Protokoll der Sitzung vom 17.06.2010

Dennoch sehe ich eben Unterschiede in der Sache. Ich finde schon, das sind die beiden Probleme des antieuropäischen Populismus, auf der einen Seite den Popanz aufzubauen – da ist ein riesiges Bürokratiemonster, das sich immer mehr anmaßt – und auf der anderen Seite das, was hier so getan wird, wir brauchen ein „weg mit der Bürokratie“, damit endlich mehr Wettbewerb herrschen kann, ich glaube, das ist einfach die falsche Grundtonalität. Deswegen habe ich das herausgegriffen, aber ich gehe davon aus, dass es ja nicht das letzte Mal ist, dass wir zu dem Thema diskutieren hier in diesem Hohen Haus. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Jetzt wählt Herr Möllenstädt doch Herrn Wulff!)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Als Erstes lasse ich über den Entschließungsantrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD abstimmen.

Wer dem Entschließungsantrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD mit der DrucksachenNummer 17/1310 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, Bündnis 90/Die Grünen und DIE LINKE)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen CDU, FDP und Abg. T i t t m a n n [parteilos])

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Entschließungsantrag zu.

Nun lasse ich über den Antrag der Fraktion der FDP abstimmen.

Wer dem Antrag der Fraktion der FDP seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür FDP)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grü- nen, DIE LINKE und Abg. T i t t m a n n [parteilos])

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag ab.

Jetzt lasse ich über den Antrag der Fraktion der CDU abstimmen.

Wer dem Antrag der Fraktion der CDU mit der Drucksachen-Nummer 17/1353 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür CDU)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und DIE LINKE)

Stimmenthaltungen?

(FDP und Abg. T i t t m a n n [parteilos])

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag ab.

Bevor ich den Tagesordnungspunkt 5 aufrufe, möchte ich Ihnen mitteilen, dass interfraktionell Einverständnis darüber erzielt worden ist, die miteinander verbundenen Tagesordnungspunkte 15, Individuelle Hilfen für Menschen mit Behinderrungen stärken – Transparenz und Wirtschaftlichkeit schaffen, sowie außerhalb der Tagesordnung, Zeitgemäße Unterstützung von Menschen mit Behinderung – Eingliederungshilfe weiterentwickeln, für die heutige Sitzung ausgesetzt werden.

Es besteht Einverständnis. Dann verfahren wir so.

Keine Entscheidungen über die Einleitung salzhaltiger Abwässer der Kali-Industrie ohne alle Anrainer der Flussgebietsgemeinschaft Weser

Mitteilung des Senats vom 6. April 2010 (Drucksache 17/1243)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Senator Dr. Loske.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Bohle-Lawrenz.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Fast könnte ich sagen,

einen haben wir noch, denn ohne Europa wäre dieses Thema auch nicht auf der Tagesordnung. Es geht hier um die Einleitung von Abwässern, und der Titel, der schon so schwierig klingt, stellt ein Problem dar, das einen Entscheidungsprozess begleitet, der von Bremen aus nur bedingt beeinflussbar ist, da es sich um eine Länderregelung handelt, aber Bremen doch großräumig beeinflusst. Dieses Ganze ist in den Landtagen in Niedersachsen, Thüringen und Hessen und auch hier schon debattiert worden. Eine Senatsvorlage ist jetzt der weitere Anlass.

Zur Historie der Ursache: Die Kali-Förderung geht auf den Anfang des 19. Jahrhunderts zurück. Aber zur neueren Geschichte! Nach dem Zusammenbruch der Kali-Industrie in Thüringen und dem Fall der Mauer kam es zur Reduzierung des Salzeintrags, und das führte auch zur deutlichen Verbesserung der Wasserqualität in der Weser.

Zum Unternehmen: Kali und Salz übernahm die Federführung der Produktion nach dem Zusammenbruch der DDR. Das ist ein Bergbauunternehmen aus Hessen, das an der Börse gehandelt wird, das sich auf die Förderung von Salz und Kalisalz spezialisiert hat. Kalisalz ist einer der am meisten exportierten Rohstoffe Deutschlands und ein Düngemittel, das bei weiter wachsender Weltbevölkerung weiteren Nahrungsmittelbedarf mit decken kann. Langfristig ist dadurch der Düngemittelbedarf natürlich gegeben. Dafür stehen in Nordhessen bis 2050 weitere Kapazitäten zur Verfügung.

Zu der Produktion an sich für den Standort: Die Steuereinnahmen vor Ort kommen der Regionalstruktur zugute. Die Anzahl der Beschäftigten variiert je nach Quelle zwischen 4000 und 8500. Die Höhe der Ausgaben für Gehälter und Sachleistungen des Unternehmens wurden mit 700 Millionen Euro pro Jahr beschrieben. 2008 soll das Unternehmen einen Gewinn von einer Milliarde Euro gemacht haben. Die Krise ist dort natürlich auch angekommen, jedoch wird wie in anderen Branchen auch 2010 wieder mit einem steigenden Ertrag zu rechnen sein. Das alles sind gute Zukunftsaussichten für wirtschaftliches und verantwortungsvolles Handeln.

