Er gilt nicht, weil die Bremische Bürgerschaft das sagt? Der Tarifvertrag, den die IG Metall geschlossen hat, ist Tarifflucht, ist Lohndumping, wollen Sie das mit diesem Antrag zum Ausdruck bringen?
Interessenausgleich und ein Sozialplan müssen jetzt gemacht werden, und ich wäre sehr dafür, dass das schnell geht. Ich wäre auch sehr dafür, dass der Gesellschafter überlegt, wie und mit wem er das auf der Arbeitgeberseite verhandelt, denn es muss doch klar sein, je länger man darüber streitet, desto mehr zahlt man an Honoraren für Rechtsanwälte – die hier im Hause anwesenden Juristen mögen mir das verzeihen –, umso mehr kostet das, und wenn man erst in der Einigungsstelle ist, dann wird es noch teurer. Mir wäre sehr daran gelegen, dass das viele Geld, das man dort hineinsteckt, bei den Leuten landet, die es haben müssen, die nämlich hinterher möglicherweise keine Arbeitsplätze haben.
Vor diesem Hintergrund meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist dieser Antrag Unsinn. Er ist von der Sache her Unsinn, Sie heucheln Solidarität, haben aber keine Lösung, und Sie haben auch kein Zukunftskonzept. Soll der Senat jetzt Aufträge kaufen wie damals beim Vulkan? Ist das die Perspektive? Diesen Unsinn, diese völlig unqualifizierten Forderungen Ihrerseits lehnen wir ab. Wir appellieren an die Betriebsparteien und werden alles in unserer Möglichkeit Stehende tun, es zu beeinflussen, damit die Beteiligten an einen Tisch kommen, um das Problem im Interesse der Arbeitsplätze in Bremerhaven zu lösen. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen, meine sehr geehrten Herren! Zunächst einmal habe ich mich über diesen Antrag ausgesprochen geärgert. Ich hatte eigentlich nach den Entwicklungen der letzten Wochen angenommen, dass Sie den Antrag entweder verändern oder aber zurückziehen, das wäre vernünftiger gewesen.
Sie versuchen, hier den Eindruck zu erwecken, dass Sie für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Werft kämpfen. Sie blenden vollkommen die nationale und internationale Situation der Werften aus. Überlegen Sie einmal, wie bei der Meyer Werft in der Nachbar
schaft, in Papenburg, Strukturveränderungen besprochen werden, um sie zu beschließen: Warum wird das gemacht? Weil die Werften in einer ausgesprochen schwierigen Situation sind! Wir, die Stadtverordneten in Bremerhaven, haben zu diesem Thema mit Beteiligung Ihrer beiden damaligen Mitglieder eine Resolution verabschiedet, in der wir auch darauf hingewiesen haben, dass wir Solidarität mit den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen hegen und die Situation der Werftarbeiter für außerordentlich bedenklich halten.
Man muss sich einmal überlegen, wie lange sich Werftarbeiter schon in Krisen befinden, wie unsicher die Situation ist: seit dem Jahr 1995! Es ist ja nicht ohne Grund gewesen, dass im Februar 2006 ein italienischer Schiffbauer einen großen Anteil an der Lloyd Werft übernommen hat, und daher auch der Wunsch an den Senat, sich auch zu beteiligen. Ich verteidige ja ungern den Senat, aber da hat er, denke ich, vernünftig gehandelt. Der Senat hat sich dann auch beteiligt, die Italiener mit 21,5 Prozent, 7 Millionen Euro, sie wollten dann im Jahr 2010 eigentlich die Teilhaberschaft erweitern, aber sie haben es nicht getan. Warum haben sie es nicht getan? Weil sie keine Lust hatten? Nein, weil es auch nichts zu verdienen gibt, weil es ein ausgesprochen schwieriges Gewerbe ist und die Werft in einer ausgesprochen schwierigen Situation ist!
Jetzt ist ein Unternehmer gekommen, den wir alle kennen, der Mut hat, der Anteile der Lloyd Werft übernommen hat. Er hat Mut, aber was er nicht hat, ist eine Eignung zum diplomatischen Korps – das will ich auch in aller Deutlichkeit sagen –, weil die Verhandlungen, wie sie geführt worden sind, nicht unbedingt immer geschickt geführt worden sind. Ich bin sicher, wenn man in Ruhe verhandelt, dass man auch zu Ergebnissen kommt, weil die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ausgesprochen loyal sind und auch wissen, welche Schwierigkeiten im Werftenbereich entstehen können.
