Rüstungsforschung ist einfach zu definieren: Forschung für die Rüstung und Forschung für den Krieg! Forschung für die Rüstung wird meistens in Zusammenarbeit mit der Bundeswehr oder aber auch in Zusammenarbeit mit der Rüstungsindustrie betrieben. Die Bundeswehr tritt an bremischen Hochschulen nicht auf, die Rüstungsindustrie hingegen schon. Wer ist also die Rüstungsindustrie? Die Rüstungsindustrie sind die, die Rüstungsgüter herstellen, und Rüstungsgüter sind klar definiert. Sie unterliegen beispielsweise dem Kriegswaffenkontrollgesetz und anderen Verordnungen, da gibt es erst einmal relativ wenig zu interpretieren. Im Kriegswaffenkontrollgesetz gibt es eine ausführliche Liste, was alles als Kriegswaffe gilt. Außerdem lohnt sich auch hier ein Blick in die Anlage der Außenwirtschaftsverordnung. Dort gibt es nämlich die sogenannte Ausfuhrliste, und darin steht in aller Deutlichkeit und juristisch genau, was Rüstungsgüter sind.
Es gibt übrigens auch eine juristisch korrekte Verwendung des Dual-Use-Begriffs, nämlich wenn wir über Produkte der Dual-Use-Liste der gleichnamigen EU-Verordnung sprechen. Bevor das gern genommene, aber meiner Meinung nach kindische Argument wieder kommt, ein Teelöffel, der auch von einem Bundeswehrsoldaten im Krieg zum Mittagessen gebraucht werden könne, befindet sich nicht auf dieser Liste!
Es gibt Unternehmen in Deutschland und mindestens auch drei in Bremen, die einen Großteil oder gleich ihren kompletten Umsatz mit Rüstungsgütern erwirtschaften. Das hat auch der Senat in der vorletzten Sitzung schriftlich bestätigt, als er von keinem zivilen Produkt aus dem Haus Rheinmetall Defence berichten konnte. Wenn Rheinmetall Defence nun also einen Rüstungsanteil von 100 Prozent hat und Forschungen an öffentlichen Hochschulen betreiben lässt oder dort Kooperationsprojekte anstrebt,
dann liegt es nahe, dass dort auch Forschung für die Rüstung stattfindet, also Rüstungsforschung. Jedenfalls wäre das Gegenteil zu beweisen, und dafür bräuchte dieses Unternehmen ein einziges ziviles Pro
dukt, das es vorweisen könnte, und das konnte der Senat in der vorletzten Sitzung nicht belegen. Es gibt also von diesem Unternehmen keine zivile Forschung. Daher dürfen wir alle annehmen, dass hier Rüstungsforschung für einen Kriegswaffenhersteller stattfindet, dass dann indirekt weltweite Aufrüstung subventioniert wird und das auch durch öffentliche Hochschulen passiert. Das zum Definitorischen, zu den Begrifflichkeiten und auch zur Logik!
Bleiben wir bei dem Beispiel Rheinmetall Defence, von dem wir schwarz auf weiß bestätigt bekommen haben, dass sie keine zivilen Produkte herstellen! Wir haben zwei Projekte in unserem Antrag benannt, in denen Rheinmetall Defence an den Hochschulen bereits geforscht hat oder noch forschen will. Das ist einmal go!CART, für das Rheinmetall Defence 1,6 Millionen Euro Subventionen eingestrichen hat, dann MARISSA, wobei Rheinmetall Defence von der Wirtschaftsförderung Bremen unterstützt wird, Produkte im Bereich der Ressourcensicherheit und zur Abwehr von Eindringlingen herzustellen. Gemeint sind hier vermutlich afrikanische Flüchtlinge. Jedenfalls handelt es sich bei der Abwehr von Eindringlingen nicht um Grundlagenforschung oder Ähnliches, was bei OHB immer gern gesagt wird.
MARISSA wollen Sie – das steht in der Antwort auf eine mündliche Anfrage von mir – in ein Projekt des Bundeswirtschaftsministeriums eingliedern, das die deutsche Rüstungsindustrie explizit bei der Markterschließung unterstützen will. Dabei ist Deutschland schon heute der drittgrößte Waffenhändler der Welt. Bisher gab es an den Hochschulen keine festen Zuständigkeiten, die solche Kooperationen im Zweifelsfall bewerten und damit auch beenden könnten. Es braucht deshalb Gremien, die sich mit dem komplexen Thema angemessen auseinandersetzen können. Deshalb muss jede Zivilklausel ergänzt werden, damit sie auch in der Umsetzung kontrolliert werden kann. Ansonsten läuft nämlich alles weiter wie bisher.
Eine solche Forschungsstelle zum Ausschluss von Rüstungsforschung muss auf wissenschaftlicher Basis arbeiten, sie muss ihre Expertise veröffentlichen und dafür sorgen können, dass Rüstungsforschung in Zukunft nicht mehr stattfinden kann. Erst wenn das geschieht, kann eine einzelne Hochschule in die Lage versetzt werden, dem Druck der Rüstungsindustrie zu widerstehen. Das sollte unser Anspruch als Landesparlament sein, das auch dafür zuständig ist, was mit dem Wissenschaftsetat passiert.
