Protokoll der Sitzung vom 24.02.2011

Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 17/1657 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE, Abg. M ü l l e r [parteilos] und Abg. T i m k e [BIW])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen FDP)

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag zu.

Wissenschaftsplanung für das Land Bremen fortschreiben

Antrag der Fraktion der CDU vom 17. August 2010 (Drucksache 17/1395)

Wir verbinden hiermit:

Wissenschaftsplanung für das Land Bremen fortschreiben

Bericht und Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung vom 3. Dezember 2010 (Drucksache 17/1564)

Dazu als Vertreterin des Senats Frau Senatorin Jürgens-Pieper.

Meine Damen und Herren, der Antrag der Fraktion der CDU „Wissenschaftsplanung für das Land Bremen fortschreiben“ vom 17. August 2010, DrucksachenNummer 17/1395, ist von der Bürgerschaft (Landtag) in ihrer 73. Sitzung am 29. September 2010 zur Beratung und Berichterstattung an den Ausschuss für Wissenschaft und Forschung überwiesen worden. Dieser Ausschuss legt hierzu mit der DrucksachenNummer 17/1564 seinen Bericht vor.

Die gemeinsame Beratung ist eröffnet.

Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Allers.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bin heilfroh, dass sich das Klima hier im Saal ein bisschen erwärmt hat, dass man doch wieder zu einer etwas sachlichen Diskussionskultur auch bei kontroversen Themen zurückgefunden hat, und ich hoffe, das bleibt jetzt auch so. Wir debattieren heute über die Hochschul- und Wissenschaftsplanung des Landes. Das hört sich erst einmal nicht sonderlich spannend an.

(Abg. Frau B ö s c h e n [SPD]: Na, na!)

Vorerst! Deshalb gestatten Sie mir noch ein paar Ausführungen zu den gesetzlichen Zusammenhängen, um Ihnen die Bedeutung dieses Themas für den Wissenschaftsstandort Bremen näherbringen zu können.

Wesentliche Instrumente der wissenschaftspolitischen Rahmenplanung sind der Hochschulgesamtplan und der Wissenschaftsplan. Sie stellen zum einen die derzeitige Ausgangslage dar und zum anderen die für die Hochschulen und Universität wichtigen Angaben über strukturelle Entwicklungen, aber auch über personelle, sachliche und räumliche Ausstattungen. Das ist im Hochschulgesetz, Paragraf 104, nachzulesen. Auf dieser Grundlage wiederum stellen die Hochschulen ihre Hochschulentwicklungspläne auf, die letztlich in Zielleistungsvereinbarungen zwischen den Hochschulen und der Senatorin für Bildung und Wissenschaft münden. Die Hochschulen müssen planen, wie sie ihre Schwerpunkte in Forschung und Lehre setzen, wie sie ihre Stellen für die Hochschullehrer und auch für das wissenschaftliche Personal einsetzen. Hierin werden auch das Qualitätsmanagement, die Frauenförderung und nicht zuletzt der Wissenstransfer geregelt. Eine Randbemerkung dazu: Wir hatten im letzten Wissenschaftsausschuss eine äußerst spannende Anhörung gerade zu diesem Thema und haben gehört, wie vieles schon gut funktioniert, aber dass es doch auch noch einiges in diesem Bereich zu tun gibt.

Auf jeden Fall ist die Wissenschaftsplanung die Grundlage und deshalb hier irgendwie auch eine Generaldebatte, aus der sich alles andere ableitet. Unser Ziel ist eine wissenschaftspolitische Schwerpunktsetzung, und gerade in Zeiten knapper Kassen ist ein zielgenauer und effektiver Einsatz der vorhandenen Mittel besonders wichtig.

