Meine sehr geehrten Damen und Herren, Ziel aller Weiterbildungs- und sonstigen Eingliederungsmaßnahmen muss natürlich sein, die Menschen zu befähigen, wieder eine Anstellung zu finden und dies nicht auf irgendeinem, sondern auf dem ersten Arbeitsmarkt.
Wo dieses Ziel auch mit großen Anstrengungen nicht erreicht werden kann, muss es öffentlich geförderte Beschäftigung geben, auch dazu gibt es mehrere Bundestagsanträge. Die Konstruktion „Bedarfsgemeinschaft“, ein spannendes Wort, muss definitiv aufgelöst werden. Wir müssen alle gemeinsam dazu kommen, dass jeder Mensch einen selbstständigen Anspruch auf eigenständige Existenzsicherung hat, nicht nur abgeleitete und von anderen abhängige Ansprüche, wie es jetzt ist. Das ist insbesondere und ganz dringend für Frauen notwendig. Um zu verhindern, dass Menschen ergänzend auf das ALG II angewiesen sind, muss es bei den Sozialversicherungsbeiträgen – ebenso wie jetzt bei der Steuerpflicht – ein Progressivmodell geben. Menschen mit geringem Erwerbseinkommen sollten auch nur einen geringen Prozentsatz an Sozialversicherungsleistungen zu tragen haben. Meine Damen und Herren, nimmt man das alles zusammen, wäre das eine Antragsforderung gewesen, die ich auch vonseiten der LINKEN erwartet hätte, die ein bisschen in die Zukunft schreiben gelernt haben. Das haben sie anscheinend noch nicht, aber wenn Sie glauben, mit dieser Art von Politik uns hier vorführen zu können, dann, glaube ich, werden Sie heute daran scheitern. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Kurze Erwiderung an Herrn Rohmeyer: Ich glaube, man muss den Antrag einfach richtig lesen.
Wir haben einen Entschließungsantrag und keinen Dringlichkeitsantrag gestellt. ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Nein! Wir haben in der Interfraktionellen Besprechung darauf bestanden, dass der Tagesordnungspunkt gesetzt wird, das hat aber nichts mit einem Dringlichkeitsantrag zu tun. Wir haben einen Entschließungsantrag gestellt. Das zu Herrn Rohmeyer!
Zu Herrn Reinken! Ich finde es schon richtig, was Sie gesagt haben, man sollte sich nach vorn orientieren, ja. Mit vielem, was Sie dazu geäußert haben, bin ich einverstanden, auch was der Kollege Schmidtmann vom Bündnis 90/Die Grünen gesagt hat. Da gibt es viele Punkte, aber wir diskutieren das ja morgen.
Entschuldigen Sie, ich habe Sie verwechselt! Es ist doch aber einfach so, wir haben morgen den Antrag zum Mindestlohn, und die Forderung nach einem Mindestlohn ist eine uralte Forderung auch der LINKEN, die sie sogar in Zeiten getragen hat, in denen uns die Gewerkschaften dafür noch böse angeschaut haben, dass wir so etwas fordern können.
Das hat sich mittlerweile geändert. Das heißt also, auch wir überlegen uns schon Politikfelder und Forderungen, die durchaus in die Zukunft gehen, deshalb werden wir das morgen diskutieren. Wir debattieren da natürlich auch zum Beispiel über die Höhe des Mindestlohns, und darum muss man streiten, das ist zukunftsweisend und nach vorn gerichtet.
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben den Antrag gestellt, weil wir einfach noch einmal sagen wollen, was wir vermissen. Bei aller zukunftsgerichteten Diskussion, die es vielleicht geben mag, muss man doch auch die Vergangenheit tatsächlich bereinigen. Ich höre von Ihnen nicht, es kann nicht sein, dass wir weiter eine große Anzahl von Menschen haben, die von 380 Euro pro Monat leben sollen, und dies in solch einem reichen Land wie der Bundesrepublik Deutschland. Das geht nicht, zumindest aus unserer Sicht, das geht einfach nicht!
Deshalb erinnern wir daran erinnern und machen einen Entschließungsantrag. Wir möchten Sie weiter daran erinnern, dass das geändert werden muss, und das höre ich nicht deutlich.
