Der zweite Punkt, den ich nennen möchte, und da wundert es mich auch, dass das heute in der Grundsatzrede von Herrn Dr. Kuhn nicht zum Ausdruck gekommen ist – ich bitte um Nachsicht für meine Bemerkung, sie passte eigentlich eher als Oppositionsrede in den Deutschen Bundestag als hier in den Landtag, Sie haben über Bundesthemen gesprochen, nicht
über Ihren eigenen Haushalt, Sie scheinen offensichtlich auch nicht allzu sehr davon überzeugt zu sein –, ist die Frage der Gewerbesteuer.
Wenn Sie, Herr Dr. Güldner, wie gestern auf der Veranstaltung der Handelskammer die Offenheit zeigen – Sie haben aus meiner Erklärung vor wenigen Tagen erkennen können, dass auch wir als Opposition bereit sind, über diesen Punkt offen zu diskutieren, und nicht festgefahren sind, indem wir sagen, das geht überhaupt nicht –, dann seien Sie doch bereit und sagen, wann die Erhöhung der Gewerbesteuer kommen soll! Dann sagen Sie auch der Wirtschaft unmissverständlich, dass das die einzige Erhöhung der Gewerbesteuer in dieser Legislaturperiode, für die kommenden vier Jahre, ist! Das ist Vertrauen in die Maßstäbe, die die Wirtschaft benötigt und die auch notwendig sind, um Vertrauen im Bereich der Psychologie zu schaffen. Das ist ein wichtiger Punkt, an dem Sie in den vergangenen Jahren letztendlich versagt haben!
Gespannt sind wir auf die Zukunft – auch das war ja gestern mit großem Interesse zur Kenntnis zu nehmen –, wenn das, um den Kollegen Liess zu zitieren, die in Zahlen gegossene Politik ist, dass bis zum Ende des Jahres ein neues Strukturkonzept, Strukturprogramm erstellt werden soll!
Ich habe Sie richtig verstanden, Herr Staatsrat, der alte politische Fünfjahresplan ist noch gar nicht zu Ende, er sollte nämlich erst im Jahr 2015 enden, da fangen Sie schon einen neuen an. Bitte aber nicht so wie Ihr Vorgänger! Er hat im Jahr 2008 ein Strukturkonzept erstellt, damit hatte sich seine politische Aktivität dann auch erübrigt. Es kamen dann zum Ende der Legislaturperiode zahlreiche Papiere, ob es das Innovationsprogramm, der Masterplan Industrie oder das Landestourismusprogramm war, wo Sie am Ende der Legislaturperiode der staunenden Öffentlichkeit erklärt haben, was Sie für die ganze Legislaturperiode vorhatten. Das kann in dieser Legislaturperiode nicht der wirtschaftspolitische Anspruch sein. Die Menschen, die Unternehmen in diesem Land brauchen eine Zukunft, geben Sie Ihnen endlich eine! – Herzlichen Dank!
Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das ist ein gutes Stichwort, Herr Kastendiek, das mit dem Vertrauen! Ich möchte hier heute nicht nur über Geld ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
reden, ich möchte auch ganz gern einmal über Zeit, Vertrauen, Verlässlichkeit und Perspektiven reden. Ich finde, in diesem Haushaltsplan ist genau das ungerecht verteilt.
Ich möchte ganz kurz schildern, wie die Situation aussieht: Sieben Prozent der Menschen haben keinen Schulabschluss, 21 Prozent der Menschen zwischen 30 und 50 Jahren haben keinen beruflichen Abschluss, und zwei Drittel unserer Jugendlichen haben keinen Ausbildungsplatz. Ich möchte noch kurz mit einbeziehen: Wie sieht es bezogen auf die Frauenarmut, auf die Alleinerziehenden und die Aufstockerinnen aus?
(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Wie bitte? Merken Sie eigentlich, was Sie da reden? Zwei Drittel der Jugend- lichen haben keinen Ausbildungsplatz, sa- gen Sie? Was erzählen Sie denn!)
Von unseren Jugendlichen in Bremen! Es ist so, dass jedes Jahr die Hälfte unserer Schulabgänger nicht unterkommt – wir haben 7 800 Ausbildungsplätze, die Hälfte wird von Jugendlichen aus dem Umland besetzt, und die Hälfte unserer Jugendlichen kommt nicht unter – und dass es in hohem Maße Altbewerber gibt.
Mir geht es insbesondere darum, dass hier eingefordert wird, dass wir Verlässlichkeit und Vertrauen haben und Perspektiven schaffen. Ich möchte, dass Sie diesen Gedanken zumindest mitverfolgen, darauf kann ich zumindest einmal bestehen: Ich sage, die Menschen, die prekär beschäftigt sind, das Personal, das letztendlich abgebaut wird. Wir haben einen Personalabbau und eine Arbeitsverdichtung. Wir haben im Jahr 1999 noch 18 Millionen Euro Landesmittel in die Beschäftigungspolitik hineingegeben. Damals fand Rot-Grün noch, dass die soziale Stadtentwicklung und die Arbeitsplatzperspektiven etwas miteinander zu tun haben. Das ist inzwischen nicht mehr der Fall, das ist richtig bitter. Es ist nicht nur eine angebliche soziale Spaltung, Herr Kastendiek, sondern eine existente soziale Spaltung, und das kann in diesem Raum kaum jemand in Abrede stellen!
