Protokoll der Sitzung vom 30.09.2010

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kol––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

legen! Vielleicht zunächst einmal ein Wort zum Abgeordneten Herrn Richter. In meinen Augen – und das haben die bisherigen Redner noch einmal eindringlich begründet – ist die Städtebauförderung, insbesondere der Bereich der Sozialen Stadt und die daraus resultierenden investiven Mittel in Bremen, die zusammen mit WiN-Projekten ausgegeben werden, ein ausgesprochen tragfähiges, effektives, transparentes Projekt mit der Beteiligung vieler. Es gibt an diesen Projekten im Vergleich zu vielen anderen nichts mehr daran herumzureden nach dem Motto, vielleicht darf es etwas weniger sein. Wer Städtebauförderung kürzt, sagt allen Menschen in dieser Stadt, die sich in WiN-Projekten und Soziale-Stadt-Projekten bemühen, sie sollten etwas tun, was ihnen schwerfällt. Er sagt ihnen, wir wollen dieses Engagement nicht mehr.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Effekte sind alle von den Vorrednern beschrieben, das will ich an dieser Stelle nicht wiederholen. Ich möchte an dieser Stelle auf zwei Dinge zusätzlich aufmerksam machen. Im gleichen Atemzug wie die Mittel für Städtebauförderung werden die Mittel für CO2-Gebäudesanierung gestrichen, und es wird der Heizkostenzuschlag für Wohngeldempfänger gestrichen. Das ist Politik aus einem Guss. Auf der einen Seite ein bisschen Städtebauförderung weg, das trifft die Vahr, Osterholz, Tenever, dann streichen wir Wohngeldzuschüsse, das trifft dieselben Stadtteile, dann streichen wir die CO2-Sanierung, und das trifft wieder dieselben Stadtteile. Immer auf dieselbe Stelle, immer zuungunsten von einkommensschwachen Familien, Migrantinnen und Migranten und von Hartz-IV-Empfängern. Das ist die Politik, die die Bundesregierung seit einiger Zeit gnadenlos durchzieht.

Es wird eine Quittung kommen: Ich bin relativ sicher, dass diese Form von Politik die nächste Bundestagswahl nicht überleben wird. Deswegen ist es meines Erachtens nicht einfach eine Frage von Verantwortungsverschiebung. So richtig es ist zu sagen, wir wollen diese Städtebauförderung nicht gekürzt haben, finde ich es genauso richtig – und es gibt dafür hervorragende Begründungen –, die Reduzierung des CO2-Gebäudesanierungsprogramms zu kritisieren. Es gibt von den grünen Kollegen im Bundestag, unterschrieben von Herrn Trittin, einen guten Antrag, der sagt, das wollen wir nicht, das ist zu kritisieren.

Deswegen verstehe ich nicht, warum das ein Angriff auf die hiesige rot-grüne Landesregierung ist, wenn wir den Vorschlag machen, deutlich zu sagen, das ist die Änderung des Städtebausanierungsprogramms und der CO2-Sanierung, die wir in Bremen hier vor Ort auch nicht gut finden. Genauso verstehe ich nicht, warum das ein Angriff auf die rotgrüne Landesregierung ist, wenn wir sagen, diese

Wohngeldreduzierung ist etwas, was uns in Bremen in einer Weise trifft, die wir nicht vertreten.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Das hat ja gar keiner gesagt! Um die Finanzierung ging es!)

Die Kollegin Krusche hat gesagt, Sie lehnen den Antrag ab, weil in unzulässiger Weise Verantwortung der Bundesregierung reduziert und der rot-grüne Senat in Verantwortung genommen wird. Ich finde, auf der einen Seite trifft dieser Vorwurf nicht zu, auf der anderen Seite kann man auch Folgendes dazu sagen: Wenn wir über die Städtebauförderung sprechen, ist es ein degressives Projekt. Es kann also sein, dass, bis wir auf Bundesebene in der Lage sind, das rückgängig zu machen, wir die einen oder anderen Hunderttausend Euro aus Landesmitteln zuschießen müssen, um diesem Projekt Kontinuität zu gewähren. Ich finde, auch als Landesregierung kann man dann deutlich machen, wenn sie das oben kürzen, können wir die Kürzung nicht verantworten. Wir werden die Mittel bereitstellen. Ähnliches gilt für das Wohngeld. Da sind im Haushalt schon Mittel für den Landesanteil dieses Wohngeldes eingestellt. Was wir wollen, ist, dass wir nicht genauso handeln wie die Bundesregierung und noch froh sind, wenn sie oben kürzt, da sich dann hier unten der Landesanteil reduziert. Wir erwarten nur von der Landesregierung, dass sie den schon jetzt im Haushalt eingestellten Anteil genauso ausgibt, auch wenn der Bundesanteil reduziert wird. Das hat mit Verschiebung von Verantwortung überhaupt nichts zu tun. Ich meine, dass ist ein verantwortliches Handeln vor dem Hintergrund einer Bundesregierung, die nur richtig Scheiße baut.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Was?)

