Ich finde es gut, dass Bremen so etwas einführt. Ich finde es sehr gut, dass wir dort praktisch auch die Ersten sind, und ich bestätige nur, dass es gerade als Landesmindestlohngesetz ein wichtiger Schritt ist. Es ist ja kein flächendeckender Mindestlohn, den wir hier einführen, sondern ein Landesmindestlohn, der natürlich auch gewisse Einschränkungen hat. Es ist aber trotzdem etwas, das für die eine oder andere nicht nur faktisch mehr Lohn im Geldbeutel bedeutet, sondern es hat auch eine wichtige Signalwirkung. Darauf bin ich wirklich ganz stolz, dass wir es hier zuwege bringen.
Der zweite Teil, mit dem wir selbstverständlich nicht einverstanden sind, ist die Höhe des Mindestlohns.
Das muss hier auch niemanden überraschen. Ich möchte das hier gar nicht weiter polemisieren in dem Sinne, dass es immer heißt, DIE LINKE will mehr Geld. Wir haben uns die Zahlen und das mit den Aufstockern angeschaut, und der Anteil derjenigen, die aus aufstockenden Bezügen mit 8,50 Euro herauskom
men, ist verschwindend gering. Das sind diejenigen, die praktisch Kosten für die Unterkunft in der Höhe von 325 Euro bekommen, und das ist der kleinste Anteil derer, die tatsächlich aufstocken. Ich finde, dafür ist es als Einstieg einfach zu wenig.
Wir möchten außerdem auf einen zweiten Zusammenhang hinweisen! Es ist ja so, dass es nicht nur darum geht, wovon wir aktuell leben, sondern darum, dass wir eine armutsfeste Rente brauchen. Wenn man da vom Fürsorgeniveau ein Stück weg will, dann wurde jetzt schon festgestellt, dass wir mindestens 9,40 Euro brauchen, um perspektivisch aus der Grundsicherung herauszukommen. Das ist ein wichtiger Zusammenhang, finde ich. Das ist nichts von hier und heute, aber es ist etwas, was uns in den nächsten Jahren in immer größerem Maß Kopfschmerzen bereiten wird. Das kann man praktisch mit 8,50 Euro nicht gewährleisten. Warum soll derjenige, der langjährig vollzeitbeschäftigt war, eine Altersrente haben, die noch nicht einmal auf dem Fürsorgeniveau liegt? Das ergibt doch keinen Sinn! Das schafft, einmal abgesehen davon, dass es für die Menschen keine ausreichende Perspektive bildet, keine Motivation. Das heißt von vornherein, dass es sich faktisch auch perspektivisch nicht lohnt. Ich finde, das ist ein Zusammenhang, den wir uns vor Augen halten sollten.
Die internationale Diskussion geht von einem Mindestlohn aus, der sich an 60 Prozent vom Median der Löhne orientiert, also am mittleren Vollzeitlohn. Der liegt in Deutschland tatsächlich bei elf bis zwölf Euro. Das heißt, das wirtschaftlich stärkste Land muss doch nicht unbedingt mit einem Mindestlohn anfangen, der noch hinter Frankreich und ein bisschen verschämt sogar noch hinter Belgien liegt. Es sind doch praktisch Einstiegsgrößen, die einfach zu niedrig gesetzt sind. Das ist in dem Zusammenhang einfach schade, dass wir mit diesen 8,50 Euro dort hineingehen. Ich meine, wenn man das mit der Inflationsrate abgleicht, dann ist es ein Hase-und-Igel-Rennen zwischen der Inflation und dem Vorschlag der SPD von 8,50 Euro.
(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Wir haben ja eine Kommission, die das festlegen soll!)
Ja, es ist richtig, dass es diese Kommission gibt, interessant auch die Besetzung, aber es ist ja auch so, dass diese Kommission bei 8,50 Euro anfängt!
Dann kommt die Inflation, rast einmal rechts und links daran vorbei, und die Kommission ist immer ein Stück zurück. Das ist genau der Punkt, bei dem ich sage, dort hinken wir ununterbrochen hinterher.