(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Herr Kollege Willmann hat es sehr deutlich gesagt!)
Mir fehlt auch der gewisse Glaube daran, wenn ich das Gefühl habe, die SPD steuert auf eine Große Koalition im Bund im Jahr 2013 zu, so wie Sie sich verhalten. Dann wollen Sie das mit der CDU ändern? Dann werden Sie das abschaffen? Das glaube ich nicht! Genau aus dieser politischen Motivation heraus geben wir Ihnen noch einmal einen kleinen Stoß und sagen, so ist die richtige Richtung. – Danke!
Meine Damen und Herren, bevor ich dem Abgeordneten Möhle das Wort erteile, möchte ich noch einmal daran erinnern, dass Entschließungsanträge gemäß Paragraf 31 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung immer dringlich sind. Herr Möhle, Sie haben das Wort!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Selten habe ich in diesem Haus einen Antrag gesehen, der so ausschließlich der Propaganda diente wie dieser!
Nicht nur, dass der historische Zusammenhang nicht einmal mitgedacht, erwähnt wird, sondern völlig übersehen wird, und was sehr ärgerlich ist, es ist nicht eine Zukunftsperspektive in diesem Antrag enthalten; das hat Herr Willmann schon gesagt. Wir waren vor zehn Jahren in der Situation, dass in der Bundesrepublik Deutschland nahezu sieben Millionen Menschen Langzeitarbeitslose waren. Wir hatten die Situation, dass die Sozialkassen nicht mehr in der Lage waren, das zu tragen. Das muss man einfach wissen! Es war völlig klar, es muss etwas passieren. So wie die Situation damals war, ging es nicht weiter. Jetzt kann man heute nach zehn Jahren rückblickend wunderbar sagen, das hätte man anders, jenes hätte man vielleicht so oder so machen sollen, das ist immer sehr einfach. In der konkreten Situation gab es einige Dinge, die ich auch damals als Politiker an der Gesetzgebung schon richtig fand. Nicht alles war falsch, nicht alles war kritikwürdig!
Zum Beispiel war die Zusammenlegung der Sozialhilfe und der Arbeitslosenhilfe richtig und ist heute auch noch richtig.
Man muss höllisch aufpassen, dass man sich nicht, weil sich – und da hat der Kollege Rohmeyer natürlich ein bisschen Recht – die ganze Herleitung der Begründung aus genau dieser Gesetzgebung speist, völlig undifferenziert in dieser Diskussion verhält.
Hören Sie doch auf, immer dazwischenzureden! Hören Sie doch einfach einmal zu! Es ist leicht, so zu tun, als hätte man die richtigen Antworten, Sie haben überhaupt keine Antwort!
Auch wenn Sie ganz rot werden und aufgeregt rufen, Sie haben keine Antwort und in diesem Antrag schon einmal gar nicht!
Der Sozialstaat, auch das will ich an dieser Stelle sagen, hat die Aufgabe, Menschen zu helfen, die unverschuldet in Not geraten sind. Das ist Aufgabe des Sozialstaats. Dieses Sozialstaatsgebot – davon bin ich fest überzeugt – ist bei der Sozialdemokratie und auch bei den Grünen in sehr guten Händen.
Wir werden daran arbeiten – und das machen wir sehr sorgfältig –, dort Verbesserungen vorzunehmen, wo sie möglich und wo sie nötig sind. Deswegen werden wir diesen Antrag natürlich ablehnen. Es ist doch klar, wir haben die Debatte um den Mindestlohn. Was ist das denn anderes, als genau an der Stelle zu versuchen dagegenzusteuern. Wir haben das Teilhabepaket, so bürokratisch das auch sein mag. Es ist aber dennoch der Versuch, besser helfen zu können, als es zurzeit der Fall ist. Mir passt das Teilhabepaket aus sozialpolitischer Sicht deshalb nicht, weil es so bürokratisch ist, nicht weil es nicht helfen will. Der Hilfeansatz ist richtig, die Umsetzung muss man verbessern. Das tun wir im Übrigen aber auch.