Das war ein unparlamentarisches Wort, da machen wir einmal drei Punkte ins Protokoll! Deswegen beantragen wir erstens einzelne Abstimmung der drei Punkte, zumindest des Punktes 1 und dann 2 und 3 gemeinsam. Ich habe ein großes Interesse daran, dass wir die anderen Kürzungspunkte auch kritisieren und den Senat auffordern, auf Bundesebene etwas dagegen zu unternehmen. Ich hoffe, dass Sie sich diese Zustimmung zu diesem Punkt noch einmal überlegen. Ich würde nicht verstehen, wenn Sie Punkt 2 und 3 ablehnen. Das wäre meine zweite Bitte. Da bin ich aber relativ sicher, dass Sie dem nicht nachkommen. Beim Ersten aber gibt es meines Erachtens überhaupt keinen Grund, das auf die Städtebauförderung zu reduzieren. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Strohmann.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sprechen heute über Städtebauförderung. Ich glaube schon, dass die Städtebauförderung ein Programm mit sehr großem volkswirtschaftlichem Erfolg war und ist. Daher glaube ich auch, dass Kürzungen nicht wünschenswert sind. Man muss aber der Fairness halber sagen, in schwierigen Haushaltszeiten muss man auch einmal unbequeme Sachen machen und auch Kürzungen bei Fördermitteln eingehen,

(Unruhe bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

obwohl ich ehrlicherweise glaube, dass der Bundesbauminister in seinen Aussagen wahrscheinlich schon wieder ein bisschen zurückrudert und die Kürzungen nicht so stark ausfallen werden. Er hat es für den Haushaltsvollzug zugesagt. Da war auch der einstimmige Beschluss, der, glaube ich, einmalig ist, der Bauministerkonferenz, dies zu unterstützen. Soweit sind wir auf Ihrer Seite, da wir das genauso sehen, dass Städtebauförderung gerade für Großstädte ein wichtiges Instrument ist. Es wurde auch gerade einmal für Städte im Osten entwickelt.

Jetzt zu Ihrem Antrag! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, Sie haben einmal wieder den Pfad des Populismus betreten, und das finde ich nicht in Ordnung.

(Widerspruch bei der SPD und beim Bünd- nis 90/Die Grünen – Abg. Frau K r u s c h e [Bündnis 90/Die Grünen]: Das ist ja sehr interessant bei dem Thema!)

Das ist wirklich sehr interessant, da wir hier über Summen und Förderinstrumente sprechen. Schon allein die Überschrift, Kahlschlag, das ist wirklich übelster Populismus, das muss man so sagen.

(Beifall bei der CDU)

Was aber im Grunde genommen noch viel schlimmer ist, ist, wen Sie hier alles wieder in Sippenhaft nehmen: die Handwerker, das Baugewerbe und dergleichen. Sie haben ja soweit recht, die trifft es natürlich auch. Wenn eine Regierung aber, die hier über Jahre Wirtschaftsfördermittel gestrichen hat, die in diesem Land eine Orgie an Fördermittelstreichungen durchgeführt hat, die Arbeitsplätze vernichtet hat oder dafür gesorgt hat, dass die nach Cuxhaven oder sonst wohin gegangen sind,

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Die Handwerker sind nach Cux- haven gegangen?)

gerade zum Beispiel in der Windenergie, die Frechheit besitzt, sich hinzustellen und das zu machen, halte

ich schon für grob fahrlässig.

(Beifall bei der CDU)

Der Herr Kollege Jägers hat mir aber ein paar Stichpunkte gegeben und schon wieder ein paar Initiativen zur Vorbereitung. Wir werden nachfragen, wie diese Fördermittel eingesetzt werden und wo es den Handwerker trifft. Da sind wir nämlich bei dem entscheidenden Punkt. Wir sind uns einig, dass die Kürzungen der Fördermittel nicht optimal sind. Da sind wir uns einig.