Ich finde es interessant, Herr Müntefering hat beispielsweise im Jahr 2009 noch gesagt, dieser Mindestlohn müsste wirklichkeitsnah sein. Wirklichkeitsnah heißt dann aber, er müsste sich doch nicht nur an den niedrigen Löhnen orientieren, sondern wirklichkeitsnah heißt: Wovon kann ich existenzsichernd leben, und wo ist perspektivisch für mich auch eine Rentenabsicherung, die es letztendlich gewährleistet, dass ich das auch in Zukunft kann? Wir sind über 8,50 Euro rein von der wirtschaftlichen Entwicklung, der Inflationsrate, den Lebenshaltungskosten et cetera längst hinaus. Deswegen kämpfen wir um einen Betrag, der höher ist, ja, das ist richtig.
Ich würde an dieser Stelle sogar sagen, jeder einzelne Cent und Euro machen hier eine Menge aus. Wirklich! Es geht nicht zu sagen, wir haben hier einen statischen Mittelwert erzeugt, sondern wir können heute schon feststellen – und an dem Punkt sind wir uns mit ziemlich vielen einig –, dass 8,50 Euro nicht ausreichen.
Daher sagen wir, das Mindestlohngesetz ist prima und erhält unsere volle Unterstützung, aber nicht für das Geld, und deswegen werden wir uns enthalten! – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Selten hat ein Thema wie die Forderung nach einem allgemeinverbindlichen gesetzlichen Mindestlohn die Debatte so lange, intensiv und auch emotional in den letzten Jahren geprägt. Selten stehen sich Fakten – man hat es eben gerade wieder erlebt –, Interpretationen und Schlussfolgerungen so unterschiedlich und zum Teil unversöhnlich gegenüber wie bei diesem Thema.
Selten werden aber auch Dogmen und Ideologien so leidenschaftlich ausgetauscht wie bei diesem Thema: die neoklassische Lehrmeinung auf der einen Seite, die, in Kürze zusammengefasst, die Lohnentwicklung aufgrund des Gesetzes von Angebot und Nachfrage im freien Markt seinen Kräften überlassen will, und auf der anderen Seite das Keynes’sche Umfeld, das negative Beschäftigungseffekte durch einen gesetzlichen Mindestlohn a priori verneint und aufgrund der vermeintlichen Tatsache einer Unvollkommenheit auf dem Arbeitsmarkt eine entsprechende staatliche Regulierung rechtfertigt beziehungsweise fordert. Wie es so oft im Leben ist, entspricht weder das eine noch das andere Extrem der Realität, und man kann damit auch nicht die derzeitigen kom––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
plexen Herausforderungen, denen wir uns als deutsche Volkswirtschaft stellen müssen, gerecht werden. Lassen Sie mich daher einige einleitende Zahlen zum Thema Mindestlohn aus einer Studie der Prognos AG zitieren, die im Auftrag der Friedrich-EbertStiftung im Mai 2011 veröffentlicht wurde! Sie steht also nicht gerade im Verdacht, Herr Reinken, besonders CDU- oder arbeitgebernah zu sein. Danach erhalten 36 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einen Bruttoarbeitslohn von bis zu zwölf Euro, das heißt, 64 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erhalten einen Arbeitslohn, der darüber liegt. 3,6 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erhalten einen Stundenlohn unter 7,50 Euro, das entspricht einem Anteil von 7,6 Prozent, und 1,4 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erhalten einen Stundenlohn zwischen 7,50 Euro und 8,50 Euro, das entspricht einem Anteil von 4,4 Prozent. In der Summe sind es 5 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und nicht 5,7 Millionen, wie Sie es hier soeben dargestellt haben, die unter 8,50 Euro verdienen. Die geringen Stundenlöhne, auch Niedriglöhne, betreffen insbesondere Schülerinnen und Schüler und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit unzureichender Bildung sowie Frauen im Bereich der geringfügig und in Teilzeit Beschäftigten. Ebenso wird festgestellt, dass besonders junge und alte Personen mit einem geringen Stundensatz entlohnt werden. Interessant sind aber auch die Zahlen für Bremen. Danach liegt der Anteil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die einen Stundenlohn unter fünf Euro erhalten, bei zwei bis drei Prozent, und die Summe derjenigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die einen Stundenlohn unter 8,50 Euro erhalten, liegt deutlich unter zehn Prozent.
