Protokoll der Sitzung vom 10.11.2010

Die fünfte Anfrage bezieht sich auf den drohenden Wegfall der mündlichen Zollanmeldung. Die Anfrage ist unterschieben von den Abgeordneten Bödeker, Strohmann, Röwekamp und Fraktion der CDU.

Bitte, Herr Kollege Bödeker!

Wir fragen den Senat:

Wie bewertet der Senat die Pläne der Europäischen Kommission zur Abschaffung der Bagatellschwelle von 1 000 Euro für die Ein- und Ausfuhr von Kleinsendungen, bis zu der bislang eine mündliche Anmeldung bei der Zollverwaltung ausreicht?

Diese Anfrage wird beantwortet von Frau Bürgermeisterin Linnert.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Der modernisierte Zollkodex der Gemeinschaft ist ab Juni 2013 anzuwenden und sieht in den bisher hierzu ergangenen Durchführungsverordnungen für alle Zollverfahren eine elektronisch übermittelte Zollanmeldung vor. Damit würde künftig die Möglichkeit entfallen, bei gewerblichen Im- und Exporten unter einem Warenwert von 1 000 Euro wie bisher eine formlose mündliche Zollanmeldung abzugeben. Dieses Vorgehen würde die davon betroffenen Unternehmen mit zusätzlichen Bürokratiekosten belasten. Die Senatorin für Finanzen wird deshalb dem Bundesminister für Finanzen die Bedenken hiergegen mitteilen und darum bitten, die bisherige Verfahrenserleichterung weiter zu ermöglichen. – Soweit die Antwort des Senats!

Frau Bürgermeisterin, Zusatzfragen liegen nicht vor.

Die sechste Anfrage trägt die Überschrift „Erzieherinnen- und Erziehermangel“. Die Anfrage ist unterschieben von den Abgeordneten Dr. Buhlert, Dr. Möllenstädt und Fraktion der FDP.

Bitte, Herr Kollege Dr. Buhlert!

Wir fragen den Senat:

Erstens: Wie bewertet der Senat die Aussagen des Deutschen Jugendinstituts, nach denen in den nächsten Jahren 500 Erzieherinnen und Erzieher in Bremen fehlen werden, und welche aktuellen Erkenntnisse hat der Senat dazu?

Zweitens: Welches Ziel verfolgt der Senat mit der Neuordnung der Erzieherinnen- und Erzieherausbildung hinsichtlich der Menge der auszubildenden Personen?

Drittens: Wie beurteilt der Senat angesichts der Arbeitsmarktsituation die Chancen der Elternvereine, Fachpersonal entsprechend den Anforderungen einzustellen, und was beabsichtigt er zu tun, um einen Qualitätsverlust zu vermeiden?

Diese Anfrage wird beantwortet von Senatorin Rosenkötter.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1: Dem Senat sind die vor Kurzem veröffentlichten Modellrechnungen des Deutschen Jugendinstituts bekannt. Er teilt die in der Veröffentlichung gemachte Aussage, dass in den kommenden Jahren mit einem Fachkräftemangel in den Arbeitsfeldern der Kindertagesbetreuung zu rechnen ist. Er teilt darüber hinaus die Auffassung der Autoren, dass das Problem der Vorhersage eines drohenden Fachkräftemangels hochkomplex ist, weil neben den Daten der Bundesstatistik auch Einzelfaktoren zu berücksichtigen sind, die sich nicht berechnen lassen. Die Größenordnung des Fachkräftebedarfs entwickelt sich zudem in Abhängigkeit vom Umfang des Ausbaus und von der gewählten Betreuungsform.

Die in der Studie des Deutschen Jugendinstituts zur Behebung des Fehlbedarfs vorgeschlagenen Strategien werden im Land Bremen und in beiden Stadtgemeinden im Zuge der Angebotsplanung bereits beachtet. Das sind insbesondere die Qualifizierung zusätzlicher Tagespflegepersonen, die Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit bei Teilzeitbeschäftigten, die Nutzung des Potenzials arbeitslos gemeldeter Fachkräfte.

Die Erhöhung der Einmündungsquote der ausgebildeten Fachkräfte in die Berufstätigkeit, die zurzeit im Land Bremen mit 68 Prozent angegeben wird, wird nach Einschätzung der Senatorin für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales maßgeblich erst durch eine Aufwertung des Erzieher- und Erzieherinnenberufs erreicht werden können.

