Im Sommer ist es möglicherweise noch schlimmer, aber im Winter ist es besonders augenfällig. „Alle reden vom Wetter, wir nicht“ ist ein Slogan aus dem letzten Jahrhundert, und der gilt leider nicht mehr.
Die Bahn muss sicher werden! Es gibt verschiedene Beispiele dafür, dass mangelnde Wartung und unzulängliche Instandhaltungen die Passagiere gefährdet haben. Die Bahn muss auch sozialer werden! Wir haben einen immensen Arbeitsplatzabbau. Zwischen 1995 und 2010 ist die Zahl der Beschäftigten von knapp einer halben Million auf unter 200 000 gesunken. Ich finde, das ist ein soziales Problem, erstens, was den Arbeitsplatzabbau betrifft, zweitens, was die Leistungsverdichtung angeht.
Deswegen werden wir in der Tat, und das hat der Kollege Richter schon einmal angesprochen, über die Fragen diskutieren müssen: Wollen wir eigentlich eine privatisierte Bahn? Wollen wir eine Bahn, die tatsächlich an der Börse ist und bei der noch mehr als bisher die Frage der Rendite im Vordergrund steht und nicht die Fragen der öffentlichen Daseinsvorsorge, des Komforts für die Kunden, der Ökologie, Pünktlichkeit und der Wetterfestigkeit?
Die Tatsache, dass Bremen vom ICE-Verkehr abgehängt werden soll, hat ja auch damit zu tun, dass die Bahn in den letzten 15 Jahren deutlich Strecken gekürzt hat. Das Schienennetz wurde von 44 000 auf 35 000 Kilometer, also um circa 9 000 Kilometer, verringert. Das hat etwas damit zu tun, dass wirtschaftlicher Erfolg im Vordergrund steht.
Das ist jetzt eine spannende Frage, ob Abstellgleise im Moment tatsächlich gebraucht werden oder nicht!
Es gab den interessanten Einwand, dass es Strecken gibt, die mittlerweile stillgelegt worden sind, aber in neuen Konzepten wieder reaktiviert werden, weil wir Umleitungen für die Bahn brauchen. Solch einen Zwischenruf können Sie sich also besser verkneifen, er entlarvt nur, dass Sie sich nicht hinreichend mit dem Thema beschäftigt haben!
Diese Form von Streckenstilllegung, dieses Primat des wirtschaftlichen Erfolgs führt dazu, dass wir einen großen Teil dieser Probleme haben, und wir werden sie nicht lösen, wenn wir das nicht zurückdrehen und nicht wieder die öffentliche Daseinsvorsorge im Vordergrund steht.
Deswegen schließe ich mich ein Stück weit der Kritik des Kollegen Richter an. Ich finde auch, die 500 Millionen Euro müssten sie nicht zahlen, wenn sie diese in Lärmschutz investieren. Wenn sie aber wieder in Katar oder sonst wo Einkäufe machen, und wenn sie das Geld dafür ausgeben, sich am Stuttgart-21Projekt zu beteiligen, dann ist es übrig. Da muss man genau hinsehen und hoffen, dass man eine Bindung erreicht.
Wir werden also in der nächsten Legislaturperiode mit Sicherheit noch einmal über die Frage der Bahn und ihrer Zukunft in Bremen diskutieren, und ich würde mich freuen, wenn wir erstens die Frage der YTrasse diskutieren und zweitens, wenn diese Bürgerschaft vielleicht ein Votum dafür abgibt, dass sie dagegen ist, dass aus der Bahn ein börsenorientiertes Unternehmen wird. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin, verehrte Abgeordnete! Es ist in der Tat so, wie es soeben schon gesagt wurde, bei derart vielen Anträgen in so kurzer Zeit kann man nur sehr schnell darübergehen. Es war aber auch sehr interessant, dem Wahlkampf der FDP gegen die CDU beizuwohnen. Dazu könnte man auch etwas sagen, aber das ist nicht mein Thema.