Ich möchte, dass dieses Vertrauen und diese Verlässlichkeit, die hier für die Wirtschaft eingefordert werden, die Menschen in den Stadtteilen bekommen, und das haben sie nicht mehr. Jeder Ein-EuroJobber bekommt inzwischen eine Zuweisung für ein halbes Jahr. Ich stelle mir unter Vertrauen, Verlässlichkeit und Perspektive wirklich etwas anderes vor. Das sind Zeiträume, mit denen man nicht arbeiten kann. Jede Alleinerziehende muss sehen, ob sie einen Kita-Platz bekommt oder nicht. Das sind letzt
Ich möchte Ihnen nur ein Beispiel nennen, bei dem man sagt, das ist wirtschaftlich eigentlich völlig unverantwortlich. Das Frauengesundheitszentrum in Tenever bekommt jetzt 10 000 Euro mehr, das finde ich prima. Ähnlich wie bei Notruf und Schattenriss kann man nur sagen, sehr gut, dass das geklappt hat. Wenn dort in diesem Projekt jemand für 25 000 oder 30 000 Euro eingestellt würde, dann könnten sie sich um die Anträge und die Verwaltung kümmern, was aktuell nicht mehr passiert, weil diese Entgeltstelle nicht mehr vorhanden ist. Das ist wirtschaftlicher Humbug, muss ich Ihnen ehrlich sagen, und zwar für die Person, die diese Stelle nicht mehr ausfüllt, für den Stadtteil, aber auch für das Projekt, weil es ja letztendlich Geld einwirbt, und nicht nur innerhalb Bremens. Das ist ein winziges Beispiel mit sehr kurzfristigen Erfolgen. Ich kann nur sagen: Warum wird das so falsch verteilt?
Wir haben einen Antrag für diesen Haushalt gestellt, in dem wir fordern, fünf Millionen Euro sollten für sozialversicherungspflichtige Stellen in die Stadtteilpolitik eingehen. Wir wissen ganz genau, dass die Menschen darauf angewiesen sind, dass längerfristige Strukturen in diesen Stadtteilen geschaffen werden. Genau hier einzusparen, ist langfristig ein Problem. Diese Strukturen gehen gerade den Bach hinunter. Ich finde, das sollten Sie sich vergegenwärtigen. Es ist einfach richtig, dass wir an der Stelle nicht sparen dürfen. Das halte ich aufgrund wirtschaftlicher Zusammenhänge für grundverkehrt und falsch.
Ich meine, man muss doch auf der einen Seite einmal darüber nachdenken, wohin man letztendlich sein Geld gibt, und auf der anderen Seite sagen, die Gewerbesteuer wird im Jahr 2013 nicht kommen, sie wird verschoben. Man kann sagen, das sind 12,5 Millionen Euro, durch die die Wirtschaft eine Perspektive, Verständnis und letztendlich eine Einbeziehung ihrer Lage bekommt, und genau diese Haltung wünsche ich mir für unsere sozialen Stadtteile. In dem Zusammenhang finde ich fünf Millionen Euro relativ bescheiden.
Es müsste ein Einstieg sein, darüber nachzudenken, wie wir an der Stelle tatsächlich eine Perspektive schaffen, das schlauer einsetzen und auch mehr einsetzen. Insofern geht es um Zeit und Vertrauen, Rot-Grün fordert das an anderen Stellen, ich finde, es ist auch hier notwendig. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Herr Kastendiek, ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
meine Kollegin Frau Garling hätte gern heute hier den Bereich Kultur vertreten, sie ist nur leider krank. Daraus den Schluss zu ziehen, dass wir diesem Bereich keine Aufmerksamkeit widmen,
Im Übrigen wäre ich auch vorsichtig mit Informationen, die ich aus der Zeitung bekomme, Beispiel Focke-Museum.
Lassen Sie sich einmal von der Frau Staatsrätin aufklären, sie kann es Ihnen gut erklären, sie ist nämlich im Thema! Da werden keine Defizitausgleiche durch die Citytax vorgenommen, sondern dort werden Komplementärfinanzierungen von spannenden zusätzlichen Projekten, unter anderem mit der Bundeskulturstiftung, auf den Weg gebracht. Wenn das nichts ist! Das ist, glaube ich, etwas ganz Fantastisches, das kann man nicht kritisieren.
Kommen wir zum Bereich Wirtschaft! Sie sagen, viel Schatten, wenig Licht! Das geht meines Erachtens gar nicht, Sie brauchen Licht, um Schatten zu produzieren, aber lassen wir das einmal dahingestellt!
