Protokoll der Sitzung vom 25.04.2012

Bisher bin ich davon ausgegangen, dass auch die Opposition hier im Hause der Vertretung der Inter

essen Bremens im weitesten Sinne verpflichtet ist. Was soll daran jetzt im Interesse Bremens sein: Zu dem jetzigen Stand des Vermittlungsverfahrens hier Druck auf die Landesregierung auszuüben, egal, was eine Kompromissmöglichkeit mit der Bundesregierung bedeuten könnte, daran wird ja gearbeitet? Dem, was bisher von der Bundesregierung vorgelegt wurde, zuzustimmen und nicht weiter das zu tun, was Bremen immer tut und auch tun muss, nämlich zu schauen, wie wir möglichst weitgehend die Bremer Interessen wahren können? Sie bestehen natürlich darin, dass die energetische Sanierung gefördert wird, aber auch darin, dass wir daran möglichst keinen finanziellen Anteil haben wollen, weil wir uns das nicht leisten können. Worin also das Bremer Interesse liegt, dass Sie hier jetzt solche Anträge stellen – egal, was die Bundesregierung abliefert, ihr müsst zustimmen –, das bleibt, glaube ich, Ihr Geheimnis.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. St r o h m a n n [CDU]: Sie entscheiden doch nicht, was falsch oder richtig ist!)

Jedenfalls kann Herr Bürgermeister Böhrnsen, der zurzeit Vorsitzender des Vermittlungsausschusses ist, Ihre Unterstützung bestimmt gut gebrauchen, wenn Sie bereit sind, für uns und die Interessen des Bundeslandes Bremen in die Bresche zu springen.

Mich hat auch richtig geärgert, dass Sie hier die feststehende Tatsache, dass die steuerliche Abschreibung, die die Bundesregierung vorschlägt, bisher das einzige Modell ist, das von ihr vorgeschlagen wurde, und jeder Versuch, über andere Modelle zu reden, kategorisch abgelehnt worden ist. Ich war bei den Sitzungen des Vermittlungsausschusses, über die man nicht sprechen darf, dabei. Kategorisch! Nur diese eine Variante wird akzeptiert: Friss, Vogel, oder stirb!

Was Sie dazu bringt, Herr Strohmann, diese steuerliche Absetzbarkeitsvariante, die objektiv vor allen Dingen den einen Effekt hat, nämlich, je höher das Einkommen ist, desto höher ist die staatliche Förderung – –. Man kann es vielleicht irgendwann als ein Problem minderer Art empfinden oder sagen, das hohe Gut der energetischen Sanierung ist so hoch zu bewerten, dass uns diese Verteilungswirkung egal ist. Möglicherweise läuft es auch am Ende – bedauerlicherweise, aus meiner Sicht! – darauf hinaus.

Man kann aber nicht über diese Verteilungswirkung nachdenken und diese mit den Worten, die Sie sie hier genannt haben, Sozialromantik und Deckmäntelchen des Sozialausgleichs, denunziert. Das finde ich nicht angemessen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Man kann nicht in Sonntagsreden darüber klagen, dass sich auch in Deutschland die Schere zwischen

armen und reichen Menschen immer weiter auseinanderentwickelt –

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Beklagt er ja gar nicht!)

aber manchmal hört man das sogar in Sonntagsreden von der CDU! –, aber immer dann, wenn es konkret wird, doch den Weg gehen, der der bequemere ist und der denjenigen, die es nicht am nötigsten haben, die größten Effekte beschert.

Ihr kleiner Hieb gegen das Siemens-Hochhaus, für dieses Thema habe ich eine besondere Leidenschaft! Es wurde von Bürgermeister Perschau am Parlament vorbei im Rahmen eines Coups als besondere Wirtschaftsförderung gegenüber diesem notleidenden Konzern getätigt. Ob im Interesse Bremens oder nicht, darüber kann man streiten! Die dort in der Tat in ein von uns für 30 Jahre angemietetes Gebäude über zwei Millionen Euro hineingesteckten öffentlichen Mittel – also nicht zig! – dienen dem Wohlergehen derjenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die dort ihren Arbeitsplatz haben müssen, weil wir das entscheiden, und einer verbesserten energetischen Ausstattung. Insofern ist Ihr Wunsch, dass das dort dem auch dienen soll, erfüllt.

