Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 18/134 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man sich den Tagesordnungspunkt anschaut und von dienstrechtlichen Vorschriften redet, dann hat man den Eindruck, es ginge hier wieder um einen technokratischen Begriff. In Wirklichkeit aber ist es so, dass wir mit den dienstrechtlichen Vorschriften einen unmittelbaren Eingriff – und das ist völlig richtig berichtet und auch so eingeschätzt – in die Lebensgrundlagen von Menschen vornehmen. Das bedeutet für uns als Parlamentarier, dass wir an dieser Stelle abzuwägen haben.
Wir haben abzuwägen zwischen der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung und den Interessen der Beschäftigten, für die wir, auch weil wir die Mittel dafür bereitstellen, Verantwortung tragen. Dabei müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass das, was wir hier heute vorschlagen, nämlich die Verlängerung der Lebensarbeitszeit, das ist, was schon gesamtgesellschaftliche Realität ist. Wir holen das nach, was in anderen Bereichen der Gesellschaft bereits gilt.
Das gilt auch deshalb, da – diese Begründung ist Ihnen allen bekannt – wir eine demografische Entwicklung mit einer immer älter werdenden Gesellschaft und die Situation haben, dass die Menschen, wenn denn die entsprechenden Arbeitsplätze zur Verfügung stehen, auch länger arbeiten können. Daher sind wir genötigt, aufgrund der finanziellen Situation des Bundes sowie der Länder, aber auch des Haushaltsnotlagelandes Bremens dies in unsere Betrachtung einzubeziehen.
Das heißt, wenn wir die Arbeitszeit verlängern – und das ist definitiv so –, tragen wir zu einer Senkung der Personalausgaben bei. Das tun wir zum einen nach innen, um damit insgesamt überhaupt Gestaltungsspielräume in unseren Haushalten gewinnen zu können. Das müssen wir aber auch zum anderen nach außen tun, denn wir stehen in Bremen nicht allein, sondern wir stehen in Bremen auch unter Beobachtung. Der Stabilitätsrat schaut sehr genau, wie wir mit den Ausgaben umgehen, und er schaut sehr genau, ob wir unseren Beitrag dazu leisten und ob wir zum Abbau des strukturellen Defizits beitragen. Deshalb ist die Erhöhung der Lebensarbeitszeit um zwei ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Der Senat hat nun in seiner Senatsvorlage ausgeführt – und ich will damit zu einer Frage, die in der Öffentlichkeit diskutiert worden ist, kommen –, dass diese Veränderung zum jetzigen Zeitpunkt notwendig ist. Sie ist zum jetzigen Zeitpunkt notwendig, weil der Vertrauensschutz gewahrt werden muss. Das bedeutet, dass, wenn wir heute die Befassung unterbrechen würden – die erste Lesung heute, die zweite Lesung zu einem anderen Zeitpunkt –, die Gesetzesänderung nicht zum 1. Januar 2013, sondern erst 2014 in Kraft treten kann. Das, meine Damen und Herren, können wir aufgrund der finanziellen Situation nicht verantworten, wenn wir denn noch immer in Erinnerung behalten, dass über ein Viertel der Ausgaben unseres Haushalts Personalausgaben sind. Wir kommen nicht darum herum, ob es uns persönlich gefällt oder nicht, in diesem Bereich die gesellschaftliche Realität anzuerkennen und auf die Beschäftigten in Bremen anzuwenden.
Ich will nun die genannten Kritikpunkte ansprechen! Wir sind mit der Forderung konfrontiert worden, dass Sonderbereiche, also Polizei, Justizvollzug und Feuerwehr, ausgenommen werden sollen. Dem ist im Bereich der Feuerwehr dadurch begegnet worden, dass wir die Altersgrenze bei 60 Jahren belassen haben.
In einem Punkt ist man den Forderungen insgesamt entgegengekommen, nämlich dass nun die zuvor geleisteten rentenversicherungspflichtigen Arbeitszeiten auf die Dienstzeit angerechnet werden. Das ist eine Verbesserung zum bisher geltenden Zustand. Das betrifft insbesondere die Bereiche Feuerwehr und Justizvollzug, bei denen eine Berufsausbildung vorangegangen sein muss. In Zukunft wird dies auf die Berechnung der Dienstzeit angerechnet, eine eindeutige Verbesserung, obwohl wir alle wissen, dass die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, ihre Vertretung, die Gewerkschaften und die Personalräte selbstverständlich nicht mit der Situation, wie wir sie jetzt gleich beschließen werden, einverstanden sein können. Im Übrigen mein Respekt an die Gewerkschaften: Die Kampagne, die sie geführt haben, war schon gut gemacht.
Wir werden auch nicht die Dienstzeit von 45 auf 40 Jahre reduzieren können, denn wenn wir dies tun, würde das im Bereich der Polizei bedeuten, dass zwei Drittel der Anspruchsberechtigten genau nach 40 Jahren in Rente gehen werden. Der finanzielle Entlastungseffekt würde nicht auftreten. Das können wir nicht verantworten.
