Protokoll der Sitzung vom 22.11.2012

Wir sind offen für Ideen, wir sind offen für Anregungen. Wir haben jedenfalls sehr ernsthaft vor, die Sanierungsbedingungen in dem Sanierungspfad einzuhalten und auch die Konsolidierungshilfen, die im Jahr immerhin 300 Millionen Euro betragen, aus Berlin abzuholen.

Der Senat wird Ihnen einen vernünftigen Haushaltsentwurf vorlegen. Sie als Bürgerschaft und als Haushaltsgesetzgeber werden hoffentlich Ihre Anregungen dazugeben, um dann auch endgültig über die Entwürfe abzustimmen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von den Mitteilungen des Senats, Drucksachen 18/571 und 18/572, Kenntnis.

Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, begrüße ich auf der Besuchertribüne die Mitglieder eines Projekts, das sich „Männer in die Grundschule“ nennt.

(Beifall)

Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Erhebung einer Tourismusabgabe

Mitteilung des Senats vom 9. Oktober 2012 (Drucksache 18/595) 1. Lesung

Wir verbinden hiermit:

Gesetz zur Aufhebung der Tourismusabgabe

Antrag der Fraktion der CDU vom 18. Juli 2012 (Drucksache 18/530) 1. Lesung

u n d

Gesetz zur Aufhebung der Tourismusabgabe

Bericht und Antrag des staatlichen Haushaltsund Finanzausschusses vom 19. November 2012 (Drucksache 18/660)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Staatsrat Strehl.

Bei dem Gesetzesantrag der Fraktion der CDU, Gesetz zur Aufhebung der Tourismusabgabe, vom 18. Juli 2012 wurde von der Bürgerschaft (Landtag) in ihrer 26. Sitzung am 13. September 2012 die erste Lesung unterbrochen und der Gesetzesantrag zur Beratung und Berichterstattung an den staatlichen Haushalts- und Finanzausschuss überwiesen. Dieser Ausschuss legt mit der Drucksachen-Nummer 18/660 seinen Bericht und Antrag dazu vor.

Wir setzen die erste Lesung des Gesetzesantrages der Fraktion der CDU fort und kommen gleichzeitig zur ersten Lesung des Gesetzesantrages des Senats.

Die gemeinsame Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner erhält das Wort der Abgeordnete Dr. Kuhn.

(Abg. K a s t e n d i e k [CDU]: Muss der Senat seinen Antrag nicht erst einmal be- gründen?)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Aus

dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig, das die Tourismusabgabesatzung der Städte Trier und Bingen für unwirksam erklärt hat, kann man im Wesentlichen zwei unterschiedliche Konsequenzen ziehen. Die eine ist, die Sache ganz sein lassen – das schlägt die CDU vor –, und die andere ist, die Tourismusabgabe oder die Kulturförderabgabe oder Citytax, wie sie an den verschiedenen Orten heißt, so zu verändern, dass sie den Anforderungen und den Kriterien des Gerichtsurteils entspricht. Letzteres ist der Weg, den die Regierungsfraktionen und der Senat in Bremen gehen wollen. Im Übrigen ist das der Weg, den auch viele andere Kommunen in Deutschland gehen, unter anderem das von der CDU mitregierte Land Berlin.

Warum ist das so? Das ist einfach deswegen so, weil die Kommunen die finanziellen Verluste durch die Steuergeschenke für eine Klientel nicht hinnehmen und verkraften können. Das ist der Grund, warum wir und viele andere daran festhalten.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Satzungen der Städte Trier und Bingen mit folgender Begründung für unwirksam erklärt: Die Erhebung einer örtlichen Aufwandsteuer – darum geht es ja – für privat veranlasste Übernachtungen ist zulässig, da damit der Aufwand besonderer privater Lebensführung besteuert wird und sie im Übrigen anderen Merkmalen als der normalen Umsatzsteuer, die bundesweit erhoben wird, folgt. Deswegen liegt ein klarer Unterschied zwischen der Aufwandsteuer und der Umsatzsteuer vor, und es ist keine Doppelbesteuerung. Die Erhebung einer örtlichen Aufwandsteuer auf ausschließlich beruflich bedingte Übernachtungen ist genau aus diesem Grund, weil sie eben keinen besonderen privaten, sondern einen beruflichen Aufwand besteuert, nicht zulässig.

