Dann sind Ihre Haushaltszahlen nicht aus dem Haushalt, der hier in dieser Bürgerschaft beschlossen worden ist, denn die Zahlen habe ich auch.
(Abg. Frau V o g t [DIE LINKE]: Die sind aus dem Haushalt! – Unruhe bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)
Frau Vogt, das Geld von Jacobs ist doch deutlich, und das kennzeichnet die Bemühungen des Senats der Freien Hansestadt Bremen, an einen mehr oder weniger symbolischen Beitrag der Freien Hansestadt Bremen geknüpft.
Reden wir doch einmal darüber, wie es wirklich ist! Es kommt ein sehr großer Betrag von der Jacobs Foundation, um diese Institution, deren wirtschaftliche Schwierigkeiten wir nicht leugnen, sondern die wir hier heute besprechen, am Leben zu erhalten. Eine Bedingung der Jacobs Foundation ist: Wir möchten sehen, dass sich Bremen engagiert, und das sehen wir auch durch einen symbolischen Beitrag, der in diesem Fall dann aus der Wirtschaftsförderung kommt. Ich würde das nie Bedingung nennen oder Schärfe da hineinbringen, aber wir alle wissen, dass die Dinge miteinander zusammenhängen. Wir holen also relativ viel Geld – Herr Kottisch und Frau Grobien haben
das auch schon angesprochen – von der Jacobs Foundation, und dieses Geld stützt in Wirklichkeit dann die Unternehmung Jacobs University in Bremen-Nord.
Der letzte Punkt ist eine Anforderung an die Jacobs University. Ich bin mir nicht sicher, ob jemand da ist, weil ich die Lehrenden und Studierenden dort nicht persönlich kenne, es sind auch ziemlich viele. Das Interesse der Studierenden und auch einiger der Mittelbauvertreterinnen und -vertreter der öffentlichen Hochschulen an dieser Frage wird dadurch dokumentiert, dass man sich zum Beispiel heute, aber auch an vielen anderen Stellen, in diese Debatte einmischt. Die Jacobs University muss sich, wenn sie überhaupt im Land Bremen überleben will, öffnen, ihre Mauern einreißen und muss sich für die bremische Gesellschaft und für die Wissenschaft öffnen.
Sie muss sich einbringen, darf sich nicht als eine Art Satellit irgendwo auf der grünen Wiese in BremenNord verstehen und denken, das wird schon irgendwie mit globaler Vernetzung funktionieren. Nein, es wird nur, wenn es überhaupt funktioniert, als Teil von Bremen und bremischer Wissenschaft, nicht nur als Teil von Bremen-Nord, sondern als Teil von ganz Bremen funktionieren. Dazu müssen in der Jacobs University Einstellungen massiv verändert werden, und dann gibt es vielleicht eine Chance, diese Einrichtung auch in Zukunft in Bremen als integralen Bestandteil zu erhalten. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte doch noch einmal etwas zu den Haushaltszahlen sagen. Im Jahr 2005 hatte der Wissenschaftshaushalt 355 Millionen Euro, im Jahr 2009 330 Millionen Euro, das sind natürlich 20 Millionen Euro weniger.
(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Das sind andere Zahlen! Woher ha- ben Sie die denn?)
Nein, das sind nicht andere Zahlen, das sind die Gesamtausgaben für den Bereich Wissenschaft. Sie steigen jetzt wieder leicht um vier Millionen Euro an, das Problem ist nur, wir haben im Hochschulgesamtplan V, also im letzten Hochschulgesamtplan, 93 Millionen Euro weniger für den Wissenschaftshaushalt zwischen den Jahren 2005 und 2010. Das hat, wie gesagt, zu Kürzungen an der Universität geführt, die Sportlehrerausbildung und die Behindertenpä
Dazu kommt, selbst wenn jetzt die Ausgaben wieder leicht steigen, wir haben auch erheblich größere Studierendenzahlen, das wird wohl niemand bestreiten! Wenn man das im Verhältnis sieht, dann kommt man einfach dazu, dass die Hochschulen und die Universität viel zu wenig Geld haben. Ich glaube, das braucht auch niemand mehr schönzureden. Wer im Ausschuss sitzt, wird auch wissen, dass die Rektoren das auch durchaus bestätigen, dass sie mit dem Geld, das sie haben, wirklich Mühe haben, noch auszukommen.
