Protokoll der Sitzung vom 13.12.2012

Ich eröffne die 32. Sitzung der Bürgerschaft (Landtag).

Ich begrüße die hier anwesenden Damen und Herren, sowie die Zuhörer und die Vertreter der Medien.

Auf der Besuchertribüne begrüße ich recht herzlich Auszubildende zur Versicherungskauffrau und zum Versicherungskaufmann des Schulzentrums Grenzstraße, die Klasse FL 11, Fachkräfte für Lagerlogistik, und eine Fachoberschulklasse der Kaufmännischen Lehranstalten Bremerhaven, Auszubildende zur/zum Verwaltungsfachangestellten der Berufsschule Bremerhaven, die 12. Klasse der Tobias-Schule, die Klasse E 1 des Gymnasiums Obervieland und eine Besuchergruppe der Allgemeinen Berufsschule.

Seien Sie alle ganz herzlich willkommen!

(Beifall)

Zur Abwicklung der Tagesordnung wurden interfraktionelle Absprachen getroffen, die Sie dem Umdruck der Tagesordnung mit Stand von heute 9.00 Uhr entnehmen können.

Diesem Umdruck können Sie auch die Eingänge gemäß Paragraf 21 der Geschäftsordnung entnehmen, bei denen interfraktionell vereinbart wurde, sie nachträglich auf die Tagesordnung zu setzen. Es handelt sich insoweit um Tagesordnungspunkt 49, Wahl und Vereidigung von zwei Mitgliedern des Senats, Tagesordnungspunkt 50, Wahl eines Mitglieds des Vorstands, und Tagesordnungspunkt 51, Benennung eines Mitglieds im Kongress der Gemeinden und Regionen des Europarates (KGRE) für die zehnte Amtszeit.

Des Weiteren möchte ich Ihnen mitteilen, dass nachträglich interfraktionell vereinbart wurde, die Tagesordnungspunkte 11, Verkehrssicherheit von Kindern, und 15, Bremen unterstützt Bündnisse „Vermögenssteuer jetzt“ und „Umfairteilen – Reichtum besteuern“, für diese Sitzung auszusetzen.

Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich dem Abgeordneten Herrn Fecker ganz herzlich zu seinem heutigen Geburtstag gratulieren und die Glückwünsche des Hauses aussprechen!

(Beifall)

Ich finde, in so einem Rahmen Geburtstag zu feiern, ist etwas ganz Besonderes. Seien Sie herzlich beglückwünscht!

(Abg. F e c k e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Das habe ich mir immer gewünscht, Herr Präsident!)

Wir treten in die Tagesordnung ein.

Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Mitgliederzahl des Senats

Mitteilung des Senats vom 4. Dezember 2012 (Drucksache 18/681) 1. Lesung 2. Lesung

D a z u

Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen und der SPD vom 12. Dezember 2012

(Drucksache 18/702)

Wir verbinden hiermit:

Wahl und Vereidigung von zwei Mitgliedern des Senats

Dazu als Vertreter des Senats Herr Bürgermeister Böhrnsen. Gemäß Paragraf 34 Absatz 1 der Geschäftsordnung findet in der ersten Lesung zunächst eine allgemeine Besprechung statt, ihr folgt in der Regel die Einzelberatung. Ich schlage Ihnen jedoch vor, dass wir den Änderungsantrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD, Drucksache 18/702, in die allgemeine Aussprache einbeziehen. Ich höre keinen Widerspruch, dann werden wir so verfahren. Die gemeinsame Beratung ist eröffnet. Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Tschöpe.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eine Neuwahl von Senatoren kann nicht diskutiert werden, ohne dass man kurz zurückblickt, was zu dieser Neuwahl geführt hat. Zum Wirken von Frau Senatorin Jürgens-Pieper haben mein Kollege Herr Güngör und auch der Bürgermeister gestern ausführlich Stellung genommen, es gewürdigt und dargestellt, wie die SPD es sieht. Ich möchte dem nun ein paar persönliche Gedanken anfügen. Ich persönlich mag Menschen, denen ihre Tätigkeit Herzensangelegenheit ist. Ich persönlich mag Menschen, die ihre Position, wenn es darauf ankommt, auch beinhart vertreten. Ich mag Profis. All das mag manchmal nicht der unmittelbare und sichere Weg in das Herz der politischen Öffentlichkeit sein. Bei solchen Menschen werden politische Fehler öfter auch doppelt gewichtet, aber ich kann sagen, bei mir – und ich weiß, auch bei anderen – hat sich Frau Senatorin Jürgens-Pieper damit einen bleibenden Respekt erworben.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich möchte Frau Senatorin Jürgens-Pieper an dieser Stelle im Namen der SPD-Fraktion und auch ganz per