Das Verfahren der Politik habe ich ja auch schon kritisiert: Ich finde es richtig, dass Politik versucht, in dem Bereich hilfreich zur Seite zu stehen. Ich finde es aber nicht hilfreich, wenn das Erste ein großer Presseartikel ist, wie man das nun machen will – der Oberbürgermeister mit einem großen Bild in der Zeitung, wie er nun die Werft retten will –, man dann merkt, welche Schwierigkeiten es auch bei den Verhandlungen gibt, und sich dann „vom Acker zu machen“, so habe ich das genannt. Das finde ich nicht richtig, da sollte man eigentlich mit mehr Ruhe und mehr Sachlichkeit verhandeln, das wäre vernünftig.
Insofern ist es eine ausgesprochen schwierige Situation, in der sich die Werft befindet. Wir hoffen, dass sie nach der Umstrukturierung überlebensfähig ist, denn das, was Sie verlangen, liebe Frau Bernhard, ist ja genau das Gegenteil. Wenn Sie das so rigoros durchziehen würden, obwohl es von Staats wegen gar nicht
geht, dann treiben Sie diese Werft sofort in die Insolvenz. Das ist die große Angst, die wir alle haben, denn eines müssen wir anerkennen, und eines ist auch für Bremerhaven und für Bremen ganz wichtig: Wir müssen den Werftenstandort erhalten, wenn es irgendwie geht. Das muss in Gemeinschaft mit den Unternehmen, aber auch mit den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen geschehen. Deswegen sollte eine solche Diskussion ehrlich und sachorientiert geführt werden, und Sie sollten auch nicht die Weltwirtschaft außen vor lassen, denn mit denen stehen wir im Wettbewerb. Es kann so, wie Sie es wollen, nicht funktionieren. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, auch ich habe mich gewundert, dass Sie nicht spätestens zur Interfraktionellen Besprechung erklärt haben, dass Ihr Antrag, jedenfalls so wie er in dem Forderungsteil und auch insgesamt zusammengestellt ist, zurückgenommen worden ist. Sie haben für meinen Begriff außer Acht gelassen – der Kollege Bödeker hat es gesagt hat, der Kollege Reinken hat es angedeutet –, dass Sie Schlagzeilen genutzt haben, um hier ein Bild zu zeichnen, bei dem Sie letztlich versuchen, den Eindruck zu erwecken, dass wir als Politik einen Werftenstandort erhalten könnten. Das können wir, wir können die Werft übernehmen und zu 100 Prozent in das Staatseigentum übernehmen, wenn wir zurückkommen in den Staatssozialismus. Ihr ehemaliger Kollege Müller hat einmal in diesem Haus etwas sehr Schönes gesagt. Er hat gesagt, als es beim GHB Probleme aufgrund der Wirtschaftsund Investitionskrise gab, dass man die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter doch einfach solange in den öffentlichen Dienst übernehmen könne, dann könnte man sie doch beschäftigen. Ich habe ihm damals erklärt: Herr Müller, wir können alles Mögliche tun, nur können wir keine Arbeit erfinden. Wenn wir die Mitarbeiter des damaligen GHB in den öffentlichen Dienst übernommen hätten, dann hätten wir ihnen auch Arbeit geben müssen, aber die haben wir nicht. An diesem Punkt ist es so, dass ich mir gewünscht hätte, Frau Kollegin Bernhard, dass Sie dann doch ein bisschen mehr in die Geschichte des Werftenstandortes Bremerhaven und Bremen geschaut hätten, und darüber hinaus müssen Sie leider auch auf Situation des deutschen Werftenstandortes schauen. Wir hatten in den letzten Monaten zwei Insolvenzen in Mecklenburg-Vorpommern, heute hat der Niedersächsische Landtag darüber beraten, ob man der SIAG-Werft eine Bürgschaft gibt, damit dort der Betrieb weiterläuft. ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Die Meyer Werft, das Loblied des deutschen Schiffbaus, verhandelt über einen Notlagentarifvertrag, obwohl ihre Auftragsbücher bis ins Jahr 2014 gefüllt sind. Aber warum? Weil sie erkennt, dass auch mit ihrem spezialisierten Schiffbau im Bereich des Passagierschiffbaus einfach die Auftragslage nicht ausreicht, um alle dort Beschäftigten über die Jahre zu bringen!