Ich möchte kurz sprechen erstens über Fernverkehre, zweitens über die Umleitungsverkehre, drittens über den Lärmschutz und viertens über die Bahndividende. Das alles aber nur in Stichworten! Grundsätzlich ist es zum Fernverkehrsangebot so, dass die DB die Fernverkehrsleistung eigenwirtschaftlich erbringt. Die Länder können ihre Wünsche anmelden, letztlich aber entscheidet die DB Fernverkehre nach wirtschaftlichen Erwägungen. Einmal im Jahr findet ein Gespräch zwischen dem Land Bremen und Niedersachsen und der DB-Fernverkehrsgesellschaft unter Einbeziehung der Handelskammer statt, bei dem wir aktuelle Themen besprechen.
Ich möchte kurz referieren, über welche Themen wir in der letzten Zeit gesprochen haben! Einmal das Thema Fernverkehrsanbindung Bremerhaven! In dem Fahrplangespräch, welches in diesem Jahr in Bremerhaven mit Beteiligung der Handelskammer stattgefunden hat, haben wir nochmals dafür plädiert, dass es zumindest ab und an durchgehende Fernverkehrsanbindungen nach Bremerhaven geben soll. Die Bahn sträubt sich einstweilen, aber immerhin ist es gelungen, beim Ausbau des Bahnhofs Bremerhaven die Bahnsteige so zu bauen, dass sie speziell auf die Länge eines ICE-Halbzugs angepasst worden sind, sodass die Fernverkehrsoption dort vollumfänglich erhalten bleibt. Realistisch kann man allerdings sagen, kurzfristig ist nicht damit zu rechnen, dass es so eine Fernverkehrsanbindung wieder gibt. Allerdings wird es jetzt im Rahmen der Ausschreibung des BremerKreuz-Netzes zu deutlichen Verbesserungen im SPNV Richtung Bremerhaven kommen, eine Verdichtung des Regionalexpress auf einen Stundentakt, alle zwei Stunden auch direkte RE-Züge von Bremerhaven nach Hannover.
Das nächste Thema, das wir angesprochen haben, betrifft die Nachtzugverbindungen. Wir setzen uns auch weiterhin dafür ein, dass es eine direkte Anbindung in beiden Fahrtrichtungen an den Nachtzug gibt. Sie wissen, dass er einstweilen über Hamburg, Hannover nach München geht und nicht mehr über Hamburg, Bremen nach München. Hier sind wir im Gespräch.
Das Angebotskonzept mit dem neuen ICE, also der vorrangige Einsatz neuer Fahrzeuge, sieht vor, dass es im laufendem Fahrplan eine neue direkte ICEVerbindung von Oldenburg über Bremen nach Dresden, morgens hin, abends zurück, gibt. Insgesamt fühlen wir uns auf dieser Strecke aber deutlich zurückgesetzt. Bisher fuhr dreimal täglich ein ICE auf der Strecke Hamburg–Ruhrgebiet, davon gibt es nur noch einen. Das ist also ein permanenter Gegenstand des Gesprächs. Wir finden auch – das kann ich für den Senat insgesamt sagen, weil der Bürgermeister es von seiner Seite auch noch einmal gesagt hat – dieses alte rollende Material, das die DB auf der Strecke von Bremen über Osnabrück und Münster ins Ruhrgebiet einsetzt, vollkommen inakzeptabel. Das ist wirklich kein Anreiz, Bahn zu fahren, und keine Einladung zum Einsteigen!
Hier muss ich ganz klar sagen, es besteht seitens des Landes Bremen die Erwartung, dass neue Fahrzeuge vorrangig auf der IC-/ICE-Strecke Hamburg– Bremen–Ruhrgebiet zum Einsatz kommen. Wir sagen, dass das so sein muss! Die Bahn hat auch zugesagt, dies zu tun. Auf der letzten Verkehrsministerkonferenz habe ich allerdings wieder gehört, die Lieferung der neuen IC-Züge verschiebt sich bis 2013, sodass die DB jetzt die alten IC-Züge noch einmal in die Wartung und Modernisierung gegeben hat.