Lassen Sie mich zum Schluss deutlich machen: Die Forderung, immer nur zu sagen, es muss mehr Geld in die soziale Hilfsstellung gehen, halte ich für völlig verfehlt. Was ich möchte, ist, in vielen Bereichen mit dem vorhandenen Geld möglicherweise besser, effizienter zu helfen. Auch das muss man angesichts der Haushaltskassen diskutieren, und das kann man aus sozialpolitischer Sicht nicht so machen, indem man die Hartz-Gesetzgebung in Bausch und Bogen negiert. Wir können nicht einfach sagen – wie Sie das fordern –, zehn Jahre Hartz ist genug, weg damit, sondern weil die Gesetzgebung jetzt da ist, müssen wir sehen, dass wir sie so justieren, dass sie an einigen Stellen besser hilft, als das zurzeit der Fall ist.
Ich glaube, da sind wir auf einem relativ guten Weg, auf jeden Fall sind wir auf einem viel besseren Weg, als Sie gerade hier vorgetragen haben. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Hartz ist doch schon weg!)
Meine Damen und Herren, sehr geehrter Herr Präsident! Es hatte mit Rot-Grün gut angefangen, muss ich sagen. Sie haben leider wieder etwas nachgelassen, das ist bitter! Diesen Antrag Propaganda zu nennen, ist, finde ich, eine Diffamierung von Millionen von Menschen in diesem Land. Wenn Sie vor zehn Jahren gewusst hätten, worauf Sie sich einlassen, hätten Sie sich das vielleicht noch einmal überlegt. Unter anderem, das ist richtig, geht auch die Gründung der LINKEN darauf zurück. Das hat Gründe, das hat wirklich Gründe und Ursachen. Es ist eine gigantische Umverteilung in den letzten zehn Jahren hier passiert. Es ist nicht nur eine soziale und ökonomische Umverteilung, sondern wir haben durchaus offenen Auges und unnötigerweise so etwas wie einen kulturellen Riss in diesem Land riskiert. Es ist eine unglaubliche Unverschämtheit zu sagen, wir würden hier stehen und hätten keine Alternativen.
Mindestlöhne zehn Euro! Wir haben gesagt, sozialversicherungspflichtige Jobs im zweiten Arbeitsmarkt! Was ist mit den Minijobs, die praktisch bezüglich der Stunden nicht mehr gedeckelt werden? Wir haben einen Wirtschaftsaufschwung aufgrund der Tatsache durchgesetzt, dass wir genau diese Menschen ausgegrenzt haben. Wir haben einen Niedriglohnsektor, der beispiellos ist! Der ist wirklich wettbewerbsfähig! Da können wir uns auf die Schultern klopfen! Das muss man sich einmal vor Augen halten, auf wessen Schultern wir unseren fantastischen wirtschaftlichen Erfolg gegründet haben.
Selbst die Arbeitnehmerkammer stellt fest – und wir haben inzwischen viele Studien in Bremen, die hervorheben, wie die soziale Spaltung eigentlich aussieht, gerade hier in Bremen müssten wir uns das ansehen –, dass wir diesen Exportschlager, diesen wirtschaftlichen Aufschwung auf dem Rücken der Men––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
schen erwirtschaftet haben, die zu minimalen Löhnen respektive Armutslöhnen arbeiten müssen. Es ist ein nicht unerheblicher Anteil von Frauen dabei. Es mag Ihnen ein wenig das Gähnen ins Gesicht treten, Herr Fecker, aber ich finde das wirklich nicht in Ordnung. Wir haben hier ein ernstzunehmendes Problem. Es wäre sicher angebracht zu sagen, so etwas wie Ächtung ist richtig. Ich finde es tatsächlich so, dass so etwas nicht verantwortbar ist, wenn man in einem solidarischen Sozialstaat leben möchte.
(Beifall bei der LINKEN – Abg. Frau S a - l o m o n [CDU]: Solidarität ist aber keine Einbahnstraße!)
Nein, Solidarität ist keine Einbahnstraße. Sie haben den Menschen eine ganze Menge weggenommen, die Sie ihnen eigentlich zurückgeben müssten!