Protokoll der Sitzung vom 25.01.2012

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Lassen Sie mich, weil in einer Art und Weise mit Begriffen wie juristisch fragwürdig und verfassungswidrig und was auch immer gearbeitet wird, auch dazu einige Bemerkungen machen! Seien Sie versichert, dass der Senat seine verfassungsrechtlichen Verpflichtungen kennt und beachten wird. Dieser Pflicht kommt der Senat übrigens trotz der freundlichen Aufforderung, es besonders in diesem Fall auch zu tun, bei allen Gesetzesbeschlüssen, die in diesem Parlament gefasst werden, nach.

In Wirklichkeit ist es doch so, dass es keine rechtlichen Vergleichsfälle gibt. Mit dem Gesetzesvorhaben – auch darauf ist bereits hingewiesen worden – beschreitet die Bremische Bürgerschaft in rechtlicher Hinsicht Neuland. Wenn irgendjemand von all denen, die eine Klage prüfen, am Ende nicht nur prüft, sondern auch klagt, dann wird ein Verfassungsgericht letzte Gewissheit darüber bringen. Das ist dann kein Ausdruck von Krise, Problem oder Verfassungsbruch, sondern ein ganz normaler und von der Verfassung ausdrücklich gewollter Vorgang.

Gesetze werden von Parlamenten verabschiedet und gegebenenfalls von den Verfassungsgerichten der Länder oder des Bundes geprüft. Es ist bereits darauf hingewiesen worden, dass das nicht das erste Gesetz in unserer langen bundesrepublikanischen föderalen Geschichte ist, bei dem das passieren kann. Bisher – auch das muss man aus rechtlicher Sicht feststellen – gibt es zu dieser Frage keine Verfassungsgerichtsentscheidung, daher, das macht das Parlament heute ja auch, muss es in eigener Verantwortung eine Einschätzung vornehmen und eine Entscheidung fällen, was übrigens auch nicht ungewöhnlich, sondern Tagesgeschäft ist. Wenn man dann in der Gemengelage sich das in rechtlicher Hinsicht anschaut, dann ist es schlicht unseriös von Ihnen, den Eindruck zu erwecken, das Vorhaben der Koalition sei evident verfassungswidrig, meine Damen und Herren von der CDU!

Dem Senat sind drei neue Rechtsgutachten bekannt, die zu zwei unterschiedlichen Gesamtbewertungen kommen. Es gibt ein Gutachten, das der Senat in Auftrag gegeben hat, und ein Gutachten der LINKEN, die eine Sperrung des Hafens für Kernbrennstoffe für zulässig halten, und eines der Handelskammer, das dies anders sieht. Das war übrigens bereits in den Neunzigerjahren – der eine oder andere hier im Haus wird sich daran erinnern – schon in der Debatte. Es war Gegenstand von rechtlichen Prüfungen, und es gab zwei Gutachten, die ebenfalls zu unterschiedlichen Rechtsauffassungen in dieser Frage gekommen sind. Man könnte nun sagen, dann suchen wir uns noch ein paar Juristen und fragen sie auch noch einmal, ob sie eine Meinung dazu haben und ob sie zu irgendeinem Unteraspekt eine abweichende Meinung haben, und dann fragen wir wiederum jemanden zu einer abweichenden Meinung. Am Ende gibt es in dieser Frage unterschiedliche Rechtsauffassungen.

Es ist nicht meine Aufgabe, hier Noten für die Gutachten zu verteilen. Ich kann zu den Entstehungs

geschichten der Gutachten der LINKEN und der Handelskammer nichts sagen, weil mir diese nicht bekannt sind. Maßgeblich für uns und auch für die rotgrüne Koalition ist das Gutachten, das der Senat in Auftrag gegeben hat. Der Gutachter des Senats – und das ist die Grundlage für diese heutige Entscheidung – kommt zu der Einschätzung, dass Bremen die rechtlichen Möglichkeiten hat, die heute angestrebte Entscheidung zu treffen. Dann bleibt am Ende, nachdem die Bremische Bürgerschaft es heute beschlossen hat, wenn Sie der festen Überzeugung sind, dass das verfassungswidrig ist und gegen Gesetze verstößt, was hier gemacht wird, zu klagen, und dann gilt am Ende wieder das alte Prinzip: Vor Gericht und auf hoher See – –. Jedenfalls wird der politische Wille der rot-grünen Koalition und des rot-grünen Senats hier heute deutlich, und wir sind auch der Auffassung, dass wir rechtlich in sicheren Schuhen stehen. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Beratung ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Gemäß Paragraf 51 Absatz 7 unserer Geschäftsordnung lasse ich zuerst über die Änderungsanträge abstimmen. Wer dem Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE mit der Drucksachen-Nummer 18/209, Neufassung der Drucksache 18/108, zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür DIE LINKE)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, Bündnis 90/Die Grünen, CDU und Abg. T i m k e [BIW])

