Protokoll der Sitzung vom 26.08.2010

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Güngör.

Herr Röwekamp, Sie sagten eben, es macht Sie nachdenklich, dass hier so eine Debatte geführt wird. Es macht mich und meine Fraktion nachdenklich, dass Sie auf diese Art und Weise versuchen, die Öffentlichkeit klar zu täuschen. Das geht so nicht, Herr Rohmeyer!

Herr Rohmeyer saß ja nicht mit am Konsenstisch, dafür bin ich sehr dankbar, das hätte wahrscheinlich mit dem Konsens nicht funktioniert.

(Abg. R o h m e y e r [CDU]: Was haben Sie da gemacht? Kaffee gekocht?)

Da bin ich sehr dankbar, dass Herr Röwekamp gemeinsam mit Herrn Kastendiek und später noch mit einem anderen Mitglied Ihrer Fraktion am Tisch saß. Da haben wir, glaube ich, unabhängig von der Parteizugehörigkeit sehr gute Gespräche, was die qualitative Weiterentwicklung des Bildungssystems angeht, geführt. Sie werfen uns ständig etwas vor. Sie legen hier ein Sofortmaßnahmenprogramm vor, Herr Rohmeyer, und haben eben behauptet, ich wäre darauf nicht eingegangen. Ich habe zehn Punkte davon in meinem ersten Redebeitrag benannt und habe kommentiert, warum wir das nicht mittragen können. Da haben Sie wahrscheinlich wieder nicht zugehört.

Wir haben uns ein Jahr lang im Fachausschuss über die qualitative Weiterentwicklung, nicht über die Schulstruktur unterhalten. Ich weiß nicht, das ist für Sie immer das spannendste Thema, damit Sie sich als Retter hinstellen können. Wir haben uns ein Jahr lang über die qualitative Weiterentwicklung der Schullandschaft unterhalten, und deshalb haben wir einen Schulentwicklungsplan beschlossen. Erinnern Sie sich noch daran? Ich habe ihn mit, ich schenke Ihnen den gern, wenn Sie ihn nicht haben. Ich gebe ihn auch gern dem Fraktionsvorsitzenden, der so eine schlechte Beratung haben muss, dass er – ich wiederhole es noch einmal – dreimal in der ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Öffentlichkeit falsche Aussagen macht. Sie sagen, die Sprachförderung wäre nicht verbindlich geregelt. Ich wiederhole es noch einmal: Paragraf 33, wenn ich es jetzt richtig habe – –.

(Abg. R o h m e y e r [CDU]: Vorhin war es noch 36!)

Entschuldigung, Paragraf 36!

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Und was ist, wenn jemand nicht daran teilnimmt? Was passiert dann?)

Sie sprechen im Interview davon – ich habe es mit, falls Sie sich auch daran nicht mehr erinnern, Sie haben ja eine gewisse Amnesie, die Sie hier heute an den Tag legen –, die Sprachförderung wäre nicht verbindlich geregelt. Sie ist gesetzlich geregelt, und zwar für jedes Kind.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Das müssen Sie auch einmal zur Kenntnis nehmen!

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Was passiert mit den zehn Prozent, die nicht daran teil- nehmen?)

Die werden nachgetestet, Herr Röwekamp! Sie können das gleich noch einmal bilateral ausdiskutieren, aber die Kinder, Herr Röwekamp, werden nachgetestet. Jedes Kind bekommt mit Rot-Grün und dem, was wir beschlossen haben, Sprachförderung, und das ist doch wichtig. Erwecken Sie doch nicht in der Öffentlichkeit den Eindruck, dass wir in diesem Bereich nichts machen würden!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wir stellen 3,6 Millionen Euro zur Verfügung, und wir haben es vor allen Dingen gesetzlich festgeschrieben.

(Zurufe von der CDU)

Ich finde, Sie sollten sich noch einmal mit den Qualitätsmerkmalen im Bremer Konsens im Schulentwicklungsplan auseinandersetzen und das noch einmal mit Ihrem Antrag, den Sie hier heute vorlegen, abgleichen.

Ein Punkt noch: Ich habe bisher immer nur Ihre Inhalte kritisiert, Herr Röwekamp. Ich habe die Inhalte, die Sie in Ihrem Interview wiedergegeben haben, kritisiert: Erstens, Ihren Irrtum, dass die Sprachförderung nicht verbindlich geregelt wird,

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Nein, eben nicht!)

zweitens, Ihre falsche Berechnung, was die Bildungsausgaben im Land Bremen angeht, und drittens, dass Sie im Dezember eine PISA-Vergleichsstudie erwarten, aus der Sie für Bremen Konsequenzen ziehen. Drei Punkte, bei denen Sie sich auf dem Holzweg befinden! Sie stellen sich hier aber hin und werden persönlich und fragen, was eigentlich meine bildungspolitische Qualifikation wäre. Ich glaube, meine ist bestimmt anders als die Ihres bildungspolitischen Sprechers, das ist richtig,

(Zurufe des Abg. I m h o f f [CDU])

aber dass Sie hier persönlich werden, zeigt Ihren Charakter und Ihre Art und Weise, damit umzugehen, aber auf dieses Niveau werde ich mich nicht begeben!

