Protokoll der Sitzung vom 09.12.2010

Allein die eingesetzten Polizisten aus Bremen sind aus Gorleben mit über 18 000 Überstunden zurückgekehrt. Ganz zu schweigen von den unerträglichen Zuständen, denen sie dort ausgesetzt waren. Viele mussten bis zu 31 Stunden irgendwo am Einsatzort ohne Ablösung oder Toilettenbenutzungsmöglichkeit ausharren und häufig über zehn Stunden ohne Verpflegung auskommen. Natürlich kann und muss man – und Herr Dr. Güldner hat ja so etwas für die Grünen auf den Weg gebracht – kritisch hinterfragen, wie es dazu kommen konnte und was die Polizeiführung dagegen unternommen hat. Es klingt jedoch wie Hohn in den Ohren der Betroffenen, wenn der innenpolitische Sprecher der Grünen in der Innendeputation erklärt: „Wir“ – das heißt also, er war dabei – „Demonstranten hatte diese Probleme nicht. Wir hatten heißen Tee und Dixi-Toiletten.“ Offensichtlich hat dieser Abgeordnete ignoriert, dass es die Demonstranten waren, die durch Treckersperren den Nachschub der Polizei verhindert haben, und dass die Polizei aus Gründen der Verhältnismäßigkeit diese Sperren nicht gewaltsam beseitigt hat.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Das ist auch eine Mär!)

Haben die Grünen gegen die Sperren Widerstand erhoben? Nein, meine Damen und Herren! Sie haben sogar dazu aufgerufen. Wenn die Grünen sich jetzt über die schlechten Bedingungen der Polizei in Gorleben echauffieren, dann ist auch das ein scheinheiliges und durchsichtiges Manöver.

(Beifall bei der CDU – Abg. D r. G ü l d - n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Wie ist denn der Nachschub der Demonstranten da durchgekommen?)

Herr Dr. Güldner, lesen Sie die aktuelle Zeitschrift „Die Deutsche Polizei“! Darin wird eindeutig vorgestellt, wie das funktioniert hat. Die Trecker sind zur Seite gefahren, damit der Nachschub der Demonstranten durchkommt. Die Treckersperre ist wieder hergestellt worden, und als die Polizei kam, waren keine Fahrer da. Wie soll man die Trecker wegräumen? Mit Gewalt geht das sicherlich, aber dann wird es auch teuer. Meine grünen Damen und Herren, glauben Sie im Ernst, dass die Polizisten und Bürger dieses Landes darauf hereinfallen? So grün hinter den Ohren können Sie doch gar nicht sein!

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, abschließend an die Koalition: Dass die Polizei überhaupt noch so gut funktioniert, wie sie funktioniert, ist auf die hohe Motivation der Beamten zurückzuführen.

(Abg. Frau T r o e d e l [DIE LINKE]: Be- amtinnen!)

Sie sind auf dem besten Weg, diese Motivation zu verspielen. Die CDU-Fraktion erwartet vom Senat und von der Koalition, dass sie viel mehr, als es bisher geschehen ist, die Polizei bei den neuen Herausforderungen unterstützt. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Tschöpe.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Hinners, ich glaube, vielleicht sollten wir damit anfangen, die Gemeinsamkeiten festzustellen, um dann zum Trennenden zu kommen. Die innere Sicherheit ist ein hohes Gut und die Basis für ein friedliches und solidarisches Zusammenleben. Die Polizei in Bremen und Bremerhaven leistet trotz schwieriger Rahmenbedingungen eine sehr gute Arbeit. Ich glaube, hierfür gebührt ihr der Dank des ganzen Hauses!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Zentrale Voraussetzung für diese engagierte Arbeit der Polizei ist eine angemessene Personalausstattung. Das ist in dieser Koalition völlig unstrittig. Deshalb hat Rot-Grün die Zahl der Neueinstellungen auf zuletzt 105 Beamte im Jahr 2009 und 120 im Jahr 2010 angehoben. Angesichts der enormen Belastungen, denen unsere Polizei ausgesetzt ist – viele der Ursachen haben Sie aufgezeigt –, ist es klares und erklärtes politisches Ziel der rot-grünen Koalition, dass die Polizei nicht kleiner werden darf. Dazu stehen wir weiterhin.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Die von Ihnen angeführte Anzahl der Überstunden macht auch deutlich, es bestehen gar keine Reserven mehr, um zusätzliche Belastungen mit weniger Personal erfüllen zu können. Für uns als SPD heißt das auch, um die künftigen Altersabgänge bei der Polizei ausgleichen zu können, ist eine rechtzeitige Ausbildung der Polizistinnen und Polizisten unerlässlich. Denn Beamtinnen und Beamte, die heute nicht ausgebildet werden können, können in drei Jahren nicht übernommen werden. Soweit, ich glaube, das Gemeinsame in diesem Haus!