Der letzte Hochschulgesamtplan, der HGP V, und der Wissenschaftsplan 2010 sind im Jahr 2010 ausgelaufen. Deshalb haben wir in unserem Antrag vom August letzten Jahres den Senat aufgefordert, seiner im Hochschulgesetz verankerten Pflicht nachzukommen, einen Entwurf über die Fortschreibung vorzu––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

legen. Die Bürgerschaft hat dann im September den Antrag in den Wissenschaftsausschuss überwiesen, und dort wurde er am 3. November 2010 beraten. Anwesend waren bei dieser Beratung die Vertreter aller Hochschulen und der Universität, die auch alle unisono erklärt haben, dass sie Planungssicherheit benötigen. Sie müssen frühzeitig planen, um flexibel und auch rechtzeitig auf Entwicklungen reagieren zu können. Die Universität zum Beispiel muss ja auch Großvorhaben wie die Teilnahme an der Exzellenzinitiative langfristig vorbereiten.

Natürlich müssen ein Hochschulgesamtplan und eine Wissenschaftsplanung solide aufgestellt sein, und natürlich sind sie haushaltsrelevant. Aber gerade deshalb ist es aus unserer Sicht sehr wichtig, Schwerpunkte zu setzen, gerade vor dem Hintergrund der Haushaltslage Bremens. Auch unser Ziel ist es, den Hochschulen und der Universität belastbare und seriöse, zuverlässige Rahmendaten an die Hand zu geben.

Frau Böschen, Sie haben im Wissenschaftsausschuss erklärt, dass wir uns auf der einen Seite auf einem sehr schwierigen Konsolidierungsweg befinden, dessen sind wir uns als CDU-Fraktion auch völlig bewusst. Auf der anderen Seite haben Sie aber auch wieder gesagt, dass Ihnen die Schwerpunkte, die wir benannt haben, nicht weitgehend genug sind. Zugegebenermaßen setzt jede Partei ihre eigenen Schwerpunkte. Wir haben die unsrigen, sie sind uns wichtig. Wir haben aber auch im Ausschuss deutlich gemacht, es wurden ja auch einige Beispiele von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen genannt, wir sind für weitere Schwerpunktsetzungen durchaus offen, das haben wir im Ausschuss angeboten. Leider wurde der Antrag jedoch abgelehnt.

Gerade weil wir uns in einer schwierigen finanziellen Lage befinden, ist es doch umso wichtiger, zusammen mit den Hochschulen und den Forschungseinrichtungen Prioritäten zu setzen. Wir halten es für vordergründig, Schwerpunkte in Forschung und Lehre zu setzen, dazu gehört auch die Evaluation von Studienangebot und Studienkapazität. Nur so können die Hochschulen auch den Anforderungen des Hochschulpakts gerecht werden.

Wir haben uns im letzten Herbstsemester wieder über die hohe Anzahl von Studienanfängern gefreut. Ja, das ist wunderbar, aber es muss für die Hochschulen auch qualitativ leistbar sein. Wir wissen, dass die doppelten Abiturjahrgänge anstehen, Niedersachsen in diesem Jahr, Bremen im nächsten Jahr, gepaart mit einem zu erwartenden Anstieg von Studienanfängern durch die Aussetzung der Wehrpflicht. Auch dies bedeutet für die Hochschulen einen besonderen Kraftakt, schließlich soll und darf die Qualität des Studiums nicht leiden. Daher ist aus unserer Sicht die Ressourcenplanung besonders wichtig. Die Hochschulen müssen doch in die Lage versetzt werden, personell zu planen. Um gutes Personal zu bekommen, um es auch zu binden, braucht

es längere Planungszeiträume, auch das wurde von den Vertretern der Hochschulen im Wissenschaftsausschuss so bestätigt.

Die Grundfinanzierung der Hochschulen und angebundenen Institute muss gesichert sein. Die Hochschulen im Land Bremen sind nachgewiesen – und auch die Universität, ich spreche jetzt immer von den Hochschulen, ich meine natürlich auch immer die Universität – hervorragend im Einwerben von Drittmitteln mit einem unglaublichen zeitlichen Aufwand, aber ohne eine gesicherte Kofinanzierung des Landes können auch diese nicht akquiriert werden. Wir erwarten immer Anstrengungen bei der Beteiligung an der Exzellenzinitiative, Maßnahmen zur Verbesserung der Lehre, Umsetzung des BolognaProzesses, inzwischen bereits die Folgemaßnahmen daraus. In diesem Zusammenhang sei auch noch einmal auf die erfolgreiche Kooperation der Jacobs University Bremen mit der Universität Bremen bei der Exzellenzinitiative hingewiesen. Auch hierbei braucht es entsprechende Planungsvorläufe.

