Protokoll der Sitzung vom 23.02.2011

(Beifall bei der CDU)

Informationszugangsgesetz und Informationsfreiheitsgesetz sind zwei Wortungetüme, und es wird nicht besser, wenn man ein Wortungetüm durch ein anderes Wortungetüm auswechselt. Das ist Punkt eins, aber das ist ein harmloser Teil.

Im Prinzip und grundsätzlich ist die CDU-Fraktion immer an Ihrer Seite, Frau Senatorin, was das Informationsfreiheitsgesetz anbelangt. Wir unterstützen das, halten das auch für richtig, haben das auch positiv begleitet. Dennoch werden wir uns heute enthalten, denn die Gesetzesänderung, die Sie uns vorschlagen, ist eine Verschlimmbesserung aus unserer Sicht. Dadurch wird ein an sich gutes Gesetz aus unserer Sicht nicht besser, und das will ich auch begründen. Das betrifft im Wesentlichen den Paragrafen 6.

Übrigens wäre es ganz schön, wenn Sie uns Gesetzesänderungsanträge nicht am gleichen Tag zuleiten, sondern vielleicht ein paar Tage eher – das nur als gutgemeinte Anregung an die Kollegen der Koalition von SPD und Grünen –, sodass Sie uns als Opposition dann auch eine faire Chance geben, in Ruhe über Ihre Gesetzesänderungsanträge nachzudenken. Wir können das jetzt aber auch so machen. In Paragraf 6, Frau Dr. Sommer, hätte ich mir von der Landesdatenschutzbeauftragten einen größeren Schutz der schutzwürdigen Belange der Betroffenen gewünscht. Da machen Sie nun etwas, was ich gar nicht verstehen kann, denn da geht es

jetzt um das Informationsinteresse, und da sagen Sie, das Informationsinteresse der antragstellenden Person ist Ihnen wichtiger als die schutzwürdigen Belange. Das betrifft – –.

(Zuruf)

Ja, das muss abgewogen werden, richtig! Im Zweifelsfall überwiegt aber das Informationsinteresse. Da sage ich einmal, wenn es um Betriebsgeheimnisse und auch wenn es um die Verträge der Daseinsvorsorge geht, halten wir das für problematisch, weil dadurch auch eine Wettbewerbsverschlechterung in Bremen gegenüber anderen Kommunen und anderen Bundesländern eintritt. Sie haben das jetzt aus Berlin abgeschrieben oder übernommen, wie auch immer, das ist legitim. Ich halte das aber für problematisch, ein Geschäftsgeheimnis von Betrieben, die Verträge mit der öffentlichen Hand machen, einfach so, wenn das Informationsinteresse überwiegt, offenzulegen. In der Abwägung würden wir da als CDU-Fraktion anders entscheiden. Deshalb werden wir uns enthalten.

Was ich ein bisschen schade finde, weil grundsätzlich die Möglichkeit bestanden hätte, dass wir dieses Gesetz oder eine Gesetzesänderung gemeinsam gemacht hätten, wenn wir sie dann sorgfältig miteinander abgestimmt hätten. Das Informationsfreiheitsgesetz wäre solch ein Thema gewesen, bei dem wir uns jetzt nicht auseinanderdividieren müssen.