An welcher Stelle? Das will ich Ihnen sagen, dazu komme ich gleich noch! Sie erwähnen weder in Ihrem Antrag noch in Ihrer Rede, Frau Bernhard, dass nicht erst jetzt eine Unterteilung in Besitz- und Betriebsgesellschaften geschaffen worden ist, sondern dass bereits im Jahr 2006 mit dem Einstieg von Fincantieri und dem Anteil, den der Senat gegeben hat, eine Besitzgesellschaft und eine Betriebsgesellschaft geschaffen worden sind. Der jetzige Eigentümer Petram hat dann die Anteile des ehemaligen Besitzers Lüken und die Anteile von Fincantieri übernommen, um überhaupt einen Einstieg zu finden, und der Senat hat zu dieser Zeit zugesichert, seine Anteile weiter zu halten, um überhaupt einen Einstieg in diesen Betrieb zu finden.
Dann haben sich die Eigentümer dieser Werft aufgemacht, neue Konzepte zu entwickeln, wie sie am Markt weiter mit ihrem spezialisierten Standort vorankommen können, weil sich Schiffbau allein eben nicht mehr lohnt. Man ist erstens in den Metallbau für die Offshore-Windindustrie eingestiegen, weil Werftplätze ausgewiesene Spezialisten in der Metallverarbeitung sind. Zweitens gibt es einen höheren Bedarf an Spezialschiffbau im Yachtbereich, der dort auch passieren soll. Bremerhaven hat in diesem Fall das, was man braucht, nämlich ein großes Trockendock. Der dritte Teil ist die Reparaturwerft.
Wenn Sie sich jetzt die Aufstellung der Werften entlang der deutschen Küsten anschauen, sehen Sie, dass alle Stammbelegschaften – so bedauernswert es auch ist, das sage ich ganz deutlich – stark abgeschmolzen worden sind. Aufträge werden dann eben durch Subunternehmer oder Ausschreibung abgewickelt, wodurch die Belegschaften auf den Werften auf weit über 1 000 Mitarbeiter ansteigen. Die IG Metall hat, wie auch in anderen Tarifverträgen, inzwischen Zuschläge zur Leiharbeit vereinbart, die dem Prinzip von Equal Pay sehr nahekommen. Sie gelten zwar nicht ab dem ersten Tag – auch das wäre für uns wünschenswert –, aber sie sind gestaffelt und führen bei einer dauerhaften oder längeren Beschäftigung zu gleicher Entlohnung für gleiche Arbeit.
Sie negieren in Ihrem Antrag auch das Beihilferecht der EU. Es gab lange Streit darüber, wie man als öffentliche Hand Werften überhaupt finanziell bei
treten kann, um nicht beihilferechtlich mit der EU in Konflikt zu kommen. Alles das steht nicht darin.
Sie schreiben, das Ressort Wirtschaft, Arbeit und Häfen soll sich bei der Lloyd Werft für den Erhalt der Arbeitsplätze, für die Einhaltung geltender Tarifverträge und gegen den Ersatz von regulärer Beschäftigung durch Leiharbeit einsetzen. Ich glaube, der Senat hat das getan, und wir als Parlament haben es zu einem großen Teil auch getan, indem wir in unseren Einflussbereichen einen Mindestlohn festgeschrieben haben. Wir verwenden uns – was wir heute nicht mehr debattieren werden – bei guter Arbeit auch weiterhin für Kriterien in der Wirtschaftsförderung, die gute Arbeit zulassen. Nur auf Tarifverträge haben wir als Nicht-Tarifvertragspartei keinen Einfluss, das muss man konstatieren.