(Abg. Frau B ö s c h e n [SPD]: Was heißt denn optimal?)

Was Sie uns hier aber einreden wollen, glaube ich, kann auch nicht der rechte Weg sein, das hatten wir gestern schon in der Stadtbürgerschaft. Wenn man sich einmal die Belege ansieht, was Sie mit dem Geld letztlich machen, kann man wirklich nur hoffen, dass Herr Ramsauer diese nicht sieht, da das eigentlich eine Bestätigung der Kürzung ist. Das muss man auch ehrlicherweise hier so sagen.

(Beifall bei der CDU – Abg. P o h l m a n n [SPD]: Das ist ja eine Frechheit!)

Hier war ein Satz, das ist nicht „nice to have“. Ein Großteil ist „nice to have“. Sie sprechen hier immer von sozialer Einheit. Sie wollen der sozialen Spaltung und der Armut in den Stadtteilen entgegenwirken. Ich sage es noch einmal, ich habe es in der Baudeputation gesagt, Teile Ihres Programms und die Idee von WiN sind richtig. Deren Ausführung ist falsch, da es ein Arbeitsbeschaffungsprogramm für Sozialpädagogen ist. Das muss man leider so sagen: Es hilft den Menschen vor Ort nicht. Schauen Sie sich das doch einmal an!

(Beifall bei der CDU – Widerspruch bei der SPD)

Schauen Sie in die Stadtteile! Gehen Sie da hinein! Da hat sich nichts geändert, da gibt es jetzt höchstens vielleicht einen Tausch, dass nicht mehr Lindenhof beim Sozialindikator oben ist, sondern Ohlenhof. Vom Prinzip kommt dabei nichts heraus. Hauptsache Sie basteln schöne Wandzeitungen vor Ort und machen dies und jenes. Ich weiß nicht, was Herr Jägers für Nachbarn hat.

(Zuruf vom Bündnis 90/Die Grünen)

Er hat ja von den Gesprächen erzählt, diese hatte ich nicht.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Das Protokoll der Rede, das kann man noch verwenden! Gut, dass wir das schwarz auf weiß haben!)

Was wir schwarz auf weiß haben?

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Alles, was Sie gerade gesagt ha- ben!)

Wenn Sie einmal zu den Koordinierungsrunden gehen, treffen Sie da immer die gleichen Leute. Ich glaube auch, dass Ihre Sache nicht aufgehen wird. Deswegen werden wir auch diesen Antrag ablehnen. Ich sage, Wohnungsbauförderung, ja, Ihre Sozialromantik, nein. (Beifall bei der CDU)

Wir werden natürlich auch den Antrag der LINKEN ablehnen, und leider, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, ich weiß nicht, was Sie sich dabei gedacht haben, Ihren werden wir auch ablehnen. Da muss man ehrlicherweise sagen, da ist mir der Antrag der Koalition lieber, der ist klarer und direkter. Das ist so ein bisschen Eierkram gewesen.

(Zuruf des Abg. R u p p [DIE LINKE])

Ich weiß, wovon ich spreche, da ich nämlich mit offenen Augen in solche Stadtteile gehe und auch mit den Menschen dort rede, im Gegensatz zu vielen Sozialromantikern in diesem Haus,

(Abg. Frau N i t z [DIE LINKE]: Ich rede mit dem Mund!)

die dann schön mit ihrem Auto nach Lesum oder sonst wohin fahren und davon nichts merken und hier schöne Reden halten. Das ist nämlich die Wahrheit, und da können Sie mich nicht anfeinden. – Danke!

(Beifall bei der CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Krusche.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Werter Herr Strohmann, ich fand Ihre Rede jetzt wirklich arrogant und überheblich

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

gegenüber allen Leuten in den Stadtteilen hier, die erhebliche Probleme haben. Das hier so herunterzureden, kann ich eigentlich nur als das empfinden, was es ist, nämlich ein Ablenken von einem völligen Versagen der Bundesregierung an diesem Punkt. Mich empört das derart!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Ich will Ihnen einmal aus Ihrer Koalitionsvereinbarung CDU/CSU, FDP zitieren: „Wir werden die Städtebauförderung als gemeinschaftliche Aufgabe von Bund, Ländern und Kommunen auf bisherigem Niveau, aber flexibler fortführen.“ Weiter heißt es: Die Städtebauförderung leiste einen „unverzichtbaren Beitrag zur lebenswerten Gestaltung von Städten und Gemeinden“.

(Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Da habe ich nichts gegen gesagt!)