Stimmenthaltungen? Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Änderungsantrag ab. Ich lasse nun über den Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen abstimmen. Wer dem Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit der DrucksachenNummer 18/211 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD und Bündnis 90/Die Grünen)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen CDU, DIE LINKE und Abg. T i m k e [BIW])

Stimmenthaltungen? Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Änderungsantrag zu. Zum Schluss lasse ich über den Änderungsantrag des Ausschusses für Angelegenheiten der Häfen im Lande Bremen abstimmen. Wer dem Änderungsantrag des Ausschusses für Angelegenheiten der Häfen im Lande Bremen mit der Drucksachen-Nummer 18/197 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! Ich bitte um die Gegenprobe! Stimmenthaltungen? Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Änderungsantrag ab.

(Einstimmig)

Nunmehr lasse ich über das Gesetz zur Änderung des Bremischen Hafenbetriebsgesetzes, Drucksache 18/96, in zweiter Lesung abstimmen. Hierzu ist namentliche Abstimmung beantragt worden. Wer das Gesetz zur Änderung des Bremischen Hafenbetriebsgesetzes unter Berücksichtigung der soeben vorgenommenen Änderungen in zweiter Lesung beschließen möchte, also seine Zustimmung, Stimmenthaltung oder sein Nein signalisieren möchte, möge sich dann deutlich mit Ja, Nein, Enthaltung zu Wort melden! Ich rufe jetzt die Namen auf.

(Es folgt der Namensaufruf.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich gebe Ihnen nun das Ergebnis bekannt: Mit Ja haben gestimmt 57, mit Nein haben gestimmt 20. Somit steht das Ergebnis fest. Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt das Gesetz in zweiter Lesung.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der LINKEN)

Im Übrigen nimmt die Bürgerschaft (Landtag) von dem Bericht des Ausschusses für Angelegenheiten der Häfen im Lande Bremen, Drucksache 18/197, Kenntnis.

Gesetz über die Erhebung einer Tourismusabgabe

Mitteilung des Senats vom 8. November 2011 (Drucksache 18/110) 2. Lesung

Wir verbinden hiermit:

Gesetz über die Erhebung einer Tourismusabgabe

Bericht und Antrag des staatlichen Haushaltsund Finanzausschusses vom 13. Dezember 2011 (Drucksache 18/176)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Staatsrat Strehl.

Die Bürgerschaft (Landtag) hat den Gesetzentwurf des Senats in ihrer siebten Sitzung am 9. November 2011 in erster Lesung beschlossen und zur Beratung und Berichterstattung an den staatlichen Haushaltsund Finanzausschuss überwiesen. Dieser Ausschuss legt mit der Drucksachen-Nummer 18/176 seinen Bericht und Antrag dazu vor.

Wir kommen zur zweiten Lesung.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Kuhn.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will zunächst, da wir ja keinen Bericht der Ausschussvorsitzenden bekommen haben, die Änderungen erläutern, die wir gegenüber der ersten Lesung vorschlagen.

Auf Wunsch der Interessenverbände haben wir den Namen Citytax eingeführt, denn dieser Name, so war das Argument, das wir auch einleuchtend fanden, sei den Kunden aus vielen anderen europäischen Städten geläufig. Tatsächlich finden Sie eine solche Abgabe gerade in den Hochburgen des Tourismus an vielen Orten. Wir weisen in der Begründung zur Klarstellung außerdem darauf hin, dass die Befreiung für Jugendherbergen nur so weit geht, wie auch die Gemeinnützigkeit insgesamt reicht. Auch das möchte ich erwähnen, weil der Verband DEHOGA öffentlich etwas anderes behauptet hat! Zudem sind wir dem Wunsch der Interessenverbände nach Verschiebung der Einführung nachgekommen, damit sie – so war das Argument, dem wir gefolgt sind – geordnet ihre EDV umstellen können. Der neue Zeitpunkt für den Beginn der Erhebung der Citytax ist der 1. April 2012.