Was wir heute nicht machen, ist, darüber zu reden, wie es eigentlich mit der Absenkung der Eingangsbesoldung aussieht, wie die Regelungen für die freie Heilfürsorge aussehen und wie vielleicht eine zukünf
tig andere Organisation der Krankenversicherungen der Beamtinnen und Beamten im Land Bremen aussieht. Dies alles muss in einem zweiten Schritt im Jahr 2012 getan werden. Nach der Auffassung der SPD-Bürgerschaftsfraktion muss in dem Zusammenhang noch einmal darüber geredet werden, inwieweit Altersteilzeitmodelle zum Tragen kommen können. Es muss auch noch einmal geprüft werden, ob es richtig ist, dass die Lehrer aufgrund der jetzigen Regelung zum Teil erst ein halbes Jahr später in Rente gehen können. Auch dies halten wir für notwendig. Wir halten es für notwendig, dass wir insgesamt mehr und größere Anstrengungen unternehmen, altersgerechte Arbeitsplätze zu schaffen. Es gibt ja erste Ansätze, die ersten Dinge werden gemacht, aber da haben wir noch einen hohen Nachholbedarf. Wir können nicht nur die Lebensarbeitszeit verändern unter den jetzigen Bedingungen, wie wir sie haben, sondern wir müssen auch Arbeitsplätze schaffen, die dies möglich machen. Dies wird eine Aufgabe bleiben.
Meine Damen und Herren, wir werden im Jahr 2012 mehr Zeit haben, darüber zu debattieren, als wir das heute haben. Ich habe Ihnen am Anfang der Rede deutlich gemacht, warum wir unter diesem Zeitdruck stehen.
Diesem Zeitdruck werden wir uns beugen. Daher bitte ich Sie, diesem Gesetzesvorschlag in erster und zweiter Lesung zuzustimmen! – Danke!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Vielen Dank an den Kollegen Liess für diese sachliche, aber auch ehrliche Rede, denn so sind wir ja heute hier als Koalition angetreten, wir benennen die Dinge. Das ist auch eine Linie, die wir in der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen teilen: Wir benennen auch die Kritik, wir zeigen, dass wir diese Kritik sehr gut kennen, weil wir viele Gespräche geführt haben, und wir erläutern dann, warum wir aus Gründen der Haushaltslage des Landes Bremen diese Schritte in diesem Jahr und in dieser Sitzung gehen müssen.
Natürlich ist es so, dass ein solcher Schritt, obwohl er eigentlich nur eine logische Folgerung der Verlän
gerung der Lebensarbeitszeit bei den Angestellten darstellt, eine Anpassung an das ist, was in der restlichen Bundesrepublik für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gang und gäbe ist. Daher ist es eigentlich auch ganz klar eine gerechte Sache, die gleichwohl für die Beamtinnen und Beamten eine Härte darstellt, gegen die sie sich vielfältig und auf sehr kreative Weise gewehrt haben. Wir haben das sehr intensiv zur Kenntnis genommen, wir haben viel diskutiert, ich glaube aber, dass eine Anpassung der Lebensarbeitszeit für alle Angestellten und Beamten in diesem Land absolut Sinn macht. Es gibt eigentlich keine besonderen Gründe, die in dieser Diskussion vorgetragen wurden, die rechtfertigen würden, dass Angestellte durchweg zwei Jahre länger arbeiten müssen als Beamtinnen und Beamte.
Wir haben gleichzeitig geschaut, dass wir in den besonders belasteten Bereichen der Polizei und der Feuerwehr nicht alles auf einmal regeln. So haben wir es zum Beispiel – und das sind ja immer kommunizierende Röhren, einerseits die Leistungen für die Beamtinnen und Beamten selbst, andererseits die Personenzielzahl, die Größe der Mitarbeiterschaft, diese Zahlen werden bei Feuerwehr und Polizei mindestens in dieser Legislaturperiode konstant bleiben – bei der Frage, wie viele Beschäftigte wir in diesen Bereichen haben, geschafft, dass wir in den nächsten Jahren eine gewisse Konstanz erzielen. In allen Bereichen auf Kürzungen oder auf Einschränkungen zu verzichten – das werden Sie, glaube ich, auch verstehen –, wäre unserer Aufgabe, unser Haushaltsdefizit in den kommenden neun Jahren auf Null zu reduzieren, nicht gerecht geworden. Aus diesen haushaltspolitischen Gründen haben wir diese personalpolitische Härte so vereinbart und werden sie heute hier auch in erster und zweiter Lesung beschließen.
Ich glaube, dass man nicht generell davon sprechen kann, wenn man sich nun diese Lebensarbeitszeitverlängerung anschaut, dass dadurch der Beamtenberuf grundsätzlich unattraktiv wird. Mit diesem Argument hat man sich in der Öffentlichkeit ja auch oft auseinanderzusetzen. Ich glaube, dass der Beamtenstatus nach wie vor hoch attraktiv ist. Das sehen wir daran, dass wir beim Senator für Inneres für unsere Ausschreibung der Stellen bei der Polizei weit über 1 000 Bewerbungen haben. Es gibt also nach wie vor sehr viele Menschen, die gerade in den Polizeiberuf hineindrängen. Eigentlich ernten wir immer dann, wenn eine Landesregierung – wie zum Beispiel in Berlin – ankündigt, dass sie eine bestimmte Berufsgruppe, wie es die Berliner jetzt mit den Lehrerinnen und Lehrern machen wollen, nicht mehr verbeamtet, einen Sturm der Entrüstung, weil es einen Widerstand dagegen gibt, auf diesen Beamtenstatus zu verzichten.
