Für die Aktuelle Stunde ist von den Abgeordneten Hinners, Röwekamp und Fraktion der CDU folgendes Thema beantragt worden:
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst wollen wir uns einmal darüber freuen, dass der Senat noch zur Einsicht gekommen ist und ganz offensichtlich für das nächste Jahr 120 Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte einstellen will.
Das ist sicherlich – Sie, Herr Tschöpe, werden zwar natürlich andere Dinge anführen – auch auf die Aktuelle Stunde zurückzuführen. Sie haben es erkannt, Herr Tschöpe. Super!
(Abg. T s c h ö p e [SPD]: Super!) ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft. Wobei dem Senat klar sein sollte, dass selbst die Einstellungsquote von 120 Personen nicht dazu geeignet ist, den tatsächlichen Bedarf in 2014 zu decken. (Zuruf des Abg. D r. G ü l d n e r [Bünd- nis 90/Die Grünen])
Wir kommen darauf zurück, Herr Dr. Güldner, aber davon später mehr. Wer sich aber das Durcheinander im Senat und in der Koalition bis zur Beschlussfassung anschaut, der kann nur den Kopf schütteln. Erst wird zwischen der Senatorin für Finanzen und dem Senator für Inneres eine Vereinbarung getroffen, wonach im nächsten Jahr 60 Polizeibeamte eingestellt werden sollen mit der Option, nach der Wahl vielleicht weitere 60 Polizeibeamte einzustellen. Welche Erwartung hatte der Senat bei dieser Entscheidung? Möglicherweise, dass er nach der Wahl die Verantwortung dafür nicht mehr übernehmen muss?
Warum, Herr Tschöpe, wussten Sie von der SPD als Fraktionsvorsitzender nichts von dieser Vereinbarung? Entweder gehen solche Entscheidungen an Ihnen völlig vorbei,
oder es war ein ganz scheinheiliges und durchsichtiges Manöver, als Sie plötzlich wie Phönix aus der Asche kommend öffentlich eine höhere Einstellungsquote für die Polizei gefordert haben.
(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Da haben wir den richtigen Auf- klärer in der Aktuellen Stunde gefunden!)
wie wir jetzt wissen, hat die Beantragung dieser Aktuellen Stunde zum Zustand der Polizei Bremen Bewegung in die Sache gebracht, und das ist bei dieser Koalition ja auch schon etwas.
Schauen wir uns doch einmal den Zustand der Bremer Polizei an! Von 2005 bis heute hat die Polizei einen Verlust von rund 200 Beamten zu verkraften gehabt, und – ich weiß genau, was Sie denken oder welchen Hinweis Sie jetzt gern bringen würden – kommen Sie jetzt nicht mit dem Hinweis: Wer war denn damals Innensenator?
Ich habe es ja nun schon häufiger von Ihnen gehört. Herr Dr. Güldner, ich habe 2005 als damaliger Personalratsvorsitzender der Polizei Bremen mit allen in der Bürgerschaft vertretenden Parteien im Rahmen der damals laufenden Polizeireform umfangreiche Gespräche geführt und dabei immer wieder auf die problematische Personalentwicklung der Polizei Bremen hingewiesen. Sie werden sich persönlich daran erinnern. Ich weiß nicht, wo Herr Tschöpe damals gesessen hat, an ihn kann ich mich nicht mehr so richtig erinnern.
Die Reaktion war, das von der SPD geführte Finanzressort wollte überhaupt keine Einstellungen bei der Polizei vornehmen,
und sowohl die SPD-Fraktion als auch der SPD-Bürgermeister haben dagegen nichts unternommen. Nur durch die Rücktrittsdrohung des damaligen Innensenators Thomas Röwekamp kam Bewegung in die Sache,
Was haben die Grünen gemacht, Herr Dr. Güldner? Trotz des Wissens um die Nachwuchsprobleme der Polizei haben Sie als Opposition keine Anträge zur Verbesserung der Personaleinstellung gestellt.
(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Die Opposition? Das ist ja auch eine tolle Logik! – Abg. Frau B u s c h [SPD]: Ha- ben Sie eigentlich die Zeitungen gelesen? – Zuruf des Abg. R ö w e k a m p [CDU] – Unruhe)
Wofür ist die Opposition denn da? Dann erklären Sie es gleich einmal hier. Wenn Sie nicht dazu da sind, Probleme, auf die ich Sie hingewiesen habe – –. Ich habe Ihnen persönlich, Herr Dr. Güldner, vorgestellt, wie sich die Personalentwicklung der Polizei darstellen wird, wenn nicht weitere Einstellungen vorgenommen werden.
Meine Damen und Herren von Rot-Grün, stellen Sie sich heute also nicht hin und behaupten, an der heutigen Situation schuldlos zu sein.