Ich tröste mich jetzt etwas damit, dass sehr wenige Menschen bisher von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht haben. So hoffe ich, dass möglichst wenige Geschäftsgeheimnisse offengelegt werden müssen, weil das Gesetz noch nicht so bekannt ist. Das ist aber eigentlich auch widersinnig, weil wir das Gesetz eigentlich bekannt machen müssen und nicht als geheimes Gesetz in der Schublade haben sollten. Bisher haben dieses Gesetz, diese Informationsfreiheitsmöglichkeit, so wenige genutzt, dass man sich manchmal fragt – –. Der Bürger, der von uns so vieles erwartet, der Offenlegung, der Beteiligung, des Mitnehmens, dann bietet man ihm das an, und dann ist es auch wieder nicht richtig. Also gut, machen Sie Ihr Gesetz bekannt! Im Grundsatz teilen und unterstützen wir die Informationsfreiheit, in diesem Paragrafen 6 allerdings nicht, und deshalb die Enthaltung der CDU-Fraktion. – Danke!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Richter.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Ergebnisse der im vergangenen Jahr durchgeführten und in diesem Haus ja bereits debattierten Evaluationen zum Bremer ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Informationsfreiheitsgesetz zeigen, das Gesetz hat sich wenn auch mit gewissen Einschränkungen bewährt und sollte nicht zum 31. Dezember 2012 auslaufen. Es sind aber Anpassungen erforderlich, über die wir heute befinden werden. Die Evaluation bestätigt aber ausdrücklich, dass das Gesetz noch immer nicht bei allen angekommen ist. Das haben die Vorrednerinnen und Vorredner auch gesagt. Noch nicht bei allen Dienststellen, noch nicht in allen Ortsämtern, noch nicht in allen Köpfen derjenigen, die auch Informationen für unsere Bürgerinnen und Bürger liefern sollen.

Die Evaluationsergebnisse verdeutlichen weiter, auch bei den Bürgern ist das Gesetz noch nicht angekommen. Nur 13,3 Prozent der Befragten hatten bereits vom Bremer Informationsfreiheitsgesetz gehört. Viele Antragssteller sind davon ausgegangen, ihnen stehe sowieso ein Anspruch auf Informationserteilung zu, auch ohne gesetzliche Regelung, und das ist vielleicht auch gut so. Im Evaluationsbericht wird unter anderem eine Kampagne für eine offene Informationskultur empfohlen. Eigentlich nichts Neues, darüber haben wir uns schon in den letzten Jahren, seitdem es das Gesetz gibt, unterhalten, darüber waren wir uns im Medienausschuss und auch in der Bürgerschaft bisher immer einig. Ohne entsprechende Kampagnen, ohne Marketing wird das Gesetz und die daraus abzuleitenden Rechte bei vielen Bürgerinnen und Bürgern nicht im erforderlichen Umfang ankommen.

Des weiteren wird angeregt, die Benutzbarkeit weiter zu verbessern. Völlig richtig! Auch eine Empfehlung, an der die Verantwortlichen schon von Beginn an arbeiten, wenn man sich die ersten Ansätze ansieht, und jetzt einmal in das Portal hineinschaut, muss man feststellen, es hat sich schon vieles verbessert bezogen auf die Inhalte und auf das Handling, aber es gibt immer noch etwas zu tun. Die FDP hält es für eine richtige Entscheidung, es bei dem bisherigen Namen zu belassen, sonst wäre bei einigen die Verwirrung perfekt.

Die FDP kann sich im Gegensatz zur CDU auch dem Änderungsantrag, Drucksache 17/1672, anschließen. Auf einen Punkt dieses Änderungsantrags möchte ich noch einmal kurz eingehen. Dass Verträge der sogenannten Daseinsvorsorge zukünftig offengelegt werden müssen, stärkt die Rechte der Bürgerinnen und Bürger. Da bin ich etwas anderer Meinung als Frau Motschmann, weil es auch gewisse Einschränkungen im Gesetzestext gibt. Ich finde, die Bürgerinnen und Bürger haben schon ein Recht, gewisse Kalkulationsgrundlagen zu erfahren, um dann auch nachzuvollziehen, wie sich bestimmte Gebühren, Beiträge und Kosten zusammensetzen. Offenlegung nur dann, so steht es im Änderungsantrag, wenn die betroffenen Firmen und Institutionen keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt sind, das heißt, keine Gefahr besteht, Konkurrenten könnten Betriebs- und Geschäftgeheimnisse ausforschen und

für eigene Zwecke nutzen! Von unserer Seite also auch Zustimmung zum Änderungsantrag! – Danke!

