Protokoll der Sitzung vom 30.06.2011

Ich eröffne die 2. Sitzung der Bürgerschaft (Landtag).

Ich begrüße die hier anwesenden Damen und Herren sowie die Zuhörer und die Vertreter der Medien.

Auf der Besuchertribüne begrüße ich recht herzlich Schüler und Schülerinnen der Berufsbildenden Schule I aus Delmenhorst, zahnmedizinische Fachangestellte der Berufsschule für Gesundheit, vom Gymnasium Vegesack den Politik-Kurs der Jahrgangsstufe 10, einen Leistungskurs Geschichte des Schulzentrums Findorff und last, but not least unsere ehemalige Vizepräsidentin Frau Bernbacher. Seien Sie alle ganz herzlich willkommen!

(Beifall)

Gemäß Paragraf 21 der Geschäftsordnung gebe ich Ihnen folgende Eingänge bekannt:

1. Gesetz zur Neufassung des Gesetzes über die Deputationen, Dringlichkeitsantrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 29. Juni 2011, Drucksache 18/5.

Gemäß Paragraf 21 Satz 2 unserer Geschäftsordnung muss das Plenum zunächst einen Beschluss über die Dringlichkeit des Antrags herbeiführen.

Wer einer dringlichen Behandlung seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt einer dringlichen Behandlung zu.

(Einstimmig)

Ich schlage Ihnen vor, diesen Antrag mit dem Tagesordnungspunkt 28, Gesetz zur Stärkung der Bürgerbeteiligung in den Deputationen, zu verbinden.

Ich höre keinen Widerspruch. Dann werden wir so verfahren.

2. Bericht zur Höhe der Fraktionszuschüsse, Mitteilung des Vorstands der Bremischen Bürgerschaft vom 29. Juni 2011, Drucksache 18/6.

3. Arbeitsweise der Bürgerschaft, Mitteilung des Vorstands der Bremischen Bürgerschaft vom 29. Juni 2011, Drucksache 18/7.

Ich schlage Ihnen vor, diese beiden Mitteilungen des Vorstands der Bremischen Bürgerschaft am Mittwoch, dem 6. Juli 2011, aufzurufen.

Ich höre keinen Widerspruch. Dann werden wir so verfahren.

Bevor wir nun in die Tagesordnung eintreten, möchte ich etwas sehr Schönes tun, nämlich der Abgeordneten Frau Anja Stahmann ganz herzlich zu ihrem Geburtstag zu gratulieren!

(Beifall)

Ich freue mich besonders, dass ich das noch tun kann, solange Sie Abgeordnete sind, Frau Stahmann!

(Abg. Frau S t a h m a n n [Bündnis 90/Die Grünen]: Ich bin gerührt!)

Wir treten in die Tagesordnung ein.

Wahl des Senats

a) Wahl des Präsidenten/der Präsidentin des Senats

Gemäß Artikel 107 Absatz 2 Satz 2 unserer Landesverfassung wird zunächst der Präsident des Senats in einem gesonderten Wahlgang gewählt.

Für die Wahl des Präsidenten des Senats hat die Fraktion der SPD Herrn Bürgermeister Jens Böhrnsen zur Wahl vorgeschlagen.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Tschöpe.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! In Rekordzeit haben SPD und Grüne ihren Koalitionsvertrag verabschiedet, geschlossen, ausgehandelt, er ist vor zwei Tagen hier in diesem Haus unterzeichnet worden. Er wird die Grundlage für die Arbeit bilden, die wir uns in den nächsten vier Jahren vorgenommen haben. Dieser Vertrag bildet präzise das magische Viereck rot-grüner Politik in Bremen ab. Die vier Punkte in diesem Viereck sind: Wirtschaftskraft stärken, sozialen Zusammenhalt sichern, finanzielle Konsolidierung durchführen und den notwendigen ökologischen Umbau gestalten. Jede dieser politischen Herausforderungen erzeugt Wechselwirkungen mit den jeweils anderen.

Dagegen sind mir im Wahlkampf zuhauf intellektuelle Monokulturen begegnet: tabuloses Sparen, nein, Sparen sei überhaupt nicht möglich, es müssten Millionen für Wirtschaftsförderung ausgegeben werden, nein, auf keinen Fall, es müssten Millionen in die Ausweitung staatlicher Sozialprogramme investiert werden, ohne freie Fahrt für freie Bürger drohe der wirtschaftliche Niedergang, ohne den absoluten Vorrang des Fahrrad- und des Fußgängerverkehrs drohe der Klimainfarkt. Ich glaube, alles das ist wirklichkeitsfern. Ariane-Raketenstufen kann man aus dem Werk von EADS nicht mit dem Fahrrad in den Neustädter

Hafen transportieren, Lärmschutz kann im Interesse der Menschen auch Tempolimits erfordern, die Schwachen in unserer Gesellschaft haben einen unveräußerlichen Anspruch auf Teilhabe, und letzten Endes droht keine Massenverelendung, wenn Stellen im öffentlichen Dienst eingespart und Altersgrenzen angepasst werden.

