Protokoll der Sitzung vom 09.05.2012

(Beifall bei der LINKEN)

Dort wollte der Senat 185 000 Euro in diesem Jahr und 277 000 Euro im nächsten Jahr streichen. Mittlerweile haben auch die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen einen Änderungsantrag gestellt. Damit die Mittel für die Freizeitheime gleichbleiben, nehmen Sie aber aus dem Bildungsteilhabepaket Mittel heraus. Dann fehlen dort mehrere Hunderttausend Euro für die 29 Prozent der Kinder, die in Bremen in Armut leben. Das Bildungs- und Teilhabepaket scheint für Sie ein Selbstbedienungsladen zu sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Im Jahr 2011 wurden daraus Mittel indirekt zur Schuldentilgung verwendet, jetzt kompensiert der Senat damit Kürzungen bei der Jugendarbeit.

Auf dem Gebiet der Migrationspolitik folgen Ihren Worten auch keine Taten, zumindest keine finanzwirksamen. Letzten Herbst haben Sie unseren Antrag auf eine unabhängige Antidiskriminierungsstelle abgelehnt und stattdessen Netzwerke beschlossen.

(Abg. S e n k a l [SPD]: Ja, weil es rich- tig ist!)

Mit der Vernetzung der bestehenden Beratungseinrichtungen wurde die ZGF beauftragt. Für diese zusätzlichen Aufgaben bekommt sie aber keinen Cent mehr, Herr Senkal,

(Abg. S e n k a l [SPD]: Ja, aber es ist richtig!)

obwohl nach Ihrer Auskunft dafür mindestens eine halbe Stelle nötig wäre. Im März hat Herr Bürgermeister Böhrnsen die Offensive für eine diskriminierungsfreie Gesellschaft unterschrieben. Darin verpflichtet sich Bremen, dass jeder Weg genutzt wird, um von Diskriminierung betroffene Menschen auch vor Ort die bestmögliche Beratung zu bieten. Nur zwölf Tage später verkleinerte sich die Beratungslandschaft in Bremen empfindlich, indem mit dem „projekt ADA“ die einzige Beratungsstelle auslief, die alle Diskriminierungsarten umfasste. Deswegen fordern wir erstens die Ausstattung des Netzwerks mit einer halben Stelle. Die Aufgaben einfach so der ZGF zu übertragen, bedeutet, dass dort Ressourcen an anderer Stelle fehlen. Sie schwächen also die Gleichstellungsarbeit!

(Beifall bei der LINKEN)

Zweitens beantragen wir, dass die Lücke, die durch das Auslaufen des „projekt ADA“ entstanden ist, wieder gefüllt wird. Außerdem haben wir beantragt, dass zusätzlich eine Stelle für Flüchtlingsberatung bereitgestellt wird. Auch das ist das Mindeste, was gemacht werden muss.

(Beifall bei der LINKEN)

Noch vor einigen Jahren gab es in Bremen 3,5 Stellen für Flüchtlingsberatung, die immer mehr zusammengestrichen wurden. Zuletzt wurde im Jahr 2008 eine ganze Stelle gestrichen. Übrig geblieben ist eine einzige Stelle, die noch nicht einmal eine Vollzeitstelle ist. Gleichzeitig lassen Sie die Ausländerbehörde ausbluten. Die Personalausstattung befindet sich unter dem Niveau des Jahres 1998. In der Folge sind die Mitarbeiter hoffnungslos überbelastet und die Wartezeiten monatelang. Von einer Stelle für Aufenthalt und Einbürgerung ist sie meilenweit entfernt, sie wird es wahrscheinlich nie werden und selbst wenn, kann das die unabhängige Beratung nicht ersetzen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wo werden die Menschen, die bei der Ausländerbehörde nicht weiterkommen, hingehen? Zu den anderen Beratungsstellen, aber auch sie sind überbelastet! Eine zusätzliche Stelle für unabhängige Flüchtlingsberatung ist daher das absolute Minimum. Da ich nicht so viel Zeit habe, möchte ich zum Schluss noch einmal für die Zustimmung unseres Änderungsantrags werben, der den Weiterbetrieb der Sportvereine sicherstellt. Ihnen fehlen eine halbe Million Euro pro Jahr, die durch sinkende Wettmitteleinnahmen wegfallen. Der Senat könnte es kompensieren. – Schönen Dank!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Möhle.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe vorhin während der Wirtschaftsdebatte schon erlebt, dass man direkt auf die Große Koalition zurückgeschaut hat, das will ich dann an dieser Stelle auch einmal für die Sozialpolitik machen. Während man in der Wirtschaftspolitik Milliarden Euro für Investitionen ausgegeben hat, hat sich die Große Koalition unter der Initiative der CDU darüber gestritten, den Sozialhaushalt zu kürzen. 90 Millionen Euro sollten aus dem Sozialhaushalt gekürzt werden.

(Abg. S t r o h m a n n [CDU]: So ein Stuss!)

Das hat dazu geführt – Herr Strohmann, hören Sie mir in Ruhe zu! –, dass selbst der Bürgermeister in der Debatte, als es dann um den Untersuchungsausschuss „Kindeswohl“ ging, gesagt hat, der Sozialhaushalt war in der Großen Koalition ein Steinbruch. Das machen wir jetzt übrigens deutlich anders!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Der Sozialhaushalt ist kein Steinbruch, sondern ausgewogen.

(Abg. R u p p [DIE LINKE]: Sind ja keine Steine mehr vorhanden!)