DIE LINKE will jedenfalls die Rüstungsforschung nicht mitfinanzieren, wir wollen sie verhindern. Wir meinen, Atlas Elektronik, Rheinmetall Defence und die Lürssen Werft haben an öffentlichen Hochschulen in Bremen nichts verloren!
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich zunächst eine Vorbemerkung machen! Für uns Grüne ist Wissenschaft und Forschung in gesellschaftlicher Verantwortung ein zentrales Anliegen.
Wir wollen mit unserer Politik einen Beitrag zu einer friedlicheren und zivileren Welt leisten, und deshalb ist für uns eine Zivilklausel an den Hochschulen von großer Bedeutung.
Ein von uns initiierter Antrag mit folgendem Inhalt wurde hier im Haus im Mai 2011 verabschiedet: Erstens, wir finden es gut, dass die Universität seit dem Jahr 1986 eine Zivilklausel hat. Zweitens, wir würden es begrüßen, wenn die Zivilklausel weiterentwickelt wird und drittens sich die anderen Hochschulen auch eine entsprechende Zivilklausel geben würden. Viertens, wir begrüßen die hochschulpolitische Debatte darüber. DIE LINKE hatte damals daraufhin ihren Antrag zurückgezogen mit der Begründung – ich zitiere Jost Beilken, damals Abgeordneter der LINKEN –: „Es ist schon eine ungewöhnliche Situation, dass wir einen Antrag zurückziehen, um dann dem Antrag der Koalition zuzustimmen. Das hat damit zu tun, dass unsere Intention vollständig übernommen worden ist.“
Ich finde es interessant, dass Sie zu Ihrer Haltung von vor einem Dreivierteljahr jetzt nicht mehr stehen.
Die Hochschulen befinden sich mitten in der Abarbeitung des Antrags: Es gibt intensive Diskussionen an den Hochschulen. Die Universität hat gerade ihre Zivilklausel aktualisiert und erweitert. Die anderen Hochschulen sind mitten im Beratungsprozess. Das finde ich gut! Das zeigt, dass die Hochschulen dieses Thema sehr ernst nehmen. Ich freue mich, dass die Universität zu solch einem verantwortlichen Ergebnis gekommen ist. Ich finde, wenn man die Hochschulen und unsere eigenen Beschlüsse hier im Landtag ernst nimmt, sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, dass wir den Hochschulen angemessen Zeit geben, um ihre Beratungen abzuschließen. ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
Ihr Antrag ist ein Antrag des Misstrauens und nicht des Vertrauens. Sie misstrauen Ihren eigenen Beschlüssen, und Sie misstrauen den demokratischen Prozessen an den Hochschulen.
Es ist auch nicht so, dass zum jetzigen Zeitpunkt in Paragraf 7 Absatz 1 Hochschulgesetz nichts steht, sondern es steht schon sehr viel darin!
Nun komme ich zu den Grundzügen Ihres Antrags! Da schreiben Sie schon in der Überschrift: Aktivitäten der Rüstungsindustrie an bremischen Hochschulen unterbinden! Sie haben bis heute nicht darlegen können, um welche Projekte es sich denn aktuell handelt, auch heute haben Sie keine Projekte darlegen können, um die es sich aktuell handelt, wo die Hochschulen Rüstungsforschung betreiben.
Dann nennen Sie gleich die Projekte, es würde mich interessieren! Ich habe von Ihnen bisher nur Mutmaßungen gehört, und Mutmaßungen reichen in dem Bereich wirklich nicht aus, denn bei Mutmaßungen verunglimpfen Sie auch die Hochschulen, da würde ich es schon ein bisschen konkreter hören wollen.
Zweiter Punkt, Zivilklausel im Hochschulgesetz verankern! Das, was Sie vorschlagen, nämlich den ausschließlichen Einsatz finanzieller Mittel für zivile Zwecke, ist mit dem Grundgesetz so sicher nicht vereinbar. Sie berufen sich in ihrem Vorspann auf das Niedersächsische Hochschulgesetz aus dem Jahr 2002, darin heißt es aber: Die den Hochschulen vom Land zur Verfügung gestellten Mittel sollen ausschließlich für Vorhaben verwendet werden, die friedlichen Zwecken dienen. Friedlichen Zwecken!
(Zuruf der Abg. Frau V o g t [DIE LINKE] – Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Das war nur ganz anders! Sie ha- ben es falsch zitiert!)
Das ist eine Friedensklausel und keine Zivilklausel, und das ist in der Sache ein großer Unterschied. Eine Friedensklausel kann eine Friedensmission mit mi
litärischen Mitteln im Sinne des Grundgesetzes mit einbeziehen. Eine Zivilklausel bezieht sich ausschließlich auf zivile, nichtmilitärische Mittel.