(Vizepräsidentin S c h ö n übernimmt den Vorsitz.)

Diese Änderungen, die wir Ihnen heute vorschlagen, sind das Ergebnis eines intensiven Gedankenaustauschs grüner und roter Abgeordneter, also des Kollegen Liess, mir und anderer, mit den Vertretern der DEHOGA. Es entspricht nicht der Wahrheit, wenn die DEHOGA öffentlich behauptet, mit ihr sei nicht gesprochen worden, das Gegenteil ist der Fall!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Nicht gefolgt sind wir den Forderungen zur Neuordnung der Abgabenstaffelung, vor allem weil wir

dazu Argumente und Ideen bekommen haben, die in beide Richtungen gingen. Die einen wollten sie eher zusammenfassen, sprich die oberste Klasse wegfallen lassen, die anderen wollten sie eher in kleine 50Cent-Schritte differenzieren. Beides hat uns am Ende nicht überzeugt, daher bleibt es bei der jetzigen Einteilung. Bei allen Hinweisen, dass sie vielleicht nicht mehr in jedem Fall stimmt, denke ich doch, dass die realen Verhältnisse durch die Klassifizierung einigermaßen widergespiegelt werden. Alles andere wäre ziemlich irreführend und nutzlos, wenn man eine Hotelklassifizierung aufrechterhält, und ich kann mir nicht vorstellen, dass die Verbände ernsthaft behaupten wollen, dass die Klassifizierung sinnlos und schon längst veraltet sei.

Dass die Hotelbesitzer und ihre Verbände auch gegen die Einführung einer Citytax in Bremen argumentieren und mobilisieren, ist natürlich ihr gutes Recht – und offen gestanden fand ich die Aktion gestern auch ganz fantasievoll. Sie haben gut gelernt, es ist ganz in Ordnung –, aber die Tonlage der verfolgten und ausgeplünderten Unschuld, die dabei zum großen Teil angeschlagen worden ist, halte ich für ganz und gar unangemessen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Ich darf daran erinnern: Die Absenkung der Mehrwertsteuer für die Hotelbetreiber war ein unsinniges Geschenk nach der Wahl der schwarz-gelben Koalition,

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

ein Wahlgeschenk, das Verbände und sehr prominente Hotelbesitzer ihrerseits durch Geschenke vor der Wahl mit vorbereitet hatten!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich akzeptiere nicht, dass uns diese Leute jetzt „Wegelagerer“ nennen, weil wir eine Abgabe erheben, mit deren Ertrag wir die touristische und kulturelle Infrastruktur, von der ja gerade sie profitiert haben und weiter profitieren werden, pflegen und entwickeln wollen. Sonst hätten wir dafür nämlich das Geld nicht mehr, das ist das Problem.

Ich will es hier noch einmal ganz deutlich sagen: Nach der Absenkung der Mehrwertsteuer von 19 auf 7 Prozent – und das ist ja ein ganz ordentlicher Sprung – sind damals die Preise für die Kunden nicht gesenkt worden. Auch damals waren die Kataloge gedruckt und versendet. Auch damals waren die Verträge abgeschlossen. Diese Preissenkung ist nicht weitergegeben worden. Nun rechnen die Hoteliers uns vor, in welchem Ausmaß sie die Preise wegen der Citytax erhöhen müssten, dass die Kunden wegblieben

und Stornierungen aufliefen. Es wird uns das ganze Jammertal ausgemalt.

Ich möchte sie aber fragen, warum sie eigentlich die Preise erhöhen müssen, nachdem die Preise nach der Steuersenkung in weit größerem Umfang – die Spanne war ja erheblich größer als das, was wir jetzt wollen – nicht gesenkt worden sind und so blieben? Nach meiner Auffassung gibt es für die Hotelbesitzer einerseits keinerlei Zwang, die Preise für die Kunden zu erhöhen. Ich akzeptiere dieses Argument nicht!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)