ich habe es gehört, Herr Präsident! – und Tarifsicherheit im Werftbereich gestärkt und der Einsatz von Leiharbeit zurückgedrängt werden kann. Ja, wir können viel darüber nachdenken – und das tun wir auch –, aber wir besitzen weder diese noch andere Werften, und deshalb können wir auch nicht direkt Einfluss nehmen. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wird Ihren Antrag ablehnen. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe den Eindruck, Sie machen es sich ein bisschen einfach. Selbstverständlich ist es richtig, dass die Werftindustrie vor großen Problemen steht, und auch mir ist nicht verborgen geblieben, was andernorts passiert. Mit der gleichen Argumentation stellen wir das aber auch bezüglich der Krankenhäuser fest. Da kann man dann doch auch nicht sagen, sie haben eben Pech gehabt, es geht allen so schlecht, wir werden einen mehr oder weniger großen Teil outsourcen und dann wieder hereinholen.
Ja, natürlich ist das Daseinsvorsorge, aber was ist denn das für ein Wirtschaftsstandort, der sich nicht um seine Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kümmert?
Ich muss sagen, was den Betriebsrat und seine Aushandlung bezüglich des Konzepts anbelangt, hätte ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
sich schon längst jemand einschalten können. Selbstverständlich standen alle unter dem Druck, das auch schlucken zu müssen, das ist doch das Problem. Wir sind jetzt auf einem Sozialplan, und Sie haben vollkommen recht, dass man den Antrag hätte umschreiben müssen, aber wahrscheinlich nicht so, wie Sie es sich vorstellen.
Man kann doch nicht tatsächlich sagen, sie haben jetzt das Pech, dass sie kaum noch Abfindungen bekommen. Hinter diesen 42 Arbeitsplätzen stehen Menschen, um die man sich einmal in irgendeiner Weise Gedanken machen müsste. Aus der Situation heraus zu sagen, das geht uns gar nicht mehr viel an, das ist ja letztendlich Privatwirtschaft, das ist alles schwierig bei den Werften, da halten wir uns vornehm zurück – –. Ich hätte mir da deutlich mehr Unterstützung gewünscht, und diese Unterstützung ist bislang ausgeblieben.
Spätestens jetzt müsste man sich doch einmal darüber Gedanken machen, wie wir damit umgehen. Was die allgemeine Perspektive anbelangt, wird es darauf hinauslaufen, dass so etwas wie Mindestlöhne zu Normarbeitslöhnen werden, und das, finde ich, ist eine ganz merkwürdige Entwicklung, wenn ich mir das anschaue. Das kann es aber letztendlich nicht sein. Wir ziehen eine Untergrenze ein, und von oben werden praktisch die Löhne durch genau diese Entwicklungen, die wir jetzt damit begleiten, entsprechend minimiert. Das kann ich auf gar keinen Fall gutheißen, und deshalb finden wir, Sie sollten sich da ein bisschen mehr anstrengen. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst drei kurze Bemerkungen dazu! Niemand hat hier gesagt, wir stellen uns auf den Standpunkt, das geht uns gar nichts an, wir halten uns die Ohren zu.
Niemand hat das gesagt, und niemand macht das. Ich verstehe die bisherigen Aktivitäten, die bisherigen Aussagen und das, was der Wirtschaftssenator und Bremen als Minderheitsanteilseigner unternehmen, eben gerade als Absage an eine Haltung, dass uns das alles gar nichts angeht, sondern es wird Einfluss ausgeübt, und ich hoffe, dass dieser Einfluss zu einem Ergebnis kommt.
Die zweite Bemerkung: Frau Bernhard, ich würde einfach in der Wahl der Worte genauer sein! Sie haben
in Ihrem ersten Beitrag von einem „ausufernden Lohndumping“ gesprochen, das dort stattfindet. Es gibt wieder einen Tarifvertrag für die Lloyd Werft, den Flächentarifvertrag der Metall- und Elektroindustrie mit Abweichungen bei den Sonderzahlungen, die zeitlich befristet sind. Das Modell mit der zeitlichen Befristung finden Sie momentan auf fast jeder Werft. Bei Lürssen nicht, das ist ja aus Bremerhaven zu Recht eingewandt worden! Wer darauf verweist, dem sage ich nur, das finde ich eine tolle Idee, wir sollten mehr Militärschiffe und mehr Yachten für die Reichen dieser Welt bauen, dann klappt das auch wunderbar. Vielleicht ist es ja Ihr Konzept, dass wir auch Militäraufträge nach Bremerhaven holen.