionen gebeten, diesem Beispiel zu folgen. Gleichzeitig ist eine geheime Wahl beantragt. Ich spreche jetzt nicht für die SPD-Fraktion, sondern für mich: Ich habe meine Wahlentscheidung getroffen! Ich bin mir sicher, dass der Ex-Abgeordnetenstatus von Frau Wiedemeyer kein Nachteil ist, sondern einen Gewinn für das Präsidium des Rechnungshofs darstellt. Bei einem vergleichbaren Qualifikationsportfolio kann es im Übrigen auch nicht schaden, den Anteil von Frauen in Führungspositionen zu erhöhen.
Frau Wiedemeyer hat als Abgeordnete oftmals auch zum Leidwesen ihrer eigenen Fraktion ihre Unabhängigkeit und ihren kritischen Blick auf politische Prozesse unter Beweis gestellt. Auch dies dürfte einen Zusatznutzen für den Rechnungshof darstellen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es liegt nun an Ihnen, Ihre individuelle Abwägungsentscheidung zu treffen. Sie können Frau Wiedemeyer oder Herrn Meyer-Stender wählen. Treffen Sie Ihre Wahl klug, treffen Sie Ihre Wahl weise. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein bisschen anders, als ich es insgeheim befürchtet hatte, ist das – mit den beiden Ausnahmen, die schon beschrieben worden sind – eine sowohl der Wahl, den Personen als auch dem ganzen Vorgang angemessene Debatte, und ich möchte mich ausdrücklich bei meinen Vorrednern dafür bedanken – mit diesen beiden Ausnahmen von Herrn Timke und Herrn Tittmann –, dass diese Debatte bis hierhin so geführt worden ist.
aber auch das Ernstnehmen von uns selbst, indem wir Verfahren, die wir einmal in Gang setzen, ordentlich und vertrauensvoll miteinander zu Ende bringen, dass wir nicht draußen herumlaufen und dieses Verfahren mit Worten wie zum Beispiel Filz belegen, oder was sonst noch gesagt worden ist, weil es findet sich im Verfahren selbst meines Erachtens keine Spur davon.
Die Koalition hat neben inhaltlichen Schwerpunkten in ihrem Koalitionsvertrag von Anfang an einen hervorragenden Wert auf die Auswahl qualifizierter Persönlichkeiten für herausragende Posten in Bremen gelegt, und ich finde, das ist uns, und ich sage es extra dazu, ganz oft im Einvernehmen mit der Opposition gelungen. In den letzten drei Jahren hat es sich aus einer Reihe von Zufällen ergeben, dass viele der leitenden Positionen in Bremen neu zu besetzen waren, diese wurden wirklich mit hervorragenden Männern und Frauen besetzt.
Ich bin, ehrlich gesagt, stolz darauf, dass wir heute eine neue Landesdatenschutzbeauftragte, eine neue Präsidentin des Landesrechnungshofs, einen Polizeipräsidenten, einen Intendanten von Radio Bremen, einen Flughafenchef, einen Chef der Wirtschaftsförderung haben, und ich könnte ganz lange hier stehen und Aufzählungen machen – ich möchte denen, die ich jetzt nicht erwähne, nicht zu nahe treten, ich habe nur nicht so viel Redezeit –, wir haben sehr viele dieser absolut wichtigen Topjobs in Bremen hervorragend besetzt. In den meisten Fällen hat die Opposition diese Auswahl auch geteilt, das heißt, dieser Schwerpunkt – Bremen wird auch vorangebracht, indem wir hervorragende Männer und Frauen in hervorragende Positionen heben – ist ein Pfeiler dieser Koalition, und auch in diesem Verfahren ist an dieser Grundmaxime dieser Koalition überhaupt nichts zu deuteln, und mit der Auswahl beider Kandidaten wäre im Prinzip dieser Kurs, hervorragende Leute in hervorragende Stellen, ganz klar und eindeutig weitergeführt, egal, was heute bei dieser Abstimmung dabei herauskommt, meine Damen und Herren!
Wir haben, und das waren der Sinn und der Geist dieses Verfahrens, wie es heute hier vorgelegt worden ist, keine Fraktionsabstimmung herbeigeführt, wir haben keine Probeabstimmung gemacht, sondern wir haben es so gemacht, wie wir es auch offiziell und öffentlich gesagt haben, wie es in diesem Hause heute ist. Jeder und jede Abgeordnete wird heute eine Entscheidung treffen, am Ende werden wir auszählen, werden wir eine Mehrheit sehen, und dann werden
wir eine Vizepräsidentin oder einen Vizepräsidenten des Rechnungshofs der Freien Hansestadt Bremen haben. Ich bitte dann alle, dieses Ergebnis so zu respektieren, wie es zustande kommt, das Verfahren ist jetzt genauso gewählt worden, und dann die Diskussion um den Rechnungshof, um seine Vizepräsidentschaft und um die Personalpolitik in diesem Bereich auch einzustellen.