Als Beispiel einer in den Augen des Gerichts zulässigen Abgabe hat das Gericht die Satzungen der Städte Dortmund und Lübeck bezeichnet. Wir denken, dass der Senat und wir, wenn wir das unterstützen, in rechtlicher Hinsicht auf der sicheren Seite stehen, wenn wir uns daran orientieren. Diese Orientierung bedeutet die beschriebene Differenzierung zwischen den Gründen der Übernachtung, die Staffelung der Abgabe auf wenige Klassen von einem Euro bis drei Euro, die Begrenzung der Abgabe auf sieben Tage, der Hotelbetreiber ist weiterhin Steuerschuldner, der Gast muss den beruflichen Grund der Übernachtung glaubhaft machen, und das ist auch im Nachhinein im Widerspruchsverfahren noch möglich.

Das Gericht hat auch auf die hergebrachten Grundsätze des Steuerrechts verwiesen, dass die Steuern „ohne unverhältnismäßige Mitwirkungsbeiträge der Steuerpflichtigen oder übermäßigen Ermittlungsauf

wand der Finanzbehörde“ erhoben werden können müssen. Es gibt Kritik daran, dass die vom Senat aus Dortmund jetzt und anderswo übernommene Regelung zu aufwendig sei und diesen Grundsatz gefährden würde. Ich persönlich teile diese Auffassung nicht, aber ich will gern sagen, wenn es Vorschläge zur Vereinfachung gibt, werden wir sie bis zur zweiten Lesung gern prüfen.

Es bleibt in meinen Augen noch das Problem des Übergangs vom alten Gesetz zum neuen Gesetz. Es ist so, dass das Bundesverwaltungsgericht unser Gesetz nicht direkt verworfen hat, das kann es auch nicht, da es einen ganz anderen Rechtsweg für ein Landesgesetz gibt, es geht über den Finanzgerichtsweg. Der Senat hat dennoch, obwohl wir nicht direkt betroffen sind, zur Sicherung des Rechtsfriedens nach dem Urteil den Vollzug unseres Gesetzes ausgesetzt und den Betrieben auf Antrag insoweit Dispens erteilt. Das hat aber zur Folge, wenn man es ganz einfach sagt, dass nicht ganz klar ist, was mit dem Geld dann geschieht, das seit April eingezogen oder eben in den meisten Fällen nicht eingezogen worden ist.

Da ich das vermutlich auch gar nicht so richtig könnte, will ich Sie jetzt mit juristischen Details verschonen. Ich will nur so viel sagen, es gibt verschiedene Wege, den Übergang von dem alten auf das neue, jetzt zu beschließende Gesetz zu organisieren. Wir streben in dieser Frage an, möglichst zu einer einvernehmlichen Regelung mit den Hoteliers zu kommen. Wir wissen genau, sie werden auch in Zukunft nicht von dieser Abgabe begeistert sein, das können wir nicht erwarten, und das tun wir auch nicht, aber wir wollen wenigstens im Hinblick auf die Altregelung zu einer vernünftigen Regelung kommen. Wir werden diese Frage abschließend dann zwischen erster und zweiter Lesung klären und sie im Haushaltsund Finanzausschuss beraten.

Heute kommt es für uns darauf an, Ja zu sagen zum Fortbestand der Tourismusabgabe in veränderter Form. Ich fände es auch gut, wenn wir das gemeinsam machen würden, denn die Gründe für die Einführung dieser Abgabe gelten gerade in Bremen weiter fort. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Liess.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts hat dazu geführt, dass wir unser Landesgesetz, wenngleich es ein anderer Rechtsweg ist, anpassen müssen, wenn wir an der Citytax festhalten. Wir müssen zwischen beruflicher und privater Übernachtung trennen. Das heißt, finanziell ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

entscheiden wir uns bei der Fortführung des Gesetzes dafür, dass wir auf ungefähr 3,3 Millionen Euro – so die Einschätzung des Senats – verzichten, also Einnahmen in Höhe von 1,4 Millionen Euro erhalten, abzüglich der 100 000 Euro für Personal- und Sachmittel zur Durchführung des Gesetzes. Damit erfüllt das Gesetz nicht mehr ganz das von uns Gewollte, das muss man deutlich sagen.

