Protokoll der Sitzung vom 26.08.2010

sonst hätten wir doch nicht diese Ergebnisse. Man muss sie aber jetzt weiter analysieren, und wir haben als bildungspolitische Runde beschlossen, dass wir sehr sorgfältig analysieren wollen. Wir haben Herrn Prof. Köller, dieses Mal Leiter der Studie, eingeladen – er kommt Anfang September –, weil wir dann die Analyse vertiefen, um die ergänzenden Maßnahmen, die ich genannt habe, noch besser einsetzen zu können. Mit dem „Weiter so“, Ihrer Annahme für ein Ultimatum, komme ich jetzt zu Ihnen, Herr Röwekamp! Wenn man ein Ultimatum stellt, sollten die Annahmen dafür wenigstens richtig sein. Ich habe Ihnen gerade dargelegt, dass Ihre Annahme entfällt. Was macht man denn jetzt, wie will man davon wieder herunterkommen? Eines ist schon gesagt, der Zeitplan! Im September, haben Sie gesagt, lege ich die Maßnahmen vor. Sie liegen vor, müssen umgesetzt werden. Es ist nicht allein Politik, dass man hier irgendetwas diskutiert, sondern man muss in der Schule ankommen. Dann soll im Dezember irgendeine internationale Studie die Messlatte sein, und dann geht das Ultimatum zu Ende.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Bis dahin er- warten wir von Ihnen konkrete Vorschläge!)

Die haben Sie schon vorher! So, was macht man denn jetzt? Deshalb habe ich gedacht, jetzt schreibe ich ihm, denn wir sind Konsenspartner. Ich finde, wir haben eine seriöse Leistung abgeliefert, was den Konsens angeht. Wir werden dafür in der Republik in allen anderen Bundesländern, insbesondere vor dem Hintergrund, den wir jetzt in Hamburg hatten, wirklich gelobt, und es wird hingeschaut, wie wir das zusammen hinbekommen haben. Ich finde, gerade diese Seriosität zeichnet diesen Konsens und uns gemeinsam aus, und deshalb habe ich Ihnen geschrieben und gesagt – ich bin ja hoffnungslos, was bildungspolitische Fragen angeht –, ich denke, wir werden uns da doch noch einmal auf einer sachlichen Basis einigen können.

Ich habe manchmal die Sorge, dass wir den Schulen zu viel zumuten, nicht dass es ein „Weiter so“ oder „Alles richtig gemacht“ gibt, sondern dass es eine große Last ist, und dass, wenn die Last zu groß wird, man sich dann unter Umständen verweigert. Da müssen wir aufpassen, dass wir alle mitnehmen auf diesem schwierigen Kurs, den wir einschlagen, um tatsächlich die Schülerleistungen zu verbessern.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Eines ist doch klar: Unser aller Ziel, denn dieses Bildungsergebnis ist ein schlechter Standortfaktor im Augenblick, muss doch sein, wir können das doch hier an einem wunderbaren Fußballstandort sagen: Aufstieg!

(Abg. R o h m e y e r [CDU]: Fangen Sie nicht mit Vergleichen zum Fußball an, da haben wir schlechte Erfahrungen!)

Nicht in der letzten Minute, sondern möglichst rechtzeitig die Tore schießen, das ist wohl richtig!

Ich habe, wie gesagt, manchmal die Sorge, dass wir uns und anderen zu viel zumuten, aber ich hoffe sehr, dass wir unseren Weg mit dem Konsens gemeinsam weitergehen, weil er den Schulen doch so die Sicherheit gibt – was so viel ausmacht – dass sie sich eben nicht in Schulkämpfen verschleißen, sondern sich genau auf das konzentrieren, was wir von ihnen verlangen. Sie bekommen deshalb von uns diese Verlässlichkeit und Zeit. Das macht, denke ich, die Seriosität aus.