Die Rahmenbedingungen, lieber Herr Kollege Kastendiek, haben sich doch im Vergleich zur Großen Koalition maßgeblich geändert, das wissen Sie auch. Wir haben doch keine Milliarden Euro mehr zur Verfügung, um hier große Investitionsprojekte anzustoßen. Wer diese Vergleiche zieht, der geht mindestens unzulässig vor.
Sie haben gesagt, dass wir seit dem Jahr 2007 keine neuen Impulse haben. Wir haben Rekorde in den bremischen Häfen, eine Überseestadt, die sich phänomenal entwickelt, eine boomende Windenergiebranche und einen Rekord im Bereich des Tourismus, und sagen Sie nicht, dass das alles auf die Beschlüsse der Großen Koalition zurückzuführen sei, das ist Jahrzehnte her! Das alles sind Maßnahmen, die durch diese Regierung gepflegt und nach vorn gebracht werden. Wir haben die Umstellung der Wirtschaftsförderung
vom Zuschuss auf Darlehen realisiert. Es gibt keine Kritik aus der Wirtschaft, und auch die Umstellung der Wirtschaftsförderung ist gelungen, alles klappt.
Ich bitte Sie einmal ganz eindringlich: Wenn Sie hier von mangelnder Zukunftsfähigkeit dieses Standortes reden, schaden Sie uns damit, Herr Kastendiek. Hören Sie damit auf, den Standort schlechtzureden! Sie können gern kritisieren, Sie können auch gern Oppositionsarbeit leisten, aber machen Sie bitte diesen Standort nicht schlecht!
Im Übrigen zeigt die Mittelstandsenquete, die wir gestern gemeinsam besucht haben, ein sehr differenziertes Bild auf, da ist von keiner groben Kritik die Rede. Viele von uns, die heute hier sitzen, waren auch da. Ich denke, es kann geteilt werden, das ist ein differenziertes Bild, das da gezeichnet wurde. Wie gesagt, das Ganze muss man immer vor dem Hintergrund sehen, dass die finanziellen Möglichkeiten heute einfach nicht mehr so sind wie noch vor zehn Jahren. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich weiß im Moment gar nicht so genau, wo ich anfangen soll. Ich will erst einmal auf die Kollegin Frau Bernhard eingehen, was sie zur Ausbildung in Bremen gesagt hat.
Ich würde Ihnen empfehlen, die gerade im März erschienene Schrift der Arbeitnehmerkammer Bremer zu lesen, den Bericht zur Lage der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Land Bremen. Dort steht, dass es in Bremen einen Anstieg der Ausbildungsplätze von 9,6 Prozent gibt. Das bedeutet – zwar sind wir damit 0,5 Prozent unter dem Bundesdurchschnitt –, dass es der Wirtschaft gut geht und wir auch auf dem Ausbildungsplatzmarkt gute Chancen haben, damit der Arbeitsmarkt auch weiter funktioniert.
Letztendlich entfallen auf bisher 1 036 unversorgte Bewerber, die sich in dem entsprechenden Zeitraum, nämlich im letzten Jahr, beworben haben, 949 gemeldete Ausbildungsplätze. Da gibt es noch etwas nachzuholen, da bleibt rechnerisch etwas über, aber – das ist das, was ich Ihnen eigentlich sagen wollte – zum 30. September 2011, so steht es hier, ist die Zahl der gemeldeten Bewerber, die noch keine Perspek
tive haben, bei 202 freien gemeldeten Ausbildungsplätzen auf 99 geschrumpft. So viel dazu, dass jeder zweite zu Hause bleiben soll oder darf!
Heute Morgen hat Frau Piontkowski gesagt, und Herr Kastendiek hat es auch gesagt, wir schaffen die soziale Spaltung der Stadt nicht ab. Wenn wir die Debatten zur Arbeitsmarktpolitik der letzten Wochen und Monate hier verfolgen, dann muss man eines klar konstatieren: Es ist Ihre Bundesregierung, die von der CDU und der FDP gestellt wird, die die Beladenen – so nenne ich sie einmal –, die nicht sofort auf den ersten Arbeitsmarkt kommen, schlicht und einfach vergisst, nicht mehr mitnimmt und die Instrumente dafür streicht. Sie und Ihre Bundesregierung nennen das ganze Instrumentenreform, ich nenne es die Türen zuschlagen, das Licht ausschalten und nach Hause gehen.
Die rot-grüne Koalition hat mit den Anträgen im Rahmen dieses Haushalts auf die knappen Kassen reagiert. Wir haben 500 000 Euro für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen eingestellt, um hier letztendlich die Qualifizierung auf den Weg zu bringen und den ersten Arbeitsmarkt zu stützen. Wir werden – im Moment zwar noch mit einem Sperrvermerk belegt – ein Bremer Modell auf den Weg bringen, das wir zuerst mit 180 000 Euro ausstatten werden, mit dem wir genau an der Stelle, an der uns die Bundesregierung mit Fußtritten allein lässt, zu einer Änderung kommen. – Vielen Dank!