Protokoll der Sitzung vom 21.03.2012

Also, wir stehen zu einer Zivilklausel, wir wollen ein vernünftiges, organisiertes Verfahren, wollen abwarten, wie die Hochschulen sich jetzt verhalten. Wir wollen in diesem Verfahren auch genau schauen, wie denn die verschiedenen Grundrechte gewährleistet werden können, um dann zu sehen, wie wir das im Hochschulgesetz verankern können. Geben Sie uns doch also noch ein bisschen Zeit, und beteiligen sich dann später an der Diskussion! Wir lehnen den Antrag ab. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Grobien.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nach der Standort schädigenden Debatte über Forschungstransfer und Steuergelder für saudische Panzer ist es eigentlich nur konsequent, wenn die Fraktion DIE LINKE jetzt einen Antrag zur Verankerung der Zivilklausel im Hochschulgesetz stellt sowie die Einrichtung einer Forschungsstelle zum Ausschluss von Rüstungsforschung fordert. Mit diesem Antrag stellt sich die Fraktion DIE LINKE gegen den Beschluss der Rektoren der Bremer Hochschulen.

Man muss sich das einmal vor Augen führen: Da versuchen die LINKEN, eine Zwangsbeglückung der Hochschulen mit einer Gesetzesänderung als Antwort auf eine Frage zu geben, die eigentlich niemand gestellt hat. Leicht amüsiert nehmen wir natürlich auch zur Kenntnis, wie es den LINKEN gelingt, die Regierungsfraktionen in dieser Frage auseinanderzutreiben. Für Selbstorganisation und Selbstverpflichtung der Hochschulen wollen sich die Grünen starkmachen, und das wiederum steht im Gegensatz zur Bevormundung mit gesetzlicher Verankerung der Zivilklausel, wie es die SPD fordert. Vertrauen versus Misstrauen, so wie es Frau Schön schon gesagt hat.

Es macht auf der anderen Seite deutlich, wie nahe auch die Basis der SPD an den linken Ideologien längst vergessener Zeiten festhält. Das Irre an der Sache, die Bremer Universität hat bereits seit 1986 eine Zivilklausel, die sie im Januar dieses Jahres erneut mit folgendem Beschluss des Akademischen Senats bekräftigt hat: „Die Universität Bremen ist dem Frieden verpflichtet und verfolgt nur zivile Zwecke.“ Warum also eine neue Forschungsstelle und die weitere Verankerung per Gesetz? Warum soll Politik hier eingreifen?

Was die inhaltliche Auseinandersetzung mit der Zivilklausel angeht, kann ich eigentlich nur meine Aussage in der Debatte im Januar erneut bekräftigen. Die generelle Unterstellung, in Bremen würden Forschungsprojekte mit öffentlichen Ressourcen gefördert, die für militärische Nutzung vorgesehen sind oder zu militärischen Zwecken missbraucht werden können, schadet dem Wissenschaftsstandort Bremen dauerhaft.

(Beifall bei der CDU)

Wir, die CDU-Fraktion, lehnen eine Einschränkung der grundgesetzlich garantierten Forschungsfreiheit ab. Eine weitere Rufschädigung des Wissenschaftsstandortes in Bremen gilt es unbedingt zu vermeiden. Eine in Wahrnehmung ihrer Autonomie von den Hochschulen erarbeitete Selbstverpflichtung wird aus unserer Sicht dem politischen Anliegen und den berechtigten Interessen der Betroffenen vor dem Hintergrund der zum Teil wirklich schwierigen Abwä

gung der Dual-Use-Problematik am ehesten gerecht. Dafür, dass die Zivilklausel eine freiwillige Selbstverpflichtung bleiben muss, werden wir uns als CDU weiterhin vehement einsetzen.

(Beifall bei der CDU)

Die CDU garantiert die Freiheit und Selbstständigkeit der Forschung und wehrt sich gegen Reglementierung und Bevormundung durch eine ideologisch rückwärts gewandte Politik.

(Erneuter Beifall bei der CDU)

Ihr Antrag als LINKE ist wieder einmal ein Beweis für die bekannte Tatsache, wer ideologiegetrieben ist, erreicht nichts, im Gegenteil, er schadet der Gesellschaft.

(Abg. T s c h ö p e [SPD]: Das ist ja bei der CDU ganz anders!)

Deshalb diskutieren Sie Ihre Theorien über diese Dinge doch weiterhin in Ihren Hinterzimmern, aber hören Sie auf, mit solchen Anträgen und Debatten dem Wissenschaftsstandort Bremen zu schaden. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Vogt.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Schön, es ging dort nicht nur um das Projekt go!CART, das ist abgeschlossen, wie gesagt, es kam kein ziviler Flugroboter dabei heraus, und das war der Auftrag, sondern es geht um MARISSA, das hatte ich vorhin klar und deutlich gesagt. Ich kann an dieser Stelle gern einmal die Wirtschaftsförderung Bremen GmbH zitieren, die redet nämlich von einer teilweisen Anbindung der Hochschulen. Bei dem Projekt sind ausschließlich Rheinmetall Defense Electronic, Atlas und OHB beteiligt. Rheinmetall Defense Electronic ist eine hundertprozentige Rüstungsfirma und hat noch nie etwas anderes hergestellt.

