Protokoll der Sitzung vom 09.12.2010

für die anderen wäre die Polizei dann besonders wichtig. Ich finde, so sollten wir die Debatte hier auch nicht führen.

Ich habe mich am Anfang der Debatte auch schon etwas gewundert, dass hier so viel Vergangenheitsbewältigung geleistet wurde. Ich glaube, das ist nicht das, was Bürgerinnen und Bürger von einer Debatte über die innere Sicherheit in unserem Land erwarten. Ich glaube, da gibt es eine ganze Reihe von Punkten, die hier, dann teilweise davon abgesetzt, auch schon genannt worden sind, die wesentlich richtiger sind. ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Es ist ganz klar, wir haben als FDP-Oppositionsfraktion in den letzten Jahren immer wieder darauf hingewiesen, dass es organisatorische Probleme, aber auch Probleme mit der Personalausstattung der Polizei gibt, und da würde ich doch erwarten, dass eine Regierungskoalition, wenn sie dem dann nachgibt, weil diese Debatte immer wieder auch aus der Bevölkerung natürlich zu Recht hier aufgebracht wird, nicht den Eindruck erweckt, als sei das hier nie thematisiert worden. Sie haben uns am Anfang der Wahlperiode, liebe Kollegen von der Koalition immer gesagt – ich erinnere mich noch an eine Aktuelle Stunde zum Thema Sielwallkreuzung etwa, in der das sehr deutlich war –,

(Abg. F e c k e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Diese Aktuelle Stunde haben Sie auch kra- chend verloren!)

es sei alles in Ordnung, es sei alles prima. Die Bürgerinnen und Bürger haben aber einen anderen Eindruck, nämlich dass sie weniger Polizeipräsenz auf den Straßen wahrnehmen, und das lässt sich auch an den Zahlen widerspiegeln. Es ist natürlich richtig, Neueinstellungen vorzunehmen, aber es ist doch genauso richtig, dass wir einen stetigen Abgang von Polizistinnen und Polizisten allein durch die altersbedingten Pensionierungen haben.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Deswegen bilden wir ja aus!)

Das muss man auch gegeneinander setzen. Dann stellt man fest, die Situation ist allein durch die Schaffung von 120 zusätzlichen Stellen nicht befriedigend.

(Beifall bei der FDP – Abg. D r. G ü l d - n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Das sind aber die höchsten Zahlen, die wir je in Bre- men hatten!)

Für uns ist entscheidend, dass es insgesamt einen ausreichenden Personalbestand in der Bremer Polizei gibt. Die dramatisch hohe Zahl der Überstunden, auch die physische Belastungssituation der Polizistinnen und Polizisten muss hier zur Kenntnis genommen werden, und, lieber Herr Fecker, ich glaube, da ist es reichlich daneben, wenn einem dann nichts anderes einfällt, als zu sagen, ich war da bei einer Demo, und ich fand, was die gemacht haben, war irgendwie unprofessionell! Ich glaube, so sollte man mit den Polizistinnen und Polizisten nicht umgehen.

(Zuruf des Abg. F e c k e r [Bündnis 90/Die Grünen])

Das, was Sie heute hier gesagt haben – und Ihr Redebeitrag war ja nicht so lang, den konnte man auch

ganz gut mitverfolgen –, geht nicht, so kann man das nicht machen!

(Beifall bei der FDP)