Das hat auch Auswirkungen auf die Fragestellung, die Herr Dr. Kuhn zum Ende angeführt hat: Wollen wir eine rückwirkende Aufhebung des bestehenden Gesetzes oder eine Fortführung des Gesetzes? Bei der rückwirkenden Aufhebung des Gesetzes ist der Rechtsweg über die Finanzgerichte und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ausgeschlossen. Damit ist auch eine finanzielle Chance ausgeschlossen – das muss man auch sagen –, nämlich ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu erwirken, aus dem hervorgeht, dass diese Steuer tatsächlich sowohl für den privaten als auch für den beruflichen Bereich möglich wäre. Diese Chance bestünde, wenn das Gesetz unverändert bliebe. Das alles haben wir zwischen der ersten und der zweiten Lesung noch zu beraten.

Ich will für meine Fraktion erklären: Wir möchten die Zeit zwischen der ersten und der zweiten Lesung eindeutig nutzen zu beraten, weil wir noch Schwierigkeiten damit haben, wie die Situation geregelt werden soll, dass die Hoteliers, die die Steuerschuldner sind, in der Lage sind, die vor ihnen stehenden Kundinnen und Kunden zu beurteilen, ob sie nun privat oder beruflich übernachten. Das finden wir insgesamt problematisch. Wir finden auch den Verfahrensweg, wie er im Augenblick im Gesetz beschrieben ist, problematisch und haben dort noch Beratungsbedarf.

Ich will auch nicht verhehlen, dass bei uns in der Fraktion die Frage gestellt worden ist – und der Aspekt war mir zu dem Zeitpunkt auch nicht klar –: Wie gehen wir eigentlich mit Personengruppen aus gemeinnützigen Organisationen um, die sich in Bremen zu Tagungen treffen? Das ist etwas, was wir ja eigentlich unbedingt wollen. Daher ist für mich die Frage, ob wir eine weitere Differenzierung im Rahmen dieses Gesetzes vorsehen können und, wenn ja, wie sie aussehen sollte.

Sie sehen, wir haben zu dem Gesetz noch viele Fragen, die wir geklärt haben möchten, die wir aber mit Sicherheit bis zur zweiten Lesung klären können. Daher werden wir dem Gesetz in erster Lesung zustimmen, und wir gehen davon aus, dass wir im Dezember die zweite Lesung durchführen können. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Kastendiek.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Erst einmal eine einleitende Bemerkung! Ich finde, wenn der Senat hier ein Änderungsgesetz einbringt, ist es schon berechtigt, dass wir durchaus erwarten können – und natürlich können wir das erwarten, was Sie erwarten, ist Ihr Problem, wir erwarten es jedenfalls! –, dass zunächst der Senat die eingebrachte Gesetzesänderung begründet.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Hat jemals ein Senator das gemacht? Never ever!)

Herr Dr. Kuhn, ich kann doch lesen! Wir können es doch gemeinsam vorlesen. Der Senat hat uns, dem Parlament, eine Mitteilung zugeleitet, in der er darum bittet, das von Ihnen Anfang des Jahres beschlossene Gesetz über ein Änderungsgesetz zu verändern. Ich finde es selbstverständlich und völlig legitim, wenn das Parlament erwartet, dass der Senat sein eigenes Änderungsgesetz begründet, und das sollten wir auch ernst meinen.

(Beifall bei der CDU)

Herr Dr. Kuhn, Sie mögen ein anderes parlamentarisches Verständnis als wir haben, aber das ist dann Ihr Problem. Wir haben jedenfalls das von mir geschilderte parlamentarische Verständnis. Es ist doch alles ganz entspannt, ich weiß gar nicht, warum Sie sich so aufregen.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Haben Sie das je gemacht? Sie wa- ren doch auch einmal Senator!)

Natürlich war ich Senator, und natürlich habe ich Gesetze eingebracht.

(Zuruf des Abg. D r. G ü l d n e r [Bünd- nis 90/Die Grünen])