Protokoll der Sitzung vom 24.01.2013

(Abg. R u p p [DIE LINKE]: Man muss es ja nicht immer übertreiben!)

Doch, man muss manche Dinge – –! Herr Rupp, Sie geben dann demnächst wieder den seriösen Wirtschaftspolitiker in der Wirtschaftsdeputation. Sie müssen sich auch in Ihrer Fraktion nicht immer sozusagen auf zwei Beine stellen! Sie müssen schon in einer Linie sprechen und nicht zum einen den Seriösen und zum anderen den Sozialpolitischen geben, das funktioniert nicht immer!

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der CDU)

Es gibt also einen Tarifvertrag mit Abweichungen, und ich finde, es ist eine hervorragende Leistung der Kolleginnen und Kollegen und auch der IG Metall, dass dieser Tarifvertrag so vor etwa 14 Tagen zustande gekommen ist, gerade bei diesen Verhandlungsführern.

Die letzte Bemerkung! Ich will Ihnen nur eines sagen: Ich habe ein bisschen den Eindruck, dass Sie mit der überzogenen Kritik an der Politik und mit der überzogenen Erwartung, was die Politik alles machen kann, denjenigen in die Hände arbeiten, die in diesem Land und auch in der Politik sagen, jede Form staatlicher Intervention, sei es über Bürgschaften oder gar über Beteiligungen, in Unternehmen, die ins Straucheln kommen, sei falsch, und man solle es dem Markt überlassen!

Wir hätten diese Debatte ja nicht, wenn Bremen damals bei der Insolvenz nicht eingestiegen wäre. Dann hätten wir jetzt unsere Ruhe, würden auf die bösen Kapitalisten zeigen und hätten keine Diskussion über die Verantwortung der Politik. Wollen Sie das? Ich würde sagen, bestimmte staatliche Eingriffe sind richtig, aber dann muss man auch die Risiken und die Probleme erkennen, die das hat. – Danke schön!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Senator Günthner.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein Satz, Frau Bernhard, ist eben ganz besonders bei mir hängengeblieben. Ich will gar nicht auf die Faktenfehler eingehen, die Sie ja neuerdings bei jedem Antrag machen. Sie wissen nicht, wie viel Bremen ausgegeben hat, als es in die Werft eingestiegen ist. Ich will auch gar nicht die ganze Geschichte nacherzählen, warum wir eigentlich in diese Werft eingestiegen sind. Weil wir damit diese Werft vor dem Untergang gerettet haben und wir damit auch weiterhin die Werftindustrie am Standort Bremen erhalten wollen, deswegen hat Bremen sich an dieser Werft beteiligt, übrigens auch gegen eine ganze Anzahl kritischer Stimmen.

Mir ist aber eben ein ganz anderer Satz bei Ihnen aufgefallen. Sie haben gesagt: Steigen Sie doch aus Protest aus der Lloyd Werft aus! Was würde passieren, wenn Bremen aus Protest aus der Lloyd Werft ausstiege? Dann wären das Geld, das wir in die Werft investiert haben, die Perspektive für diese Werft und deutlich mehr Arbeitsplätze weg, weil das automatisch sofort zur Insolvenz führen würde. Deswegen ist es ein Erfolg, dass es gelungen ist, in den vergangenen Jahren so viele Arbeitsplätze auf dieser Werft zu erhalten und den Flächentarifvertrag einzuführen.

(Abg. I m h o f f [CDU]: Das glaubt sie aber nicht!)

Frau Bernhard, ich hätte mir auch von Ihnen gewünscht, dass Sie vielleicht einmal zur Kenntnis nehmen, dass, anders als Sie in Ihrem Antrag dahinschwadronieren, der Kapitalist auf dieser Werft keinen Profit macht oder machen will. Im letzten Jahr und im Jahr davor gab es drei Millionen Euro Verlust, vor zwei Jahren gab es eine Million Euro Verlust. Nehmen Sie doch wenigstens einmal die Fakten, die offen auf dem Tisch liegen, die Gesamtkonstruktion, die wir haben, und die Probleme, die wir in der Schifffahrt haben, zur Kenntnis!

Wir haben im Jahr 2012 noch einmal ein Drittel weniger Schiffsreparaturaufträge auf dem deutschen und dem europäischen Markt gehabt, wir stehen unter enormem wirtschaftlichen Druck, und deswegen ist es notwendig, wenn man die Werft sichern will, auch zur Kenntnis zu nehmen, dass die wirtschaftlichen Bedingungen so schwierig sind, wie ich sie beschrieben habe.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der CDU)

Das sage ich auch, weil ich davon fest überzeugt bin, und das nicht nur, weil ich erlebt habe, wie im Jahr 1996 vor der Großen Kirche schwarze Fahnen geweht haben, als die Werftindustrie zusammengebrochen

ist und Tausende Arbeitsplätze insbesondere am Standort Bremerhaven verlorengegangen sind. Es tut mir natürlich im Herzen weh, dass dort 42 Kollegen arbeitslos werden, aber ich habe Ihnen eben die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen beschrieben, unter denen wir arbeiten.