(Abg. I m h o f f [CDU]: Ihr Niveau ist schon unterste Kellertreppe!)

Kommen Sie bitte mit Argumenten und mit Inhalten! Darüber können wir uns gern austauschen. Erklären Sie doch einmal, wie Sie im Dezember aus der Vergleichsstudie Konsequenzen ziehen wollen! – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Ich habe gesagt, ich will bis dahin Konse- quenzen haben!)

Als nächste Rednerin hat das Wort Frau Senatorin Jürgens-Pieper.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eigentlich wollte ich meine Rede damit beginnen, dass ich Herrn Rohmeyer mein Bedauern aussprechen muss. Ich habe eine solche Rolle auch schon einmal in einem anderen Parlament gehabt, wenn der Fraktionsvorsitzende oder -chef etwas gesagt hat, und man muss dann selbst dafür in die Bütt. Nun ist er aber selbst in die Bütt gegangen. Was macht man eigentlich als CDU-Chef und -Fraktionsvorsitzender, wenn man der Bildungssenatorin ein Ultimatum gestellt hat? Ein Ultimatum, das auf falschen Annahmen beruht, nämlich als Erstes auf der Annahme, wir wollten so weitermachen, oder ich hätte gar gesagt, wir haben alles richtig gemacht! Um Gottes Willen, das haben wir nicht gesagt! Genau deshalb erkläre und analysiere ich doch so sorgfältig, was eigentlich noch falsch läuft, was wir weiterhin anders machen, an Maßnahmen ergänzen müssen. Stichwort Lesekompetenz: Wir haben eine Pressemitteilung, die vielleicht ein bisschen lang ist, das

gebe ich zu. Auf Seite 9 und 10, nachdem die Analyse geleistet worden ist,

(Lachen bei der FDP)

finden Sie, lieber Herr Röwekamp, aber die Perspektiven für das Land Bremen, und ich bin gern bereit – Sie haben mich in die Fraktion eingeladen –, dies ausführlicher, als es diese Debatte erlaubt, darzulegen. Da finden Sie vier große Felder, von denen wir meinen, dass sie ergänzend zu dem, was wir soeben alles diskutiert haben, sein müssen, einiges ist schon genannt worden. Es sind große Felder, die sicherlich weit in die nächste Legislaturperiode hineinragen, die aber natürlich möglichst unterschiedlich in der Schnelligkeit angeschoben werden müssen. Dort steht, und ich hätte mir gewünscht, dass Sie das gelesen hätten und nicht nur den „Weser-Kurier“, erstens, Ausbau der verbindlichen Sprachförderung für mehr Schülerinnen und Schüler, und jetzt sage ich Ihnen, Ihre populistische Maßnahme, jetzt ein Bußgeld zu fordern, bringt kein einziges Kind weiter voran, was die Sprache angeht.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wir werden jedes Kind, das in die Schule kommt, testen und im Zweifelsfall dann, wenn es in die Schule kommt, wenn Eltern sich verweigern sollten, das kann ich Ihnen versichern. Ich kann Ihnen auch nach der ersten Runde der Auswertung demnächst vorlegen, wie viel denn ein Jahr Sprachförderung für die Kinder gebracht hat. Wir sind ja erst in der ersten Runde, das wird hochinteressant werden. Die Frage des Bußgeldes haben wir sorgfältig diskutiert. Es ist schade, dass Ihnen das nicht vorher mitgeteilt worden ist. Es gibt dort nämlich ein juristisches Problem. Sie haben sich als Gesetzgeber sehr weit vorgewagt, was die Verbindlichkeit der Sprachförderung im Gesetz angeht, die Juristen haben eher abgeraten. Warum?

Wir greifen in einer Zeit in ein Elternrecht ein, in der noch keine Schulpflicht besteht. Wenn wir das auch noch mit Bußgeld bewehrt hätten, würde das natürlich zu Gerichtsverfahren führen, und übrigens garantiert nicht durch die Eltern, deren Kinder wir meinen, sondern durch die Eltern, die eben genannt worden sind, Waldorf-Eltern und viele andere Eltern, deren Kinder nicht unbedingt Sprachförderung nötig haben. Sie machen ein Fass auf, das kein Stück bringt, sondern was es bringt, steht hier in meiner Erklärung. Ich habe es sehr bedauert, dass Sie sie nicht gelesen haben.