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächste Rednerin hat das Wort Frau Senatorin Jürgens-Pieper.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Um zunächst einmal ein wenig die Schärfe herauszunehmen, jenseits aller Schärfe und Polemik sind wir uns, denke ich, ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

einig, dass die Verpflichtung unserer Hochschulen auf eine Politik des gedeihlichen Zusammenlebens und des Friedens eine richtige und wichtige Ausrichtung ist und dass wir diese auch schon lange haben und damit in der Bundesrepublik auch gut dastehen.

(Beifall bei der SPD)

Unser Grundgesetz und noch deutlicher unsere Landesverfassung schreiben unzweifelhaft das Leitbild einer auf Frieden und Gerechtigkeit ausgelegten Gemeinschaft fest. Diesem Leitbild ist auch Forschung und Lehre an unseren Hochschulen verpflichtet, und die Gewährung von Wissenschaftsfreiheit hat sich an dieser grundsätzlichen Werteentscheidung messen zu lassen. Daran haben wir, glaube ich, alle keinen Zweifel.

Ist die Gewährleistung von Forschungs- und Lehrfreiheit also durch diesen Charakter unserer Gesellschaft als zivile und friedliche gekennzeichnet, dann muss man auch dieser Frage einen außerordentlichen Stellenwert einräumen, und das haben wir auch getan. Wenn Sie sich das Hochschulgesetz ansehen, dann steht darin bereits einiges hierzu, und auch hier sind wir gegenüber anderen Bundesländern durchaus besonders.

Betrachten wir die Ausgangslage! Sie werden sehen, wir fangen nicht bei null an, wir haben in den Paragrafen 7 und 7 a des Bremischen Hochschulgesetzes festgelegt, dass sowohl die Forschungsmethoden als auch die -ergebnisse dem friedlichen Zusammenleben der Menschen, wenn es denn bedroht ist, dienen müssen. Unsere Hochschulen stehen zudem zu einer Selbstverpflichtung, das ist hier auch schon gesagt worden, einer Zivilklausel aufgrund von hochschulinternen Beschlüssen. Ich bin sehr froh – ich kann auch sagen, ich finde es sehr klug von der Universität –, dass die Universität diesen Prozess bereits abgeschlossen hat und sich Ende Januar 2012 wiederum dieser Selbstverpflichtung gestellt hat und außerdem auch die anderen Hochschulen auf dem Weg dorthin sind.

Beim von Ihnen zitierten Projekt MARISSA – go!CART haben Sie ja selbst schon zurückgenommen –

(Abg. Frau V o g t [DIE LINKE]: Ist zu Ende!)

ja, es war aber auch keine Hochschule beteiligt! –,

(Abg. Frau V o g t [DIE LINKE]: Natürlich!)

beim Projekt MARISSA ist keine bremische Hochschule beteiligt. Sie müssten uns das einmal genauer nachweisen, wenn Sie denn meinen, dass das so ist. Es handelt sich um einen Verbund von technischund wirtschaftlich führenden Unternehmen, und da haben Sie die Unternehmen bereits genannt, Atlas,

OHB, Astrium und Rheinmetall, die zu Themen der maritimen Sicherheit und der Überwachung zum Schutz vor Umweltverschmutzung, Unfällen und Piraterie forschen. Sie haben es erwähnt, es wird von der Wirtschaftsförderung Bremen GmbH gefördert, es ist keine unserer Hochschulen beteiligt.

Mein Fazit ist, dass wir jedenfalls keine Regelung treffen können, die die Wissenschaftsfreiheit der an den Hochschulen Lehrenden und Forschenden in verfassungswidriger Weise beschneiden kann. Ich denke, ich habe mich nicht umsonst bei der Novelle des letzten Hochschulreformgesetzes für Eigenverantwortung von Hochschulen eingesetzt, sondern sehe heute, dass das von den meisten Fraktionen, außer den LINKEN, getragen wird. Ich denke, es ist klug, diesen Antrag abzulehnen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer das Gesetz zur Änderung des Bremischen Hochschulgesetzes, Drucksache 18/220, in erster Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür DIE LINKE)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und CDU)

Stimmenthaltungen?

Die Bürgerschaft (Landtag) lehnt das Gesetz in erster Lesung ab.

Damit unterbleibt gemäß Paragraf 35 Satz 2 der Geschäftsordnung jede weitere Lesung.

UN-Behindertenrechtskonvention umsetzen

Antrag der Fraktionen der CDU, Bündnis 90/ Die Grünen und der SPD vom 23. Februar 2012 (Neufassung der Drucksache 18/233 vom 9. Februar 2012) (Drucksache 18/276)

Dazu als Vertreterin des Senats Frau Senatorin Stahmann.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Grönert.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Am 26. März 2009, fast auf den Tag genau vor drei Jahren, trat die Behindertenrechtskonvention in Deutschland in Kraft. Es geht in dieser Konvention um die umfassende Teilhabe von Menschen mit Behinderung am gesellschaftlichen Leben. Es geht hier aber noch um mehr. Es geht darum, dass jeder einzelne Mensch alle anderen als gleich wertvoll achten sollte. Es ist dabei egal, ob andere anders sind, denn letztlich ist jeder Mensch irgendwie anders.