Deswegen glaube ich, auch wenn es um die Frage geht, wie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dazu stehen, wenn es um die Verbeamtung geht, näm
lich in aller Regel sehr positiv, dass wir es auch mit einer Lebensarbeitszeit von 67 Jahren im allgemeinen Beamtenstatus und 62 Jahren für die Beamten im Justizvollzug, bei der Feuerwehr und der Polizei nach wie vor mit einem hoch attraktiven Beruf im öffentlichen Dienst zu tun haben, meine Damen und Herren.
Man kann das auch daran erkennen, dass es zumindest über die Verlängerung der Lebensarbeitszeit eine gemischte Diskussion gibt, wenn man sich betrachtet, was wir vor einigen Jahren schon eingeführt haben, nämlich dass es bei der Polizei die Möglichkeit gibt, eine freiwillige längere Lebensarbeitszeit zu wählen. Wenn es so unattraktiv wäre, länger zu arbeiten, dann hätten wir dort keinerlei Reaktionen gehabt. So hat aber, ich glaube, Herr Senator, etwa ein Viertel der Beschäftigten bei der Polizei freiwillig gesagt: Ich fühle mich so fit und gesund, ich fühle mich kompetent und brauche auch das Geld – aber das ist auch aller Ehren wert –, ich beantrage eine freiwillige Verlängerung meiner Lebensarbeitszeit. Schon einmal für diese kann es also keine so ganz dramatische Geschichte sein, wenn nun die Lebensarbeitszeit der Beamtinnen und Beamten insgesamt auch im Vollzugsbereich auf 62 Jahre angehoben wird.
Ich habe diese Reaktion sehr begrüßt. Ich habe die Regelung der Freiwilligkeit sehr begrüßt. Wir haben jetzt auch besprochen, dass man über die Altersgrenze von 62 Jahren hinaus noch das eine oder andere Jahr freiwillig länger machen kann, wenn man das möchte, ohne Nachteile davon zu haben. Wenn man den Justizvollzug mit seinen sehr niedrigen Besoldungsgruppen betrachtet, dann ist ein Problem, das ganz oft in der großen Diskussion über Feuerwehr und Polizei vergessen wird, erstens ist der Justizvollzug ein sehr harter Job, und zweitens haben wir hier eine sehr niedrige Eingruppierung im Vergleich zur Polizei. Wenn man aber auch an die Feuerwehr und die Polizei denkt, dann ist ein Problem, dass es sicherlich für einige Beamtinnen und Beamten eine Härte sein wird, die Lebensarbeitszeit zu verlängern.
Dass wir dies aus haushalterischen Gründen mit etwa 20 Milliarden Euro Schulden am Ende dieses Jahrzehnts und einem Haushaltsdefizit von zurzeit knapp unter einer Milliarden Euro dringend machen müssen. Dass keine Regierung, keine Regierungskoalition sich darum reißt, Dinge zu tun, die für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im öffentlichen Dienst unangenehm oder ein Beschwernis ist, das ist auch klar.
Wir haben es lange diskutiert, wir kommen heute hier in dieses Parlament und beantragen, diese Lebensarbeitszeitverlängerung gleichwohl in erster und zweiter Lesung heute zu beschließen, sodass sie nicht am 1. Januar 2012, sondern am 1. Januar 2013 im Vollzugsdienst in den im Gesetzentwurf angegebenen Schritten durchgeführt werden kann. Wir glauben, dass dies vertretbar ist. Wir haben es ausführ
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen der rot-grünen Koalition, das von Ihnen und dem Senat vorgelegte Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften wurde ganz offensichtlich mit heißer Nadel gestrickt und soll heute nach Ihrem Bekunden in erster und zweiter Lesung eilig beschlossen werden. Herr Liess hat soeben sogar schon von Nachbesserungen im nächsten Jahr gesprochen, allein das ist schon ein Indiz dafür, dass Sie bei diesem Gesetz ganz offensichtlich mit heißer Nadel gearbeitet haben und permanent in den nächsten Jahren oder vielleicht sogar Monaten mit Nachbesserungen aufwarten wollen.
Nach Ansicht der CDU-Fraktion hatte der Senat seit der Wahl ausreichend Zeit, ein vernünftiges und den Belangen sowohl der Haushaltsnotlage als auch der betroffenen Beschäftigen gerecht werdendes Gesetz vorzulegen.
Stattdessen soll heute ein Gesetz beschlossen werden, und zwar in erster und zweiter Lesung, das in Teilen schon zum 1. Januar 2012, und da muss ich Ihnen, Herr Dr. Güldner und Herr Liess, widersprechen, nur die Vollzugsdienste – –.