sönlich meinen Dank für die vertrauensvolle und gute Zusammenarbeit aussprechen!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Mir persönlich ist an dieser Stelle aber auch wichtig – und verzeihen Sie mir den Einschub! –, dass ich auch noch einige Worte zu den beiden hiermit ausscheidenden Staatsräten verliere. Herrn Staatsrat Othmer habe ich in den letzten fünfeinhalb Jahren als kompetenten, kommunikativen Sachwalter sozialdemokratischer Bildungsinteressen kennengelernt, und ich bedauere, dass er aus dem Amt scheidet. Ich danke ihm für seine Tätigkeit!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Herr Staatsrat Dr. Schuster ist eigentlich so lange in der Bremer Politik aktiv wie ich auch. Ich kann mir eine SPD ohne ihn nicht vorstellen. Er hat in schwierigen Situationen, nachdem er erst lange Abgeordneter war, für die Sozialdemokratie in der Spitze der Verwaltung Verantwortung übernommen. Dafür gebührt ihm Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich bin mir aber bei Herrn Dr. Schuster sicher: Wer ihn kennt, weiß, dass das sozialdemokratische Team nur vorübergehend auf ihn verzichten wird! Er wird mit Sicherheit weiterhin eine tragende Rolle in der SPD spielen.

(Beifall bei der SPD)

Reden zu Senatswahlen sind für den Fraktionsvorsitzenden einer Regierungsfraktion immer etwas zweischneidig. Zum einen hofft man eigentlich, dass man eine solche Rede einmal pro Legislaturperiode, und das am Anfang, halten muss. Zum anderen sagt man mit einem gewissen parlamentarischen Selbstbewusstsein, das ist eigentlich auch ganz schön, den Staatsaufbau öffentlich vor Augen führen zu können und zu sagen, woher eigentlich die Macht der Exekutive kommt. Die Macht der Exekutive kommt vom Parlament, sie ist aus den allgemeinen Wahlen abgeleitet und wird durch das Parlament vermittelt, und es macht noch einmal deutlich, dass das Parlament die erste Gewalt im Staat ist.

Der dritte Punkt, warum es zwiespältig ist, ist, dass man nicht nur zurückschaut – das habe ich eben getan –, sondern dass frei nach Hermann Hesse auch jedem Anfang ein Zauber innewohnt. Wenn man das alles zusammennimmt, ist der Zeitpunkt gekommen – auch in so einer Rede –, jetzt nach vorn zu schauen.

Der Senat schlägt Ihnen heute wenig überraschend vor, die Anzahl der Senatorinnen und Senatoren von sieben auf acht zu erhöhen. Mit der Erhöhung der Gesamtzahl der Senatoren wird kein politischer Proporz bedient, es wird keinem Profilierungsstreben Einzelner gedient. Die Gründe für die Entscheidung, den Senat von sieben auf acht zu vergrößern und den Gesundheitsbereich als eigenständiges Ressort zu führen, liegen ausschließlich in den fundamentalen Problemen, die es in dem Gesundheitsbereich gibt.