Wir haben nach wie vor große Probleme mit dem von der Bundesregierung geplanten und vorgeschlagenen steuerlichen Modell, nicht nur wegen der problematischen Verteilungswirkungen, sondern auch, weil die Steuergewerkschaft, Wirtschafts- und Steuerprüfer und meine Leute bei uns im Haus die Hände ringen und uns sagen, es ist nicht administrierbar, es ist nur sehr schwer administrierbar, es gibt sehr große Missbrauchsmöglichkeiten, und es wird am Ende sehr viel Geld in der Verwaltung stecken bleiben. Auch dem muss man sich stellen, und das muss man sich anschauen.

Ich weiß, dass die bestehende KfW-Förderung – ich habe sie selbst auch einmal in Anspruch genommen – einem sich zu Hause die Haare raufen lässt, was man an Formularen ausfüllen muss. Indem man aber dort den Verwaltungsaufwand wegnimmt und ihn dann, weil es dort nicht so richtig auffällt und uns alle nicht so richtig interessiert, einfach nur nolens volens in die Finanzverwaltung steckt, darin kann ich gesellschaftspolitisch keinen Fortschritt sehen. Man muss dann mit der KfW und den Sparkassen, die ja in der Regel diejenigen sind, die diese Kredite für die Sanierung der Häuser bewilligen, darüber reden, wie man Verfahren hinbekommen kann, die modern und missbrauchssicher sind, da gibt es sehr viel Spielraum. Wenn nur ein Bruchteil der Energie, die hineingesteckt wurde, um das Steuerabsetzungsmodell durchzusetzen, hineingesteckt würde, um die Verfahren zu optimieren, dann wären wir bestimmt schon viel weiter gekommen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich glaube, dass die KfW-Variante oder die Variante – wenn es schon unbedingt etwas mit Steuern zu tun haben muss –, mit direkten Zuschüssen zu arbeiten, die bessere, gerechtere und weniger verwaltungsintensive ist. Bremen wird weiter versuchen, sich dafür einzusetzen. Natürlich werden wir am Ende an einem Kompromiss mitwirken, schon deshalb, weil Herr Böhrnsen Vorsitzender des Vermittlungsausschusses ist. Ich teile auch die Meinung, dass die lange Hängepartie niemandem gut tut, aber die Verantwortung dafür hat bestimmt nicht allein oder in besonderem Maße das Bundesland Bremen.

Wenn es wirklich so sein sollte, dass die Deutschen ein Volk sind, dem es vor allem darum geht, egal, wofür, Steuern einzusparen – das mag wohl sein, manches spricht dafür, dass eine Großzahl von Menschen da gar nicht so ganz unrecht hat –, Herr Strohmann, dann muss man sich doch nicht noch daran beteiligen, das herbeizureden, sondern könnte wenigstens auch sagen, um welchen Unsinn es sich dabei handelt. Nebenbei schaden sich die Leute auch noch selbst und der Volkswirtschaft.

Bevor das jetzt hier noch an Schärfe gewinnt, will ich vielleicht noch einmal sagen, dass es nicht nur von der SPD und den Grünen regierte Länder waren, die dort Schwierigkeiten hatten, sondern auch Länder mit CDU-Regierungsbeteiligung. Herr Strohmann, das zeigt ja auch, dass das alles nicht nur dummes Zeug ist, was dabei an Bedenken geäußert wird.

(Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Das habe ich auch nicht behauptet!)

