Protokoll der Sitzung vom 06.04.2011

weil ich das in der Tat ziemlich unmöglich finde, so sollte man nicht miteinander umgehen. Das zeigt aber, mit welcher Respektlosigkeit Sie in diesem Land sich hier an der Macht bewegen. Ich glaube, das ist nicht gut und trägt auch zur politischen Kultur nicht bei, wenn man so miteinander umgeht.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, ich hätte mir heute gewünscht, dass wir ein Signal der Zuversicht hier vom Senat erhalten hätten, das ist leider ausgeblieben. Weiterhin werden hier die Armutsängste von der LINKEN des Hauses geschürt und Neiddebatten entfacht. Ich glaube, auch das bringt uns nicht weiter, bringt nicht den positiven Zukunftsoptimismus, den die junge Generation in unseren beiden Städten zu Recht erwartet, und ich denke, lieber Herr Böhrnsen, das ist eben auch etwas, das mit der Art und Weise, wie die Politik in den letzten Jahren hier stattgefunden hat von Rot-Grün, zu tun hat, dass viele sich in ein Anspruchsdenken ungeahnten Ausmaßes geflüchtet haben bis in alle gesellschaftlichen Kreise. Deshalb wundert es auch nicht, dass ehemalige Mitglieder der SPD jetzt sagen, na ja, gut, aus diesem tradierten Anspruchsdenken heraus glauben wir, in Karlsruhe mit leeren Koffern an- und mit vollen Koffern abreisen zu können. Ich kann Ihnen in diese Richtung auch deutlich sagen, die werden sehr schnell auch mit ganz leeren Koffern wieder nach Hause kommen, wenn sie diesen Versuch unternehmen, denn das ist nun wirklich etwas, das niemanden weiterbringt. Wenn man dieses Anspruchsdenken, ohne sich selbst anzustrengen, dort vorträgt, dann setzt das tatsächlich die Axt an die Grundfesten auch des Föderalismus in unserem Land, und das, denke ich, kann nicht das Ziel sein. Bremen wird immer auf die Solidarität anderer Bundesländer angewiesen sein, schon aufgrund seiner Größe, und ich denke, dies muss verinnerlicht werden. Über die politischen Auswirkungen wird an anderer Stelle zu diskutieren sein. Ich habe heute vermisst, dass wir diese Chance ergriffen hätten, hier zu einem positiven Aufbruch für Bremerhaven und Bremen zu kommen. – Vielen herzlichen Dank!

(Beifall bei der FDP)

Als nächste Rednerin hat das Wort Frau Bürgermeisterin Linnert.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Für den Senat ist die Konsolidierungsvereinbarung eine Zäsur. Die Zäsur besteht darin, dass es in Zukunft zehn Jahre lang einen festen Ausgaberahmen pro Jahr geben wird und dass die jetzt schon bestehenden gesetzlichen Bestimmungen, dass es nämlich keine Ausgaben ohne Deckung geben darf, konkret heißen, es darf auch keine zusätzlichen Ausgaben ohne Deckung geben, und wir können dafür keine zusätzlichen Kredite mehr aufnehmen.

In der Vergangenheit konnte man, wenn Bedarf bestand, am Ende, wenn man es nicht hinbekam, immer noch zur Bank gehen und Kredite aufnehmen. Wer das in Zukunft tut, gefährdet die Sanierungszahlungen und wird einen großen Schaden anrichten. Die Konsolidierungsvereinbarung ist auch eine Hoffnung, nämlich gemeinsam mit anderen einen Weg zu gehen, nicht bundesweit isoliert zu sein, sondern zu sagen, wir stehen zusammen, wir tauschen uns aus, und wir werden, wenn es Schwierigkeiten gibt, miteinander sprechen. Auch das ist neu und macht Hoffnung für neue politische Wege und Erkenntnisse.