In dem Interview, Herr Röwekamp, haben Sie dann einmal so belanglos – Herr Güngör hat Ihnen das schon vorgerechnet – gesagt, das ist ja gar nicht viel, Bayern oder andere zahlen mehr für ihre Schüler. Sie haben es jetzt, glaube ich, mathematisch nachvollziehen können, was ich Ihnen da geschrieben habe. Ich möchte es einmal mit den Stadtstaaten vergleichen, die bei den Kindern ähnliche Risikofaktoren wie wir haben, wobei unsere Problemlagen deutlich größer sind als die in Berlin und Hamburg. Das lässt sich übrigens hier, wenn man sich die Analyse ansieht, sehr deutlich beweisen und macht mir große Sorgen, dass wir extrem sind. Jedes zehnte Kind hat drei Risikolagen: Bildungsarmut, Erwerbslosigkeit, Bildungsferne. Das ist so gestiegen wie in keinem anderen Bundesland. Das ist keine Rechtfertigung oder so etwas, das ist die Analyse. Was kann man dagegen tun? Wenn man das mit den Stadtstaaten vergleicht, zahlt Berlin immerhin 5 800 und Hamburg 6 000 Euro pro Schüler. Vorhin ist eine Zahl genannt worden im Vergleich zu Bayern, das waren 21 Millionen Euro. Wenn man das mit den anderen Stadtstaaten vergleicht, wären das in der Bildungsfinanzierung einmal eben schlappe 64 Millionen Euro mehr hier in Bremen.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Und das allein hilft?)

Nein!

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Eben! Das ist ja meine These, es hilft nicht, nur mehr Geld zu geben!)

Herr Röwekamp, wir sind da völlig einer Meinung. Wir müssen analysieren und die Maßnahmen effektiv ansetzen, weil wir nicht das Geld haben. Genau so ist es, und deshalb meine ich, ist es doch richtig zu analysieren. Ich will noch einmal etwas zu der Frage sagen: Sind unsere Schüler dümmer? Das ist eine schwierige Frage, die Sie da aufgeworfen haben. Ich hatte am Tag nach dem Ländervergleich die Bremer Besten zu Besuch, die Abiturienten mit 1,0. Ich habe ihnen und auch den Eltern gesagt: Haben Sie keine Sorgen, Sie sind exzellent ausgebildet! Unsere Schulen leisten in diesem Bereich der Leistungsstarken das Gleiche wie die Schulen in Bayern, Sachsen oder BadenWürttemberg. Das kommt nämlich bei den Eltern so an, als ob alles schlecht ist. Das ist aber nicht so, wir müssen das differenziert betrachten. Dadurch dass wir so eine extreme Leistungsspanne zwischen Leistungsstarken und Leistungsschwachen haben, wird unser Mittelwert so schlecht und unser Platz 16 ergibt sich. Die Bremer Besten müssen keine Sorgen haben, dass sie an anderen Stellen nicht zurechtkommen. Prof. Roth, der dabei war, sagte dann: Ja, was ist denn eigentlich Lernleistung? Sind unsere Kinder dümmer? Lernleistung ist nach seiner Aussage Intelligenz, Motivation und Fleiß. Diese drei Faktoren machen die Lernleistung aus. Wenn man jetzt sagt – und das sagt Prof. Baumert, ich habe Ihnen den Artikel geschickt –, dass gerade die Motivation und der Fleiß – und auch die Intelligenz natürlich – durch das Elternhaus stark bestimmt sind, dann wissen wir doch, wo unser Problem auch sitzt, nämlich in den Elternhäusern. Da ist nicht alles von den Schulen so leicht aufzuholen, wie wir uns das vielleicht wünschen. Er sagt sogar, es ist gar nicht aufzuholen. Eine schreckliche Analyse, die er uns da gibt! Es ist von den Schulen vielleicht zu vermindern, zu erleichtern, aber wir werden die soziale Entkoppelung niemals vollständig hinbekommen. Wir müssen sie aber dennoch angehen! Deshalb habe ich Ihnen gesagt, zehn Prozent unserer Kinder haben diese drei Risikolagen, die ich Ihnen genannt habe. Es ist der Einfluss des Elternhauses, der so extrem ist und der es den Schulen und auch uns der Bildungspolitik so schwer macht, die richtigen Hebel anzusetzen. Ich hoffe, es gelingt uns. Ich will nicht sagen, dass in Ihrem Dringlichkeitsantrag nicht auch Dinge sind, die ich gern diskutiere.