Die heutige Personalsituation bei der Polizei Bremen, und darauf sollten wir doch näher eingehen – Herr Fecker, Sie kommen auch noch an die Reihe! –, ist, wie ich bereits erwähnt habe, von 200 Beamten weniger bei der Polizei geprägt. Während der Polizeireform – und da kann ich nur an die Gespräche erinnern, die wir in den Jahren 2005 und 2006 oder auch 2004 geführt haben – war eine Vereinbarung von allen Parteien mitgetragen worden, dass am Ende 2 600 Mitarbeiter bei der Polizei in Vollzeit ihren Dienst versehen sollen. 2 600! Gegenwärtig hat die Polizei 2 450. Wir haben also 150 Vollzeitkräfte in der Polizei weniger. Diese Personalmisere führt dazu, dass die Polizei Bremen mittlerweile über 300 000 Überstunden angesammelt hat. Wenn Sie das durch die Jahresarbeitszeit teilen, dann sind Sie bei über 160 Beamten. Das ist ungefähr auch das Defizit, was tatsächlich vorhanden ist. 60 Beamtinnen oder Beamte sind gegenwärtig in der Elternzeit, und das bei 600 Frauen in der Polizei, die unter 40 Jahren alt sind. Da schlummert also auch noch ein Potenzial für zukünftige Elternzeiten.
Sie können ja darüber lachen! Es ist aber nicht von der Hand zu weisen, dass an der Stelle in Zukunft mit sehr viel höheren Anteilen in Elternzeit zu rechnen ist.
Die Krankenquote bei der Polizei Bremen ist im bundesweiten Vergleich deutlich erhöht. Während im bundesweiten Vergleich 6,3 Prozent aller Polizeibeamten vorübergehend oder dauerhaft krank sind, liegt dieser Prozentsatz in Bremen bei über acht Prozent. In vielen Fällen, das wird der Senat bestätigen können oder müssen, gibt es für Polizeibeamte keine freien Wochenenden mehr und schon gar nicht die Möglichkeit, so etwas zu planen. Darüber hinaus gibt es diverse Urlaubssperren. Diese gab es in diesem Jahr, und es sind schon weitere für nächstes Jahr anvisiert und geplant. Meine Damen und Herren, wie sieht die Einsatzsituation der Polizei Bremen aus? Auch diese hatten wir hier in mehreren Themen schon in der Bürgerschaft. Neben den Fußballeinsätzen mit in der Regel rund 800 Beamten – –.
Das wird vielleicht weniger, weil Werder nicht mehr in den internationalen Ligen spielt. Das mag ja sein!
Trotzdem gibt es genug Problemspiele hier in Bremen in der Bundesliga. Dort werden in der Regel 800 Beamte eingesetzt. Darüber hinaus wird auch hier immer wieder die Bekämpfung der Rocker-Kriminalität völlig zu Recht gefordert, die Bekämpfung der Straßen- und Drogenkriminalität. Aktuell haben wir eine Terrorwarnung mit Sicherung von Gebäuden. Auch die Bürgerschaft ist davon, was die Sicherung angeht, betroffen. Ethnische Clans, das Thema hatten wir heute Morgen bereits, regelmäßige Einsätze auf der Diskomeile, HEZ-Konzept, Stopp der Jugendgewalt, Bekämpfung der Wirtschafts- und Internetkriminalität und so weiter, ich will das hier gar nicht vertiefen. Ich gehe davon aus, dass die meisten von Ihnen diesen Zustand kennen, und der Innensenator sollte es erst recht wissen. Nicht zu vergessen an der Stelle sind natürlich die überörtlichen Einsätze, wie beispielsweise vor einigen Tagen oder Wochen in Gorleben oder anderenorts.
Allein die eingesetzten Polizisten aus Bremen sind aus Gorleben mit über 18 000 Überstunden zurückgekehrt. Ganz zu schweigen von den unerträglichen Zuständen, denen sie dort ausgesetzt waren. Viele mussten bis zu 31 Stunden irgendwo am Einsatzort ohne Ablösung oder Toilettenbenutzungsmöglichkeit ausharren und häufig über zehn Stunden ohne Verpflegung auskommen. Natürlich kann und muss man – und Herr Dr. Güldner hat ja so etwas für die Grünen auf den Weg gebracht – kritisch hinterfragen, wie es dazu kommen konnte und was die Polizeiführung dagegen unternommen hat. Es klingt jedoch wie Hohn in den Ohren der Betroffenen, wenn der innenpolitische Sprecher der Grünen in der Innendeputation erklärt: „Wir“ – das heißt also, er war dabei – „Demonstranten hatte diese Probleme nicht. Wir hatten heißen Tee und Dixi-Toiletten.“ Offensichtlich hat dieser Abgeordnete ignoriert, dass es die Demonstranten waren, die durch Treckersperren den Nachschub der Polizei verhindert haben, und dass die Polizei aus Gründen der Verhältnismäßigkeit diese Sperren nicht gewaltsam beseitigt hat.