Die Konsolidierungsvereinbarung ist eine große Herausforderung für uns alle. Es heißt Ja zur Sparsamkeit, und zwar für alle, Ja zur Ressourcenverantwortung, das heißt, wir müssen uns in jedem Fall anschauen, ob Einsatz von Geld und das, was wir als Ergebnis dabei herausbekommen, auch in einem sinnvollen Verhältnis zueinander stehen. Es heißt auch, dass wir uns strukturellen Veränderungen stellen müssen, das ist auch nicht der große Donnerhall, der öffentlich damit zum Teil verbunden wird, sondern wir müssen die Tatsche, dass in den nächsten Jahren viele Menschen aus dem öffentlichen Dienst aussteigen, nutzen, um zu Strukturveränderungen zu kommen und den öffentlichen Dienst, die Verwaltung im öffentlichen Dienst besser, effizienter und zukunftsfähiger aufzustellen.

Das ist auch etwas Gutes und nicht, wie DIE LINKE immer behauptet, einfach nur das Vernichten von Arbeitsplätzen. Man wird dazu Konsequenz und Durchhaltevermögen brauchen und die Bereitschaft, auch Druck auszuhalten. Das geht nur mit Wahrhaftigkeit, Transparenz bezüglich der Haushalte, und wir werden uns weiter auch noch intensiver Länder- und Kommunalvergleichen stellen, um herauszufinden: Wo stehen wir eigentlich, oder passiert das, was DIE LINKE schon vorher immer weiß und behauptet, hier wird alles kaputtgespart? Wichtig für einen akzeptierten Sanierungsweg ist die Bereitschaft zur Zusammenarbeit, zur Dialogfähigkeit und zu dem Beachten der sozialen Folgen staatlichen Handelns. Womit es ganz bestimmt nicht gehen wird, ist, alle in Angst und Schrecken zu versetzen, mit dem TdLAusstieg zu wedeln, Bremens Abkoppeln an die Wand zu malen, oder dass hier Rechtsansprüche nicht mehr eingehalten werden.

(Abg. R u p p [DIE LINKE]: Das ist doch kein Ängste schüren, das sind die nackten Tatsachen!)

Das versetzt Leute in Angst und Schrecken und unterminiert die Bereitschaft, einen Weg mitzugehen, von dem alle am Ende profitieren werden.

Es gab so viel Streit, die Landesverfassung zu ändern. Das Grundgesetz legt ab 2020 einen Weg fest, das sind noch viele Jahre. Ich finde, man nutzt die Zeit, um breit über zukünftige, moderne und interessante Regelungen für unsere Landesverfassung nachzudenken. Ich stelle mir auch vor, dass man das in einem breiten Dialog in unserem Bundesland hinbekommen kann, denn finanzpolitisch kann man noch viel mehr machen, auch in einer modernen Verfassung, als nur eine Kreditobergrenze zu bestimmen. Daran würde ich in den nächsten Jahren auch sehr gern mitwirken.

Frau Dr. Mohr-Lüllmann hat über den Referenzhaushalt 2010 geredet und wie schlimm dieser sei. Dieser Referenzhaushalt ist vom Bund akzeptiert worden, die Bundesregierung wird ja unter anderem auch von der CDU gestellt, insofern verstehe ich dies nicht. Außerdem wurde hier von Ihnen fälschlicherweise behauptet, die Steuern seien ständig gestiegen.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Die Ein- nahmen!)

Das ist mir sowieso ein Rätsel, wie FDP und CDU das hier so hinbekommen können, bei den gigantischen Einnahmeeinbrüchen der öffentlichen Haushalte der Jahre 2009, 2010 und 2011 einfach so zu tun, als würden diese nicht existieren. Über eine Milliarde Euro Mindereinnahmen hat das für unser Bundesland gebracht, wir sind immer noch nicht dort, wo wir sein müssen, nämlich auf dem Steuereinnahmeniveau des Jahres 2008, und da tun sie einfach so, als hätte dies etwas mit der schlechten Politik der rot-grünen Regierung hier zu tun.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Ja! – Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Bun- deshaushalt!)

Ja, dann schauen Sie doch einmal, was in den anderen Bundesländern, in denen die CDU mitregiert, gemacht wurde! Dort überall wurden diese Einnahmeeinbrüche, ohne einen riesigen Flurschaden anzurichten, mit einer zusätzlichen Kreditaufnahme kompensiert, da es nämlich auch gar nicht anders geht.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Außerdem möchte ich in aller Bescheidenheit darauf hinweisen, dass der Haushalt 2010 auch nicht unmaßgeblich davon geprägt ist, dass wir die letzte große

Welle Aufräumen hinter uns bringen mussten, um nämlich – –.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Genau! Sa- gen Sie es nicht zu früh, dann können Sie die Ausrede nächstes Jahr nicht mehr ver- wenden!)