(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Das ist ja für die zehn Prozent eine gute Nachricht!)
Bremen liegt damit weit unter den in der Studie ermittelten Durchschnittswerten. Warum nenne ich diese Zahlen? Sie machen deutlich, dass die Situation bei Weitem nicht so dramatisch ist, wie der eine oder andere Redner hier zu suggerieren versucht hat, und dass insbesondere in Bremen der Arbeitsmarkt nicht dem Bild entspricht, welches in öffentlichen Sonntagsreden von dem einen oder anderen zum Teil auch in Klassenkampfrhetorik immer wieder hinausposaunt beziehungsweise von dem Symbolpolitik abgeleitet wird.
Meine Einschätzung ist, dass die große Mehrheit der Arbeitgeber ihrer Verantwortung, die ihr in unserer sozialen Marktwirtschaft zugeteilt wird, entspricht und ihr gerecht wird. Nichtsdestoweniger gibt
es negative Auswüchse, und man muss sich mit der Frage beschäftigen, ob ein Mindestlohn, gesetzlich bestimmt, grundsätzlich zu volkswirtschaftlich negativen Effekten führt. Der Spannungsbogen führt bis zu der Frage, wie das Ziel erreicht werden kann, dass Menschen, die 40 Stunden pro Woche arbeiten, davon auch vollständig und ohne staatliche Unterstützung ihren Lebensunterhalt bestreiten können.
Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung kommt in seinem Gutachten 2006 bei der Untersuchung der Argumente für und gegen die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns zu dem Schluss: „Als Fazit ergibt sich, dass keines der Argumente für die Einführung eines Mindestlohns wirklich zu überzeugen vermag.“ Zur Beschäftigungswirkung befürchtet der Sachverständigenrat durchaus negative Beschäftigungseffekte, die ein solcher allgemeinverbindlicher gesetzlicher Mindestlohn nach sich ziehen kann. In Verbindung, da das hier auch angesprochen worden ist, mit den internationalen Erfahrungen, insbesondere Frankreichs, ist, so der Sachverständigenrat, im Hinblick auf die zu erwartenden Beschäftigungseffekte ausdrücklich auf die Einführung eines Mindestlohns zu warten. „Dies gilt umso mehr angesichts der gegenwärtig“ – damals 2006 – „diskutierten Höhe eines gesetzlichen Mindestlohns von 7,50 Euro und mehr.“
Das Institut für Wirtschaft warnt im September 2011 in ähnlicher Richtung. So zeigen auch die Auswertungen des Mindestlohns im Nachbarland Frankreich, wo der Mindestlohn mit 9,22 Euro sehr hoch ist, dass die negativen Beschäftigungseffekte, die statistisch auch nachgewiesen sind, vor allen Dingen junge Menschen und Frauen betreffen. Der Vollständigkeit halber: In Großbritannien beträgt der Mindestlohn, wenn Sie hier über die Höhe so intensiv diskutieren, 6,70 Euro.
Wir lehnen einen gesetzlichen allgemeinen Mindestlohn ab, weil wir der Auffassung sind, dass diese Aufgabe die Tarifpartner – starke Arbeitgeberverbände ebenso wie starke Gewerkschaften – in Tarifverhandlungen aushandeln müssen.
Wir haben dies in unseren Antrag auch zum Ausdruck gebracht, weil die negativen Beschäftigungseffekte genau die Personengruppen treffen werden, die Sie scheinbar mit dem Mindestlohn schützen und unterstützen wollen. Daher halten wir diesen Ansatz für zu kurz gegriffen. Wir haben in unserem Antrag unsere Position als Bremer CDU zum Ausdruck gebracht, das ist schon angesprochen worden, und dies entspricht auch der bundespolitischen Beschlusslage der CDU.