Zu Frage 2: Die Neuordnung der Erzieherinnen- und Erzieherausbildung verfolgt auch das Ziel, dem zu erwartenden steigenden Bedarf gerecht zu werden. Die Steigerung der Attraktivität der Ausbildung, insbesondere durch eine Qualitätssteigerung, hö

herwertige Abschlüsse, bessere Durchlässigkeit und individuelle Verkürzungsmöglichkeiten, soll sicherstellen, dass genügend Bewerberinnen und Bewerber für die Ausbildung vorhanden sind. Die Anzahl der verfügbaren Plätze an den Fachschulen für Sozialpädagogik wird von der Senatorin für Bildung und Wissenschaft in jedem Jahr neu festgelegt und kann der Bewerberzahl im Rahmen der verfügbaren Ressourcen angepasst werden.

Zu Frage 3: Die Arbeitsbedingungen für Erzieherinnen und Erzieher in den kleinen Einrichtungen der Elternvereine erfordern vielfach höhere Flexibilität und bringen durch die praktische Zusammenarbeit mit Eltern im Arbeitsalltag, die zugleich Arbeitgeber sind, besondere Herausforderungen mit. Gleichwohl sind für die Elternvereine im Grundsatz die gleichen Strategien wie für die anderen Einrichtungen der Kindertagesbetreuung anzuwenden, um zusätzliche Fachkräfte zu gewinnen. – Soweit die Antwort des Senats!

Haben Sie eine Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Frau Senatorin, teilen Sie denn die Auffassung, dass die Größenordnung, die vom Deutschen Jugendinstitut geschätzt worden ist, richtig ist? Wie steht es im Einklang damit, dass nur wenige Plätze, nämlich eine Klasse, wenn ich es richtig weiß, zusätzlich eingerichtet worden ist, sodass in der Größenordnung nur 100 weitere Fachkräfte in den genannten Einrichtungen ausgebildet werden können?

Bitte, Frau Senatorin!

Der Bedarf, den Sie hier mit 500 angegeben haben, ist ein Bedarf, der in den nächsten Jahren sukzessive entstehen wird. Das heißt, er wird nicht plötzlich von einem Jahr zum anderen entstehen. Außerdem gibt es bei den Fachkräften einen regen Austausch zwischen den Bundesländern. Es ist klar, dass wir mehr Fachkräfte brauchen werden. Das hängt natürlich auch mit der nicht zu prognostizierenden Zahl von Neugeborenen zusammen, die wir heute nicht für das Jahr 2015 festlegen können. Gleichwohl denke ich, dass die Größenordnung in etwa das ist, was wir auch an weiteren Fachkräften in ganz unterschiedlichen Bereichen benötigen werden.

Herr Kollege, haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Frau Senatorin, wie lange dauert denn die Erzieher- beziehungsweise Erzieherinnenausbildung durchschnittlich? Sie haben zwar Verkürzungsmöglichkeiten angesprochen, ist es aber dann nicht notwendig, auf Basis der erwarteten

Kinder, weil die Fertilitätsraten sich doch nicht so sehr ändern, weiter zu kalkulieren und da vielleicht noch weitere Klassen – nicht in diesem Schuljahr, aber in den nächsten Schuljahren – einzurichten?

Bitte, Frau Senatorin!

Zunächst einmal geht es darum, auch Bewerberinnen und Bewerber dafür zu haben.

(Abg. Dr. B u h l e r t [FDP]: Natürlich!)

Erst dann macht es Sinn, auch entsprechend Klassen einzurichten. Das werden wir uns natürlich sehr genau anschauen, und ich glaube, es ist unser aller Aufgabe – das ist in der Antwort, auch sehr deutlich geworden –, dass die Wertschätzung dieses so wichtigen Berufs in der Gesellschaft noch erhöht wird, um damit auch mehr junge Menschen für diesen Beruf zu begeistern. Mir liegt sehr am Herzen, dass wir nicht nur junge Frauen, sondern auch junge Männer für diesen Beruf begeistern können.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Herr Kollege, haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Hinsichtlich der Elternvereine stellt sich die Frage, wie sie in der Konkurrenzsituation zu freien Trägern und städtischen Trägern ihre Fachkräfte gewinnen können. Wie wollen Sie denen eine Perspektive eröffnen, wo es doch wirtschaftlich für sie im Moment schwieriger ist, weil sie eine andere Zuschusssituation haben, dort auf dem Arbeitsmarkt entsprechend qualifiziertes Personal zu finden?

Bitte, Frau Senatorin!

Mein bisheriger Eindruck, Herr Dr. Buhlert, auch in Gesprächen mit den entsprechenden Elternvereinen ist, dass sich die ausgebildeten Erzieherinnen und Erzieher sehr bewusst für einen Elternverein entscheiden. Das heißt, ich sehe darin zunächst einmal keine Konkurrenzsituation, sondern es ist ja auch die Form der Arbeitsweise, die ich wähle, wenn ich diesen Beruf erlernt habe, in welchem Arbeitsumfeld ich arbeiten möchte. Natürlich ist es aber für uns auch eine Aufgabe, dass wir insgesamt für alle Bereiche – ganz gleich, in welcher Form die Kinderbetreuung angeboten wird – werben, werben wollen und müssen und natürlich dann auch für die entsprechenden Träger. Da gibt es für mich keinen Unterschied.