Ja, natürlich! Die Schattenhaushalte, die sie angerichtet haben, davon mussten wir einen großen Teil jetzt in den ordentlichen Haushalt überführen. Ich habe das gern getan, aber an den Zahlen, die sie jetzt hier so kritisieren, erkennt man auch wieder, dass es eben nicht mehr möglich ist, Sachen so wie in ihrer Regierungszeit zu verstecken.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Zu den LINKEN möchte ich gern sagen, das ist ja immer dasselbe, was man hier hört, aber man denkt auch, Sie entwickeln sich eigentlich gar nicht. Eigentlich wird es immer schlimmer. Der Teufel, den Sie mit jeder Rede an die Wand malen, wird immer größer, riesiger, gefährlicher und schwärzer. Ich glaube, dass man eigentlich gar nicht den Eindruck hat, dass sie irgendwelche der Argumente aufnehmen, die wir hier bringen, aber ich möchte es ihnen trotzdem noch einmal sagen!

Es ist ein Fakt, dass sich das Bruttoinlandsprodukt und die Steuern entkoppelt haben. Übrigens ist dies nicht nur ein Bremer Phänomen, sondern es ist in ganz Deutschland so, in Deutschland in besonderer Schärfe übrigens, das ist auch ein riesiges Problem, aber das passiert auch europaweit, und darüber muss man nachdenken. Die Schuldenbremse bietet aber ja gerade eine Chance, dass sie am Ende auch als Steuersenkungsbremse wirkt. Es wird nämlich gar nichts anderes übrig bleiben, als sich den Zusammenhang genauer anzuschauen.

Hier ist niemand im Raum, Herr Rupp, der nicht gern mehr Geld ausgeben würde. Bloß gibt es hier eine Mehrheit von Menschen, die sich darüber Gedanken machen, wohin die 25 Prozent Zinssteuerquote eigentlich führen, die wir in Bremen schon angerichtet haben. Dieses ganze Geld entgeht uns, damit können wir keine Schulen sanieren, damit können wir keine Löcher in den Straßen stopfen, keine Lehrerinnen und Lehrer und keine Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten einstellen. Dieses Geld zahlen wir Jahr für Jahr an Banken allein für Zinsen. Eines sage ich ihnen ganz genau, dieser Weg ist mit Sicherheit einer, der ins Verderben führt!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wie können Sie eigentlich erzählen, hier würde kaputtgespart? Schauen Sie einfach einmal über die Grenzen, auch in Ihrem eigenen Kopf! Wir leben in einem reichen Land mit großem Wohlstand für gro

ße Teile der Bevölkerung. Ich finde, dieses Reden darüber, dass hier alles kaputtgespart wird, wirkt dem von Ihnen vertretenen Ziel, nämlich parteiisch zu sein für arme Menschen, geradezu entgegen. Es gibt Menschen, denen geht es nicht gut,

(Abg. T i t t m a n n [parteilos]: Die wer- den immer mehr!)

und die bedürfen der besonderen Aufmerksamkeit, Fürsorge und Hilfe des Staates, aber dass hier alles ganz schrecklich sei, das glauben Sie doch wohl selbst nicht. Weder historisch noch global hat das auch nur einen Hauch Realitätsbezug!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich sage Ihnen, Sie zündeln an einer Stelle, dass die Menschen nämlich vergessen, was sie zu verteidigen haben, weil ja alles so schlimm ist und es schon immer so schlimm war, und natürlich wird es auch von Tag zu Tag schlimmer! Wie komisch und wie kann es denn wohl sein, dass die Regierung im Bundesland Berlin unter Beteiligung der LINKEN bereit ist, diesen Sanierungsweg, den man ja aus Ihrer Sicht überhaupt nicht verantworten kann, zu gehen! Wie kann man sich auf so einen Weg einlassen, haben Sie gesagt. Das kann ich Ihnen ganz genau sagen: Aus Einsicht, aus Achtung vor einer demokratisch beschlossenen Verfassung und aus der Akzeptanz, dass Verhandlungsergebnisse am Ende das sind, was Mehrheiten gefunden hat, und auch aus Achtung vor den Positionen anderer. Nur mit so einem Weg wird Bremen bestehen können!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Die Klage der CDU hat mich ja doch gereizt. Viele Jahre als Oppositionsführerin und als Haushaltsauschussvorsitzende habe ich mir das angeschaut, der damalige Senat verstößt gegen Artikel 131 a Landesverfassung.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Haben Sie auch immer gesagt!)