Wir müssen mehr Sprachförderung haben, sie nämlich fortsetzen, nicht nur in der Grundschule, sondern auch in der Sekundarstufe I, denn die nächsten Kinder, die getestet werden, sind nicht die, die jetzt eingeschult werden. Die nächsten sind die, die jetzt in Jahrgang 7 und 8 sind, in zwei Jahren, und

zwar nach verbindlichen und bundeseinheitlichen Standards. Ich sage es Ihnen hier jetzt noch einmal: Wir haben verbindliche bundeseinheitliche Standards! Wir haben keine Bundeszuständigkeit bei Frau Schavan, aber wir haben ein Institut, das diese Standards für alle Länder herstellt, genau daran werden wir in vielen Jahrgängen gemessen werden. Bitte nehmen Sie das jetzt einmal zur Kenntnis!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

In Punkt zwei steht genau das, was Sie jetzt in Ihrem Sofortprogramm haben. Im Unterricht sind die Standards noch nicht angekommen.

(Abg. R o h m e y e r [CDU]: Aha!)

Ja, das steht hier, Himmelherrgott! Ich hatte Sie als bildungspolitische Sprecher, bevor ich an die Presse gegangen bin, eingeladen. Wir haben hier alle zusammengesessen, da haben Sie übrigens kein Sofortprogramm genannt, sondern wir haben gesagt, wir sind durch die Experten gut aufgestellt, aber wir brauchen Ergänzungen, die hierin stehen. Ich werde Ihnen jetzt nicht vorwerfen, dass Sie sie abgeschrieben haben, da Sie sie ja nicht gelesen haben!

(Abg. R o h m e y e r [CDU]: Herr Güngör sagt, das ist alles Quatsch!)

Unterrichtsentwicklung durch Bildungsstandards in Punkt zwei ist das wichtigste Thema, den wir weiter vorantreiben müssen, da wir festgestellt haben, als wir das Leistungskriterium in der Grundschule – übrigens gemeinsam gewollt – eingeführt haben, dass die Grundschulen die Bildungsstandards noch nicht wirklich zur Kenntnis genommen hatten. Jetzt haben wir es durch das Leistungskriterium. Ich bin äußerst dankbar, dass wir das gemeinsam festgelegt haben. Jetzt haben es die Grundschulen und die Eltern zur Kenntnis genommen.

In der Sekundarstufe I gibt es Defizite. Ich finde es übrigens ganz hervorragend, dass der Fraktionsvorsitzende als Erstes mit einer Lehrerschelte anfängt, das ist nach einem solchen Ländervergleich natürlich das Einfachste, was man machen kann.

(Beifall bei der SPD – Abg. G ü n g ö r [SPD]: Er ist ja so besonders qualifiziert dafür!)

Ich sage auch gleich einmal etwas zu meinen angeblichen Ausreden! Mit den schwierigen Verhältnissen und Risikofaktoren, die Kinder haben, müssen diese Lehrer umgehen. Wir können übrigens auch beweisen, dass unsere Schulen bei einem Teil der Schüler die gleichen Leistungen erbringen, wie sie in Bayern und in Sachsen erbracht werden. Ich möchte aber Punkt drei nennen, Qualitätsentwicklung in Schu

len. Es steht darin viel zu den Punkten Umsetzung des Funktionsstellenrasters, didaktische Leitung, Zentrum für unterstützende Pädagogik, das kann ich Ihnen alles in der Fraktion im Einzelnen darstellen, dies ist also auch ein Teil in Ihrem Sofortprogramm.

(Zuruf des Abg. R o h m e y e r [CDU])

Die Lehrerbildung durch eine Fortbildungsoffensive steht in diesem Papier an Punkt vier. Jetzt sagen Sie, ich hätte ein „Weiter so“ behauptet oder gar „Wir haben alles richtig gemacht“. Ich bin Bildungspolitikerin, ich weiß, dass nicht alles richtig gemacht worden ist,

(Abg. R o h m e y e r [CDU]: Dann sagen Sie es Herrn Güngör!)

sonst hätten wir doch nicht diese Ergebnisse. Man muss sie aber jetzt weiter analysieren, und wir haben als bildungspolitische Runde beschlossen, dass wir sehr sorgfältig analysieren wollen. Wir haben Herrn Prof. Köller, dieses Mal Leiter der Studie, eingeladen – er kommt Anfang September –, weil wir dann die Analyse vertiefen, um die ergänzenden Maßnahmen, die ich genannt habe, noch besser einsetzen zu können. Mit dem „Weiter so“, Ihrer Annahme für ein Ultimatum, komme ich jetzt zu Ihnen, Herr Röwekamp! Wenn man ein Ultimatum stellt, sollten die Annahmen dafür wenigstens richtig sein. Ich habe Ihnen gerade dargelegt, dass Ihre Annahme entfällt. Was macht man denn jetzt, wie will man davon wieder herunterkommen? Eines ist schon gesagt, der Zeitplan! Im September, haben Sie gesagt, lege ich die Maßnahmen vor. Sie liegen vor, müssen umgesetzt werden. Es ist nicht allein Politik, dass man hier irgendetwas diskutiert, sondern man muss in der Schule ankommen. Dann soll im Dezember irgendeine internationale Studie die Messlatte sein, und dann geht das Ultimatum zu Ende.