Herr Kollege, haben Sie eine weitere Zusatzfrage?

(Abg. D r. B u h l e r t [FDP]: Nein, wir werden das in Zukunft weiter beobachten!)

Frau Senatorin, eine weitere Zusatzfrage durch die Abgeordnete Frau Ahrens! – Bitte sehr!

Frau Senatorin, Sie haben bereits zu einer Großen Anfrage, die die CDU gestellt hat, 2008 prognostiziert, dass 1 350 Stellen fehlen werden, Sie 1 500 Leute ausbilden werden. Wir konnten einer Pressemitteilung Ihres Hauses entnehmen, dass Sie wissen, dass zwei Drittel tatsächlich nur im Beruf ankommen. Das ist ein Erfahrungswert der letzten Jahre. Das heißt, Sie wussten schon zum damaligen Zeitpunkt 2008, dass wir ungefähr im Jahr 2013 – und das hat das Deutsche Jugendinstitut auch ausgerechnet – 280 fehlende Erzieherinnen und Erzieher haben werden. Wie bewerten Sie das vor dem Hintergrund, dass Sie jetzt zusätzlich nur 100 weitere Erzieherinnen und Erzieher ausbilden wollen, dass die Ausbildung drei bis vier Jahre dauert, wir also auf einen richtig großen Fachkräftemangel hinsteuern, der heute erkennbar ist und damals auch schon war?

Bitte, Frau Senatorin!

Wir werden in der Tat Fachkräfteengpässe nicht nur in Bremen, sondern bundesweit haben. Ich will aber noch einmal sehr deutlich machen, weil ich finde, dass Ihre Frage falsch gestellt ist: Es geht darum, wie wir den bestehenden Bedarf abdecken können. Ich habe dazu in der Antwort gesagt, übrigens ist seinerzeit zur Großen Anfrage auch einiges gesagt worden, wir haben zwischenzeitlich dort Maßnahmen ergriffen und werden das weiter tun. Eine davon ist – und das ist auch hier mehrfach in anderen Zusammenhängen diskutiert worden –, dass wir die bisherigen Teilzeitbeschäftigungen vieler Frauen erhöhen, die es auch wollen, und ich finde, das ist eine gute und richtige Maßnahme, die auch dazu beiträgt, dass wir hier vor Ort insgesamt mehr Erzieherinnen und Erzieher haben.

(Beifall bei der SPD)

Zu der Aussage, dass wir nicht ausreichend ausbilden: Ich will das gern noch einmal sagen, wir werden dann immer im Rahmen der vorhandenen Ressourcen – und das hat auch etwas mit dem Haushalt zu tun – weitere Ausbildungsklassen in Abstimmung mit der Senatorin für Bildung einrichten, wenn die entsprechenden Bewerberinnen und Bewerber vorhanden sind. Dafür müssen wir dann alle, glaube ich, etwas tun, und das hat auch mit der Attraktivität dieses Berufs zu tun.

Frau Kollegin, haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Ich verstehe Sie also richtig, dass der Fachkräftemangel, der derzeit schon da ist, weil viele Elternvereine teilweise über fünf Monate eine Erzieherin oder einen Erzieher als Ersatz suchen, nur sukzessive abgebaut werden kann und letztlich ein Delta verbleiben wird, weil die 100 Fachkräfte, das haben Sie eben selbst festgestellt, gar nicht ausreichen werden und wir da weitere Anstrengungen brauchen?

Bitte, Frau Senatorin!

Ich will noch einmal sagen, dass wir auch bei zurzeit als arbeitslos Gemeldeten eine Reihe von Erzieherinnen und Erzieher mit Qualifikationen haben. Das Problem ist in der Tat die Einmündungsquote nach der Ausbildung, die bei etwa 70 Prozent liegt, und auch das hat wieder etwas damit zu tun, den Beruf attraktiver zu gestalten. Es hat aber häufig auch damit zu tun, dass Frauen möglicherweise nach der Ausbildung eine Familienphase einlegen und dann nicht in ihrem Beruf tätig sind. Das heißt, wir haben weiter eine ganze Reihe ausgebildeter Erzieherinnen und Erzieher, denen wir einen Arbeitsplatz anbieten können. Es bleibt unbestritten, dass wir alle Anstrengungen nicht nur in Bremen unternehmen müssen, ich will das noch einmal ganz deutlich sagen, hier Erzieherinnen und Erzieher für diese so wichtige und wertvolle Aufgabe zu gewinnen.

Frau Senatorin, eine Zusatzfrage der Abgeordneten Frau Nitz!