Ja, das habe ich immer gesagt!

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Und jetzt ma- chen Sie es selbst!)

Herr Röwekamp möchte sich gern melden. Ich würde es ganz gut finden, wenn Sie es täten.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Nein!)

Na gut, dann wollen Sie nur aus der ersten Reihe herumlümmeln, das ist auch gut.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

§ 131 a Landesverfassung, das ist doch wirklich interessant, ich habe in der Tat darüber nachgedacht, ob es tauglich wäre, den Staatsgerichtshof damit zu beschäftigen. Dann ist die von Ihnen – das haben Sie bestimmt gar nicht mehr so in Erinnerung, aber ich erkläre es Ihnen einmal – mitgetragene Regierung auf eine Idee gekommen. Die Idee heißt nämlich, dass alle Ausgaben Bremens einer besonderen Darlegungspflicht unterliegen, Darlegungspflicht nach § 131 a Landesverfassung. Als die Regierung dies dann gemacht hatte, da habe ich mich zwar noch manchmal über die Formulierungen aus den Ressorts, warum Ausgaben unausweichlich sind, vielleicht ein bisschen amüsiert, aber am Ende war ich dann der Auffassung, zumal es ja auch keine politische Lösung aus diesem Dilemma gibt, dass der Darlegungspflicht nach § 131 a Landesverfassung Rechnung getragen worden ist.

Klagen Sie einmal! Ich bin da gelassen und vielleicht auch ein bisschen über die Kette der Ereignisse, denen Bremen unterworfen ist, amüsiert, nämlich, wir können die Verfassung nicht einhalten, über Jahre können wir sie nicht einhalten, was für ein riesiges politisches Problem, nimmt alles in Beschlag und macht uns viele Probleme! Wir befinden uns in einer extremen Haushaltsnotlage, die Große Koalition klagt, diese Regierung verhandelt, es gibt Sanierungsleistungen, und nun kommt die CDU und sagt, Mensch, wir halten die Landesverfassung nicht ein! Ich kann nur sagen: Guten Morgen!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als Nächster erhält das Wort der Abgeordnete Erlanson.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe mich noch einmal für DIE LINKE zu Wort gemeldet, weil ich es in der Tat an vielen Stellen immer wieder unerträglich finde, wenn von der Koalition behauptet wird, ja, wir sparen und kürzen überhaupt nicht, es ist ja alles ganz prima, und es wird alles ganz prima gehen –

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Das hat keiner gesagt! – Abg. Frau B u s c h [SPD]: Das hat doch keiner gesagt!)

das wurde eben gesagt! –, und ihr malt immer nur schwarz, ihr macht immer nur Untergangsszenarien und so weiter.

Herr Böhrnsen hat zu Anfang seiner Regierungserklärung oder im mittleren Teil auch wiederum zur LINKEN gesagt, wir würden die Verfassung nicht rechtfertigen, weil wir immer noch gegen die Schuldenbremse wären. Auch das muss ich einmal mit aller ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Deutlichkeit zurückweisen! Die Schuldenbremse ist natürlich demokratisch beschlossen worden, daran gibt es überhaupt gar keine Zweifel. Sie wurde auch ins Grundgesetz genommen, das ist auch keine Frage, aber es ist doch keine Frage, dass man das dennoch kritisieren und auch sagen kann, irgendwann, wenn es die entsprechenden Mehrheiten gibt, werden wir das wieder ändern. Es ist unsere Aufgabe und unsere Sicht, dies zu ändern.