Herr Reinken hat darauf hingewiesen, in welch schwierigen Situationen sich andere Werften befinden. Es ist darauf hingewiesen worden, dass selbst eine der Vorzeigewerften Deutschlands, die Meyer Werft, im Moment darüber verhandelt, wie man Kosten reduzieren kann und wie man es erreicht, bei den Marktverhältnissen wettbewerbsfähig zu bleiben. Deswegen wird die Behauptung, dass man Geld im Werftsektor verdienen kann, an der gesamten deutschen Küste und bei den Werften an der Weser – einmal ausgenommen vielleicht die Lürssen Werft, auf das Segment ist hingewiesen worden – widerlegt.

Deswegen sind das Sprüche. Was Sie hier gemacht haben, hat mit der realen Situation auf der Lloyd Werft in Bremerhaven nichts zu tun, es hilft keinem einzigen Kollegen auf der Lloyd Werft, und ich finde, dass die Art, wie Sie die Debatte geführt haben, auch politisch verwerflich ist, weil sie in die völlig falsche Richtung führt.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der CDU)

Außerdem hätten Sie – es gehört nun einmal dazu, dass man sich über die Faktenlage informiert – natürlich auch einmal Herrn Kau oder einen anderen Banker fragen können, wie die Finanzierungsmodalitäten für Werften in diesem Land sind. Man kann Ihrer Logik folgend auf die Banken zeigen und sagen, sie seien das Problem. Das Problem sind immer die anderen. Werften, Schiffbau und Schifffahrt stehen im Endeffekt auf der Schwarzen Liste, und das bedeutet, dass die Kreditbedingungen und die Fragen von Bauzeitfinanzierungen und Beteiligungen an diesen Unternehmen für sie kaum finanzierbar und dramatisch sind. Das muss man zur Kenntnis nehmen.

Unser Interesse als Senat, wie es auch im Jahr 2006 der Fall war, ist ein anderes, als Sie es hier dargestellt haben. Gerade nach der Erfahrung, die Bremen in den Neunzigerjahren im Werftbereich gemacht hat, sind wir ja nicht – man muss ja ehrlicherweise sagen, dass noch der eine oder andere, der zu der Zeit auch im Senat war, hier im Raum sitzt – mit wehenden Fahnen und lautem Hurra-Geschrei in die Werft eingestiegen, sondern weil es eine der Bedingungen dafür war, dass Fincantieri als industrieller Partner, der dann in der Perspektive die industrielle Führung der Werft übernehmen wollte, in die Lloyd Werft einsteigt. Fincantieri hat dann aufgrund der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen – ich weiß, jetzt machen Sie wieder eine wegwerfende Handbewegung – nicht die industrielle Führerschaft übernommen, hat nicht die Mehrheit an der Werft übernommen und ist dann aus

der Werft ausgestiegen. Wir haben zu dem Zeitpunkt gesagt, wir brauchen einen Werftunternehmer, der das dann fortführt, was an Reparaturkapazität vorhanden ist, gerade mit der Perspektive, die das Thema Offshore-Windindustrie uns bietet, gerade mit der Stahlbaukompetenz, die wir am Standort Bremerhaven haben, und sind weiterhin in der Werft geblieben, weil wir unsere Verantwortung für den Werftstandort in Bremerhaven wahrgenommen haben.

Wir haben unsere Verantwortung wahrgenommen, indem wir das leidige Thema Schlick, das dieses Haus über lange Jahre immer wieder beschäftigt hat, die Frage, wie man mit den Dockgruben umgeht, gelöst haben. Wir nehmen unsere Verantwortung dadurch wahr, dass wir nicht nur an der Lloyd Werft beteiligt sind, sondern im Zusammenhang – und auch das sind eigentlich verhältnismäßig einfache Themen, man muss sich nur einmal damit beschäftigen wollen – mit dem Einstieg des Werftunternehmers Petram in die Werft noch einmal aus unserer Gewinnausschüttung heraus mit einem Darlehen von 2,3 Millionen Euro in die Werft hineingegangen sind, um sie finanziell zu stabilisieren.

Gleichzeitig gilt aber, wenn es jedes Jahr drei Millionen Euro Verlust macht, aus welchen Gründen auch immer, dann ist die Lebensdauer eines solchen Unternehmens endlich, und das will ich nicht. Ich will nicht, dass die Lloyd Werft in Insolvenz geht, ich will nicht, dass das Thema Schifffahrt, Schiffbau, Schiffsreparatur am Standort Bremerhaven rund um die Lloyd Werft Geschichte ist. Deswegen ist es notwendig, auch wenn das schwerfällt und auch wenn das für die Kolleginnen und Kollegen auf der Werft Einschnitte bedeutet, diese Maßnahmen, die auch gerade von den Tarifvertragsparteien in kluger Weise angegangen worden sind, durchzuführen, um die Werft zu stabilisieren. Es ist darauf hingewiesen worden, dass sie zeitlich befristet sind.