(Beifall bei der LINKEN – Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grünen]: Welcher Rektor würde das nicht sagen?)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bremen und der amtierende Senat setzen seit vielen Jahren mit großem Erfolg auf den Ausbau von Wissenschaft, Forschung und Lehre als Motor der Entwicklung unserer Stadt. Wir investieren viel in Studienplätze, wir investieren mehr als fast alle Länder der Bundesregierung in Studienplätze. Wir haben mehr Studienplätze, als wir zur Versorgung unserer Landeskinder bräuchten. Das ist aber der Maßstab, den andere Länder haben. Das heißt, wir machen Anstrengungen, um Studienplätze zur Verfügung zu stellen, auch für studierende aus anderen Ländern.
Daraus leiten wir übrigens immer einmal wieder den Anspruch ab und tragen ihn auch in Berlin und anderswo vor, dass die Finanzierung von Studienplätzen nicht allein in der Verantwortung der Länder liegen kann, sondern dass man zum Beispiel auch darüber nachdenken kann, dass die Finanzierung den Studierenden folgt, die aus einem Land kommen. Wir machen es ja gern und freuen uns über Baden-Württemberger, Hessen oder Niedersachsen, die in Bremen studieren, aber es wäre auch schön, wenn diese Länder zu der Finanzierung dieser zusätzlichen Studienplätze in Bremen beitrügen, das machen wir nämlich.
Wenn ich sage, das ist ein Schwerpunkt, das ist ein Motor unserer Entwicklung, dann drückt sich das auch in den Haushaltszahlen aus. Frau Vogt, ich empfehle Ihnen einmal den Rechenschaftsbericht des Rektors unserer Universität aus dem Jahr 2011. Da können Sie die Entwicklung der Gesamtausgaben sehen, und da lesen Sie zum Beispiel im Jahr 2005 rund 225 Millionen Euro und im Jahr 2011 rund 300 Millionen
Euro. Da sehen Sie auch die Entwicklung der Personalzahlen bei den Professorinnen und Professoren und bei dem übrigen Personal, und da haben wir überall eine Steigerung. Natürlich könnten es gern noch mehr sein, natürlich würden wir gern noch mehr Geld und Personal zur Verfügung stellen, aber wir tun alles, was ich gesagt habe, auch im Kontext einer großen finanziellen Problematik, in der wir stehen. Dennoch setzen wir diesen Schwerpunkt, und das wird auch in Zukunft so sein.
Wenn man einen kühlen Blick auf das wirft, was die Jacobs University für Bremen bedeutet, dann muss man sagen, sie ist ein wichtiger, wertvoller Beitrag in der Wissenschafts-, Forschungs- und Lehrlandschaft unserer beiden Städte Bremen und Bremerhaven. Ich freue mich darüber, dass so viele Menschen aus der ganzen Welt in Bremen studieren, und ich sage Ihnen ganz deutlich: Sie sind hier in Bremen herzlich willkommen!
Das ist in jeder Hinsicht eine Bereicherung, übrigens auch ganz schnöde fiskalisch. Wenn Sie die mindestens 1 500 Studierenden und Beschäftigten sehen, dann haben fast alle, jedenfalls ganz überwiegend, ihren ersten Wohnsitz in Bremen – wer aus dem Ausland nach Bremen kommt, kann keinen ersten Wohnsitz woanders in Deutschland haben –, und Sie wissen, dass jeder, der in Bremen seinen ersten Wohnsitz hat, durch die Regeln des bundesstaatlichen Finanzsystems für Bremen 3 500 bis 4 000 Euro bedeutet, ohne dass berücksichtigt ist, ob er schon Steuern gezahlt hat. Hinzu kommt, dass wir natürlich eine Lohn- und Gehaltssumme der Beschäftigten haben, die auch beachtlich ist. Hinzu kommt, dass die Jacobs University in den letzten Jahren gewaltig investiert hat, das kommt der örtlichen Wirtschaft und auch dem Steueraufkommen zugute.
Ich sage sofort, auch auf Herrn Kottisch eingehend, das Potenzial, das diese Universität, und zwar nicht nur für den Bremer Norden, sondern insgesamt für Bremen, für die Region und auch für die wirtschaftliche Entwicklung hat, ist groß, aber es ist bei Weitem nicht hinreichend ausgeschöpft. Da muss viel mehr geschehen, und das ist auch etwas, was wir uns auf die Fahne schreiben müssen.