Der gestern diskutierte Abschlussbericht des parlamentarischen Untersuchungsausschusses hat auch noch einmal deutlich gemacht, dass die bisherige Struktur der senatorischen Dienststelle für Gesundheit deutlich verbesserungswürdig ist. Wir haben in der Vergangenheit staatlich lenkende, führende, gestaltende Aufgaben in eine kommunale Gesellschaft ausgelagert. Der Untersuchungsausschuss hat uns noch einmal deutlich darauf hingewiesen, dass dies verändert werden muss, und eine der Aufgaben des neuen Gesundheitssenators wird sein, die Gesundheitsabteilung entsprechend neu zu strukturieren.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Gleichzeitig ist aber in den letzten eineinhalb Jahren auch deutlich geworden, dass sich die kommunalen Kliniken in einer existenzbedrohenden wirtschaftlichen Situation befinden. Diese existenzbedrohende wirtschaftliche Situation, die im Raum stehenden Investitionsbedarfe und wirtschaftlichen Bedrohungen rechtfertigen es, einen weiteren Senator einzusetzen. Wer wie die SPD und die Grünen die öffentliche Daseinsvorsorge im Gesundheitsbereich als einen Kernpfeiler ansieht, muss den gestaltenden Kampf um die Zukunftsfähigkeit dieser Kliniken jetzt aufnehmen, weil jetzt entschieden wird, ob sie eine Zukunft haben.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich betone noch einmal ganz deutlich, die Kernaufgabe dieser Regierung ist die wirtschaftliche Konsolidierung der kommunalen Kliniken bei gleichzeitigem Erhalt von guten Arbeitsplätzen und einer hochklassigen Medizin, die zugänglich für alle ist. Das ist das Ziel, das wir realisieren wollen. Hierzu ist es meiner festen Überzeugung nach erforderlich, die bisherige gesellschaftliche Struktur der GeNo den überfälligen betriebswirtschaftlichen Notwendigkeiten anzupassen. Es ist unbedingt erforderlich, diese Kliniken mit den angemessenen finanziellen Mitteln auszustatten, und – und das ist die hohe politische Lenkungsund Führungsfunktion – es ist wichtig, diese Kliniken regional und fachlich in ihrem Angebot so auszurichten, dass sie attraktive Kliniken sind und eine Zukunft hier in Bremen haben.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Meiner festen Überzeugung nach kann man diese Aufgaben in den nächsten zweieinhalb Jahren nicht im Nebenjob erledigen, man kann sie nicht neben der Verantwortung für andere Bereiche eben einmal mitmachen. Deshalb schlagen wir Ihnen den parteilosen Herrn Dr. Schulte-Sasse als neuen Gesundheitssenator vor.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Es ist immer ein bisschen komisch, über bekannte Menschen eine lange Vorstellungsrede zu halten. Deshalb will ich mich nur darauf beschränken: Herr Dr. Schulte-Sasse war Staatsrat für Gesundheit in Bremen vom Jahr 2007 bis zum Jahr 2011, aber das ist nicht der einzige Grund, warum wir ihn für einen geeigneten Kandidaten halten. Herr Dr. Schulte-Sasse hat in seiner politischen Vita sehr viel im Bereich der Gesundheitspolitik gemacht, er war im Bundesausschuss der AOK, er war in der Senatsverwaltung in Berlin als Staatsrat tätig, aber – und das ist, glaube ich, vielleicht auch noch mit das Entscheidenste – er kennt auch die Bremer kommunalen Kliniken von innen, weil er dort in seiner anderen Funktion als Mediziner gewirkt hat, und er spürt eine tiefe Verbundenheit zu diesen Kliniken. Allein diese Verbundenheit gepaart mit dem zweifelsohne vorhandenen Sachverstand ist für uns eine Gewähr dafür, dass das Projekt der Erhaltung der kommunalen Kliniken zum Erfolg geführt werden kann. Deshalb bitte ich um Ihre Unterstützung für Herrn Dr. Schulte-Sasse.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Was steht im Bildungsbereich an? Nach dem historischen Schulkompromiss aus dem Jahr 2009 gibt es noch eine ganze Menge an Baustellen, um diesen Kompromiss auch in die Realität umzusetzen. Trotz der seit dem Jahr 2007 stetigen Verbesserung der Schüler-Lehrer-Relation – wir hatten es gestern – von 16 Schüler auf einen Lehrer zu jetzt annähernd 14 Schüler auf einen Lehrer bedarf es im Jahr 2013 einer optimierten Ressourcensteuerung, damit die fest vereinbarten und beschlossenen Reformen auch umgesetzt werden können.

Zu den Aufgaben im Bildungsbereich wird es aber auch gehören, dem Parlament für den nächsten Haushalt transparent dazulegen, ob und gegebenenfalls wie viel zusätzliches Geld erforderlich ist, um die fest vereinbarten, gemeinsam beschlossenen Reformziele umzusetzen. Ergänzend wird hinzukommen, dass wir uns als Koalition fest vorgenommen haben, den Weg zur Inklusion zum Erfolg zu führen, und wir haben übereinstimmend festgestellt, dass es einer Nachsteu

erung im Inklusionsbereich bedarf. Die sogenannten V-Kinder, die verhaltensauffälligen Kinder, müssen nach Einschätzung der Fachleute in einer anderen Form, in dieser Phase in einer exklusiven Form, geschult werden. Das dient den Kindern und dem Gedanken der Inklusion.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Für diese sehr kleine Gruppe von Kindern benötigen wir eigene Strukturen und zusätzliche Lehrer. Ich werbe dafür, dass wir diese Problemlage schnell lösen, und ich habe großes Vertrauen, dass die Bildungssenatorin uns für diese Probleme sehr schnell eine Lösung unterbreiten wird.

Last, but not least, steht aber als weitere Aufgabe im Jahr 2013 und vorbereitend für das Jahr 2014/2015 an, was wir uns fest vorgenommen haben: Wie geht es weiter mit der ganztägigen Betreuung, dem ganztägigen Lernen von Grundschulkindern? Ich glaube, wir haben an dieser Stelle keine Zeit zu verlieren, um auf Dauer Doppelstrukturen abbauen zu können und vor allem um unseren Kindern zu dienen.