Gerade angesichts der vor uns liegenden schwierigen Entscheidungen, die uns die Haushaltssanierung und die Einhaltung der Schuldenbremse abverlangen werden, werden Vermittlung, Aushandlung und Beteiligung ganz entscheidende Momente unseres Regierungshandelns sein und auch sein müssen. Das wird im Einzelfall nicht immer einfach werden, aber der Beteiligungsprozess zur A 281 hat gezeigt, dass es sich lohnt, diesen Weg zu gehen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Meine Damen und Herren, dieser Senat wird auch in den kommenden vier Jahren von einer stabilen Mehrheit im Parlament getragen werden. Die Mehrheit wird sogar noch größer sein, als sie in der letzten Legislaturperiode gewesen ist, denn am 22. Mai haben die Wählerinnen und Wähler Rot-Grün eine Zweidrittelmehrheit in diesem Parlament beschert. Das ist mit Sicherheit auch ein Beleg für die Arbeit der letzten vier Jahre, aber gewählt wird man seltener für Leistungen in der Vergangenheit, sondern gewählt wird danach, wen die Wähler für eine gute Politik in den nächsten vier Jahren für geeignet halten. Ich sehe deshalb dieses Wahlergebnis nicht so sehr als Ergebnis unserer Politik der letzten vier Jahre, sondern ich sehe das als einen enormen Vertrauensvorschuss und als eine Verpflichtung, konstruktive Politik für dieses Land und für die Menschen zu machen.

Meine Damen und Herren, diese Koalition hat mit dem Koalitionsvertrag, wie ich finde, nicht nur ein überzeugendes inhaltliches Kursbuch vorgelegt, sie hat auch das Personal aufgestellt, um die darin beschriebenen Aufgaben erfolgreich anzugehen.

Wir werden heute vier sozialdemokratische und drei grüne Senatorinnen und Senatoren wählen. Die SPD schlägt Ihnen Jens Böhrnsen als Präsidenten des Senats vor. Ich möchte es kurz machen: 148 000 Stimmen sprechen für sich, vor allem aber für Jens Böhrnsen! (Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Die Bildungs- und Wissenschaftspolitik soll erneut Frau Senatorin Jürgens-Pieper übernehmen. Zugleich wird sie auch die Verantwortung für ein weiteres, ganz zentrales Feld der Daseinsvorsorge übernehmen, sie wird in Zukunft die Gesundheitspolitik in diesem Land führen. Ich bin mir sicher, dass die gesundheitspolitische Aufgabenstellung bei ihr in ebenso guten Hän

den ist, wie es in der Vergangenheit und Zukunft im Bildungsbereich war und sein wird.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Auch der Aufgabenbereich von Herrn Senator Günthner ist gewachsen, er wird künftig nicht nur für Wirtschaft, Häfen und Justiz verantwortlich sein, sondern auch das Arbeitsressort führen. Ich habe keinen Zweifel daran, dass Herr Senator Günthner eine ebenso erfolgreiche Arbeitspolitik machen wird, wie es ihm im Bereich der Wirtschafts- und Häfenpolitik gelungen ist.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Last, but not least schlagen wir Ihnen Herrn Senator Mäurer als alten und neuen Innen- und Sportsenator vor. Wäre er ein Fußballspieler, würde man sagen, er kann rechts wie links.

(Heiterkeit)

Alle, die sich in der Innen- und Sportpolitik auskennen, wissen, dass er dort in den letzten Jahren eine außerordentlich erfolgreiche Arbeit abgeliefert hat, und ich bin mir sicher, das wird auch in den nächsten Jahren so bleiben.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Meine Damen und Herren, soweit unsere nicht besonders überraschenden Personalvorschläge!

Die SPD wird selbstverständlich auch die Vorschläge vom Bündnis 90/Die Grünen geschlossen unterstützen. Besonders freue ich mich, dass die Grünen für das neue Ressort eine Senatorin nominiert haben, die aus unserem Kreis, aus dem Kreis des Parlaments kommt. Das halte ich für ein gutes Zeichen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Frau Bürgermeisterin Linnert, Herr Dr. Lohse, Frau Stahmann, ich sichere Ihnen im Namen der SPDFraktion eine faire, konstruktive, gelegentlich auch einmal kritische, aber auf jeden Fall solidarische Zusammenarbeit in den kommenden vier Jahren zu!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)