Zum Gerede von Dumping-Löhnen, Mindestlohn! Frau Bernhard, informieren Sie sich doch einmal, wie viel ein Werftarbeiter auf der Lloyd Werft verdient, wenn Sie in dem Zusammenhang vonMindestlöhnen oder Dumping-Löhnen sprechen! Natürlich ist mehr gut, aber es gibt eben wirtschaftliche Bedingungen, die dazu führen, dass mehr nicht möglich ist, und deswegen müssen sich alle anstrengen, wieder dahin zu kommen, dass die wirtschaftliche Situation der Werft sich besser darstellt, meine Damen und Herren!

Ich will Ihnen auch sagen, ich bin der festen Überzeugung, dass das zeitnah zum Abschluss gebracht werden muss, dass wir einen Sozialplan brauchen, der dem Rechnung trägt, und dass 42 Kollegen bedauerlicherweise gehen müssen. Es darf aber nicht sein, dass das, was an Härte und an Kälte in den vergangenen Tagen zum Teil auch durch die eine oder andere Äußerung aufgekommen ist, Raum greift, sondern den Betroffenen muss, so schwer es auch am Ende ist, der Weg in die Beschäftigungslosigkeit, in

die Arbeitslosigkeit, heraus aus der Werft dann durch den Sozialplan einigermaßen abgefedert werden.

Wir sollten hier nicht nachtreten, und auch diejenigen, die Verantwortung tragen auf der Werft, sollten an dieser Stelle nicht nachtreten, sondern wir sollten immer im Auge behalten, dass wir einige Hundert Beschäftigte auf der Werft haben, dass wir mit dem, was im Reparaturgeschäft am Standort Bremerhaven machbar ist, eine Perspektive für dieses Unternehmen haben, dass es Interessenten gibt, die gern Geschäfte mit, an und auf der Lloyd Werft machen wollen, und dass wir über das Thema Dock immer noch weiter diskutieren.

Die Voraussetzung dafür ist, dass auf der Werft Ruhe und Frieden einkehren. Die Voraussetzung dafür, dass die Lloyd Werft wieder wirtschaftlich in sicheres Fahrwasser kommt, mit allen an Bord, ist, dass Ruhe auf der Werft einkehrt, dass sich die Parteien auf der Werft verständigen, dass die Parteien auf der Werft dann wieder zu dem zurückkehren, was sie eigentlich am besten können, nämlich an Schiffen zu arbeiten, dann hat diese Werft auch wieder eine Perspektive.

Ihr Antrag ist auf jeden Fall überflüssig. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Damit ist die Beratung geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag der Fraktion DIE LINKE mit der Drucksachen-Nummer 18/721 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür DIE LINKE)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, Bündnis 90/Die Grünen, CDU und Abg. T i m k e [BIW])

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag ab.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Und womit? Mit Recht!)

Meinungsfreiheit an Hochschulen

Antrag der Fraktion der CDU vom 15. Januar 2013 (Drucksache 18/723)

D a z u

Änderungsantrag des Abgeordneten Timke (BIW) vom 23. Januar 2013

(Drucksache 18/745)

Dazu als Vertreterin des Senats Frau Senatorin Professor Dr. Quante-Brandt.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Grobien.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum Ende eines hitzigen Debattentages sprechen wir heute noch über eine Lehrveranstaltung an der Universität Bremen am 5. Dezember letzten Jahres, die aufgrund gewalttätiger Störungen nicht stattfinden konnte, woraufhin wir unseren Antrag zur Meinungsfreiheit an den Hochschulen gestellt haben. Es handelte sich um eine Lehrveranstaltung zum Thema „20 Jahre Asylkompromiss“, zu der Wissenschaftler, Politiker, Experten aller politischen Couleur eingeladen waren. Der Mensch vergisst ja bekanntlich schnell, und deswegen habe ich mir den „buten un binnen“-Bericht über die Veranstaltung in der Sendung am 6. Dezember 2012 noch einmal angesehen. Ich würde Ihnen den Beitrag eigentlich gern noch einmal zeigen, aber allein diese Einstellung, die zumindest diejenigen in der ersten Reihe sehen können, zeigt noch einmal, wie aufgeheizt die Stimmung war und wie massiv einige Studenten die Lehrveranstaltung teilweise sogar mit Handgreiflichkeiten gestört haben.

Institutionen wie unsere Universitäten sind ein ungeschützter Raum des offenen Austausches von Argumenten, und dies ist für unsere Gesellschaft von besonders großer Bedeutung.