Allerdings fallen täglich große Mengen salzhaltigen Wassers – 200 Lkw-Ladungen – an, die überregional, also auch hier auf uns, Auswirkungen haben. Bisher wurde mit dem Abfall folgendermaßen umgegangen, ich nenne hier nur drei Beispiele, es gibt da viele verschiedene Varianten: Eine Variante, die uns direkt beeinflusst, war die Abwassereinleitung in die Werra und damit auch in die Weser. Es sind große Halden angelegt, also weiße Berge, Monte Kalis, in ungefährer Höhe der Mittelgebirge, die weithin sichtbar sind, und die Abwasserlösungen sind auch in Kavernen, also unterirdischen Höhlen verpresst worden. Dass die Höhlen selten dicht sind, hat uns die Asse gelehrt, und auch hier hat das entsprechende ökologische Folgen vor Ort. Die Verunreinigung der

Flüsse Weser und Werra und des Grundwassers und des Oberflächenwassers werden mit hingenommen.

Wir müssen allerdings auch darauf achten, dass eine starke Störung der Flussökosysteme durch diese Abwässer impliziert wird, dadurch reduzieren sich die Arten floristisch und faunisch. In der Landwirtschaft kommt es zu Nutzungseinbußen, denn wir alle wissen, wie sich Salzeintrag auf Pflanzen, auch durch Streuen im Winter, auswirkt. Die abgestorbenen Straßenbäume kennen wir auch aus der Großstadt. An das ursprüngliche Ziel der Gewinnung von Trinkwasser aus der Weser ist bei der aktuellen Lage nicht zu denken.

Die Gesamtproduktion hier vor Ort mit ihren negativen Auswirkungen steht im krassen Widerspruch auch zu juristischen Vorgaben, da sei als Erstes die EU-Wasserrahmenrichtlinie genannt, danach sind Strategien zu erarbeiten, um das Gewässer zu entlasten, Vorgaben zu erstellen zum Herstellen einer guten Wasserqualität. Deren Umsetzung ist in den einzelnen Wasserhaushaltsgesetzen der Länder geregelt. Bei uns ist dies das Bremische Wasserhaushaltsgesetz, und dort sind das Verbesserungsgebot und das Verschlechterungsverbot niedergeschrieben.

Das Verursacherprinzip hat hier auch zu greifen und Artikel 14 Grundgesetz, das sollte auch für ein DAX-notiertes Unternehmen gelten. Danach verpflichtet nämlich das Eigentum und hat der Allgemeinheit zu dienen. Da hier der Konflikt zwischen Ökonomie und Ökologie ganz deutlich auf dem Tisch liegt, wurde von den Landtagen ein runder Tisch eingerichtet. Dessen Zusammensetzung und Weiteres ist hier in dieser Broschüre nachzulesen. Neben den technischen Verfahren hat sich aus dem Ergebnisprotokoll des runden Tisches ein Lösungsansatz ergeben, der eine Nordseepipeline parallel zur Gasleitung der Midal befürworten würde, die sowieso das Gas von der Nordsee Richtung Süddeutschland bringt.

Aktuell möchte ich noch einen Beschuss des Landtags in Thüringen erwähnen, dort wird noch einmal das Verursacherprinzip bekräftigt. Das heißt, dass Kali und Salz entsprechend für die Kosten des Rückbaus der Schädigungen aufzukommen hätten, und ich denke, diesen Beschluss können wir durchaus begrüßen. Allerdings sehe ich es als dringend notwendig an, dass Bremen weiter am runden Tisch mit teilnimmt. Wenn das Verhandeln langfristig nichts mehr nützt, würde ich auch anraten, dass bei der Rechtslage eventuell an eine Klage zudenken ist. – Danke schön!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Speckert.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben schon einige Male hier in der Bürgerschaft über das Thema Weserversalzung diskutiert. Bereits im Oktober 2007 haben wir einen Beschluss gefasst, der sich gegen die Einleitung von 700 Kubikmetern salzhaltiger Abwässer jährlich in der Werra ausspricht.

(Beifall bei der CDU)

Zur Historie hatte meine Kollegin Frau BohleLawrenz ja soeben auch schon einiges gesagt. Um sich dieser Problematik anzunehmen, wurde ein runder Tisch gegründet, der mit verschiedenen Fachleuten besetzt ist. Dieser runde Tisch hat die Aufgabe, nachhaltige Lösungsvorschläge zur Verbesserung der Wasserqualität in Werra und Weser zu erarbeiten. Dabei sollen Kriterien, Ziele und Instrumente der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie ebenso angemessen berücksichtigt werden wie die wirtschaftlichen Interessen der Region. Wichtig ist auch, Vertrauen und Akzeptanz zu schaffen, und das Finden einer tragfähigen Lösung. Des Weiteren hat der runde Tisch die Aufgabe, die Diskussion zu versachlichen.

Nach fast zwei Jahren intensiver Diskussion hat der runde Tisch eine Empfehlung abgegeben, erstens, die lokale Entsorgung des unvermeidbaren Salzwassers schnellstmöglich, spätestens aber ab 2020 vollständig einzustellen, zweitens, die zurzeit verfügbaren technischen Potenziale zur effektiven Verringerung des bei der Kaliproduktion anfallenden Salzwassers baldmöglichst umzusetzen, drittens, die Entsorgung des nach Umsetzung dieser Maßnahmen weiter anfallenden Salzwassers durch den Bau einer Fernleitung an einem ökologisch verträglichen Einleitungspunkt im Bereich der Nordsee sicherzustellen.