Man könnte sich dabei vielleicht ein bisschen konstruktiver verhalten und die Wirtschaft ein bisschen weniger aufstacheln. Wir haben eine Bundesregierung vorgefunden, die gesagt hat: Nur das und sonst nichts! Es besteht keinerlei Bewegungsbereitschaft der Bundesregierung. Wie Sie dann vor diesem Hintergrund dazu kommen, in Ihrer Großen Anfrage der Bremischen Landesregierung eine Blockadehaltung vorzuwerfen, ist mir unverständlich! Die Gespräche laufen weiter.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Zu Herrn Gottschalk möchte ich sagen, dass wir schon sehr viele Jahre daran arbeiten, wie man es eigentlich hinbekommen kann, direkte Effekte von Subventionen für die entsprechenden Einnahmen des Staates genauer berechnen zu können. Nach all den vielen und auch unzureichenden Versuchen – Bremen hat da ja auch eine ganz bestimmte Tradition, wie man sich das alles hergeleitet hat – bleibe ich am Ende bei der Faustformel, dass jede dieser Subventionen sicherlich hier und dort sinnvolle Effekte für Private und zum Teil vielleicht auch für den Staat hat, aber die in Rede stehenden Maßnahmen für den Staatshaushalt fiskalisch keine den Mindereinnah

men entgegenstehende positive Wirkung bedeuten. Das heißt, am Ende zahlen wir dafür!

Das ist bei vielen Arten der Staatstätigkeit auch in Ordnung, aber ein Rechenwerk, das darauf hinausläuft zu sagen, am Ende hat die Finanzsenatorin dann durch Mehreinnahmen mehr in der Kasse, als wir eingesetzt haben, wird es so nicht geben und ist unseriös. Im Übrigen hängen die genaueren Kalkulationen von verschiedenen Parametern ab, über die ich hier noch einmal kurz sprechen will, deshalb können wir sie so, wie Sie es sich wünschen, auch nicht abliefern.

Ein Beispiel ist die Frage, ob die Unternehmen, die Energie sanierende Leistungen anbieten, eigentlich ausgelastet sind. Im Moment ist es so – Herr Rupp sprach gerade von der BreNor –, alles, was ich über diesen Bereich weiß, ist, dass die Unternehmen sehr gute, volle Auftragsbücher haben, was sehr positiv ist. Wenn es also zusätzliche Aufträge gibt, dann gibt es erstens den Effekt, dass zusätzliche Arbeitskräfte eingestellt werden müssten, was ja sehr positiv wäre, und es gibt zweitens den Effekt, dass die Preise steigen, und das gehört dann eben zu einer Gesamtbetrachtung dazu. Es ist auch die Frage zu klären, ob durch die steuerlichen Anreize wirklich mehr Sanierungstätigkeiten und Aufträge durch Privatpersonen in Auftrag gegeben würden. Darüber gibt es auch unterschiedliche Auffassungen.

Die Energiepreise entwickeln sich dermaßen nach oben, dass ich den Eindruck habe, dass sehr viele Menschen, jedenfalls die, die rechnen können, schon allein im Eigeninteresse auch ohne weitere staatliche Subventionen bereit sind, in dem Bereich etwas zu machen und zu investieren. Sicherlich kann man, wenn man staatliche Subventionen vergibt, noch mehr erreichen.

Wie hoch schätzen wir aber eigentlich das Delta zwischen jenen ein, die es jetzt sowieso schon machen und jenen, die es möglicherweise erst nach Anreizen machen? Nur wenn wir darüber eine Einschätzung haben, können wir eine ordentliche fiskalische Wirkungsanalyse vorlegen. Man muss auch darauf hinweisen, dass diese ganzen Faktoren, die ich hier genannt habe, regional sehr unterschiedlich sind, da stoßen wir also an Grenzen.

Als letzten Gedanken will ich gern noch etwas zu Herrn Rupp sagen! Circa 150 Millionen Euro Sanierungsstau bei Immobilien Bremen! Wenn Sie von mir verlangen, dass ich eine bis auf den Betrag von 1 000 Euro genaue Betrachtung vorlegen soll, dann müsste ich meine gesamte Bauabteilung damit beschäftigen, dass sie konkrete Bauplanungen für alle Gebäude macht, das wäre aber völliger Unsinn und eine völlige Verschwendung. Wir machen pauschalisierte Schätzungen, und immer erst dann, wenn konkret der Bauauftrag erteilt wird, kennen wir die genauen Kosten. Ich glaube, das habe ich auch schon ein paar Mal erklärt. Die Forderung, dazu jetzt eine voll

ständige und bis in die Bauberechnung hineingehende Bestandsanalyse zu machen, wäre eine völlige Verschwendung.