Der neue, es wurde soeben auch schon vom Kollegen Kasper angesprochen, Fernverkehrsbetreiber auf der Strecke Hamburg–Köln, der HKX HamburgKöln-Express, geht eben nicht über Bremen, sondern über Sagehorn, aber auch hier finden Gespräche statt.
Dann zu den in allen Anträgen angesprochenen Angebotsreduzierungen im Winterkonzept! Da hat es in der Tat mehrfach, worüber wir auch gesprochen haben, den Ersatz von ICEs durch ICs auf der Strecke Hannover–Bremen gegeben. Das eklatanteste Beispiel war die Halbierung der Kapazität im ICE 1020, der morgens um 7.17 Uhr nach Hamburg fährt, von 780 auf 390 Plätze. Das war für uns völlig inakzeptabel, es sind aber Maßnahmen, die nur im Rahmen des sogenannten Winterkonzepts realisiert worden sind. Seit dem 21. März 2011 verkehren die Züge wieder nach dem normalen Fahrplan.
Das zweite Thema, welches angesprochen wird, sind die Bauarbeiten auf der Strecke Bremen–Hamburg, bei Nienburg und Wunstorf. Diese Bauarbei
ten haben dazu geführt, dass sich die Fahrzeit deutlich verlängert hat. Die Modernisierungen sind aber jetzt abgeschlossen, seit dem 30. April, seit wenigen Tagen, fahren alle Züge zwischen Bremen und Hannover und weiter nach Leipzig, Dresden, Berlin, München wieder wie im vergangenen Fahrplan. Das heißt, dort hat man den alten Zustand wieder hergestellt. Ich fasse zu diesem Thema zusammen: Wir bleiben daran, und wir erwarten, dass die Deutsche Bahn hier den Nordwesten weiter gut bedient und nicht weiter abbaut. Das ist für uns vollkommen inakzeptabel. Die Umleitungsverkehre sind ein großes Thema, das es verdient hätte, umfassender beraten zu werden. Sie wissen, dass sämtliche Güterverkehre von Bremerhaven und in Zukunft auch vom JadeWeser Port einstweilen durch die Bremer Innenstadt und durch den Hauptbahnhof gehen und dass wir deshalb neben der ganz großen Lösung – zu dieser komme ich gleich – auch nach kurzfristigen Umfahrungsmöglichkeiten suchen. Es gibt einen Teil, der über das Elbe-Weser-Netz geführt wird, dieses EVB-Netz über Bremervörde, das sind bis zu 20 Güterzüge pro Tag. Dieses Netz wird derzeit modernisiert und für die Aufnahme zusätzlicher Züge vorbereitet. Damit können dann auch perspektivisch Züge der Relation Bremerhaven–Hannover über Bremervörde und über Rotenburg an Bremen vorbei umgeleitet werden. Man muss allerdings wissen, dass es auch dort vor Ort erheblichen Protest gibt. Die Umfahrungsrelation, über die wir sprechen, für den JadeWeserPort, wenn er fertiggestellt ist, die Führung von Verkehren vom JadeWeserPort in das Ruhrgebiet, dort böte sich die bestehende Strecke Oldenburg–Cloppenburg–Osnabrück als Ausweichstrecke an, die heute ausschließlich dem Personenverkehr dient. Auch hier muss man allerdings sagen, dass es dort erhebliche Widerstände gibt, die Gespräche laufen derzeit.