Drittens fordern Sie die Einrichtung einer Forschungsstelle zum Ausschluss von Rüstungsforschung. Abgesehen davon, dass Sie bisher noch keinen Beleg dafür bringen konnten, wo denn an den Hochschulen tatsächlich Rüstungsforschung betrieben wird, würde ich auch gern wissen, mit welchem Geld wir das tun sollen. Ich bin froh, dass wir gerade das Notwendigste an unseren Hochschulen finanzieren können. Sollte im Haushalt Luft sein, dann wäre meine oberste Priorität, dass wir den Bereich Studium und Lehre verbessern würden.
Ich will abschließend sagen, die Universität hat ihre Zivilklausel, nicht Friedensklausel, bestätigt und erweitert. Sie ist damit über das hinausgegangen, was wir ins Gesetz schreiben könnten. Ich freue mich sehr über dieses Verantwortungsbewusstsein und würde mich freuen, wenn die Hochschulen zu ähnlichen Ergebnissen kommen. Dann ist in der Sache mehr erreicht als das, was wir in das Hochschulgesetz schreiben können.
Wir Grünen wollen mehr als nur einen Paragrafen zur Friedensklausel, wir wollen einen lebendigen Diskurs an den Hochschulen über gesellschaftliche Verantwortung von Wissenschaft, und wir wünschen uns eine echte, in der Hochschulwirklichkeit gelebte Zivilklausel. Dies geht nur im Dialog. Deswegen setzen wir zum jetzigen Zeitpunkt auf die Abarbeitung unseres Antrages aus dem Mai 2011 und lehnen Ihren Antrag ab.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die SPD begrüßt natürlich ebenfalls, dass die Universität Bremen ihre Zivilklausel bestärkt und erneuert hat, und wir freuen uns auch des Weiteren darüber, dass sich die anderen Hochschulen im Lande Bremen auf den Weg gemacht haben. Wir finden, dass es eine gute Entwicklung ist, dass auf unseren Landesparteitagsbeschluss schon ein Stück weit eine gesellschaftliche Debatte folgt, nicht nur eine universitäre Debatte. Ob jetzt der Antrag der LINKEN dem Landesparteitagsbeschluss der SPD wirklich Abhilfe schafft, da bin ich mir nicht ganz so sicher! Ich gehe im Moment eher vom Gegenteil aus, und dies würde ich auch ganz gern ausführen. ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Wohl wissend um das hohe Gut der Wissenschaftsfreiheit sind wir der Auffassung, dass es sehr sinnvoll ist, dialogorientiert mit den Hochschulen vorzugehen, mit allen anderen Akteuren im Bereich der Forschung zu arbeiten und mit ihnen zu besprechen, inwiefern sie sich denn vorstellen können, eine Zivilklausel zu verankern. Insofern müssen wir hier auch sehr differenziert vorgehen. Ihr Antrag kommt an dieser Stelle – Frau Schön hat das gerade schon ein Stück weit erklärt – wirklich zum verkehrten Zeitpunkt. Zum einen laufen an den Hochschulen gerade noch die Prozesse, in denen überlegt wird, in welchem Rahmen denn Zivilklauseln verankert werden können, zum anderen haben wir selbst im Wissenschaftsausschuss noch Überlegungen, dass wir vielleicht im Rahmen einer Anhörung oder in anderer Form diese Ergebnisse diskutieren wollen. Wenn wir zum jetzigen Zeitpunkt politisch beschließen, in welcher Form auch immer – da hilft es auch nicht, dass Sie auf unserem Landesparteitagsbeschluss herumreiten, den sogar abschreiben –,
dann ist es ein Schlag ins Gesicht der Menschen, die im Moment sehr konzentriert an einer Zivilklausel in ihrer jeweiligen Einrichtung arbeiten.
Ich glaube auch, dass es ein ganzes Stück weit die gute Zusammenarbeit zwischen Politik und den Universitäten sowie Hochschulen beschädigt. Außerdem bin ich der Meinung, dass eine Forderung nach einer Forschungsstelle friedliche Forschung – oder wie Sie das auch nennen – aus unserer Sicht eine Verpulverung von Geld ist. Ich habe im Hochschulbereich niemanden getroffen, der diese Forderung auch nur annähernd unterstützt. Vielleicht wäre es nur der Mensch, der auf dieser Stelle irgendwann arbeiten würde, wenn es nach ihm ginge, ansonsten, glaube ich, können wir im Wissenschaftsbereich Ressourcen an anderer Stelle besser einsetzen.
Also, wir stehen zu einer Zivilklausel, wir wollen ein vernünftiges, organisiertes Verfahren, wollen abwarten, wie die Hochschulen sich jetzt verhalten. Wir wollen in diesem Verfahren auch genau schauen, wie denn die verschiedenen Grundrechte gewährleistet werden können, um dann zu sehen, wie wir das im Hochschulgesetz verankern können. Geben Sie uns doch also noch ein bisschen Zeit, und beteiligen sich dann später an der Diskussion! Wir lehnen den Antrag ab. – Vielen Dank!