Wenn ich mir dieses Konglomerat von Vorschlägen der LINKEN anhöre, zusammenhangslos aneinandergereihte Forderungen, ohne jeden Sinn, jeden Verstand und jede Begründung, dann kann ich an dieser Stelle nur sagen: Mehr zu fordern, ist sehr einfach, aber auch für eine Opposition nicht wirklich klug. Wir haben versucht, in vielen Bereichen nachzubessern. Das ist übrigens die Aufgabe der Fraktionen ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

gegenüber dem Regierungsvorschlag! Die Koalitionsfraktionen haben dem Kürzungsvorschlag des Senats beim Anpassungskonzept nicht zugestimmt, wir haben dort einen Änderungsantrag gestellt.

(Abg. Frau V o g t [DIE LINKE]: Ein biss- chen Spielgeld wurde verteilt!)

Es ist im Übrigen aber auch ganz normale Haushaltspraxis, dass der Senat einen Vorschlag macht und die Fraktionen entsprechende Änderungswünsche äußern. Das haben wir an dieser Stelle getan, und wir haben damit Erfolg gehabt. Man kann natürlich immer sagen, wir könnten mehr Geld gebrauchen, das ist gar keine Frage.

Im Übrigen ist im Sozialbereich meine These, dass man sich in den Bereichen, in denen Hilfe geleistet werden soll, viel mehr darum kümmern muss, dass Hilfen tatsächlich helfen. Das geht manchmal überraschenderweise auch mit weniger Geld und nicht immer nur mit mehr Geld.

(Beifall bei der SPD)

Es hat etwas mit Arbeitsorganisation und OverheadStrukturen zu tun, und es hat etwas damit zu tun, wie wir engagierte Ehrenamtlichkeit bekommen, was übrigens nichts Böses ist, liebe LINKE! Ehrenamtlichkeit ist etwas Positives, Gutes und Unterstützenswertes, das man auch fördern sollte.

(Beifall bei der SPD)

All diese Faktoren kommen zusammen und sagen aus, dass man durchaus auch mit den vorhandenen Haushaltsmitteln hinkommen kann.

Nun habe ich gehört, Frau Ahrens, dass Sie gesagt haben, Frau Senatorin Stahmann hätte auf der Konferenz schon von einem Nachtragshaushalt gesprochen. Ich habe es so wörtlich nicht mitbekommen!

(Abg. Frau A h r e n s [CDU]: Ich habe es mir mitgeschrieben!)

Ich habe gehört, dass Frau Senatorin Stahmann gesagt hat, dass an einigen Stellen, wenn die Zahlen anders sind und wir sie konkret haben, nachgesteuert werden muss –

(Abg. Frau A h r e n s [CDU]: Das hat sie so nicht gesagt! Sie hat original von Nach- tragshaushalt gesprochen!)

Entschuldigung, ich habe auch an der Veranstaltung teilgenommen, das ist jedenfalls meine Wahrnehmung gewesen. Vielleicht liegt es bei mir schon am Alter, jedenfalls habe ich deutlich gehört, dass es um Nachsteuerung ging. Im Übrigen ist doch auch klar,

wenn wir die konkreten Zahlen haben – deswegen ist heute Abend ja auch die außerordentliche Deputationssitzung so sinnlos wie nur irgendetwas, mich ärgert ja die Zeit, die wir dort verschwenden,

(Beifall bei der SPD)

weil die Zahlen noch nicht vorhanden sind –, werden wir natürlich auch die entsprechenden Maßnahmen einleiten.

(Abg. Frau A h r e n s [CDU]: Komisch, dass sie im Beirat Burglesum schon vorge- stellt wurden! – Abg. R o h m e y e r [CDU] meldet sich zu einer Zwischenfrage. – Glocke)

Wir können später bei einem Kaffee noch darüber sprechen, ich muss meine Rede hier ja auch zu Ende halten!

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Rohmeyer?

Nein, ich habe so wenig Zeit, wie alle anderen auch, und will meine Rede zu Ende halten.

(Heiterkeit)

Ich möchte an dieser Stelle die Senioren nicht vergessen. Für die Senioren ist diese rot-grüne Koalition haushalterisch unterwegs. Wir versuchen, die Begegnungsstätten zu modernisieren, und ich glaube, in vielen Bereichen auch sehr effektvoll.

All das zusammengenommen, in Anbetracht der Lage, die hier ja heute schon so oft hinreichend und manchmal auch herzergreifend geschildert worden ist, und zwar wie wenig Geld wir haben und mit wie wenig Geld wir Politik betreiben müssen, kann ich zum Sozialhaushalt nur sagen: Es ist kein Steinbruch, wir haben die Standards gehalten, wir haben in einigen Bereichen sogar erhöht und Verbesserungen erzielt. Insgesamt gesehen finde ich dafür den Vorschlag gut. Es ist doch völlig absurd zu glauben, dass man in den Bereichen nicht auch schon einmal vorher darüber nachdenkt und sagt, eine Tarifsteigerung von 0,9 Prozent wird wohl nicht reichen. Das war uns tatsächlich klar, und ich habe es an irgendeiner Stelle auch einmal gesagt.

(Abg. Frau A h r e n s [CDU]: Dann macht man gleich einen realistischen Ansatz!)

Ich hoffe, dass wir im Interesse derjenigen, für die Sozialpolitik gemacht wird, nach diesen Haushaltsberatungen auch in der Deputation wieder zu einer konstruktiveren Politik zurückfinden.

Letzter Punkt! Sozialpolitik ist nicht nur Hilfe, sondern auch Prävention, und auch der Bereich wird von der rot-grünen Koalition ausreichend mit Haushaltsmitteln hinterlegt. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)