Meine Damen und Herren, ich habe oft über die Seite der Jacobs University gesprochen, die uns Freude macht, nun kommen wir zu der Seite, die uns Gedanken machen muss! Ich will an dieser Stelle dem neuen Präsidenten der Jacobs University, dem von mir hoch geschätzten Heinz-Otto Peitgen, aber in einem Punkt ausdrücklich widersprechen. Er hat in
einem Interview vor einiger Zeit gesagt, weltweit gebe es keine private Universität, die ohne Unterstützung und öffentliche Hilfen auskomme. Gewissermaßen durchzog sein Interview die These, dass auch in Bremen von Anfang an klar gewesen sei, dass wir hier eine Universität hätten, die immer öffentliche Unterstützung bräuchte. Wenn Worte überhaupt noch einen Sinn haben, dann ist diese Einschätzung falsch.
Wir haben damals im Jahr 1999, noch während der Koalition aus SPD und CDU, einen Rahmenvertrag mit dieser Universität geschlossen. In diesem Rahmenvertrag war eine Anschubfinanzierung von 230 Millionen DM vorgesehen, mit der das Gelände angekauft und hergerichtet werden sollte, ansonsten stand in diesem Vertrag ausdrücklich geschrieben, es werde keine weitere Finanzierung geben. Das Finanzierungskonzept sah eindeutig eine private Universität vor, die einen Kapitalstock von 500 Millionen DM aus Zuwendungen von großen Unternehmen und Einzelpersonen ansammeln sollte, und aus diesem Kapitalstock sollte die Universität finanziert werden. Ich betone, nur unter diesen Voraussetzungen – ich war damals Abgeordneter, und ich weiß, was jedenfalls meine Maßgabe war, und viele hier im Raum waren damals auch dabei – hat die Bremische Bürgerschaft in Gänze mit allen Fraktionen diesen Weg damals auch mitgemacht, und ich betone, dieser Weg ist im Prinzip auch nicht änderbar.
Bremen hat großes Interesse an der Jacobs University, aber, das sage ich ganz bewusst, nicht um jeden Preis.
Wenn man mich theoretisch, virtuell fragen würde, sind Sie für eine private Universität, kann Bremen sich die Finanzierung einer privaten Universität leisten, dann würde ich antworten: Nein, Bremen kann sich das nicht leisten. Es gibt Beispiele in Deutschland für das Hineingleiten in eine Dauerfinanzierung einer privaten Universität, zum Beispiel Witten/Herdecke, da hat Nordrhein-Westfalen einmal sehr klein angefangen, und anschließend sind sie fast zum Hauptfinanzier dieser Universität geworden. Das kann sich Bremen nicht leisten. Aber frei nach Theodor Adorno: Es gibt kein richtiges Leben im falschen! Wir haben eine Universität, deren Geschäftsmodell, nämlich Finanzierung aus dem Kapitalstock, nicht funktioniert hat, aber wir haben eine Universität, die einen wichtigen Beitrag zum Wissenschaftsstandort Bremen leistet.