Wir als Liberale stehen an der Seite der Polizistinnen und Polizisten der Bremer Polizei. Ich will auch sehr deutlich sagen: Es gibt viele Faktoren, die die Arbeitsbedingungen von Polizistinnen und Polizisten massiv verschlechtert haben, es gibt zusätzliche Anforderungen, es gibt Aufgabenverdichtungen. Das ist in einem gewissen Umfang sicherlich vertretbar. Ich habe aber das Gefühl, dass das auch aufgrund fehlerhafter Organisation bei der Bremer Polizei nach wie vor nicht optimal ist aus unserer Sicht und dazu führt, dass die Belastungsgrenze dort erreicht ist. Wir haben als Liberale sehr deutlich gesagt, dass die 2 600 Polizeibeamten das äußerste Minimum sind, bei denen man noch von Sicherheit in Bremen sprechen kann, und zwar muss das für alle Stadtteile gelten, nicht nur für einzelne. Da geht es wirklich darum, auch in den Stadtteilen, die etwas am Rande liegen, ebensolche Möglichkeiten zu bieten, dass dort gute Einsatzzeiten erreicht werden wie in der Stadtmitte. All diese Probleme sind doch hier in den letzten Jahren immer wieder vorgebracht worden. Es ist doch nicht so, dass das nicht thematisiert worden ist. Deshalb muss man auch sagen, es ist schon sinnvoll – auch im Interesse der Beamten, über die wir sprechen –, hier ein Stück weit zur Redlichkeit zurückzukehren und nicht die Frage zu stellen: Wer hat wann wofür Verantwortung gehabt, und wer ist daran mehr schuld gewesen als irgendwer anders? Darüber haben Sie jetzt hier eine halbe Stunde gesprochen. Ich glaube, die Frage hat doch überhaupt niemand gestellt, sondern die Frage ist: Wie kommen wir zu einer Situation,

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Wichtig ist zu handeln!)

die für Bürgerinnen und Bürger und die Beamten gleichermaßen erträglich ist?

(Beifall bei der FDP – Abg. F e c k e r [Bünd- nis 90/Die Grünen]: Und was will jetzt die FDP?)

Ich finde, befriedigend im Sinne eines Sicherheitsgefühls ist, was zu Recht auch zur Lebensqualität in einer Stadt dazugehört.

(Beifall bei der FDP)

Lieber Herr Fecker, da könnten Sie auch einen Beitrag leisten, indem Sie nämlich solche zusätzlichen Belastungen wie jetzt gerade während dieses CastorTransports – –. Bei diesem Einsatz hat Ihre Partei, die grüne Partei, massiv zu Demonstrationen und Akti

vitäten aufgerufen, die ich schon sehr grenzwertig finde.

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Gott sei Dank! Da muss man ja demonstrieren! Wollen Sie uns das Demonstrationsrecht jetzt auch noch verbieten?)

Nicht von Ihnen persönlich, aber aus dem Spektrum derer, die das unterstützen! Ich erinnere Sie an dieser Stelle einmal an die Verantwortung, die Sie eigentlich hier auch spüren müssten. Zu Ihrer Regierungszeit gab es eine Verabredung, die dazu geführt hätte, dass dieser Transport hätte genauso stattfinden müssen, wobei Sie nicht demonstriert hätten. Da bin ich mir ziemlich sicher.

(Beifall bei der FDP)

Deshalb, finde ich, ist das eigentlich sehr unangemessen, wiederum einfach mit dem Finger in Richtung Berlin zu zeigen und zu sagen, daran ist dann auch noch Schwarz-Gelb schuld. Das ist alles nicht redlich.

(Beifall bei der FDP)

Deshalb ist meine Bitte: Arbeiten Sie sich nicht an den Polizistinnen und Polizisten ab! Lösen Sie die Probleme der Bremer Polizei! Ich glaube, dass es sich wirklich lohnt, auch dort in ernsthafte Gespräche zu gehen. Wir machen das. Wir glauben auch, dass man dort noch einiges mehr an Engagement braucht, auch gerade im Hinblick auf das Thema Ausbildung. Das ist hier angesprochen worden. Was nützen Ihnen Stellen, wenn Sie die qualifizierten Beamten, die wir eigentlich in dieser schwierigen Situation brauchen, möglicherweise überhaupt nicht mehr in Bremen dafür gewinnen, unter diesen Bedingungen hier ihren Dienst anzutreten. – Vielen Dank!

(Beifall bei der FDP – Abg. D r. G ü l d - n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Wir haben über 2 000 Bewerber! Sie haben doch über- haupt keine Ahnung!)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Senator Mäurer.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es fällt immer schwer, ruhig zu bleiben, wenn man immer als Letzter erst die Möglichkeit hat, etwas zu sagen. Vielleicht können wir das in der nächsten Legislaturperiode einmal ändern!