(Beifall bei der FDP)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Troedel.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Erst einmal nicht nur für die Arbeit am Informationsfreiheitsgesetz, selbstverständlich für den Datenschutz, schließe ich mich im Namen der Fraktion DIE LINKE dem Dank an. Außerdem schließen wir uns dem Änderungsantrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen an. Besonders begrüßen wir die Definition des Begriffs „Verträge der Daseinsvorsorge“. Das war überfällig und notwendig und entwickelte sich auch ein Stück aus der Diskussion um dieses Gesetz. Wir erhoffen uns alle, dass mit zunehmender Bekanntheit dieses Informationsfreiheitsgesetzes – zu dem Namen komme ich gleich – auch konstruktive Mitarbeit und Anregungen das Ganze noch beleben. Zu dem Änderungsantrag! Der Fairness halber, auch ich bin Opposition, ich hatte aber diesen Änderungsantrag, das Begehren von SPD und Bündnis 90/ Die Grünen, in der letzten Sitzung des Medienausschusses schon vorliegen, er musste nur noch einmal juristisch und gesetzlich begutachtet werden. Ganz neu war es also nicht, sonst hätte ich sicher schon etwas gesagt. Nur der Fairness halber, überrascht konnte niemand sein. Zu dem Begriff Informationsfreiheitsgesetz ganz kurz! Nicht nur, dass er bekannt ist, sondern für mich beinhaltet er genau das, was wir darunter verstehen. Da ist der Begriff der Freiheit, das ist die lebendige Bürgerbeteiligung, das ist lebendige Demokratie, und die Freiheit der Information, die jeder und jedem zusteht, das ist hier in Bremen nach meinen Kenntnissen überdurchschnittlich gut gelöst worden. Das sage ich nicht nur, weil ich hier in Bremen wohne, lebe und arbeite, es ist das Beste, das wir so querschnittsmäßig in der Bundesrepublik vorliegen haben. Das andere ist schon mit Recht problematisiert worden: Eine bessere, intensivere und zielgerichtetere Öffentlichkeitsarbeit tut einfach not, ansonsten wird weiterhin ein Stück theoretisch diskutiert. – Ich danke für die Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort erhält Frau Bürgermeisterin Linnert.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ihnen danke ich ganz herzlich für die konstruktiven Beratungen im Medienausschuss und die behutsame Verbesserung eines wirklich guten und fortschrittlichen Gesetzes,

auf das wir alle achten, das wir mit Leben füllen sollten und auf das wir auch ein bisschen stolz sein können.

Die Veröffentlichungspflicht für Gutachten, die jetzt in das Gesetz aufgenommen worden ist, begrüße ich ausdrücklich. Die Gutachten gehören Ihnen allen und der interessierten Öffentlichkeit. So können Sie herausfinden, ob wir Gefälligkeitsgutachten in Auftrag geben, zu viel bezahlen für schlechte Leistung, und vor allem können alle an den Ergebnissen der Gutachten teilhaben, die nicht irgendwelchen Senatoren oder Staatsräten persönlich gehören, sondern eben der Öffentlichkeit.

(Abg. F r e h e [Bündnis 90/Die Grünen]: Aber nicht in Dissertationen einbauen!)

Nicht in Dissertationen einbauen, hat Herr Frehe gesagt, also ich habe keine Zeit, nebenbei zu promovieren, auf die Idee wären wir auch nicht gekommen.

Der zweite Punkt, der hier in der Debatte noch eine wichtige Rolle gespielt hat, ist die Veröffentlichungsmöglichkeit bei Verträgen im Rahmen der öffentlichen Daseinsfürsorge. Ich glaube nicht, dass man da große Angst haben muss, es wird sich in den nächsten Jahren immer mehr herauskristallisieren, dass es zur Selbstverständlichkeit wird, wenn jemand mit dem Staat Vertragsbeziehungen eingeht. Das gilt zum Beispiel auch für Zuwendungsempfänger, Wohlfahrtsverbände. Mit der Tatsache, dass man mit dem Staat einen Vertrag hat, gehen besondere Veröffentlichungspflichten und ein besonderes Transparenzgebot einher. Es wird niemand gezwungen, mit uns Verträge zu schließen, aber wer das macht, muss sich dem Primat eines Rechtsstaates und dem Recht der Öffentlichkeit, uns zu kontrollieren, unterwerfen. Bisher war es so, wenn ich mit Unternehmern darüber gesprochen habe, haben die es auch verstanden, und sie werden sich darauf einrichten. Da droht bestimmt nicht der Untergang des Abendlandes, sondern es wird sich in den Köpfen immer mehr breit machen, dass wir vom Obrigkeitsstaat zu einem demokratisch legitimierten und kontrollierten Rechtsstaat gewandert sind und dass sich das jetzt auch in solchen Dingen niederschlägt.