Jetzt das Trennende, Herr Hinners! Nach der landläufigen Definition von Opposition hat die Opposition drei Aufgaben: Das Eine ist die Kontrolle, das Zweite ist die Kritik, und das Dritte ist das Aufzeigen von Alternativen zum Regierungshandeln. Sie haben hier den Verfahrensablauf zur Festsetzung der Anzahl von Anwärtern kritisiert. Ich kann Ihnen einmal sagen, wie sich das für uns darstellt. Es ist ein relativ normaler politischer Vorgang. Der Senat hat zunächst eine Ausbildungsplanung beschlossen, in der 60 Anwärter als erste Tranche auf die benötigte Gesamtzahl von circa 120 Stellen vorgesehen waren. Der SPD-Fraktion schien diese Tranchenbildung nicht sofort schlüssig zu sein. In Anbetracht dessen, wer sich sonst auf dem Ausbildungsmarkt umschaut – nämlich unter anderem auch die Bundespolizei –, hätten wir es für sehr nachvollziehbar gehalten, gleich 120 Bewerbern die Zusage zu geben, statt zunächst 60 und 60 weiteren im Juni. Wir haben daraufhin Gespräche mit den Grünen geführt, die das genauso sahen wie wir. Daraufhin hat der Senat die Tranchenbildung aufgegeben und hat gesagt, er will 120 Anwärter im März einstellen. Was ist dabei kritikwürdig? Das kann ich nicht sehen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Zuruf des Abg. H i n n e r s [CDU] – Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Das Parlament kontrolliert!)

Die zweite Rolle der Opposition ist die Kontrolle, Herr Hinners. Ich komme darauf zurück, dass Ihnen dieser ganze Ablauf bekannt ist. Sie haben auch pressewirksam vom Sturm im Wasserglas gesprochen. Ich bin zitiert worden, ich hätte gesagt, man sollte noch einmal darüber nachdenken, ob man nicht gleich 120 Anwärter einstellt, das wäre der Sturm im Wasserglas. Daraufhin haben Sie den Orkan der Aktuellen Stunde herbeigeredet.

(Heiterkeit bei der SPD)

Ich weiß nicht, aber in der Innendeputation haben Sie ja überhaupt nichts dazu hinterfragt. Kontrolliert haben Sie dort nicht. Eine parlamentarische Initiative konnte ich auch nicht sehen. Eine Anfrage gibt es nicht. Es gibt keinen Antrag. Es wird also wohl

bei diesem Orkan der Aktuellen Stunde geblieben sein.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Dritte Aufgabe der Opposition ist, Alternativen zum Regierungshandeln aufzuzeigen. Das haben Sie ja nicht einmal probiert. Das ist aber auch unwichtig, denn wir wissen ja, wie die Alternativen der CDU im Bereich der inneren Sicherheit aussehen. Dazu müssen wir nur in das Jahr 2004 zurückschauen: 68 Polizeianwärter. Im Jahr 2005 waren es 25 Polizeianwärter, im Jahr 2006 38 Polizeianwärter.

(Abg. K a s t e n d i e k [CDU]: Fragen Sie Herrn Nußbaum!)

Entschuldigung, ich habe ja gelernt, wer daran schuld war. Schuld waren der SPD-Finanzsenator und die grüne Opposition! Danke schön für diese Wahrheit, Herr Hinners!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Zuruf von der CDU: Damals war die Opposition auch Mist!)