Unser Ziel ist es, dass Menschen, die in Vollzeit arbeiten, von ihrem Lohn ohne staatliche Zuschüsse leben können, sich die Grundlage der hieraus resultierenden Löhne aber aus Tarifverhandlungen ableiten muss. In den Branchen, in denen aus welchen Gründen auch immer keine Tarifverträge existieren – dies kann auch in der mangelnden Anziehungskraft der Gewerkschaften begründet sein, auch das muss man sich vor Augen führen; der Organisationsgrad in einzelnen Bereichen ist nicht so hoch, dass die Gewerkschafter mit breitem Kreuz durch die Tür gehen könnten –, in den Branchen, in denen keine Tarifverträge existieren, hat sich aber aus ordnungspolitischer Sicht die Höhe des Lohns an durch Tarifverträge geregelten Lohnuntergrenzen zu orientieren, und es müssen vergleichbare Vereinbarungen herangezogen werden. Wir wollen aber, dass der Grundsatz, dass Löhne zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern ausgehandelt werden, nicht aufgegeben wird.
Sie, Herr Reinken, haben hier auf der einen Seite gerade versucht, den politischen Einfluss der Kommission, die Sie in dem Gesetzentwurf darlegen, zu negieren. Natürlich hat die Kommission, die Sie hier vorschlagen, einen politischen Einfluss, indem Sie natürlich, einmal was die Mehrheitsverhältnisse angeht, deutlich machen, wie diese im Zweifelsfall auszusehen haben,
und Sie auf der anderen Seite natürlich sagen, unter welcher Höhe diese Kommission nicht zu entscheiden hat. Daher ist ein politischer Einfluss auf diese Kommission hier einfach vorbestimmt. Tun Sie also nicht so, als würde es hier alles frei und in Freude existieren!
(Beifall bei der CDU – Abg. D r. G ü l d - n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Das ist ja totaler Unsinn!)
Wie gesagt, den vorgelegten Gesetzentwurf der SPD lehnen wir ab! Wir halten den eingeschlagenen Weg von Rot-Grün grundsätzlich für falsch. Es entspricht auch eher der Symbolpolitik des Wettstreits zwischen SPD und der LINKEN – wir haben es soeben sehen können –, welche Höhe des Mindestlohns die bessere und gerechtere ist. Auf der Senatsbank ist es richtigerweise schon angesprochen worden, wären zehn Euro vorgeschlagen worden, hätte die Linkspartei 10,50 Euro gefordert, hätten Sie elf Euro vorschlagen, hätte sie 11,50 Euro gesagt. Vom Prinzip her ist es ein durchsichtiger Wettbewerb, der hier stattfindet. Wir beteiligen uns daran nicht.
Die Bedenken der Grünen gegen dieses Gesetz – man hat es ja sehr anschaulich am 7. Februar im „Weser-Kurier“ dokumentiert nachlesen können – sind nachvollziehbar. Die unausgegorenen Überlegungen sind aber auch dort deutlich geworden. Ich
möchte hier einen oder zwei Punkte aufgreifen. Auf die Frage des „Weser-Kurier“ am 7. Februar an Herrn Reinken, wie denn die finanziellen Auswirkungen des Mindestlohns zu sehen seien, folgte eine interessante Aussage: „Wer Zuwendungen der Freien Hansestadt Bremen bekommt, muss Mindestlohn zahlen, im zweiten Schritt muss erst die Frage der finanziellen Folgen gestellt werden.“ Ich frage Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Koalition, welches Verständnis von Haushaltspolitik Sie haben, wenn Sie erst beschließen und sich dann über die finanziellen Folgen Ihres Handelns Gedanken machen wollen? Hat das etwas mit solider Politik zu tun?