(Abg. R o h m e y e r [CDU]: Ach!)

Sie müssen gar nicht erstaunt tun!

(Abg. R o h m e y e r [CDU]: Wir kommen noch dazu!)

Sie wissen, dass die Experten uns gesagt haben, je mehr Unterricht, desto besser. Ich will Ihnen aber auch sagen, Sie haben das in der Großen Koalition nicht immer so gemacht. PISA-Mittel sind schön, aber wenn sie für Profilschulen Musik und Sport eingesetzt werden – ich habe nichts gegen Musik und Sport –, dann hilft das in Deutsch und Mathematik nicht. Wenn wir über fachfremden Unterricht sprechen, dann müssen wir jetzt ganz schnell über das Lehrerausbildungsgesetz sprechen, das werde ich Ihnen auch noch vorlegen. Dann muss verbindlich werden, dass Grundschullehrer Deutsch und Mathematik studiert haben. Wir haben 50 Prozent fachfremden Einsatz in der Grundschule in Mathematik, das ist unhaltbar, und deswegen ist ein Teil der Punkte zu diskutieren, die sind nicht neu.

(Abg. R o h m e y e r [CDU]: Da haben Sie uns fest an Ihrer Seite!)

Wir werden sie aber gern mit Ihnen diskutieren, und deshalb noch einmal mein Gesprächsangebot an Sie: Hören Sie auf, populistisch mit diesen Dingen umzugehen! Die Sache ist zu kompliziert, als dass wir uns dies leisten sollten.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Lassen Sie uns weiter im Konsens seriös an dieser Sache arbeiten! – Vielen Dank!

(Erneuter Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Buhlert.

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Jedes Mal! Einen habe ich noch! – Abg. F e c k e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Jetzt bin ich gespannt, was noch nicht gesagt wurde!)

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nach der deutlichen Vorführung der Dissense wollte ich einmal deutlich machen, weil das sonst untergeht, dass die FDP-Bürgerschaftsfraktion nicht der Auffassung ist, dass die Überschrift des Antrages falsch ist – denn „Ländervergleichsstudie, Bildung muss Konsequenzen haben“ ist richtig –, sondern dass die Mittel, die Sie als Union vorschlagen, falsch sind. Deswegen habe ich mich gemeldet, um noch einmal auf ein Mittel einzugehen.

Herr Röwekamp, Sie fordern ja an vielen Stellen wieder die Bundeszuständigkeit für die Rahmenbildungspläne. Ich bin ganz froh, dass es durch den Bundesrat, durch die Kultusministerkonferenz gedämpft wird, weil das die Ausschläge vermeidet. Dass das bei Frau Schavan gut aufgehoben sein könnte, das können wir uns vielleicht gemeinsam vorstellen, ob das bei Frau Bulmahn gut aufgehoben gewesen wäre, wage ich zumindest zu bezweifeln.

(Beifall bei der FDP – Abg. Frau B ö s c h e n [SPD]: Ich nicht!)

Damit solche Ausschläge vermieden werden, gibt es in der verfassungsmäßigen Ordnung unseres Landes die Regelung, dass die Kultuszuständigkeit bei den Ländern ist, weil das extreme Ausschläge vermeidet, die uns sonst, glaube ich, große Probleme in der Vergangenheit bereitet hätten oder in der Zukunft bereiten würden. – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist die Beratung ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Antrag der Fraktion der CDU mit der Drucksachennummer 17/1394 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür CDU und Abg. T i t t m a n n [par- teilos])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE, FDP und Abg. T i m k e [BIW])

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag ab.

Initiative zur Verbraucherinformation und Lebensmittelsicherheit

Antrag der Fraktion DIE LINKE vom 2. August 2010 (Drucksache 17/1375)

Wir verbinden hiermit:

Smiley-Kennzeichnungssystem für die Gastronomie einführen

Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD vom 24. August 2010 (Drucksache 17/1409)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Staatsrat Dr. Heseler.

Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Nitz.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nach dieser eben doch sehr hitzig verlaufenen Debatte möchte ich Sie auf eine kleine Reise mitnehmen. Stellen Sie sich einmal vor, Sie kämen heute zum allerersten Mal nach Bremen! Natürlich wäre das Wetter wesentlich besser, als es uns sich heute darbietet. Im Internet haben Sie zuvor ein schönes Hotel gebucht,

(Vizepräsident R a v e n s übernimmt den Vorsitz.)

nachdem Sie doch erfolgreich eine Suche abgeschlossen hatten, bei der Sie sich auch persönliche Bewertungen und Fotos angeschaut haben. Einige persönliche Bewertungen und Fotos haben Sie überzeugt. Nun erkunden Sie – Ihren Reiseführer unter den Arm geklemmt – die Bremer Innenstadt. Leicht waren sie ja nicht zu finden, die Bremer Stadtmusikanten, nun aber haben Sie ein schönes Foto im Kasten. Rathaus, Roland, die Schlachte und das Schnoor-Viertel, alles das hat Ihnen sehr gut gefallen. Danach haben Sie sich mit der Straßenbahn auf Entdeckungstour durch die Stadtteile gemacht, langsam werden aber Ihre Füße müde, und Ihr Magen meldet sich. Gern wollen Sie jenseits des touristischen Trubels in eine Lokalität einkehren, aber Geheimtipps gibt es leider kaum in Ihrem Reiseführer. Eigentlich wissen Sie gerade auch nicht genau, wo Sie sich befinden. Das ist aber egal, schließlich haben Sie Urlaub, die Sonne scheint, und Sie wollen sich von nichts und niemandem ärgern lassen. Dennoch wäre es schön, wenn Ihnen jemand bei den vielen Angeboten von deutschen, italienischen, türkischen, griechischen, arabischen, chinesischen Lokalen helfen könnte. Ist das Essen gut, die Küche sauber, sind die Lebensmittel frisch? Just in diesem Augenblick blicken Sie in ein lachendes Smiley-Gesicht an der Fensterscheibe im Restaurant vor Ihren Augen. Welch ein Glück! Meine Damen und Herren, die Fraktion DIE LINKE hat Ihnen einen Antrag vorgelegt, bei dem dieses Szenario für die Bewohnerinnen und Bewohner, aber auch für die vielen Gäste unserer Städte wahr werden könnte.

(Beifall bei der LINKEN)

Bremens Gastronomie schneidet bei den amtlichen Kontrollen gut ab, nur, die hierzulande üblichen Betriebskontrollen kommen beim Verbraucher nicht an. Warum sollte man also das gute Abschneiden nicht auch den Verbraucherinnen und Verbrauchern zeigen? Genau diesen, also den Verbraucherinnen und Verbrauchern, fehlt bislang für das, was sie ein

kaufen und wo sie essen gehen, eine Entscheidungsgrundlage. Zudem stellt doch die Veröffentlichung der Smileys eine Belohnung für alle Betriebe dar, die gut arbeiten. Für die anderen ist es eine Motivation, besser zu werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist ein wunderbar einfaches sowie verständliches System, welches in Dänemark im Jahr 2002 entwickelt und eingeführt wurde und sich in einigen Kommunen Deutschlands sogar in der Erprobungsphase befindet. Es ist zudem ein weiterer positiver Schritt für den Verbraucherschutz. An dieser Stelle möchte ich vielleicht daran erinnern, dass Bremen im Verbraucherschutzindex 2010 vom vormals letzten Platz auf den fünften Platz aufsteigen konnte. Daran sollten wir doch weiter arbeiten.

(Beifall bei der LINKEN)

Ein Wort zur Koalition! Einen Antrag, der Ihnen und dem Senat so viel Freiraum und Gestaltungsmöglichkeiten überlässt, der lediglich fordert, eine Initiative zur Einführung einer Qualitätskennzeichnung von Lebensmittel- und Gastronomiebetrieben im Land Bremen entsprechend dem dänischen Smiley-System zu ergreifen, hätten Sie doch mit Kusshand annehmen müssen!