Die Hochschulen und die Universität leisten exzellente Arbeit. Wir können uns als Politik aber nicht immer nur über die Erfolge freuen, wir müssen sie auch in diese Lage versetzen, das zu tun. Das ist aus der Sicht der CDU verantwortungsvolle Politik!

(Beifall bei der CDU)

Dieser Verantwortung kommt der rot-grüne Senat leider nicht nach. Sie sagen, die Wissenschaftsplanung solle auf der Grundlage möglicher Koalitionsvereinbarungen nach der Wahl erstellt werden und dürfe der neuen Regierung nicht vorgreifen. Das halten wir für unverantwortlich!

(Beifall bei der CDU)

Wir sagen, die Fortschreibung des Hochschulgesamtplans und des Wissenschaftsplans ist im Hochschulgesetz festgeschrieben. Die Hochschulen und die Universität sind darauf als Grundlage für ihre Arbeit angewiesen. Wissenschaftspolitik kann nicht nach Wahlterminen und möglichen Koalitionen ausgerichtet werden. Deshalb haben wir in unserem Antrag vom August als Fristsetzung für einen Entwurf einer Fortschreibung den 31. März dieses Jahres gefordert. Der Antrag ist hier in der Bürgerschaft im September behandelt worden. Es wäre doch auch noch ein halbes Jahr Zeit gewesen, dieser im Hochschulgesetz verankerten Pflicht nachzukommen und eine Fortschreibung vorzulegen. Wir kommen dann in den Herbst, da kann doch nicht ein ganzes Jahr verschoben werden und schon gar nicht mit dem Hinweis auf mögliche Koalitionsprogramme oder Verträge.

Wir müssen uns wissenschaftspolitisch weiterentwickeln. Das ist auch eine wichtige Standortfrage für Bremen und Bremerhaven. Auch wenn Frau Prof.

Luckey im letzten Wissenschaftsausschuss von dem weichen Standortfaktor Hochschule gesprochen hat, glaube ich, unsere Hochschulen, die Universität und auch die Jacobs University Bremen haben sich zu erfolgreichen und sehr harten Standtortfaktoren für beide Städte, Bremen und Bremerhaven, entwickelt. Bitte setzen Sie doch diese Entwicklung nicht durch parteipolitische und strategische Überlegungen aufs Spiel, stimmen Sie doch noch unserem Antrag zu!

(Beifall bei der CDU)

Zwei Sätze noch zum Bericht des Ausschusses für Forschung und Wissenschaft, der Ihnen vorliegt. Dazu möchte ich sagen, er gibt den Diskussionssachstand sehr sachlich und auch sehr ausführlich wieder. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle auch bedanken. Selbst dieser Bericht – wenn Sie ihn lesen – bestätigt uns darin noch, an unserem Antrag festzuhalten. Deshalb werden wir auch den Antrag, den der Wissenschaftsausschuss in dem Bericht gestellt hat, ablehnen. – Danke schön!

(Beifall bei der CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Schön.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir zunächst ein paar Vorbemerkungen als Ausschussvorsitzende. Ich habe darauf verzichtet, vorab einen Bericht zu machen, möchte aber trotzdem ein paar Dinge vorab sagen, bevor ich dann zu meinem eigentlichen Statement komme.

Die Bürgerschaft – Frau Allers hat schon darauf hingewiesen – hat am 29. September 2010 den Antrag der CDU an den Ausschuss für Wissenschaft und Forschung zur Beratung und Beschlussfassung überwiesen. Der Ausschuss hat sich am 3. November über den Antrag unter Beteiligung der Senatorin für Bildung und Wissenschaft sowie der Universität und der Hochschulen eingehend beraten.