Das Dritte, das ich Ihnen heute hier mitteilen kann, wir sind ja übereingekommen – das ist ein Thema, an dem sich die meisten beteiligt haben –, dass wir langfristig auch eine wirkliche Umfahrungsstrecke für Bremen untersuchen wollen. Zurzeit sind wir dabei, die Anforderungen – wir, das heißt, mein Ressort und das Wirtschaftsressort –, ein Gutachten zu erarbeiten zur, ich zitiere, „kapazitativen Leistungsfähigkeit des Eisenbahnnetzes im Großraum Bremen“. Das wollen wir gemeinsam mit der DB AG, aber auch mit der Unterstützung der Handelskammer vorantreiben, um zu sehen, wie wir langfristig eine generelle Umfahrung oder eine weitgehende Umfahrung hinbekommen. Wir besprechen zurzeit die genauen Inhalte des Gutachtens und seine Finanzierung mit der Deutschen Bahn.
Auch das Thema Lärmschutz hätte eine vertiefte Erörterung verdient. Ich sage nur so viel: Kurzfristig müssen wir sehen, dass wir im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens Gleis 1 – das haben wir auch den
Bürgerinitiativen am letzten Freitag bei der Veranstaltung zugesagt – so viel Lärmschutz wie möglich herausholen, aktiv und passiv, und dass das auch über das hinausgeht, was gesetzlich vorgeschrieben ist. Perspektivisch setzen wir uns als Bundesland Bremen für verschiedene Punkte ein, so für die Absenkung des Lärmbonusses – das haben der Bundesrat und die Verkehrsministerkonferenz schon mehrfach beschlossen – um fünf Dezibel. Es wird ja heute so getan, als wäre die Bahn fünf Dezibel leiser, das geht natürlich nicht, das ist unrealistisch. Wir setzen uns des Weiteren für lärmbezogene Trassenpreise ein, das heißt, die Bepreisung der Bahnund Streckennutzung entlang von Lärmkriterien. Wir verlangen auch von der Bundesregierung, dass die Umrüstung der Fahrzeuge in den nächsten fünf Jahren gelingt. Das kostet insgesamt 600 Millionen Euro, das ist ein überschaubarer Betrag. Es würde beispielsweise, weil es schon mehrmals angesprochen worden ist, nur den einmaligen Verzicht auf die Abführung der Zwangsdividende an den Bund erfordern, und wir könnten den Löwenanteil der Lärmsanierung schon vornehmen. Dafür setzen wir uns ein.
Der letzte Punkt, die Bahndividende! Das ist auch eine Debatte, die sehr grundsätzlicher Natur ist, aber wir sehen mit großer Sorge – wir, da kann ich sogar für alle Verkehrsminister sprechen, die Verkehrsministerkonferenz hat das nämlich so auch beschlossen –, dass die Mittel, die herausgezogen werden, zulasten der Anschaffung von Neufahrzeugen, zulasten der Netzqualität und zulasten der Lärmschutzinvestitionen gehen. Da sagen wir, die Bahn ist ein Unternehmen, dessen Heimatmarkt die Bundesrepublik Deutschland und Europa ist, und deswegen ist es – auch bei aller Liebe zu einem Engagement in Shanghai und allen anderen Teilen der Welt – wichtig, dass wir hier prioritäre Investitionsschwerpunkte setzen. Dafür haben wir uns auch mit einem Antrag im Bundesrat eingesetzt, und ich freue mich darüber, dass das in den Anträgen hier unterstützt wird. – Herzlichen Dank!
Als Erstes lasse ich über den Antrag der Fraktion der CDU mit der Drucksachen-Nummer 17/1607 abstimmen.
Gemäß Paragraf 51 Abs. 7 unserer Geschäftsordnung lasse ich zunächst über den Änderungsantrag, Drucksache 17/1706, abstimmen.
Wer dem Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit der DrucksachenNummer 17/1706 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Wer dem Antrag der Fraktion der CDU mit der Drucksachen-Nummer 17/1607 unter Berücksichtigung der soeben vorgenommen Änderungen seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Nun lasse ich über den Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 17/1678 abstimmen.
Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 17/1678 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!