Ich weiß nicht, ob Sie das mit der Rekommunalisierung ernst gemeint haben, das könnte schon sein. Ich weiß nicht, welches Bild von der Wirtschaft dahintersteckt, wenn wir jetzt die Wohnungsbaugesellschaften, die ihre Mieterinnen und Mieter zwar haben und Miete zahlen lassen, aber die Sanierung der Wohnungen und alle Investitionen, die Vermieter machen müssen, sträflich vernachlässigt haben, und in all den letzten Jahren ordentlich Geld aus ihren Wohnungen herausgeholt haben, jetzt auch noch kaufen und die Verluste, die dann entstehen, sozusagen die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zahlen lassen.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Er hat nicht gesagt, wen wir re- kommunalisieren sollen, die GEWOBA ge- hört uns ja schon!)

Ich kann mir nicht vorstellen, dass das irgendwie eine gute Idee sein könnte. Wir werden das jedenfalls nicht machen! Das ist auch nicht sinnvoll, aber wir werden natürlich die Wohnungsbaugesellschaften, die wir haben, weiter so instand halten, dass sie ordentlichen investieren können.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats, Drucksache 18/340, auf die Große Anfrage der Fraktion der CDU Kenntnis.

Rettungskräfte durch Videoüberwachung für Rettungswagen schützen

Antrag der Fraktion der CDU vom 14. Februar 2012 (Drucksache 18/235)

Wir verbinden hiermit:

Gesetz zur Änderung des Bremischen Hilfeleistungsgesetzes (BremHilfeG)

Mitteilung des Senats vom 24. April 2012 (Drucksache 18/355) 1. Lesung 2. Lesung

Dazu als Vertreter des Senats Herr Senator Mäurer.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Hinners.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! In Bremen gibt es eine zunehmende Anzahl von Notfalleinsätzen, bei denen Rettungswagen oder Notärzte erforderlich sind. Dabei ist in der Regel – das können Sie sich alle, glaube ich, gut vorstellen – ein schnelles und unmittelbares Eintreffen am Einsatzort erforderlich. Die Fahrzeuge und Materialien, die vor Ort benutzt werden, sind in der Regel nicht ausreichend gesichert, weil sie wegen der Rettungsmaßnahmen um das Fahrzeug herumgestellt oder zum Verletzten transportiert werden. Damit ist also eine Sicherung dieser Einsatzmittel häufig nicht gewährleistet.

(Vizepräsidentin S c h ö n übernimmt den Vorsitz.)

Ärzte und Sanitäter leisten mit ihrer Arbeit einen sehr wichtigen Beitrag, um die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes in Notfallsituationen medizinisch zu versorgen. Leider kommt es bei diesen Einsätzen immer wieder zu Pöbeleien, Beleidigungen, Sachbeschädigungen an Fahrzeugen oder an den Geräten, Diebstählen aus den Fahrzeugen, zum Beispiel von Medikamenten, Geräten oder persönlichen Sachen, sowie mitunter sogar zu körperlichen An- und Übergriffen auf die Rettungskräfte. Neben dem eigentlichen Tatgeschehen, das ich soeben geschildert habe, stören die Täter mit ihrem Verhalten natürlich auch die Rettungsmaßnahmen.

Die CDU-Fraktion hat deswegen im Februar einen Antrag eingebracht, nach dem die Rettungsfahrzeuge mit einer Videoüberwachung ausgestattet werden sollen, erstens, um solche Angriffe möglichst zu verhindern, zweitens, um begangene Straftaten besser aufklären zu können. Diesem Antrag folgend hat der Senat in der Sitzung vom 24. April 2012, also gestern, das Gesetz zur Änderung des Bremischen Hilfeleistungsgesetzes beschlossen und der Bürgerschaft heute zur Entscheidung vorgelegt. Diese Entscheidung soll heute in erster und zweiter Lesung getroffen werden. Wir sollten an dieser Stelle dem Senator für Inneres und Sport für die schnelle Arbeit einen Dank aussprechen.

(Beifall)

Ich finde, das muss auch einmal von der Opposition kommen!

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Aber nicht zu oft!)