Der Ausschuss hat den Antrag abgelehnt und hat für die Bürgerschaft folgende Beschlussfassung formuliert: „Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt den Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung zur Kenntnis, und die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag „Wissenschaftsplanung für das Land Bremen fortschreiben“ von der CDU ab“. Im Bericht sind die Argumente der Fraktionen sowie der Hochschulen und Senatoren dargelegt. Darauf will ich jetzt gar nicht weiter eingehen, das macht jetzt jede Fraktion für sich. Ich möchte aber hier abschließend dann zu dem Teil noch kurz sagen, dass der Ausschuss darum bittet, dem Bericht und dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen und den Antrag der CDU abzulehnen. ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

Jetzt komme ich zu dem Teil der Grünen. Wir haben

da eine andere Wahrnehmung der Debatte, auch im Ausschuss. Der Antrag der CDU intendiert, dass der jetzige Wissenschaftsplan 2010 und der Hochschulgesamtplan zum Ende des Jahres 2010 auslaufen und man quasi mit leeren Händen dastehen würde. Das ist nicht der Fall. Der Wissenschaftsplan 2010 ist eine strategische, langfristige Zielbestimmung. Die ist nicht plötzlich zu Ende, nur weil das Jahr 2010 beendet ist, sondern gilt natürlich weiter. Im Hochschulgesetz ist auch keine Zeitvorgabe genannt, sondern dass man das prinzipiell machen muss. Es ist natürlich auch unstreitig, dass wir einen neuen Wissenschaftsplan auflegen müssen, das ist auch die Tradition der Wissenschaftsplanung im Land Bremen und auch eine Selbstverständlichkeit. Der erste Wissenschaftsplan wurde schon Anfang der Achtzigerjahre entwickelt, eine Strategieplanung, die unsere Stärken und unsere Zukunftsziele im Dialog mit den Hochschulen entwickelte. Für ein gerichtetes politisches Alltagshandeln ist das natürlich enorm wichtig.

Übrigens möchte ich an dieser Stelle erwähnen,

dass wir dem Land Nordrhein-Westfalen da um einiges voraus sind. Die abgewählte schwarz-gelbe Landesregierung hat sich durch ihr ominöses Hochschulfreiheitsgesetz jeglicher Hochschulplanung beraubt, und die neue rot-grüne Koalition kann nun erst einmal die Scherben aufsammeln und jetzt wieder eine neue Hochschulplanung machen, weil sie im Moment gar keinen Überblick hat, was die einzelnen Hochschulen in Nordrhein-Westfalen denn überhaupt tun. Das bestätigt uns im Übrigen auch, dass wir eine Hochschulplanung brauchen. So wie Sie jetzt aber darüber sprechen, Frau Allers, ist das nicht zielführend.

Wir haben das Hochschulgesetz reformiert und

weitere Gesetze und Verordnungen novelliert, darauf haben wir in den letzten Jahren einen großen Schwerpunkt gelegt. Diese Gesetzesänderungen gilt es jetzt natürlich auch, mit Leben zu füllen. Dazu gehört zum Beispiel der Hochschulzugang ohne Abitur, der ist nicht einfach einmal umgesetzt, nur weil er im Gesetz steht, sondern das muss mit Maßnahmen hinterlegt werden. Das Gleiche gilt für die verstärkte Frauenförderung oder auch für die Förderung von Migrantinnen und Migranten, um nur einige Beispiele zu nennen. Darum wollen wir uns aktuell vermehrt kümmern.

Natürlich werden wir uns nach der Wahl an die

Erarbeitung eines neuen Wissenschaftsplans machen. Die Hochschulen haben im Übrigen auch im Wissenschaftsausschuss deutlich gesagt, dass ein neuer Wissenschaftsplan für sie nicht die höchste Priorität hat, sondern die Verlässlichkeit in der Finanzierung der Hochschulen, und das ist etwas anderes. Bei den Hochschulen wirkt nämlich die enorme Negativerfahrung durch die Kürzung des Hochschulgesamtplans V noch nach. Für die Hochschulen ist es wichtig und

verlässlich, dass sie die Kontrakte haben, die werden dem Ausschuss noch vor der Wahl zur Kenntnis gegeben. Die Hochschulen wünschen sich mehrjährige Planungssicherheit, das ist verständlich, das haben wir auch in unserem Wahlprogramm so formuliert, dass wir das in der nächsten Legislaturperiode auch angehen wollen.