(Abg. K a s t e n d i e k [CDU]: Sie haben die Möglichkeit sich hierher zu setzen, Herr Mäurer!)

In der Agenda des Jahres ist eigentlich der Termin zur Vereidigung der neuen Beamtinnen und Beamten in der Oberen Rathaushalle ein Highlight für jeden Innensenator. Wir haben das zuletzt am 15. November 2010 zelebriert. Ich habe anlässlich dieser Veranstaltung einmal in unsere Akten geschaut, weil man ja auch etwas von den Vorgängern lernen möchte. Ich habe einen Blick in das Jahr 2005 geworfen. Ich habe gesehen, dass sich der damalige Innensenator Herr Röwekamp mit den neuen Anwärterinnen und Anwärtern der Presse gestellt hat. Die Presse hat das sehr positiv aufgenommen und am 13. Dezember 2005 geschrieben: Bald sind alle Polizisten blau. Der Innensenator erklärte dazu, die alte grün-beige Dienstkleidung werde aufgetragen, bis sie zerschlissen ist. Herr Mordhorst, der damalige Polizeipräsident sagte: Schade, dass wir in diesem Jahr nur 24 Polizeianwärter einstellen konnten, aber ich bin froh, dass sie schon die chicen, neuen Uniformen tragen. So das Jahr 2005!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Das sind die blauen Beamtinnen und Beamten, 120 vor dem Dom aufgereiht. Diese Veranstaltung hat dann etwas, wenn die Obere Rathaushalle in der Tat bis zum letzten Stuhl besetzt ist und wir mit den Freunden, Eltern und Verwandten dann diesen Akt vollziehen können. Wir werden dies auch im nächsten Jahr so machen. Ich räume ein, wir haben vielleicht einen kleinen Fehler gemacht. Mein Verhältnis zur Finanzsenatorin kann ich in der Tat so outen: Wir arbeiten seit Jahren so vertrauensvoll zusammen, dass ich nie einen Zweifel gehabt habe, dass wir uns auch über die zweite Rate unterhalten und verständigen können. Wir sehen uns mehrmals, und wir sehen uns wieder. Daher ist das eine Basis, die auch durch die Zahlen der letzten Jahre bestätigt wird.

Als ich angefangen habe, habe ich einen Blick in die alte Koalitionsvereinbarung von Rot-Grün geworfen. Die war damals schon ein großer Schritt nach vorn gewesen: 78 Neueinstellungen jedes Jahr. Vier Jahre lang war das die Ansage gewesen. Was haben wir daraus gemacht? 78, das war noch das erste Jahr, da war ich nicht dabei, aber im nächsten Jahr waren es 79, 105, 120, und im nächsten Jahr werden es wieder 120 sein.

(Abg. H i n n e r s [CDU]: Das reicht ja noch nicht einmal! – Abg. T i m k e [BIW]: Und die Pensionierungen?)

Das heißt, wir haben nicht nur diese Koalitionsvereinbarung erfüllt, sondern wir haben sie vollständig übererfüllt. Das zur Bilanz der letzten drei Jahre und zum Ausblick auf die kommende Legislaturperiode!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. D r. G ü l d n e r [Bünd- nis 90/Die Grünen]: Das geht bis 2014!)

Jetzt diskutieren wir über die Belastungen der Polizei. Ich glaube, da teile ich in der Tat die Einschätzung vieler Beiträge hier. Wir haben heute darüber gesprochen, ob wir wieder zwei Züge in Richtung Mecklenburg-Vorpommern losschicken zur Unterstützung eines weiteren Castor-Transports. Wir haben zugesagt, weil wir die Kollegen da auch nicht alleinlassen wollen. Wir sehen aber, dass wir enorme Belastungen haben, angefangen vom Tag der Deutschen Einheit bis hin zum Fußball. Die Zahlen kennen Sie. Das muss ich heute nicht alles wiederholen. Wir haben Bereiche in der Stadt, sowohl die ethnischen Clans, die Rocker und vieles andere mehr als auch Drogenhandel, wo immer hohe Präsenz und Einsatz gefordert sind. Ich muss sagen, trotz aller Klagen manchmal, das gehört auch mit dazu, ist diese Polizei da, wenn man sie ruft.