Lassen Sie mich zu dem, was Herr Tittmann hier gesagt hat, Kollege Tschöpe hat eigentlich das Wesentliche gesagt, doch noch einmal sagen: Ich finde, wir können stolz darauf sein, dass wir auch in Auseinandersetzungen untereinander in den fünf Fraktionen hier im Hause niemals, und ich betone niemals, ein solch niedriges Niveau, wie es heute von ihm hier an den Tag gelegt worden ist, erreichen, sondern dass wir uns auch in solch schwierigen Debatten sachlich miteinander auseinandersetzen. Darauf bin ich stolz! – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit!
Der Antrag der Fraktionen der CDU, DIE LINKE und der FDP mit der Drucksachen-Nummer 17/1282 ist erledigt durch die Mitteilung des Vorstands der Bremischen Bürgerschaft, Drucksache 17/1285.
Meine Damen und Herren, gemäß Artikel 133 a Absatz 3 der Landesverfassung sowie Paragraf 4 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 des Gesetzes über die Rechnungsprüfung der Freien Hansestadt Bremen werden die Mitglieder des Rechnungshofs von der Bürgerschaft gewählt und sind vom Senat zu ernennen.
Ich weise darauf hin, dass nach Artikel 90 Satz 1 der Landesverfassung die Bürgerschaft ihren Beschluss mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen fasst.
Nach Paragraf 58 Absatz 2 der Geschäftsordnung wird über Wahlvorschläge offen abgestimmt, es sei denn, ein Mitglied der Bürgerschaft widerspricht. In diesem Fall erfolgt eine geheime Abstimmung. Die Fraktion der SPD hat der offenen Abstimmung widersprochen, sodass geheime Abstimmung durchzuführen ist.
Meine Damen und Herren, gemäß Paragraf 58 Absatz 4 der Geschäftsordnung erfolgt die geheime Abstimmung mit Stimmzetteln in Wahlkabinen.
Zum Wahlverfahren lassen Sie mich kurz noch einige Anmerkungen machen! Die Wahl erfolgt durch Kennzeichnung eines Vorschlags in dem dafür auf dem Stimmzettel vorgesehenen Feld. Fehlt eine Kennzeichnung, gilt diese Stimme als Enthaltung. Falten Sie den Stimmzettel in der Wahlkabine und stecken
Sie ihn dort in den mitgegebenen Wahlumschlag. Begeben Sie sich dann zu dem Tisch, auf dem die Wahlurne aufgestellt ist, und werfen den Stimmzettel in die Wahlurne.
Ich weise noch darauf hin, dass die Schriftführerinnen Stimmzettel zurückzuweisen haben, die erstens außerhalb der Wahlkabine gekennzeichnet oder in den Wahlumschlag gelegt wurden, zweitens nicht in den Wahlumschlag gelegt wurden, drittens sich in einem Wahlumschlag befinden, der offensichtlich in einer das Wahlgeheimnis gefährdenden Weise von den übrigen abweicht oder einen deutlich fühlbaren Gegenstand enthält.
Stimmzettel, die Zusätze oder Kennzeichnungen enthalten, sind ungültig, wenn sie den Willen der Wählerin oder des Wählers nicht zweifelsfrei erkennen lassen oder die Wählerin oder der Wähler erkennbar wird. Ein Stimmzettel ist auch ungültig, wenn er mehr Kennzeichnungen als zu Wählende enthält.
Sollte sich ein Abgeordneter/eine Abgeordnete beim Ausfüllen des Stimmzettels verschreiben, kann er/sie gegen Rückgabe des alten Stimmzettels einen neuen Stimmzettel erhalten.
Meine Damen und Herren, ich eröffne den Wahlgang für die Vizepräsidentin/den Vizepräsidenten des Rechnungshofs. Ich rufe jetzt alle Abgeordneten nach dem Alphabet namentlich auf und bitte die so aufgerufenen Damen und Herren, die Wahl vorzunehmen! Gleichzeitig bitte ich die Schriftführerinnen, an der Ausgabe der Stimmzettel und an der Wahlurne Platz zu nehmen!