Auch die Frage nach der Verknüpfung von Konzessionen mit dem Mindestlohngesetz wird bejaht, obwohl im Gesetz nur von Zuwendungen gesprochen wird. Ich frage Sie, was Sie unter Politik verstehen, wenn Sie in Ihren Gesetzentwürfen nur die halbe Absicht Ihres geplanten Handelns offenbaren! Es wird offensichtlich, dass es viele offene Fragen gibt, sowohl ordnungspolitisch als auch bezüglich der Umsetzung dieses Gesetzes. Es ist unausgegoren, und unsere Prognose ist, dass Sie diese offenen Punkte auch bis zur zweiten Lesung nicht abschließend klären werden. Wir lehnen den Entwurf ab und werden daher natürlich auch den Änderungsantrag der Linkspartei ablehnen! Dieser politische Wettstreit ist Symbolpolitik, und wir lehnen ihn daher ab. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist in solch einer Debatte sicherlich auch immer so, dass man sich irgendwie in dem großen Feld zwischen allgemeinen ordnungspolitischen Bemerkungen und konkreten regionalen und lokalen Durchsetzungsmöglichkeiten bewegt. Ich will deswegen, Herr Kollege Kastendiek, mit dem allgemein Ordnungspolitischen kurz anfangen. Sie haben die Prognos-Studie zitiert, die ich mir natürlich auch angesehen habe. Die Fragestellung dieser in der Tat von der Friedrich-Ebert-Stiftung in Auftrag gegebenen Studie war die nach den fiskalischen Effekten eines gesetzlichen Mindestlohns. Es war also die Frage, was eigentlich unser Gemeinwesen, der Staat, der Steuereinnehmer, der Finanzierer von gemeinschaftlichen, gesellschaftlichen Aufgaben vergibt, wenn er auf die Durchsetzung eines Mindestlohns verzichtet. Ich zitiere hier nur aus der einleitenden Zusammenfassung der Friedrich-Ebert-Stiftung: „Mit einem ge
setzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro“ – in der Tat nicht in Bremen, sondern bundesweit – „die Stunde würde sich nicht nur die Einkommenssituation von fünf Millionen Menschen verbessern, auch der deutsche Staat könnte seine angespannte Haushaltslage mit über sieben Milliarden Euro entlasten. Die Erwerbseinkommen der privaten Haushalte würden um etwa 14,5 Milliarden Euro steigen, woraus zusätzliche Zahlungen von Einkommensteuer und Sozialbeiträgen in Höhe von jeweils 2,7 Milliarden Euro resultieren.“ Ordnungspolitisch war dies die Fragestellung, und was hier nur in wenigen Zahlen von mir in den Raum geworfen wurde, ist auch ordnungspolitisch eine der zentralen Begründungen dafür, dass man es machen muss. Es kann doch nicht sein, dass wir zusehen, wie unsere staatlichen Finanzen und unsere Sozialversicherungsorganisationen in Unordnung geraten sind, und gleichzeitig durch die Subventionierung von Niedriglohnbereichen als Gemeinwesen auf Geld verzichten, das wir dringend brauchen.
Deswegen ist dieser Hinweis auf die Studie sehr hilfreich. Es wird in ihr eben deutlich herausgearbeitet, dass es dem Gemeinwesen deutlich etwas bringen würde. Die zweite Bemerkung! Wenn Sie zitieren, dass es in Bremen alles nicht so dramatisch ist, ist das doch gut. Wenn es in Bremen nicht so dramatisch ist, dann haben wir es ja mit der Umsetzung dieses Gesetzes noch leichter, und dann verstehe ich übrigens auch die Aufregung in Ihrer letzten Bemerkung nicht, dass wir ja offensichtlich noch gar nicht wissen, was es kostet. Wenn es nicht so dramatisch ist, kann es auch gar nicht viel kosten, das ist doch auch klar!
(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Jetzt ist es auch egal!)
Meine dritte Bemerkung ist zur Frage der Beschäftigungswirkung, Herr Kastendiek, auch noch einmal zum Thema der Ordnungspolitik! Das Bundesarbeitsministerium hat bei sechs deutschen Forschungsinstituten in Auftrag gegeben zu untersuchen, wie sich bereits existierende Mindestlöhne nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz auf die Beschäftigung in diesen Bereichen auswirken. Die Wissenschaftler haben das Bauhauptgewerbe, die Abfallwirtschaft, die Dachdecker und Elektriker, die Gebäudereinigung, die Maler und Lackierer, die Pflegebranche und die Wäschereidienstleistungen geprüft und im Auftrag des Bundesarbeitsministeriums unter Frau von der Leyen festgestellt, dass es in all den Bereichen trotz des Mindestlohns nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz keinerlei Auswirkungen auf die Beschäftigungssituation gibt.
Auch an dieser Aussage, an dieser Untersuchung, kommen Sie nicht vorbei. Dies findet im Übrigen im internationalen Vergleich seine Entsprechung: In den USA sind dazu auch Erhebungen und Untersuchungen gemacht worden, die ergeben, dass es keine Auswirkung auf die Beschäftigungssituation hat.