Noch eine Bemerkung zu Jacobs! Ich könnte sehr lange – das mache ich aber nicht, sondern ich mache es ganz kurz – über anstrengende Tage im De
zember 2006 berichten. Als die damalige Internationale Universität in Schwierigkeiten geraten war und die Idee mit dem Kapitalstock nicht umsetzbar war, hat sich Jacobs gemeldet – damals lebte Klaus Jacobs noch – und hat sich bereit erklärt, in die Finanzierung dieser Universität einzusteigen. Das war ja nicht seine Gründung, sondern er hat sich entschlossen einzusteigen. Damals hieß das Angebot, die Jacobs Foundation gibt 200 Millionen Euro, aber – und das war das durchaus Anstrengende – Jacobs hat seinerzeit gesagt, wenn wir 200 Millionen Euro geben, dann möchte ich auch gern von meiner Vaterstadt Bremen die Verbundenheit und die Verbindung zu dieser Universität spüren, und diese Verbindung und Verbundenheit sehe ich darin, dass Bremen in Gebäude auf diesem Campus investiert und Bremen sich bereit erklärt, einen im Vergleich zu 200 Millionen Euro durchaus übersichtlichen Betrag von fünf Millionen Euro fünf Jahre lang zu leisten. Das war damals auch die Bedingung. Ohne die Bereitschaft Bremens, fünf mal fünf Millionen Euro zu zahlen, wäre die Zusage von 200 Millionen Euro von Herrn Jacobs nicht gekommen. Ich habe das damals so gesehen: Es wäre nicht zu verantworten, eine Zuwendung von 200 Millionen Euro, die nach Bremen fließt, nicht anzunehmen. „Nicht angenommen“ wäre eine weltweite Nachricht gewesen, wenn wir das nicht getan hätten. Das ist der Ausgangspunkt gewesen. Worüber reden wir jetzt? Der Stiftungsrat der Jacobs Foundation hat sich über diese 200 Millionen Euro hinaus Ende Oktober bereit erklärt, über das Jahr 2017 hinaus und über diese 200 Millionen Euro hinaus diese Universität weiter zu finanzieren. Die Jacobs Foundation ist an Bremen herangetreten und hat gesagt, wir würden gern mit euch weiter gemeinsam darüber reden, wie wir diese Universität auf eine vernünftige Basis stellen können. Ich glaube, kein verantwortlicher Senat kann einen solchen Gesprächswunsch abschlagen. Wir verweigern uns nicht solchen Gesprächen. Wir haben aber klare Voraussetzungen dafür. Ich habe sie gemeinsam mit Frau Senatorin Linnert in einem Positionspapier niedergelegt. Ich wiederhole sie noch einmal. Erstens, wir haben ein großes Interesse, dass die Jacobs Universität in Bremen weiter wirken kann. Zweitens, wir können uns keine Dauerfinanzierung der Jacobs Universität in Bremen leisten. Drittens, alles, was wir in diesem Zusammenhang tun, darf niemals zulasten unserer öffentlichen Hochschulen und Universität gehen,
denn das muss doch klar sein: Unsere erste Pflicht, unsere erste politische Pflicht gilt doch der Ausstattung unserer öffentlichen Hochschulen und der Universität.
Unsere erste Pflicht ist es, dort Studienmöglichkeiten zu schaffen, sodass Bremen in diesem Feld eine wichtige Rolle spielen kann und weiter seine Attraktivität besitzt. Das ist der Weg, den wir eingeschlagen haben, und den wollen wir weitergehen, also kann es nur darum gehen, einen ergänzenden und im Vergleich zu den Zuwendungen der Jacobs Foundation eher zurückhaltenden Beitrag zu leisten, damit die Finanzierung der Jacobs University auf ein vernünftiges Fundament gestützt werden kann.
Ich sage es aber noch einmal: Eine Dauerfinanzierung wird es nicht geben. Wir werden klare Erwartungen in den Gesprächen formulieren, die jetzt beginnen. Diese Erwartungen gehen dahin, dass eingespart werden muss, wo es nur geht, dass man das Verhältnis von Professoren zu Studierenden etwas anders gestaltet, dass man – und da nehme ich das auf, was Herr Dr. Güldner gesagt hat – sich in ganz anderer Weise öffnet, übrigens auch räumlich. Ich komme aus Bremen-Nord und finde es schwer erträglich, dass das Gelände immer noch aussieht wie damals die Roland-Kaserne
mit einer Mauer, die sie umgibt, und dass ein Schlagbaum davor ist. Wir brauchen natürlich viel detailgenauere, viel konkretere Perspektiven, um die wirtschaftliche Seite, die wirtschaftsstrukturelle Seite zu entwickeln. Das ist auch der Kern der Entscheidung des Parlaments und der Politik der damaligen Koalition gewesen, sich im Jahr 1999 auf diesen Weg zu begeben.
Ich plädiere dafür, nicht solch einer Chaosstrategie zu folgen, wie wir sie hier im Antrag vorgetragen bekommen haben. Das heißt doch: Schließt die Einrichtung, schaut einfach zu! Was sollen wir denn machen, 1 500 Studierende zum Flughafen bringen und sie mit Sonderflugzeugen in ihre Heimat bringen? Das ist doch eine absurde Vorstellung.
Wir wollen eine Heimat und ein Studienort auch für diese Studierenden sein, und wir werden alles daransetzen, dass wir diese Universität auf eine vernünftige Basis stellen, damit sie auch ohne Bremer Hilfe eine gute Zukunft haben wird. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!