(Abg. D r. B u h l e r t [FDP]: Die muss auch da sein, bevor etwas passiert! Präven- tion!)

Das ist einfach das, was mir an meinem Beruf so viel Freude bereitet, dass ich in der Tat immer schauen kann, dass die Kolleginnen und Kollegen da sind. Das gilt gerade für die Einsatzzeiten auch unserer Streifenwagen. Da gab es in den Anfängen noch Probleme. Inzwischen hat sich das aber so stabilisiert. Die Zahlen zeigen mir, dass die Zeiten immer kürzer werden und die Streifenwagen auch da sind, wo sie gebraucht werden.

Ich räume aber auch ein, ich habe ein Problem, das ich nicht leugnen kann, und zwar ist es in der Tat so, dass aufgrund der Fehlentwicklung im Ausbildungsbereich in den vergangenen Jahren die Zahl der Polizeibeamtinnen und -beamten rückläufig ist. Trotz aller unserer Anstrengungen mit den 120 Stellen in diesem Jahr und den 120 Stellen im nächsten Jahr wird es nicht so sein, dass wir die Polizeistärke des Jahres 2000 wieder erreichen werden. Wenn es gut geht, wenn wir das alles vernünftig hinbekommen, wird es dazu reichen, um den Personalbestand auf dem heutigen Stand zu stabilisieren, vielleicht möglicherweise tendenziell etwas anzuheben.

Es ist aber völlig klar, dass wir heute in unserer Haushaltssituation nicht beliebig viele Beamte einstellen können. Deswegen überrascht mich der Vorschlag von der LINKEN, wo ich nun überholt werde. 120 Stellen, das ist in der Tat das Äußerste, das man unter den Bedingungen, die wir heute im Haushalt haben, realisieren kann. Ich würde auch gern 140 oder 150 Stellen sagen. Ich kann im Senat aber nicht die alleinige Verantwortung für das Einsparen auf meine geschätzten Kollegen abwälzen und sagen, macht einmal. Wir kämpfen dann alle auf ho

hem Niveau für Zahlen, die wir letztlich nicht finanzieren können. Wir haben also mit diesen 120 Stellen eigentlich unter Abwägung aller Aspekte das Maximale erreicht.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Da liegen wir ja an der Spitze!)

Ich denke, wir sollten auch hier nun nicht in Sack und Asche gehen. Wir haben es in den letzten Zahlen erreicht, dass die Zahl der Straftaten rückläufig ist. (Abg. F e c k e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Für Herrn Timke noch einmal aufschreiben!)

Wir haben die schlechte Aufklärungsquote in den letzten drei Jahren systematisch verbessert und sie steigt. Das heißt, es werden immer mehr Straftaten ermittelt, zu Ende gebracht. Es wir angeklagt. Auch das zeigt, dass die Polizei eine neue Beweglichkeit erhalten hat und in der Lage ist, die verschiedenen Felder anzugehen. Ich muss sagen, wir haben hier auch Erfolge. Wenn man einmal allein solche Großereignisse sieht wie den Tag der Deutschen Einheit hier in Bremen, da hatten wir vorab alle große Sorge gehabt. Die Polizei hat das in souveräner Weise gemeistert, keine Schäden!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wir haben keine Sachschäden. Wir haben keine Personenschäden. Das ist einfach auch die gute Arbeit, die sich damit verbindet. Deswegen denke ich, haben wir mit dieser Entscheidung von 120 Einstellungen das Richtige getan. Wir müssen uns in der nächsten Koalition dann darüber verständigen, wie es weitergeht. Ich hoffe, dass wir dies in dem Kreis auch weitermachen können wie bisher. Dann habe ich um die Polizei keine Sorge. – Danke sehr!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.