Vielleicht lassen Sie mich abschließend dazu Folgendes sagen: Manche mögen Opposition als Mist betrachten, das ist keine Entschuldigung dafür, sie so auszuführen, wie Sie das heute gemacht haben! – Danke schön!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Fecker.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Senat hat eine Ausbildungsplanung für das Jahr 2011 vorgelegt, mit der er unter anderem die Weichen der zukünftigen Personalentwicklung stellen will. Das heißt, auch in schwierigen finanziellen Zeiten kommt das Land Bremen seiner Verpflichtung nach und schafft Ausbildungsplätze. Nur bei der Polizei, so der erste Beschluss, sollten als erste Tranche 60 Auszubildende eingestellt werden. Zu einem späteren Zeitpunkt sollte die exakte Zahl festgelegt werden. Der Senat hat diesen Beschluss am Dienstag umgesetzt und die Zahl der Auszubildenden auf 120 erhöht. Für uns Grüne ist dies ein Zeichen dafür, dass diese rot-grüne Regierung auch in Zeiten eines Haushaltsnotlagelandes nicht an der Sicherheit in unserem Gemeinwesen spart. Senat und Koalitionsfraktionen sind verlässliche Partner.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Nun zu den Müttern dieses Erfolgs! Herr Hinners, glauben Sie ernsthaft, dass wir vor dieser Aktuellen Stunde gezittert haben?

(Heiterkeit beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Eine Opposition, die sich in Auflösung befindet! Eine Opposition, die mehr mit der Verteilung der wenigen ihr noch verbliebenen Pfründe und Personalquerelen beschäftigt ist! Eine Opposition, die es nur noch durch das Weiterplappern von Internas in die Presse schafft und deren Inhalte niemand so richtig kennt!

(Abg. H i n n e r s [CDU]: Wo ist denn das Thema! – Abg. Frau M o t s c h m a n n [CDU]: Sind wir im Wahlkampf, oder sind wir in der Bürgerschaft?)

Schwarz-Gelb ist nicht nur im Bund, sondern auch hier in Bremen am Ende, meine Damen und Herren.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Wofür steht denn die Bremer CDU in der Innenpolitik? Das kann ich Ihnen sagen! Sie sind verantwortlich gewesen für die Verwahrlosung der Verwaltung, das Stadtamt, das Standesamt, die Ausländerbehörde, für die Einschränkung von Bürgern in ihren Freiheitsrechten, für Vorratsdatenspeicherung, Online-Durchsuchungen und Sammelabschiebungen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Sie sind ebenso verantwortlich für Personaleinsparungen bei der Polizei. Welcher Innensenator war es denn, der zwar eine Polizeireform auf den Weg gebracht hat, aber mit seinen unverantwortlich niedrigen Einstellungszahlen gleichzeitig dafür gesorgt hat, dass die Zielzahlen von 2600 Kräften bei der Polizei nicht mehr so schnell erreicht werden können? Wer war es denn, Herr Hinners? Wir definitiv nicht!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD – Abg. H i n n e r s [CDU]: Und jetzt?)

Zusammengefasst: Das Sicherheitsrisiko in dieser Stadt ist die Bremer CDU, meine Damen und Herren, und niemand sonst!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD – Unruhe bei der CDU)

Nun zurück zur Situation der Polizei! Die CDU hat richtig erkannt, dass es bei Teilen der Polizei hohe

Einsatzbelastungen gibt, aber auch daran wird ja gearbeitet. Bei der Belastung durch Bundesligaspiele von Werder Bremen hat der Innensenator durchaus mehrere Maßnahmen ergriffen, unter anderem das Verbot von Fanmärschen. Innensenator Mäurer hat mit Werder Bremen verhandelt. Der Verein sollte aus unserer Sicht auch einen Beitrag leisten und nun die Kosten für die Shuttle-Busse der Gästefans übernehmen. Da sind wir doch insgesamt auf einem richtigen Weg auf Bremer Ebene.

Zur Ehrlichkeit gehört auch dazu, dass wir uns über unnötige Belastungen unterhalten. Die Polizei muss letzten Endes das ausbaden, was Sie an verfehlter Energiepolitik in Berlin beschlossen haben.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD – Unruhe bei der CDU)

Sie haben mit falschen Beschlüssen maßgeblich dazu beigetragen, dass auch in den kommenden Jahren der Castor weiter durch das Land rollen muss. Bei der Gelegenheit: Wer hat denn die Kleine Anfrage gestellt, Herr Hinners, zur Situation der Arbeitsbelastung der Polizei? Wer hat denn in der Innendeputation danach gefragt, wie die Situation vor Ort war, und hat sich darüber berichten lassen? Von der CDU gab es dazu eigentlich so gut wie gar nichts zu hören, meine Damen und Herren.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD – Unruhe bei der CDU)

Wenn Sie mich schon ansprechen und auf meinen Redebeitrag in der Innendeputation verweisen, dann kann ich Ihnen sagen, ich habe gesagt, dass ich den Eindruck hatte, und dazu stehe ich auch, dass auf der einen Seite nicht gerade sehr professionell gearbeitet wurde.