Wir wollen uns weiterhin sehr anstrengen, dass viel mehr Menschen auch unter Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz unsere Informationen abrufen. Das sind wir hier alle – Sie und ich –, die sich da weiter anstrengen müssen. Wir haben nicht so viel Geld für große Werbekampagnen, aber auch kleine Dinge können schon helfen. Nutzen Sie das Angebot selbst! Ich habe mich jetzt entschieden, auf jeden Brief mit offiziellem Briefkopf, der mein Haus verlässt, einen Hinweis auf das Informationsrecht nach dem Informationsfreiheitsgesetz drucken zu lassen. Dazu können viele kleine Dinge beitragen, und da ist der Fortschritt unaufhaltsam. Wenn wir uns zusammen anstrengen, können wir uns weiter auch in Deutschland mit unserem Gesetz und den

tatsächlichen Ergebnissen, die am Ende auch viel verändern werden, sehen lassen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Beratung ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Als Erstes lasse ich über den Bericht und Antrag des Ausschusses für Informations- und Kommunikationstechnologie und Medienangelegenheiten abstimmen. Wer den Bemerkungen des Ausschusses für Informations- und Kommunikationstechnologie und Medienangelegenheiten, Drucksache 17/1647, beitreten möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE, FDP und Abg. M ü l l e r [parteilos])

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

(CDU und Abg. T i t t m a n n [parteilos])

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) tritt den Bemerkungen des Ausschusses für Informations- und Kommunikationstechnologie und Medienangelegenheiten bei. Jetzt lasse ich über das Erste Gesetz zur Änderung des Bremer Informationsfreiheitsgesetzes, Drucksache 17/1442, in zweiter Lesung abstimmen. Gemäß Paragraf 51 Absatz 7 unserer Geschäftsordnung lasse ich zuerst über den Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen, Drucksache 17/1672, abstimmen. Wer dem Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit der DrucksachenNummer 17/1672 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE, FDP und Abg. M ü l l e r [parteilos])

Ich bitte um die Gegenprobe! Stimmenthaltungen?

(CDU und Abg. T i t t m a n n [parteilos])

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Änderungsantrag zu.

Jetzt lasse ich über das Erste Gesetz zur Änderung des Informationsfreiheitsgesetzes, Drucksache 17/1442, in zweiter Lesung abstimmen. Wer das Erste Gesetz zur Änderung des Informationsfreiheitsgesetzes, Drucksache 17/1442, unter

Berücksichtigung der soeben vorgenommenen Änderungen in zweiter Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE, FDP und Abg. M ü l l e r [parteilos])

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

(CDU und Abg. T i t t m a n n [parteilos])

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt das Gesetz in zweiter Lesung.

Ich gehe davon aus, dass Sie damit einverstanden sind, dass die insoweit erforderlichen Umnummerierungen der Artikelbezeichnungen und Bezifferungen innerhalb des Gesetzes durch die Bürgerschaftskanzlei vorgenommen werden. – Ich stelle Einverständnis fest. Dann verfahren wir so.

Im Übrigen nimmt die Bürgerschaft (Landtag) von dem Vierten Jahresbericht der Landesbeauftragten für Informationsfreiheit, Drucksache 17/1241, von der Stellungnahme des Senats, Drucksache 17/1387, und von dem Bericht des Ausschusses für Informations- und Kommunikationstechnologie und Medienangelegenheiten, Drucksache 17/1647, Kenntnis.

Umweltzertifizierung der bremischen Häfen – „Greenports“ sichtbar machen